Zurück in den Handelskrieg
Handelskrieg zwischen EU und USA droht mit einem erneuten Inkrafttreten von Strafzöllen auf Stahl aus der EU erneut zu eskalieren. Versuche, ihn auf dem EU-USA-Gipfel beizulegen, sind gescheitert.
WASHINGTON/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Die EU und die Vereinigten Staaten stehen womöglich vor einer neuen Eskalation ihres Handelskriegs. Versuche, das zu verhindern, sind beim EU-USA-Gipfel am vergangenen Freitag gescheitert. Auf dem Gipfel sollte zum einen ein Weg gefunden werden, die Vergünstigungen des 369 Milliarden US-Dollar schweren Inflation Reduction Act (IRA) auch für Elektroautos zu erhalten, die aus der EU in die USA importiert werden. Das wäre insbesondere für deutsche Kfz-Konzerne von großer Bedeutung gewesen. Das Bestreben schlug fehl: Washington hatte als Gegenleistung EU-Strafzölle gegen China verlangt, die WTO-Regeln brechen und lediglich von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für gut befunden wurden. Nicht gelungen ist es außerdem, eine Lösung für Stahl- und Aluminiumlieferungen aus der EU in die USA zu finden. US-Präsident Donald Trump hatte Strafzölle auf sie verhängt, die sein Nachfolger Joe Biden ausgesetzt hatte, allerdings nur zum Teil sowie zeitlich beschränkt; die Frist läuft aktuell ab. Setzen die USA die Strafzölle wieder in Kraft, dürfte die EU mit Gegenzöllen antworten. Die neuen Belastungen träfen vor allem Deutschland in einer ernsten Wirtschaftskrise. ex.klusiv
Das Atomkriegsszenario
Bundeswehr ist mitten im Ukraine-Krieg und während der Kämpfe in Nahost an einem NATO-Atomkriegsmanöver beteiligt. In Deutschland lagernde US-Bomben können künftig „taktisch“ eingesetzt werden.
BRÜSSEL/WASHINGTON (Eigener Bericht) – Mitten im Ukraine-Krieg und während der Eskalation der Kämpfe im Nahen Osten übt die NATO Luftangriffe mit Atombomben gegen einen Feind mit den militärischen Fähigkeiten Russlands. Das Manöver Steadfast Noon, das den Einsatz von US-Nuklearwaffen durch die Luftstreitkräfte europäischer Staaten übt, hat am Montag vergangener Woche begonnen und dauert noch bis Donnerstag dieser Woche an. Hauptschauplatz ist dieses Jahr Italien. 13 Staaten sind beteiligt, darunter Deutschland. Erstmals in der Geschichte der Übung hat die NATO eine kleine PR-Offensive gestartet und einigen handverlesenen Journalisten nähere Details zu Steadfast Noon mitgeteilt; demnach wird ein Einsatz in einer „hoch umkämpften Umgebung“ geprobt. Zugleich werden die nuklearen Dispositive in den NATO-Staaten modernisiert; die neuen US-Bomben vom Typ B61-12 können auch zu sogenannten taktischen Schlägen genutzt werden. Dies senkt die Schwelle zum Atomkrieg. Die Vereinigten Staaten, deren Bomben auch in Deutschland gelagert werden, verzichten erklärtermaßen nicht auf die Option eines nuklearen Erstschlages. Von einem solchen ist auch in NATO-Papieren die Rede. ex.klusiv
Rezension: „Les origines du plan Marshall”
Annie Lacroix-Riz analysiert den „Mythos von der amerikanischen Hilfe“ in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg und den Weg zur Durchsetzung der US-Hegemonie.
