Die Integration der extremen Rechten
Berliner Denkfabrik SWP warnt vor zunehmender „Integration“ der extremen Rechten in „das politische System der EU“. Ultrarechte Parteien sind an neun von 27 EU-Regierungen beteiligt. Experte: AfD könnte 30 Prozent erreichen.
BERLIN/PRAG/PARIS (Eigener Bericht) – Mit dem klaren Sieg einer Partei aus dem EU-Zusammenschluss Patrioten für Europa (PfE) in der Parlamentswahl in Tschechien stärkt die extreme Rechte ihren Einfluss in der EU ein weiteres Stück. In der Wahl Ende vergangener Woche wurde die Partei ANO des Milliardärs Andrej Babiš mit 34,5 Prozent die stärkste Kraft. Babiš könnte sich als Ministerpräsident auf eine weitere Mitgliedspartei der PfE und eine Partei aus dem Zusammenschluss Europa der Souveränen Nationen (ESN) stützen, dem auch die AfD angehört. Führend innerhalb der PfE ist der französische RN um Marine Le Pen, der seit der vergangenen Woche zwei von sechs Vizepräsidenten der französischen Nationalversammlung stellt – dank Absprachen mit dem „Zentrumsblock“, auf den sich Präsident Emmanuel Macron stützt. Unterdessen gewinnen die PfE, ESN und die gleichfalls ultrarechten Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) im Europaparlament – dort stellen sie mehr als ein Viertel der Abgeordneten – zunehmend an Einfluss; die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) spricht von ihrer wachsenden „Integration“ in „das politische System der EU“. Die AfD erzielt ihrerseits neue Umfragerekorde. Weiterlesen
Auf der Suche nach Plan B
Der deutsch-französische Streit um die Aufteilung der Projektanteile am Kampfjet der sechsten Generation (FCAS) ist weiter ungelöst. Deutschland erwägt Trennung von Frankreich und Kooperation mit Schweden oder Großbritannien.
BERLIN/PARIS (Eigener Bericht) – Vor dem Zusammentreffen von Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am morgigen Freitag in Saarbrücken bleibt der Streit um den deutsch-französischen Kampfjet FCAS (Future Combat Air System) ungelöst. Die Entwicklung des Kampfjets der sechsten Generation, der im Verbund mit Drohnen und Drohnenschwärmen eingesetzt werden soll, ist seit dem Start des Projekts im Jahr 2017 von Auseinandersetzungen um die Anteile an Entwicklung und Produktion geprägt. Während es in Deutschland heißt, der französische Dassault-Konzern verlange übermäßige Anteile, fordert Dassault mit Blick auf die Verspätung des Projekts eine klare Führungsrolle. Eine Lösung, die die aktuelle Blockade aufheben könnte, ist nicht in Sicht. In Deutschland ist eine Trennung von Dassault und ein Wechsel zu einer Kooperation mit Schweden oder Großbritannien im Gespräch; Konzerne in beiden Ländern verfügen über das technologische Know-how zur Entwicklung des Kampfjets, das Deutschland fehlt. Frankreich verfügt ebenfalls über das Know-how und könnte das FCAS im Alleingang entwickeln, wäre aber auf finanzstarke Kooperationspartner angewiesen – etwa aus Indien oder aus der arabischen Welt. Weiterlesen
Die Drohnenkrise (II)
Pläne zur Schaffung eines Drohnenwalls an der NATO-Ostflanke sollen auf dem informellen EU-Gipfel in Kopenhagen diskutiert werden. Deutsche Startups plädieren seit Monaten dafür, werden inzwischen aber von britischer Konkurrenz bedrängt.
BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Vor dem heute beginnenden informellen EU-Gipfel in Kopenhagen gewinnen die Pläne zum Bau eines Drohnenwalls an der Ostflanke der NATO an Fahrt. Nach einer entsprechenden Ankündigung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer State of the Union-Rede hat EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius den Plänen am Freitag „unmittelbare Priorität“ zugeschrieben. Deutsche Rüstungs-Startups wie Helsing oder Quantum Systems sprechen sich seit Monaten für den Drohnenwall aus, den bereits im März der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Ex-Airbus-Chef Thomas Enders, in einem Positionspapier forderte. Enders zufolge geht es darum, europäische High-Tech-Rüstungsgüter zu fördern, die ohne Rückgriff auf US-Technologie konstruiert werden. Startups wie Helsing oder Quantum Systems sind genau darum bemüht. Dabei entwickeln sie ihre Drohnen in enger Kooperation mit der Ukraine, wo sie im Krieg auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden. Doch sind sie nicht konkurrenzlos; Großbritannien hat am Wochenende bekräftigt, den Drohnenwall mit eigenen Drohnen bestücken zu wollen. Jetzt erhebt Verteidigungsminister Boris Pistorius Einwände gegen das Projekt. Weiterlesen
Die Drohnenkrise (I)
Im Konflikt mit Russland um Militärflüge durch den Luftraum von NATO-Staaten und um Drohnenflüge über dänischen Militärbasen weitet die NATO ihre Ostsee-Einsätze aus. Berlin nimmt die Schaffung eines „Drohnenwalls“ im Osten ins Visier.
BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Die NATO verstärkt ihren Ostsee-Einsatz Baltic Sentry und zieht eine Umwandlung ihrer Luftraumüberwachung (Air Policing) im Baltikum in einen regulären Militäreinsatz in Betracht. Die Folge wären schärfere Einsatzregeln und eine weitere Eskalation der Lage in der Region. Damit reagiert die NATO zum einen darauf, dass russische Militärflugzeuge mutmaßlich den Luftraum über dem Territorium des NATO-Mitglieds Estland durchquert haben, und zum anderen auf die Flüge von Drohnen über Flughäfen und Militärbasen in Dänemark. Dänemark hat in jüngerer Vergangenheit mehrfach US-Raketenwerfer, die Mittelstreckenwaffen abfeuern können, im Rahmen von Manövern nach Bornholm bringen lassen. Die Mittelstreckenwaffen könnten ohne weiteres Russland erreichen. In Deutschland plädiert inzwischen auch ein Mitglied der Bundesregierung dafür, russische Militärflugzeuge, die sich im Luftraum über NATO-Staaten bewegen, abschießen zu lassen. Im Hinblick auf die Drohnenflüge über dänischen Militärbasen verlangt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, die Ostsee für russische Schiffe prinzipiell zu sperren. Berlin treibt die Debatte über einen „Drohnenwall“ zur Drohnenabwehr voran. Weiterlesen
„Buy European“
EU bereitet zum Ausgleich für Exportverluste, die wegen der neuen US-Zölle drohen, „Buy European“-Klauseln vor – unter Bruch mit Regeln der WTO. Neue Freihandelsabkommen sollen alternative Absatzmärkte öffnen.
BRÜSSEL/BERLIN (Eigener Bericht) – Zum Ausgleich für Exportverluste aufgrund der jüngsten US-Zölle bereitet die EU-Kommission erstmals „Buy European“-Klauseln vor – in offenem Bruch mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO. Hintergrund ist, dass der Zolldeal zwischen der EU und den USA es der Trump-Administration gestattet, auf Stahl, Aluminium und viele Produkte daraus Einfuhrzölle in Höhe von 50 Prozent zu erheben. Die Maßnahme trifft fast neun Prozent aller deutschen Exporte in die USA. Um ihren Verkauf wenigstens in der EU zu ermöglichen, plant die EU-Kommission ihrerseits Zölle von bis zu 50 Prozent auf den Import konkurrierender Waren. Außerdem sollen bei Staatsaufträgen nur noch oder vorzugsweise Güter verwendet werden, die in der EU hergestellt wurden, so etwa Grüner Stahl. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil stimmt dem Vorhaben für staatliche Infrastrukturprojekte zu. Bundeskanzler Friedrich Merz hat vergangene Woche bestätigt, die Bundesrepublik müsse ökonomisch ihre Abhängigkeit von den USA reduzieren. Dem Plan dienen auch Freihandelsabkommen, um die sich die EU aktuell verstärkt bemüht. Gegen das Mercosur-Abkommen erheben sich erste Bauernproteste in Frankreich. Weiterlesen
Keile treiben
Im Ringen mit Russland bemühen sich die USA, einen Keil zwischen Moskau und Minsk zu treiben und Belarus an den Westen zu binden. Die EU hatte dies lange angestrebt; der Versuch galt aber schon vor dem Ukraine-Krieg als gescheitert.
