• „Wages not Weapons“

    Interview mit Alex Gordon über den wachsenden Widerstand britischer Gewerkschaften gegen Aufrüstung und Krieg.

    LONDON german-foreign-policy.com sprach mit Alex Gordon über den zunehmenden Widerstand britischer Gewerkschaften gegen die aktuelle Aufrüstungspolitik und gegen den drohenden Krieg. Gordon war von 2010 bis 2012 und dann wieder von 2022 bis 2024 Präsident der National Union of Rail, Maritime and Transport Workers (RMT), der größten Bahn- und Transportgewerkschaft in Großbritannien. Er gehört zudem der Campaign for Nuclear Disarmament (CND) an, die seit ihrer Gründung im Jahr 1957 gegen nukleare Aufrüstung kämpft. RMT und CND haben Ende Mai die Alternative Defence Review veröffentlicht; bei dieser handelt es sich um ein Gegenmodell zur Strategic Defence Review, dem zentralen außen- und militärpolitischen Strategiepapier der britischen Regierung. Die Alternative Defence Review hat zu einem Kurswechsel der britischen Gewerkschaften beigetragen, die kurz nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs noch in der Mehrheit den Aufrüstungskurs der damaligen Regierung von Premierminister Boris Johnson unterstützten, inzwischen aber entschlossen gegen die Umschichtung aller verfügbaren materiellen Ressourcen weg von der arbeitenden Bevölkerung hin zur Kriegsproduktion kämpfen. Weiterlesen

  • Einsatzgebiet Nordatlantik

    Bundeswehr erhält ersten Seefernaufklärer P-8A Poseidon zum Einsatz gegen russische U-Boote etwa im Nordatlantik – ein US-Modell. Kriegsschiffe und U-Boote für Einsätze dort stammen hingegen aus europäischer Produktion.

    BERLIN/LONDON/OSLO (Eigener Bericht) – Die Bundeswehr hat den ersten ihrer neuen Seefernaufklärer vom Typ P-8A Poseidon erhalten. Das Flugzeug dient insbesondere der U-Boot-Jagd; es soll genutzt werden, um die Ostsee und vor allem auch den Nordatlantik zu überwachen und dort russische U-Boote aufzuspüren. Als besonders wichtig gelten Einsätze im Nordatlantik, den alle Einheiten der russischen Nordflotte durchqueren müssen, um von ihren Stützpunkten auf der Halbinsel Kola den Atlantik zu erreichen. Dort könnten sie die Nachschubrouten aus Nordamerika nach Europa attackieren. Die P-8A Poseidon-Maschinen der Bundeswehr werden nicht zuletzt auf dem britischen Luftwaffenstützpunkt Lossiemouth nahe dem Nordatlantik stationiert. Mit ihnen beschafft die Bundesrepublik ein US-Produkt, das den ursprünglich geplanten deutsch-französischen Seefernaufklärer MAWS ersetzt – ein Rückschlag für die Schaffung einer eigenständigen europäischen Rüstungsindustrie. Die U-Boote und die Kriegsschiffe jedoch, die im Nordatlantik eingesetzt werden sollen, werden in enger europäischer Zusammenarbeit hergestellt – von diversen Rüstungsunternehmen aus Großbritannien, Norwegen und Deutschland. ex.klusiv

  • Auf der Suche nach Plan B

    Der deutsch-französische Streit um die Aufteilung der Projektanteile am Kampfjet der sechsten Generation (FCAS) ist weiter ungelöst. Deutschland erwägt Trennung von Frankreich und Kooperation mit Schweden oder Großbritannien.

