• Die Glaubwürdigkeit der EU (II)

    Die angekündigte Ernennung der Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten ruft in Südosteuropa Unmut hervor: Die beitrittswilligen Länder dort werden seit 19 Jahren von Brüssel vertröstet.

    BRÜSSEL/SARAJEVO/SKOPJE (Eigener Bericht) – Die für heute angekündigte Ernennung der Ukraine zum EU-Beitrittskandidaten ruft in Südosteuropa schweren Unmut hervor. Zwar heißt es regelmäßig, man habe keine Einwände dagegen, die Ukraine dergestalt aufzuwerten. Allerdings werde damit etwa Bosnien-Herzegowina „erniedrigt“, da ihm der gleiche Status seit Jahren verweigert werde, warnt die einstige kroatische Ministerpräsidentin Jadranka Kosor. Dem Land wurde – ebenso wie Serbien, Montenegro, Albanien, Nordmazedonien und dem Kosovo – auf dem EU-Gipfel im Juni 2003 der Beitritt zur Union in Aussicht gestellt. „Die Zukunft der Balkanstaaten liegt in der Europäischen Union“, hieß es damals. Ähnliches soll heute der Ukraine und Moldawien zugesagt werden – allerdings ebenso unverbindlich. Mit Blick auf die Versprechungen gegenüber Kiew dringt jetzt auch Nordmazedonien erneut darauf, Beitrittsverhandlungen mit der EU beginnen zu dürfen. Dies scheitert an einem Veto Bulgariens, dessen Regierungschef gestern gestürzt wurde. In Bulgarien befürworten zur Zeit fast 40 Prozent der Bevölkerung einen Austritt aus der NATO; das lässt es Berlin als heikel erscheinen, den Druck auf Sofia zu verstärken. ex.klusiv

  • Die Glaubwürdigkeit der EU

    Scholz-Besuch in Südosteuropa: 19 Jahre nach EU-Beitrittsversprechen für die Region immer noch kein echter Fortschritt. Bulgarien benennt „Kulturzentrum“ nach NS-Kollaborateur.

    SOFIA/SKOPJE/BERLIN (Eigener Bericht) – Vor der Entscheidung der EU-Kommission über die Vergabe des EU-Beitrittskandidatenstatus an die Ukraine gerät der Beitrittsprozess in Südosteuropa immer weiter ins Stocken. Am Wochenende ist Kanzler Olaf Scholz mit seinem Versuch gescheitert, Bulgarien zur Aufgabe seines Vetos gegen die geplanten Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien aufzugeben. Die bulgarische Regierung begründet ihr Veto mit völkischen Behauptungen, nach denen die Bevölkerung Nordmazedoniens Teil des „bulgarischen Volkes“ ohne eine wirkliche Eigenständigkeit sei; Skopje müsse seine Zugehörigkeit zum „Bulgarentum“ anerkennen. Sofia hat ein „bulgarisches Kulturzentrum“ in der nordmazedonischen Stadt Bitola nach einem NS-Kollaborateur benannt, der den Kampf für seine großbulgarischen Zielsetzungen an der Seite NS-Deutschlands führte. Dass 19 Jahre nach dem förmlichen Beitrittsversprechen der EU nicht einmal die notwendigen Verhandlungen gestartet werden können, stößt in Nordmazedonien auf starken Unmut. Die EU müsse sich im Klaren sein, dass letzten Endes nicht Versprechungen, sondern Taten zählten, heißt es in Skopje. ex.klusiv

  • "Das ist unser Hinterhof!" (II)

    Beobachter sehen Einfluss der EU in den Nicht-EU-Ländern Südosteuropas schwinden. Denkfabrik mit Hauptsitz in Berlin schlägt Sanktionen wegen "Kleptokratie" gegen die dortigen Länder vor.

    BERLIN/SKOPJE/BELGRAD (Eigener Bericht) - Die EU soll ihr Sanktionsregime um den Tatbestand "Kleptokratie" erweitern und sich mit seiner Anwendung in den Nicht-EU-Ländern Südosteuropas größeren Einfluss sichern. Dies schlägt der European Council on Foreign Relations (ECFR) vor, eine Denkfabrik mit Hauptsitz in Berlin. Hintergrund ist, dass die EU in Südosteuropa inzwischen an Einfluss verliert. So stufen Beobachter den kürzlich erfolgten Rücktritt von Nordmazedoniens Ministerpräsident Zoran Zaev als schweren Rückschlag für Brüssel ein: Zaev hatte erhebliche Zugeständnisse gemacht, um eine Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen zu erreichen, war aber von der EU fallengelassen worden. Weitere Rückschläge diagnostizieren Beobachter in Bosnien-Herzegowina, wo aktuell der CSU-Politiker Christian Schmidt als - nicht demokratisch gewählter - Hoher Repräsentant mit umfassenden Vollmachten ausgestattet ist, und in Serbien, wo Umfragen in der Bevölkerung eine überwältigende Zustimmung zu einer engen Kooperation mit Russland und China feststellen. Dies geht mit einer sehr kritischen Haltung gegenüber der EU einher. ex.klusiv