Der Marshall-Plan? Das war, so lautet die im Westen gängige Ansicht, die auch in Deutschland von offiziöser Seite vertreten wird, ein selbstloses Wiederaufbauprogramm der Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Am 5. Juni 1947 vom damaligen US-Außenminister George C. Marshall öffentlich vorgestellt, sollte das Programm der wegen der Kriegsschäden immer noch darbenden „Wirtschaft in Europa wieder auf die Beine helfen“ und zugleich die „Ausbreitung des Kommunismus verhindern“: So erläutert es exemplarisch das von der Staatsstiftung „Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ getragene Webportal Lebendiges Museum Online (LeMO). Washington stellte demnach in den Jahren von 1948 bis 1952 völlig uneigennützig riesige Summen bereit, damals rund 12,4 Milliarden US-Dollar – nach heutigem Wert rund 157 Milliarden Euro –, um die Lebensverhältnisse in Westeuropa zu verbessern. Der Marshall-Plan – ein humanitäres Wunderwerk? Wer der offiziösen Historiographie nicht recht glauben mag, findet ausführliche Hintergründe in dem jüngsten Buch der französischen Historikerin Annie Lacroix-Riz über „Die Ursprünge des Marshall-Plans“ bzw., so der Untertitel, den „Mythos von der amerikanischen ‘Hilfe‘“. ex.klusiv
Der Indien-Europa-Korridor
Berlin, Brüssel und Washington planen Verkehrskorridor aus Europa über Mittelost bis nach Indien. Das Projekt soll mit der Neuen Seidenstraße rivalisieren und Indien enger an den Westen binden.
BRÜSSEL/WASHINGTON/NEW DELHI (Eigener Bericht) – Deutschland beteiligt sich an Plänen zum Aufbau eines Transportkorridors bis nach Indien und kooperiert dabei mit der EU und den USA. Wie Washington, Brüssel, Berlin und die Regierungen weiterer Staaten am Rande des G20-Gipfels in New Delhi beschlossen haben, soll ein India-Middle East-Europe Economic Corridor (IMEC) Europa und Südasien verbinden. Bestehen soll er aus einer Kombination aus Bahn- und Schiffstransport. Zudem ist der Bau von Unterseekabeln geplant; auch die Lieferung grünen Wasserstoffs aus Israel nach Europa ist vorgesehen. Das Projekt ist als Konkurrenzvorhaben zu Chinas Neuer Seidenstraße konzipiert. Außerdem soll es New Delhi stärker an die EU binden, um es leichter gegen Beijing in Stellung bringen zu können. Der IMEC ist das vierte Großprojekt auf dem Feld der Infrastruktur, das EU und USA bislang gestartet haben, um die Neue Seidenstraße zu schwächen. Zwei gelten als gescheitert, eines („Global Gateway“) kommt eher schlecht als recht voran. Dabei ist der Investitionsbedarf auf dem Infrastruktursektor weltweit hoch und lässt Raum für chinesische und transatlantische Vorhaben in beliebiger Höhe – nebeneinander und zur gleichen Zeit. ex.klusiv
Antrittsbesuch in Washington
Pistorius kündigt zum Antrittsbesuch in Washington neue Asien-Pazifik-Aktivitäten der Bundeswehr und deutscher Rüstungsfirmen an. Rheinmetall hofft auf 45-Milliarden-Dollar-Auftrag aus den USA.
WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) – Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigt weitere Aktivitäten der Bundeswehr in der Asien-Pazifik-Region sowie eine Ausweitung der deutschen Rüstungsexporte dorthin an. Wie Pistorius am Mittwoch (Ortszeit) bei seinem Antrittsbesuch in Washington erklärte, bestehe eine „europäische Verantwortung für den Indo-Pazifik“; diese werde sich, was Deutschland betreffe, in einer weiteren Teilnahme an Manövern im Indischen und im Pazifischen Ozean sowie in der Lieferung größerer Mengen an Kriegsgerät äußern. Der Minister hatte erst zu Wochenbeginn eine feste und dauerhafte Stationierung von annähernd 4.000 deutschen Soldaten in Litauen angekündigt – ein Schritt, mit dem er „eine stärkere Führungshaltung in Europa“ eingenommen habe, hieß es in US-Medien. Zugleich verfestigt sich die rüstungsindustrielle Basis des transatlantischen Bündnisses ein weiteres Stück: Im Gegenzug gegen die Beschaffung von F-35A-Kampfjets durch die Bundeswehr hat Washington zugesagt, dem deutschen Rheinmetall-Konzern die Herstellung von Teilen des Jets zu übertragen; zudem ziehen die US-Streitkräfte den Erwerb von Rheinmetall-Schützenpanzern für mehr als 45 Milliarden US-Dollar in Betracht. ex.klusiv
Der Korea-Krieg als Modell
NATO will der Ukraine Sicherheitsgarantien sowie Aufrüstung und Ausbildung nach NATO-Standards anbieten. Washington zieht Einfrieren des Konflikts wie in Korea in Betracht.