    BERLIN/PARIS (Eigener Bericht) – Vor dem Zusammentreffen von Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am morgigen Freitag in Saarbrücken bleibt der Streit um den deutsch-französischen Kampfjet FCAS (Future Combat Air System) ungelöst. Die Entwicklung des Kampfjets der sechsten Generation, der im Verbund mit Drohnen und Drohnenschwärmen eingesetzt werden soll, ist seit dem Start des Projekts im Jahr 2017 von Auseinandersetzungen um die Anteile an Entwicklung und Produktion geprägt. Während es in Deutschland heißt, der französische Dassault-Konzern verlange übermäßige Anteile, fordert Dassault mit Blick auf die Verspätung des Projekts eine klare Führungsrolle. Eine Lösung, die die aktuelle Blockade aufheben könnte, ist nicht in Sicht. In Deutschland ist eine Trennung von Dassault und ein Wechsel zu einer Kooperation mit Schweden oder Großbritannien im Gespräch; Konzerne in beiden Ländern verfügen über das technologische Know-how zur Entwicklung des Kampfjets, das Deutschland fehlt. Frankreich verfügt ebenfalls über das Know-how und könnte das FCAS im Alleingang entwickeln, wäre aber auf finanzstarke Kooperationspartner angewiesen – etwa aus Indien oder aus der arabischen Welt. ex.klusiv

  • Europas Mächtedreieck

    Deutschland, Frankreich und Großbritannien bauen ihre Militär- und Rüstungskooperation aus – mit dem Ziel, langfristig mit ihren Streitkräften und ihren Waffenschmieden von den USA unabhängig zu werden.

    BERLIN/LONDON/PARIS (Eigener Bericht) – Deutschland, Frankreich und Großbritannien intensivieren ihre Militär- und Rüstungskooperation und zielen damit auf den Aufbau einer eigenständigen Militärmacht Europa mit einer unabhängigen rüstungsindustriellen Basis. Der Kensington-Vertrag, den Bundeskanzler Friedrich Merz und Premierminister Keir Starmer vergangene Woche unterzeichneten, dient diesem Ziel ebenso wie mehrere französisch-britische Erklärungen, die am 10. Juli verabschiedet wurden. Ziel ist es, mit einem System bilateraler Übereinkünfte der drei stärksten Staaten Westeuropas einerseits die Aufstellung schlagkräftiger binationaler Truppenverbände zu initiieren und andererseits eine gemeinsame Waffenproduktion anzuschieben, die perspektivisch ohne US-Bauteile auskommen und dadurch den Ländern Europas rüstungsindustrielle Unabhängigkeit von den USA verschaffen soll. Elemente dazu sind nicht zuletzt die gemeinsame deutsch-britische Entwicklung von Marschflugkörpern, die Produktion gepanzerter Fahrzeuge durch Rheinmetall im Vereinigten Königreich und britisch-französische Pläne, die binationale Combined Joint Expeditionary Force (CJEF) für Einsätze an der NATO-Ostflanke auf 50.000 Soldaten aufzustocken. ex.klusiv

  • Deep Precision Strike

    Bundesregierung bereitet vorläufige Beschaffung US-amerikanischer und langfristige Entwicklung europäischer Marschflugkörper vor. Letztere sollen militärische Unabhängigkeit von den USA sichern.

    BERLIN/LONDON (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung bereitet die vorläufige Beschaffung weitreichender US-Marschflugkörper und die langfristige Entwicklung von den USA unabhängiger europäischer Marschflugkörper vor. Wie Verteidigungsminister Boris Pistorius in der vergangenen Woche bestätigte, ist Deutschland an einem Erwerb der mobilen Abschussplattform Typhon interessiert. Damit lassen sich Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit einer Reichweite von gut 2.000 Kilometern abfeuern. Typhon und Tomahawk werden von US-Konzernen hergestellt und sind bereits erhältlich. Zugleich treiben Berlin und London die Entwicklung eigener weitreichender Waffen (Deep Precision Strike, DPS) voran. Sie könnten in sieben bis zehn Jahren zur Verfügung stehen und als zentraler Baustein des European Long-Range Strike Approach (ELSA) dienen, eines Projekts, das von heute sieben EU-Staaten getragen wird und die europäischen Staaten bei Marschflugkörpern oder auch ballistischen Raketen von den USA unabhängig machen soll. Mit Blick auf ELSA haben auch französische Rüstungskonzerne erste Vorschläge für weitreichende Waffen vorgelegt. Damit zeichnet sich erneut harte innereuropäische Konkurrenz in der Rüstungsindustrie ab. ex.klusiv

  • „Der neue Anführer der freien Welt“

    Ukraine-Gipfel in London fordert in Absetzung von den USA europäischen „Friedensplan“ und „Koalition der Willigen“ für die Ukraine. Berlin erwägt Schuldenprogramme vor allem zur Aufrüstung von bis zu 900 Milliarden Euro.

