Indien unter Druck
Indien und die EU intensivieren ihre Bemühungen um den Abschluss des lange geplanten Freihandelsabkommens. Indien hat soeben sein Verteidigungsabkommen mit den USA verlängert, hält aber an der Kooperation mit Russland fest.
BRÜSSEL/NEW DELHI/WASHINGTON/MOSKAU (Eigener Bericht) – Eine hochrangige EU-Delegation hat in dieser Woche in New Delhi die Verhandlungen über das lange geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien vorangetrieben. Die meisten Differenzen scheinen mittlerweile geklärt zu sein; Auseinandersetzungen gab es noch um EU-Zölle auf Importe aus Indien, die sich aus der EU-Verordnung über CO2-Grenzausgleichsmaßnahmen ergeben. Indien wirft der EU vor, unter dem Deckmantel des Umweltschutzes lediglich ihre eigene Industrie schützen zu wollen. Zudem gewähre sie US-Waren eine Vorzugsbehandlung. Während die EU sich auf Handelsfragen beschränkt, haben die USA ihre deutlich stärkere Stellung in Indien mit einer weiteren Verlängerung ihres Verteidigungsabkommens mit dem Land zementiert. Das indisch-US-amerikanische Abkommen ist zu einem Zeitpunkt verlängert worden, zu dem Indien neue Käufe russischer Militärausrüstung tätigt und kürzlich das 25-jährige Bestehen seiner strategischen Partnerschaft mit Moskau gefeiert hat. US-Präsident Donald Trump sucht die indisch-russischen Beziehungen mit Sanktionen gegen russische Ölkonzerne zu torpedieren, bei denen führende indische Unternehmen Öl beschafft haben. Weiterlesen
Kampf um die digitale Souveränität
Die Debatte über die „digitale Souveränität“ Deutschlands und der EU wird im Außenpolitik-Establishment kontrovers geführt. Manche halten sie für nicht mehr möglich; andere urteilen, deutsche Rüstungs-Startups kämpften erfolgreich um sie.
BERLIN (Eigener Bericht) – Das deutsche Außenpolitik-Establishment treibt die Debatte über die „digitale Souveränität“ Deutschlands sowie der EU als Grundlage für eine wirkliche Unabhängigkeit von den Vereinigten Staaten voran. Derzeit liege „die strukturelle Macht“ in der Digitaltechnologie „klar außerhalb Europas“, nämlich in den USA und in China, heißt es in einem aktuellen Sonderheft der Zeitschrift Internationale Politik, die von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) herausgegeben wird. „Die Macht der US-Internetkonzerne“ sei so groß, dass „europäische Firmen und Behörden“ wohl „nicht mehr weiterarbeiten könnten“, falls die US-Regierung sich „zu einem Embargo entschlösse“, heißt es in einem weiteren Beitrag. Einigkeit herrscht in der Debatte darüber, dass die bisherigen Bestrebungen der Bundesregierung und der EU-Kommission, der Technologie-Abhängigkeit vor allem von den USA zu entkommen, gescheitert sind. Während ein Autor zu dem Resultat kommt, Berlin und Brüssel hätten sich mittlerweile „mit einer postsouveränen Position abgefunden“, urteilen andere, der Kampf um Tech-Souveränität dauere noch an, beispielsweise bei jungen Rüstungs-Startups in der Bundesrepublik. Weiterlesen
„Kein Grund für Asyl“
Die Unionsparteien dringen auf eine beschleunigte Abschiebung syrischer Flüchtlinge. In Syrien herrschen bittere Armut und mörderische Gewalt gegen Minderheiten – auch aufgrund der Politik der Bundesrepublik.