WASHINGTON/MINSK (Eigener Bericht) – Im Ringen mit Russland bemühen sich die USA in Absetzung vom Konfrontationskurs der EU, Belarus mit politischen Zugeständnissen enger an den Westen zu binden. Im Gegenzug gegen die Aufhebung der US-Sanktionen gegen die belarussische Fluggesellschaft Belavia und in der Hoffnung auf eine weitere Annäherung hat Präsident Alexander Lukaschenko kürzlich veranlasst, 52 als politisch eingestufte Gefangene freizulassen. Die Wiedereröffnung der US-Botschaft in Minsk ist im Gespräch; Lukaschenko hat kürzlich telefonisch mit seinem Amtskollegen Donald Trump gesprochen – sein einziges Telefonat mit einem US-Präsidenten in seiner 31-jährigen Amtszeit. Ziel der Vereinigten Staaten ist es, einen Keil zwischen Minsk und Moskau zu treiben. Daran hatte sich schon seit den 1990er Jahren auch die EU versucht, war aber – nach zwischenzeitlichen Erfolgen, etwa dem Abschluss eines Abkommens mit Belarus zur Flüchtlingsabwehr im Jahr 2017 – letztlich gescheitert. Die aktuellen US-Bestrebungen erfolgen, während die EU an ihrem beinharten Konfrontationskurs nicht nur gegen Moskau, sondern auch gegen Minsk festhält. Washington fällt Brüssel damit einmal mehr in den Rücken. Weiterlesen
Hamburg im Krieg
Die Bundeswehr trainiert in der Hamburger Innenstadt in enger Zusammenarbeit mit zivilen Akteuren den Aufmarsch für einen Krieg gegen Russland. Militärkolonnen und Hubschrauber sollen sich Tag und Nacht durch Stadtviertel bewegen.
HAMBURG (Eigener Bericht) – Mit dem heute beginnenden Manöver Red Storm Bravo hält die Bundeswehr zum ersten Mal eine Kriegsübung nicht nur im Hafen, sondern im großen Stil auch in mehreren Stadtvierteln der norddeutschen Metropole Hamburg ab. Im Manöverszenario gehe es darum, dass NATO-„Truppen mit ihrer Ausrüstung und ihren Waffensystemen im Hamburger Hafen ankommen und von dort auf Straße und Schiene weiter Richtung Osten transportiert werden“, teilt der verantwortliche Kommandeur des Landeskommandos Hamburg mit. Militärkolonnen und -hubschrauber sollen im Rahmen der Übung tagsüber, vor allem aber auch nachts Stadtviertel durchqueren bzw. überfliegen; „Knallgeräusche“ und „Rauchentwicklung“ seien zu erwarten, heißt es. Eng eingebunden sind Behörden und zivile Unternehmen, darunter Airbus und die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Die Hamburger Agentur für Arbeit testet die Anwendung eines Gesetzes aus dem Jahr 1968, das es ermöglicht, Zivilpersonen zu bestimmten Arbeiten zu verpflichten, also Arbeitszwang zu exekutieren. Beobachter warnen, die Bedeutung Hamburgs als Umschlagsplatz für Militärtransporte mache die Stadt im Kriegsfall zu einem wichtigen Angriffsziel. Proteste gegen das Manöver sind angekündigt. Weiterlesen
Szenario: Krieg gegen Russland
Bundeswehr und NATO-Verbündete proben mit dem Manöver Quadriga die schnelle Verlegung nach Litauen für einen Krieg im Baltikum und Spezialkräfteoperationen an der Grenze zu Russland.