BERLIN/WASHINGTON/KIEW (Eigener Bericht) – Die NATO will der Ukraine auf ihrem Gipfel im Juli in Vilnius Sicherheitsgarantien anbieten und die Aufrüstung und Ausbildung ihrer Streitkräfte nach NATO-Standards ermöglichen. Dies kündigte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gestern nach dem informellen Treffen der NATO-Außenminister in Oslo an. Konkrete Schritte in Richtung auf eine Mitgliedschaft der Ukraine in dem Militärbündnis, wie etwa Polen und die baltischen Staaten sie fordern, erwähnte Stoltenberg nicht. Hintergrund sind Überlegungen besonders in den USA, den Ukraine-Krieg noch eine Weile zu forcieren, dann aber – nicht zuletzt mit Blick auf die schwindende Zustimmung in der US-Bevölkerung zur kostspieligen Bewaffnung der Ukraine – auf eine Einstellung der Kämpfe und Verhandlungen zu setzen. In Washington wird Berichten zufolge über ein Einfrieren des Konflikts nach dem Modell des Korea-Kriegs diskutiert, der formell immer noch nicht beendet ist. Mit diesem Modell wäre eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine nicht vereinbar; Washington favorisiert daher Alternativen. Ein Einfrieren des Konflikts machte Osteuropa womöglich auf Jahrzehnte zum potenziellen Brandherd. ex.klusiv
Schlüsselgremium für transatlantische Sanktionen
Transatlantisches Gremium plant nach erfolgreicher Koordination der westlichen Russland-Sanktionen wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen gegen China. EU bereitet Economic Security Strategy vor.
WASHINGTON/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Der heute zusammenkommende EU-U.S. Trade and Technology Council (TTC) plant nach erfolgreicher Koordination der westlichen Russland-Sanktionen neue Maßnahmen zur ökonomischen Eindämmung Chinas. Das geht laut Berichten aus einem Entwurf für die Abschlusserklärung des transatlantischen Treffens hervor. Der TTC, der 2021 gegründet wurde, um die transatlantischen Differenzen der Ära Trump auf ökonomischem Feld zu überwinden, hat sich nach dem Beginn des Ukraine-Krieges in ein zentrales Gremium zur innerwestlichen Abstimmung über Strafmaßnahmen gegen Russland verwandelt. Jetzt soll er zusätzlich Export- und Investitionskontrollen gegenüber China in den Vereinigten Staaten und der EU koordinieren. Zu dem Treffen wird unter anderem US-Außenminister Antony Blinken erwartet. Gleichzeitig arbeitet die EU an einer Economic Security Strategy, die ebenfalls wirtschaftliche Maßnahmen gegen China ermöglichen soll. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bereits kürzlich dafür plädiert, Investitionen europäischer Firmen in der Volksrepublik bei Bedarf zu verbieten. Experten sprechen sich für die Gründung einer „geo-ökonomischen NATO“ aus. ex.klusiv
Eigenbeschuss im Halbleiterkrieg
Der US-Wirtschaftskrieg gegen China gefährdet die Halbleiterbranche im Westen. Der Aufbau neuer Chipfabriken in Deutschland ist durch Mangel an ausgebildetem Personal bedroht.
WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) – Der US-Wirtschaftskrieg gegen China droht zu ernsten Schäden für die westliche Halbleiterbranche zu führen, darunter auch die neu im Entstehen befindlichen Chipfabriken in den USA und in Deutschland. Darauf weist Jen-Hsun Huang hin, der Chef des zur Zeit wertvollsten Halbleiterkonzerns der Welt, Nvidia. Laut Huang wäre ein sanktionsbedingter Verlust des gewaltigen chinesischen Markts für Nvidia kaum zu stemmen. Die Gefahr wächst, seit Beijing sich am Sonntag erstmals mit Sanktionen zur Wehr gesetzt hat – gegen den US-Chiphersteller Micron. Micron hofft, die Verluste auf einen einstelligen Umsatzanteil begrenzen zu können. Andere US-Firmen mit größerem Chinageschäft träfen Sanktionen heftiger; Huang schätzt den Anteil des Chinageschäfts am Umsatz der US-Chipbranche auf ein Drittel. Bräche der westliche Absatz in China im großen Stil ein, entstünden zudem auf beiden Seiten des Atlantiks Überkapazitäten, die durch den Aufbau neuer Chipfabriken im Westen noch massiv vergrößert würden. Ob der Aufbau neuer Chipfabriken in Deutschland gelingt, ist dabei weiterhin ungewiss – unter anderem wegen Mangels an hinlänglich ausgebildetem Personal. ex.klusiv
Die Vasallisierung Europas
Europäische Denkfabrik konstatiert, die EU-Politik werde seit Beginn des Ukraine-Kriegs exklusiv von den USA dominiert, und warnt mit Blick auf künftige US-Prioritäten vor einer „Vasallisierung Europas“.
WASHINGTON/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Eine europäische Denkfabrik mit Hauptsitz in Berlin warnt mit Blick auf die Entwicklung der transatlantischen Beziehungen vor einer „Vasallisierung Europas“. Wie es in einer kürzlich publizierten Analyse aus dem European Council on Foreign Relations (ECFR) heißt, habe der Ukraine-Krieg das Scheitern der vielgepriesenen EU-Bemühungen um „strategische Autonomie“ offen zutage treten lassen. Seit Kriegsbeginn dominierten die USA die Politik in Europa nicht nur mit der Menge ihrer Rüstungslieferungen an Kiew, sondern auch, indem sie die gemeinsame Kriegsstrategie diktierten. Europa operiere in der zweiten Reihe – wie im Kalten Krieg. Im Unterschied zu damals aber sei es für Washington heute nicht wichtig, die Länder Europas zu ökonomisch starken Frontstaaten zu formen. Vielmehr habe es für die USA heute Vorrang, ihre eigene Wirtschaft maximal gegen China zu stärken – dies auch auf Kosten von Europas Industrie, die für Washington allenfalls noch Hilfsfunktion besitze. Während Frankreichs Präsident Macron warnt, die EU dürfe nicht zum US-„Vasallen“ werden, sieht Bundeskanzler Scholz ihren Platz weiterhin eng an der Seite der USA. ex.klusiv
Kriegsvorbereitungen am Pazifik
Morgen finden in Tokio erstmals deutsch-japanische Regierungskonsultationen statt. Berlin intensiviert die Asien-Pazifik-Aktivitäten der Bundeswehr. Japan und die USA militarisieren die Region dramatisch.
BERLIN/TOKIO/WASHINGTON (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung hält am Wochenende in Tokio erstmals deutsch-japanische Regierungskonsultationen ab und plant insbesondere auch eine Ausweitung bilateraler Kriegsübungen am Pazifik. Kanzler Olaf Scholz und sechs Minister, darunter Verteidigungsminister Boris Pistorius, treffen morgen zu Gesprächen mit ihren japanischen Amtskollegen zusammen, um die Kooperation zwischen den beiden Staaten zu intensivieren. Das geschieht in einer Zeit, in der nicht nur Japan massiv aufrüstet, seinen Militärhaushalt um über die Hälfte aufstockt und Raketen sowie Cruise Missiles beschafft, die China erreichen können. Auch die Vereinigten Staaten bauen ihre Militärpräsenz im Umfeld der Volksrepublik dramatisch aus, setzen sich mit ihren Streitkräften geballt auf der ersten Inselkette vor der chinesischen Küste fest – von Japan über Taiwan bis hin zu den Philippinen – und formen Australien zu einer Art rückwärtiger Operationsbasis für etwaige Angriffe auf China. Sogar Militärbasen auf kleinen Inseln im Pazifik werden ausgebaut, um den Nachschub aus den USA für Kämpfe in Ostasien zu sichern. Die Bundeswehr weitet parallel ihre Manöver in der gesamten Region aus. ex.klusiv