  • BERLIN/ATHEN/SKOPJE (Eigener Bericht) - Mit ihrem morgen beginnenden Besuch in Athen setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Serie außergewöhnlicher Einmischung von NATO- und EU-Staaten in die inneren Angelegenheiten zweier südosteuropäischer Länder fort. Gegenstand der Einmischung ist der Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien, das aufgrund griechischer Einwände international den Namen Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien trägt. Es soll nun gemäß einem Abkommen vom 17. Juni 2018 in Nord-Mazedonien umbenannt werden. Weil dies die Voraussetzung dafür ist, dass das Land in die NATO aufgenommen werden und EU-Beitrittsgespräche anstreben kann, machen das Kriegsbündnis und die Union Druck, den Prozess der Umbenennung rasch abzuschließen. Dazu wird Merkel in Athen Gespräche führen. Die Umbenennung erfolgt unter massiver Einflussnahme des Westens, der diese mit angeblicher russischer Einflussnahme begründet; sie geschieht gegen das Resultat eines Referendums in Mazedonien und ist bei einer kurz bevorstehenden abschließenden Abstimmung im mazedonischen Parlament auf die Zustimmung von Oppositionellen angewiesen, die mit offensichtlich korrupten Methoden zur Unterstützung des Namenswechsels veranlasst wurden. ex.klusiv

  • SKOPJE/BERLIN (Eigener Bericht) - Mit empfindlichen Drohungen gegen Skopje reagiert die Bundesregierung auf spürbare Einflussverluste in Mazedonien. Nach ersten Sanktionsforderungen haben sich zu Wochenbeginn die EU-Außenminister mit der Entwicklung des Landes befasst. Die EU müsse "mit unseren europäischen Mitteln" auf Skopje einwirken, um die Krise dort zu lösen, verlangt Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Hintergrund sind Einflussgewinne Chinas, aber auch Serbiens und Russlands in dem südosteuropäischen Land. Die Bundesrepublik hatte zu Beginn der 1990er Jahre Mazedoniens Abspaltung von Jugoslawien unterstützt, um Belgrad zu schwächen und den deutschen Einfluss in Südosteuropa auszuweiten. Als die mazedonische Regierung jedoch Ende der 1990er Jahre eine eher neutralistische und NATO-kritische Politik zu verfolgen begann, forcierten Deutschland und andere NATO-Staaten eine Intervention, die eine Wende herbeiführte. Mittlerweile geht Mazedonien erneut auf größere Distanz zu EU und NATO und verfolgt einen Kurs einer größeren Eigenständigkeit. In Berlin, Brüssel und Washington führt das zu Konsequenzen. ex.klusiv

  • BERLIN/BELGRAD/SKOPJE (Eigener Bericht) - Nach dem gestrigen Beschluss über den Aufbau eines neuen Abwehrsystems gegen Flüchtlinge von außerhalb Europas ("Eurosur") fordert die Bundesregierung neue Möglichkeiten zur Abschottung gegen unerwünschte Einwanderer aus Südosteuropa. Dabei geht es vor allem um Wege, Bürger Bulgariens und Rumäniens nach dem Schengen-Beitritt beider Länder bei Bedarf von Deutschland fernhalten zu können. Im Kern richtet sich das Berliner Begehren gegen die Minderheit der Roma. Berlin und Brüssel üben bereits seit 2010 massiv Druck auf die fünf Nicht-EU-Staaten Südosteuropas aus, Roma an der Einreise in die EU und nach Deutschland zu hindern, obwohl diese ihnen nach Einführung der Visafreiheit formal offensteht. Unter heftigem Druck aus Westeuropa haben insbesondere Mazedonien und Serbien Gesetze eingeführt, die es ihnen ermöglichen, Roma willkürlich an der Ausreise zu hindern; der Menschenrechtskommissar des Europarats läuft ebenso wie sein Amtsvorgänger und diverse Menschenrechtsorganisationen dagegen Sturm. Mit den Willkürgesetzen hat etwa Mazedonien innerhalb von nur 18 Monaten ungefähr 6.500 seiner Bürger an der Ausreise gehindert und damit - maßgeblich auf deutschen Druck - die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte gebrochen. ex.klusiv