BERLIN/DAMASKUS (Eigener Bericht) – Die Unionsparteien verschärfen ihre Kampagne zur Abschiebung syrischer Flüchtlinge. Auch am gestrigen Dienstag hielt die wütende Kritik an dem Einwand von Außenminister Johann Wadephul an, Abschiebungen seien zur Zeit im Hinblick auf die Verhältnisse in Syrien „nur sehr eingeschränkt möglich“. Die Äußerung beschädige das Bild der Regierungskoalition, äußerte der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn. Zuvor hatte Bundeskanzler Friedrich Merz erklärt, es gebe „keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland“. In Syrien herrscht aufgrund der umfassenden Zerstörungen bittere Armut. Die eskalierenden Spannungen zwischen der islamistischen Regierung und den Minderheiten haben mehrmals zu Massakern mit tausenden Todesopfern geführt; die Gewalt dauert auch im Alltag bis heute an. Deutschland ist mitverantwortlich – Berlin hatte den Aufstand gegen Bashar al Assad geschürt, die heute herrschenden Islamisten unterstützt und mit brutalen Sanktionen dazu beigetragen, Syriens Wirtschaft zu ruinieren. Syrische Flüchtlinge trugen in den vergangenen Jahren dazu bei, die marode deutsche Wirtschaft am Laufen zu halten. Nun werden sie rassistisch attackiert. Weiterlesen
Wirtschaftsmacht im Abstieg (II)
Die drei größten Branchen der deutschen Industrie – Kfz, Maschinenbau, Chemie – verzeichnen einen klaren Rückgang in der Produktion und rechnen mit weiteren Verlusten. Die neuen US-Zölle verursachen zusätzliche Schäden.
BERLIN (Eigener Bericht) – Mit dem Maschinenbau gibt die dritte der drei Paradebranchen der deutschen Industrie schwere Einbußen in ihrer Produktion und drohende weitere Verluste bekannt. Wie der Branchenverband VDMA mitteilt, geht er für dieses Jahr von einem Rückgang der Produktion um rund fünf Prozent aus. Schon 2024 hatte er preisbereinigt einen Produktionseinbruch um sieben Prozent berechnet. Mit zusätzlichen Verlusten rechnet der VDMA im Export in die USA: Die Trump-Administration will die Liste der Maschinen, auf deren Import sie die 50-Prozent-Zölle auf die Stahleinfuhr anwendet, ausweiten. Sie träfe dann 56 Prozent aller deutschen Maschinenausfuhren in die Vereinigten Staaten. Schon zuvor hatten die deutschen Branchen Nummer eins (Kfz) und Nummer drei (Chemie) gravierende Verluste verzeichnet. So schrumpfte der Marktanteil der drei großen deutschen Autokonzerne auf den drei wichtigsten Märkten weltweit (China, USA, Europa) von 21,7 auf 19,3 Prozent. Der Präsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft, Moritz Schularick, urteilt, die drei Kfz-Riesen könne es womöglich „schon zum Ende des Jahrzehnts nicht mehr geben“. Auch in der Chemiebranche bricht die Produktion ein, zuletzt ebenfalls um fünf Prozent. Weiterlesen
„Konstruktive Kräfte“
Nordrhein-Westfalen baut Rüstungskooperation mit den Vereinigten Arabischen Emiraten aus, während diese die genozidale Miliz RSF im Sudan bewaffnen. Die RSF haben soeben Tausende unbewaffnete Zivilisten in Darfur ermordet.
DÜSSELDORF/ABU DHABI/AL FASHIR (Eigener Bericht) – Das Bundesland Nordrhein-Westfalen baut seine Rüstungsbeziehungen zu den Vereinigten Arabischen Emiraten aus, während diese eine genozidale Miliz im Sudan mit Waffen beliefern. Am gestrigen Sonntag wurde der Minister für Internationales des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, Nathanael Liminski, in Abu Dhabi erwartet, um dort nach eigenen Angaben unter anderem „den engen Austausch … zu hochmodernen Verteidigungssystemen“ zu suchen. Die Emirate gehören schon heute zu den wichtigsten Käufern deutscher Rüstungsgüter. Zugleich beliefern sie die Miliz RSF mit Waffen, die im sudanesischen Bürgerkrieg gegen die regulären Streitkräfte kämpft und beschuldigt wird, in der vergangenen Woche bei der Eroberung der Stadt Al Fashir Tausende schwarzafrikanische Zivilisten ermordet zu haben. Britische Rüstungsgüter sind über die Vereinigten Arabischen Emirate nachweislich an die RSF gelangt; ob auch deutsche Rüstungsgüter den Weg dorthin fanden, ist unbekannt. Die RSF-Massaker werden als genozidal eingestuft. Beobachter urteilen, ohne die Waffenlieferungen des nordrhein-westfälischen Rüstungskooperationspartners Abu Dhabi wäre der Krieg im Sudan längst zu Ende. Weiterlesen
Transatlantische Weltraumrivalen
Airbus, Leonardo und Thales schließen ihre Raumfahrtaktivitäten zu einem europäischen Joint Venture zusammen, um mit Elon Musks Unternehmen Starlink konkurrieren zu können. Dies führt zu neuen Spannungen mit den USA.