    BERLIN/LONDON/PARIS (Eigener Bericht) – Frankreich, Großbritannien und „ein bis zwei“ weitere NATO-Staaten Europas wollen einen Friedensplan für die Ukraine erarbeiten und eine „Koalition der Willigen“ zur Entsendung sogenannter Friedenstruppen schmieden. Dies ist das Ergebnis eines Ukraine-Sondergipfels, der am gestrigen Sonntag in London stattgefunden hat. Zuvor hatte ein Eklat zwischen den Präsidenten der USA und der Ukraine im Weißen Haus die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und den Ländern Europas weiter verschärft und die Forderungen nach europäischer Eigenständigkeit anschwellen lassen. Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament etwa, Manfred Weber (CSU), verlangt, „Europa“ müsse sich „jetzt eigenständig bewaffnen“ und „die ersten Schritte zur europäischen Armee gehen“. Außenministerin Annalena Baerbock dringt angesichts der gegenwärtigen französisch-britischen Initiative in Sachen Ukraine-Krieg darauf, nun müsse Deutschland „Führung einnehmen“. CDU/CSU und SPD bereiten laut Berichten derzeit neue Schuldenprogramme vor, die bis zu 900 Milliarden Euro betragen können und vor allem der Aufrüstung dienen. Zudem werden Pläne für einen europäischen Nuklearschirm geschmiedet. ex.klusiv

  • Die Konzentration der europäischen Rüstungsindustrie

    Manager großer Rüstungskonzerne planten vergangene Woche auf einem Geheimtreffen in Hamburg eine Konzentration der europäischen Rüstungsbranche. Europas Wehretats könnten um 280 Milliarden US-Dollar wachsen.

    BERLIN/LONDON (Eigener Bericht) – Führende Repräsentanten der Rüstungsindustrie der europäischen NATO-Staaten arbeiten an einer Konzentration der Branche und einer massiven Ausweitung der Rüstungsproduktion über europäische Grenzen hinweg. Dies geht aus einem Bericht über ein Treffen namentlich nicht genannter europäischer Rüstungsmanager hervor, das in der vergangenen Woche auf dem britischen Flugzeugträger HMS Queen Elizabeth abgehalten wurde, während dieser – bewacht von einer sogenannten Heimatschutzkompanie – im Hamburger Hafen ankerte. Das Geheimtreffen knüpfte an das Trinity House Agreement an, ein deutsch-britisches Militär- und Rüstungsabkommen, das im Oktober in London unterzeichnet wurde und unter anderem gemeinsame deutsch-britische Rüstungsprojekte vorsieht. In dem Bericht über das Hamburger Treffen heißt es, man gehe davon aus, dass die für 2024 in den europäischen Militärhaushalten eingeplanten Ausgaben von 436 Milliarden US-Dollar schon bald gesteigert würden; komme es zu der anvisierten Einigung auf eine Aufstockung der Wehretats auf 3 Prozent der Wirtschaftsleistung, dann stünden in Kürze gut 280 Milliarden US-Dollar zusätzlich zur Verfügung. Ansätze zur Verschmelzung der EU-Rüstungsindustrie sind bereits vorhanden. ex.klusiv

  • Das Mittelstreckenwaffenbündnis

    Bundesregierung will Rüstungskooperation mit Großbritannien ausbauen, unter anderem in der Produktion von Mittelstreckenwaffen. Ziele sind größere Unabhängigkeit von den USA und eine europäische Front gegen Russland.