BERLIN (Eigener Bericht) – Während Abfangjäger der deutschen Luftwaffe in diesen Tagen über der Ostsee aufsteigen, um russische Militärflugzeuge abzufangen, probt die Bundeswehr im Rahmen ihres Großmanövers Quadriga dort einen möglichen Krieg gegen Russland. Die Übung, die sich über mehrere Wochen erstreckt, bindet Soldaten aus mehreren NATO-Staaten ein; diese trainieren unter deutscher Führung in einer Reihe miteinander verknüpfter Einzelmanöver offiziell noch bis Ende September die Verlegung ins Baltikum und die Kriegsführung dort. Verantwortlich für Planung und Umsetzung des Manövers ist das Marinekommando in Rostock. Das Operative Führungskommando der Bundeswehr führt die Operationen der Soldaten aus 14 NATO-Staaten, von denen der Großteil deutsche Militärs sind. Teilübungen umfassen unter anderem den Aufmarsch der Truppen in Deutschland, die Verlegung von Kampfverbänden über die Ostsee mit Hilfe ziviler Fähren und die logistische und medizinische Versorgung der Truppe an der NATO-Ostflanke. Die Bundeswehr greift dabei auch auf Reservisten, zivile Infrastruktur, sogenannte Blaulichtorganisationen – etwa Polizei und Feuerwehr – sowie eine Vielzahl an zivilen Akteuren zurück. Weiterlesen
„Einfach abschießen“
In Europa werden stets neue Eskalationsforderungen laut: Abschuss russischer Kampfjets im Luftraum von NATO-Staaten, Seeblockade gegen russische Tankschiffe in Nord- und Ostsee. NATO erwägt Bau von Drohnenwall an ihrer Ostflanke.
BERLIN/MOSKAU (Eigener Bericht) – Im Konflikt mit Russland um das Eindringen russischer Drohnen und Kampfjets in den Luftraum europäischer NATO-Staaten werden in Deutschland Forderungen nach einer ungehemmten Eskalation laut. „Jede militärische Grenzverletzung“ müsse künftig „mit militärischen Mitteln beantwortet“ werden – „bis hin zum Abschuss russischer Kampfjets“, fordert der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Jürgen Hardt. Identische Forderungen werden etwa in den baltischen Staaten laut. Hinweise, es gebe für den Umgang mit Kampfjets im eigenen Luftraum klare Regularien der NATO, die einen Abschuss aus gutem Grund allenfalls als „Ultima Ratio“ zuließen, verhallen weithin ungehört, obwohl sie auch von einer bekannten Hardlinerin kommen. Im Gespräch ist außerdem die Option, russische Flugobjekte über ukrainischem Territorium abzuschießen – also in den Ukraine-Krieg zu intervenieren –, darüber hinaus die Möglichkeit, die Ostsee für russische Öltanker zu sperren; eine faktische Seeblockade wäre ein Kriegsgrund. Einstweilen hat die NATO einen neuen Einsatz an ihrer Ostflanke gestartet („Eastern Sentry“), der auch Pläne für den Bau eines Drohnenwalls umfasst – eventuell durch deutsche Unternehmen. Weiterlesen
Auf Rechtskurs à la Trump
Trumps extremer Rechtskurs führt zu Nachahmungseffekten in der EU: Mehrere Staaten und die AfD wollen „die Antifa“ als „terroristisch“ einstufen. Die AfD ist aktuell stärkste Partei und könnte Teil einer Regierungskoalition werden.
WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) – Der dramatische politische Rechtskurs der Vereinigten Staaten unter Präsident Donald Trump führt zu ersten Nachahmungseffekten bei zwei Staaten und diversen Parteien in der EU. Nachdem Trump am Donnerstag erklärt hatte, er wolle antifaschistische Organisationen („die Antifa“) als „terroristische Vereinigungen“ einstufen, forderte das Parlament der Niederlande die Regierung des Landes auf, dies ebenfalls zu tun. Am Freitag kündigte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán an, sich dem US-Präsidenten anschließen zu wollen. Identische Forderungen äußern unter anderem auch der Präsident der belgischen Regierungspartei Mouvement réformateur (MR) sowie die AfD. Die AfD ist mittlerweile in zwei Umfragen zu Deutschlands stärkster Partei noch vor CDU und CSU aufgestiegen. In den Unionsparteien heißt es intern, sollte sich die SPD in der Bundesregierung weiterhin dem gewünschten extremen Sozialkahlschlag verweigern, seien auch andere Regierungskoalitionen denkbar – eine Anspielung auf eine Koalition mit der AfD. Diese könnte demnach nötig werden, um die drastischen Berliner Aufrüstungspläne zu realisieren. Die Trump-Administration zeigt unterdessen Faschisierungstendenzen. Weiterlesen