BERLIN/PARIS/ROM (Eigener Bericht) – Die europäischen Raumfahrtunternehmen Airbus, Leonardo und Thales kündigen die Zusammenlegung ihrer Raumfahrtaktivitäten an. Das neue Joint Venture mit dem Namen „Projekt Bromo” soll seinen Sitz in Toulouse (Frankreich) haben und rund 25.000 Mitarbeiter in ganz Europa beschäftigen. Die Aufteilung der Anteile zwischen den drei Unternehmen steht bereits fest; doch muss das Projekt noch einige Hürden nehmen, darunter die wettbewerbsrechtliche Prüfung durch die EU-Kommission. Die europäischen Konzerne stehen in einem harten Wettbewerb mit dem US-Unternehmen Starlink, das erfolgreich in den europäischen Raumfahrtmarkt vorgedrungen ist. Airbus, Thales und Leonardo hingegen haben im vergangenen Jahr Verluste verzeichnet. Die EU hat kürzlich einen Entwurf für ein EU-Weltraumgesetz vorgelegt, das den EU-Weltraummarkt harmonisieren und ausländischen Unternehmen Compliance-Kosten auferlegen soll. Dies ruft neue Spannungen mit den USA hervor. Die Nachricht von der geplanten Fusion kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die EU Anstrengungen unternimmt, ihrer starken Abhängigkeit von den USA in der Raumfahrt durch den Aufbau eigener Kapazitäten zu entkommen. Weiterlesen
Kriegstüchtige Geheimdienste
Deutsche Geheimdienste sprechen, ohne Beweise zu präsentieren, von weitreichenden hybriden Angriffen Russlands in Deutschland und fordern größere rechtliche Handlungsspielräume für die Konfrontation mit Moskau.
BERLIN (Eigener Bericht) – Die deutschen Geheimdienste – Militärischer Abschirmdienst (MAD), Bundesnachrichtendienst (BND) und Verfassungsschutz – warnen vor sogenannten hybriden Angriffen Russlands in Deutschland und fordern in diesem Zusammenhang von der Politik größere rechtliche Handlungsspielräume. Um die Befugnisse des MAD auszuweiten, hat Verteidigungsminister Boris Pistorius bereits einen Gesetzesentwurf vorgelegt. Dieser sieht auch eine Ausweitung der Befugnisse der Militärpolizei auf den zivilen Bereich und eine Beschleunigung der Sicherheitsüberprüfung von Rekruten vor. Die Präsidenten der Geheimdienste räumen dabei ein, dass die „hybriden Angriffe“, für die sie Russland verantwortlich machen, sich gerade dadurch auszeichnen, dass die verantwortlichen Akteure nicht eindeutig zu bestimmen sind. Umgekehrt drohen Kritiker der Ukraine-Politik der Bundesregierung unter Generalverdacht gestellt zu werden, Agenten der russischen hybriden Kriegführung zu sein. Mit dem Diskurs um die „hybride Kriegsführung“ verwischen Geheimdienstler, Medien und Politiker nicht nur die Grenze zwischen Kritikern der deutschen Regierung und Agenten Russlands, sondern auch die Grenze zwischen Krieg und Frieden. Weiterlesen
„Wunsch nach klarer Friedenspolitik“
Interview mit Ulrike Eifler über die Lage der Gewerkschaften unter dem Eindruck der Kriegsvorbereitungen, über den drohenden Sozialkahlschlag und über den energischen Kampf vieler Gewerkschafter für den Frieden.