    LONDON/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung strebt eine intensivere Rüstungskooperation mit Großbritannien an und sucht damit die Abhängigkeit Deutschlands von US-Waffenschmieden zu reduzieren. Dies geht aus einer gemeinsamen Erklärung hervor, die Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein britischer Amtskollege John Healey am Mittwoch unterzeichnet haben. Demnach wollen beide Länder in Zukunft bei der Entwicklung, Produktion und Beschaffung von Kriegsgerät eng zusammenarbeiten, unter anderem bei der Herstellung einer Mittelstreckenwaffe, mit der von deutschen Standorten aus Moskau erreicht werden kann. Noch unklar ist, ob es sich um eine Hyperschallrakete handelt. Pläne zu einer engeren Kooperation, die auch eine intensive militärische Zusammenarbeit einschließt, werden seit gut zehn Jahren geschmiedet; sie wurden allerdings nach dem Brexit durch die Bestrebungen Berlins und der EU gestoppt, den britischen Austritt scheitern zu lassen bzw. London für ihn zu bestrafen. Schon seit dem Beginn des Ukraine-Krieges nähern sich beide Seiten in militärpolitischen Fragen wieder an – mit dem Ziel, eine gemeinsame Front gegen Russland zu bilden. ex.klusiv

  • Für Profite über Leichen

    In Großbritannien starben einem jüngst veröffentlichten Untersuchungsbericht zufolge im Zeitraum von 1970 bis 1998 3.000 Menschen an virushaltigen Blutpräparaten. Einer der größten Hersteller war der Bayer-Konzern.

    BERLIN/LONDON (Eigener Bericht) – Laut einem vergangene Woche veröffentlichten Untersuchungsbericht haben kontaminierte Blutplasmaprodukte unter anderem des deutschen Bayer-Konzerns in Großbritannien den Tod von rund 3.000 Menschen verursacht. 30.000 Personen – zumeist Bluter, die auf Blutgerinnungspräparate angewiesen waren – infizierten sich mit HIV oder Hepatitis C. Der Report spricht von vermeidbaren Todesfällen und erhebt schwere Vorwürfe gegen das Gesundheitssystem und die verantwortlichen Politiker. Mit Kritik an der Pharmaindustrie hält er sich dagegen zurück. Dabei lagen Bayer und den anderen Konzernen detaillierte Informationen über die Übertragungsrisiken vor, wie interne Dokumente belegen. Zudem sperrten sie sich aus Profitgründen lange gegen neu entwickelte Virus-Inaktivierungsverfahren. Als die USA und immer mehr europäische Länder die Hitzebehandlung der Blutpräparate zur Zulassungsbedingung machten, exportierten die Unternehmen ihre Altbestände nach Asien und Lateinamerika. Geschädigte fordern eine offizielle Entschuldigung; konzernkritische Initiativen verlangen eine Beteiligung an den von London zugesagten Entschädigungszahlungen in Höhe von rund elf Milliarden Euro. ex.klusiv

  • Das Kriegskriterium

    Geleakter Mitschnitt eines Gesprächs führender Luftwaffenoffiziere zeigt: Diese diskutierten ukrainische Taurus-Angriffe auf die Brücke zur Krim. Liefere Deutschland die dafür nötigen Daten, sei das als „Kriegskriterium“ zu werten.

    BERLIN/MOSKAU/LONDON (Eigener Bericht) – Offiziere der Bundeswehr diskutieren Angriffe der ukrainischen Streitkräfte mit deutschen Waffen auf Ziele in Russland. Dies geht aus dem Mitschnitt einer von russischen Geheimdiensten abgehörten Webex-Videokonferenz hervor, die vier Offiziere der Luftwaffe kürzlich abhielten, darunter deren Inspekteur Ingo Gerhartz. Demnach sei es etwa machbar, die Brücke von Kertsch mit „10 oder 20“ Stück des Marschflugkörpers Taurus zu zerstören. Allerdings setze dies voraus, dass deutsche Daten dafür zur Verfügung stünden. Dies wiederum erfülle das „Kriegskriterium“, urteilten die vier Offiziere; Deutschland trete damit in den Krieg mit Russland ein. Liefere man aber den Taurus, ohne deutsche Daten zur Verfügung zu stellen, sei dessen Wirkung deutlich reduziert. Die Offiziere spekulierten außerdem darüber, ob britische Soldaten, die in der Ukraine im Einsatz seien, bei Taurus-Angriffen Unterstützung leisten könnten. London hatte bereits vergangene Woche wütend auf Äußerungen von Kanzler Olaf Scholz reagiert, denen zufolge britische Militärs ukrainische Raketenangriffe aktiv unterstützten. Scholz sei, hieß es, „der falsche Mann zur falschen Zeit im falschen Job“. ex.klusiv