  • BONN/SKOPJE/PODGORICA (Eigener Bericht) - Zum wiederholten Male werden gegen einen deutschen Konzern schwere Vorwürfe wegen dubioser Osteuropa-Geschäfte laut. Demnach soll die Deutsche Telekom sich vor einigen Jahren korrupter Praktiken bedient haben, um ihre Dominanz in einem ihrer Expansionsländer, in Mazedonien, zu sichern. Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens hat die Staatsanwaltschaft nun die Unternehmenszentrale und die Privatwohnung des Konzernchefs durchsucht. Die Vorwürfe werden zu einer Zeit laut, da die vormalige Konzernspitze der Deutschen Telekom beschuldigt wird, in die illegale Bespitzelung kritischer Journalisten im Inland eingeweiht gewesen zu sein. Ziel war es dabei, die Konzernmacht mittels Unterbindung kritischer Berichte zu wahren. Bei der Expansion deutscher Konzerne in Ost- und Südosteuropa kommt es immer wieder zu zweifelhaften Vorgängen, die, wie mutmaßlich im Falle der Deutschen Telekom in Mazedonien, auch illegale Praktiken beinhalten. ex.klusiv

  • ESSEN/SKOPJE/BELGRAD (Eigener Bericht) - Der serbische Wirtschaftsminister Mladan Dinkić fordert den deutschen Medienkonzern WAZ wegen dubioser Machenschaften zum Rückzug aus Serbien auf. Es könne nicht angehen, dass die WAZ mit zweifelhaften "Hinterzimmergeschäften" sich die Kontrolle über eine der wichtigsten Tageszeitungen des Landes verschaffe, erklärt Dinkić nach Bekanntwerden eines Deals, der dem Essener Konzern eine marktbeherrschende Stellung in Serbien verschaffen sollte. Dabei versuchten die WAZ und WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach (SPD), sich mit Hilfe eines Strohmannes stückweise in den Besitz der Anteilsmehrheit an Večernje Novosti, der auflagenstärksten Tageszeitung des Landes, zu bringen. Der Strohmann, ein serbischer Oligarch, will die bei ihm zwischengeparkten Anteile nun offenbar nicht herausrücken. Hintergrund des Deals ist, dass die WAZ zunächst wegen kartellrechtlicher Bedenken Večernje Novosti, ein in Serbien meinungsbildendes Blatt, nicht kaufen konnte - und deshalb die Dienste des Strohmannes in Anspruch nahm. Der Essener Medienkonzern ist das stärkste westeuropäische Unternehmen auf dem Pressemarkt in Südosteuropa und hält in mehreren Staaten eine marktbeherrschende Position von bis zu 70 Prozent - abgefedert durch beste Beziehungen ins politische und wirtschaftliche Establishment. ex.klusiv

  • Flurbereinigung

    BELGRAD/SKOPJE/TIRANA/BERLIN (Eigener Bericht) - Kurz nach der Sezession Montenegros und wenige Monate vor der endgültigen Abspaltung des Kosovo forciert Berlin die Unterstellung des serbischen Kernlandes unter deutsche Unternehmensinteressen. Der "serbische Markt" biete "große Absatz- und Investitionschancen für deutsche Firmen", urteilt das Bundeswirtschaftsministerium nach einem zweitägigen Arbeitsaufenthalt seines Staatssekretärs Joachim Wuermeling in Belgrad. Zu den Branchen, die dort derzeit staatlicher Kontrolle entzogen und an privatem Gewinn orientierten Interessenten übertragen werden, gehört insbesondere der strategisch wichtige Energiesektor. In ganz Südosteuropa erwarten Fachleute in den nächsten 15 Jahren Investitionen in die Strom- und Gas-Infrastruktur, die einen Umfang von rund 21 Milliarden Euro erreichen dürften - ein "attraktive(s) Terrain", heißt es in Wirtschaftskreisen. Deutsche Unternehmen sind bereits jetzt in der Branche aktiv und bedienen sich für ihre Expansion gelegentlich österreichischer Firmen. Deren offene Übernahme wird für die kommenden Jahre nicht ausgeschlossen. ex.klusiv

  • SKOPJE/BERLIN/WIEN (Eigener Bericht) - 15 Jahre nach der von Deutschland geförderten Sezession aus dem jugoslawischen Staatsverbund steht Mazedonien vor der vollständigen Preisgabe seines Besitzes an ausländische Konzerne. "(F)ast alle staatlichen Vermögenswerte sind verkauft", resümiert die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung nach der Übernahme von ESM, des bisher in Gemeinbesitz befindlichen Monopol-Stromversorgers durch ein österreichisch-deutsches Unternehmen. Während die Armutsquote in der mazedonischen Bevölkerung neue Höchstwerte erreicht, verlangen Berlin und Brüssel von Skopje kostspielige Maßnahmen zur Hochrüstung der Landesgrenzen, um unerwünschte Einwanderung in die EU-Wohlstandszentren zu verhindern. In den Führungsetagen der deutschen Expansionsunternehmen sitzen Politiker, die bei der Sezession Mazedoniens und dem Krieg gegen die BR Jugoslawien eine führende Rolle spielten. ex.klusiv