WÜRZBURG Über die Lage der Gewerkschaften unter dem Eindruck der aktuellen Kriegsvorbereitungen durch die Bundesregierung sprach german-foreign-policy.com mit Ulrike Eifler. Eifler, Gewerkschafterin in Würzburg, Mitglied im Parteivorstand von Die Linke sowie Mitorganisatorin der „Gewerkschaftskonferenzen für den Frieden“, sieht die Gewerkschaften gegenwärtig unter dem Druck von Deindustrialisierung und Umleitung sämtlicher verfügbaren staatlichen Ressourcen in die Militarisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in einer schwierigen Lage. Sie weist allerdings auf die historische Rolle von Arbeitskämpfen bei der Beendigung von Kriegen hin – und auf die Rolle von Gewerkschaften in den Massenprotesten gegen die Hochrüstung in den 1980er Jahren, in den Protesten gegen die Irak-Kriege 1991 und 2003 und international auch gegen den Gaza-Krieg. In Deutschland freilich habe es eine größere Zurückhaltung gegeben. Eifler dringt auf eine enge Einbindung der Gewerkschaften in die Kämpfe gegen Krieg und Militarisierung und warnt, die Unionsparteien orientierten zur Absicherung ihrer Deregulierungspläne „immer stärker auf die AfD“. Weiterlesen
Rezension: Gewerkschaften in der Zeitenwende
Ulrike Eifler beleuchtet in einem Sammelband die Lage der Gewerkschaften inmitten der aktuellen Militarisierung, deren Folgen für Arbeitswelt und Sozialstaat und die Möglichkeiten für den Widerstand dagegen.
„Kriegsvorbereitungen und vor allem der Krieg selbst gehen stets mit enormen Angriffen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der arbeitenden Klassen einher“: Das ist, schreibt Ulrike Eifler in dem von ihr herausgegebenen, soeben erschienenen Sammelband „Gewerkschaften in der Zeitenwende“, eine der Lehren, die man aus der Geschichte ziehen kann. Das gilt zum einen, weil auf den Schlachtfeldern der Vergangenheit „nie Verteidigungsminister, Militärexperten, Militärhistoriker oder Rüstungsfabrikanten gekämpft“ haben, immer aber „der Mann der Arbeit“, wie Eifler konstatiert. Es gilt zum anderen, weil Kriege stets den Abbau von Arbeitsrechten, von Löhnen und von existenziellen Sicherheiten mit sich bringen – „insbesondere für diejenigen, die am meisten darauf angewiesen sind“. Gewerkschaften, betont Eifler, selbst Gewerkschafterin in Würzbürg, haben schon aus diesen Gründen ein „hervorgehobenes Interesse an einer friedlichen Welt“. Vor diesem Hintergrund fragt sie in ihrem facettenreichen Sammelband zunächst nach „den Auswirkungen der aktuellen Kriegsvorbereitungspolitik auf die Welt der Arbeit“. Weiterlesen
Die ultrarechte Renaissance des Westens
Im Europaparlament zeichnet sich eine weitere Intensivierung der Kooperation mit der extremen Rechten ab, während Merz die Debatte in Deutschland nach rechts treibt – und die AfD sich mit Blick auf Trump etabliert transatlantisch gibt.
BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Im Europaparlament zeichnet sich eine weitere Intensivierung der Kooperation zwischen der konservativen EVP und den Fraktionen der äußersten Rechten ab. Auslöser ist, dass in der vergangenen Woche die von der EVP geplante Abschwächung der Lieferkettenrichtlinie gescheitert ist, vermutlich an Mitgliedern der sozialdemokratischen Fraktion. Das sei „inakzeptabel“, hatte Bundeskanzler Friedrich Merz auf dem EU-Gipfel geäußert: „Das kann so nicht bleiben“. Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (EVP) hatte daraufhin eine erneute Abstimmung mit einer alternativen Mehrheit in Aussicht gestellt. Dies bezieht sich auf eine Mehrheit der EVP mit den ultrarechten Fraktionen der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) sowie der Patrioten für Europa (PfE). Der Schritt erfolgt, während in Deutschland in der CDU Forderungen lauter werden, mit der AfD auf die eine oder andere Weise zu kooperieren, und Bundeskanzler Friedrich Merz mit Verbalattacken auf Migranten, die angeblich im „Stadtbild“ störten, die öffentliche Debatte nach rechts treibt. Zugleich gibt sich die AfD-Bundestagsfraktion kompromissbereit und spricht sich für transatlantische Kooperation aus – mit der Trump-Administration. Weiterlesen







