BERLIN/ATHEN (Eigener Bericht) - Unter heftigem Protest griechischer Gewerkschafter bereitet sich die deutsche Fraport AG auf die betriebliche Übernahme von 14 griechischen Flughäfen vor. Die Konzessionen, für die Fraport schon Ende 2015 den Zuschlag bekommen hat, übertragen dem deutschen Konzern den operativen Betrieb und das Management der profitabelsten griechischen Regionalflughäfen für die nächsten 40 Jahre. Von Jahresgewinnen in einer Höhe von anfangs 90 Millionen Euro ist die Rede. Beim griechischen Staat verbleiben 23 Regionalflughäfen, darunter mehrere, die stark defizitär sind, aber kostspielig weiterhin unterhalten werden müssen, weil sie entlegene Inseln an das griechische Festland anbinden. An den Fraport-Profiten beteiligt ist einer der mächtigsten griechischen Oligarchen, mit dem Fraport nicht nur bei der aktuellen Übernahme, sondern schon seit Jahren auch beim Betrieb des Flughafens Pulkovo in St. Petersburg kooperiert. Fraport zählt zu den wenigen deutschen Konzernen, die noch in Griechenland investieren; viele andere ziehen sich aus dem Land zurück: Weil die Krise den Konsum im Land massiv einbrechen lassen hat, sind attraktive Profite kaum noch zu erzielen. Wichtigste Ausnahme ist der Tourismus, aus dem die Fraport-Flughäfen mit der Abwicklung von Urlaubsflügen Gewinn ziehen. ex.klusiv
THESSALONIKI/BERLIN/FLORENZ (Eigener Bericht) - Mit heftigen Protesten beantworten prominente Mitglieder der Jüdischen Gemeinde einen Auftritt des deutschen Außenministers in der Synagoge von Thessaloniki. Dort hatte Frank-Walter Steinmeier (SPD) am 4. Dezember in einer vom Auswärtigen Amt verbreiteten Rede "unsere deutschen Hände" gerühmt, die nach der Ausrottung des jüdischen Lebens in der NS-Zeit jetzt "zum Einsatz kommen dürfen". In seinem historischen Rekurs spielte der deutsche Außenminister auf über 50.000 griechische Juden an, die 1943 zum Kauf von "Reichsbahn"-Fahrkarten nach Auschwitz genötigt und bei Ankunft ermordet worden waren. Auf die deutschen Einnahmen aus den Todesfahrten (89 Millionen Euro) und die Berliner Weigerung, diese Schulden zurückzuzahlen, ging der deutsche Außenminister am 4. Dezember mit keinem Wort ein. Die von der Jüdischen Gemeinde geforderte Erstattung rassistischer "Lösegelder" im Wert von weiteren Millionen Euro ließ Steinmeier ebenfalls unerwähnt. Die Empörung prominenter griechischer Juden gilt dem offenkundigen Versuch der Berliner Außenpolitik, die Rechtsansprüche der NS-Opfer mit moralischen Bekenntnissen und unverbindlichen Zuwendungen zu unterlaufen. Proteste löst auch eine angebliche "Ehrenmitgliedschaft" aus, die sich Steinmeier in der Synagoge von Thessaloniki hat andienen lassen. Ähnliche Auftritte Steinmeiers gelten italienischen Opfern der NS- Massenverbrechen. ex.klusiv
ATHEN/BERLIN (Eigener Bericht) - Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras stellt eine neue Initiative zur Erzwingung deutscher Reparations- und Entschädigungszahlungen an Griechenland in Aussicht. Wie Tsipras am Dienstag während der Gedenkfeier für die Opfer eines Wehrmachts-Massakers in dem westgriechischen Dorf Kommeno ankündigte, wird Athen "auf diplomatischer und falls nötig auf gerichtlicher Ebene" gegen Berlin vorgehen, sollte die Bundesregierung sich weiterhin weigern, in Reparationsverhandlungen einzutreten. Anfang September soll das griechische Parlament über einen kürzlich fertiggestellten Bericht diskutieren, der die deutsche Reparationsschuld auf 269 Milliarden Euro beziffert. Behauptungen der Bundesregierung, die Reparationsfrage sei "erledigt", treffen nicht zu: Tatsächlich ist die Zahlung einer 1946 verbindlich anerkannten Reparationssumme mit dem Londoner Schuldenabkommen vom Februar 1953 zwar gestundet, aber nicht aufgehoben worden; nur ein Bruchteil von ihr wurde beglichen. Wie Horst Teltschik, ein ehemaliger Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl, bestätigt, hat Bonn sich der Reparationspflicht zu entziehen versucht, indem es den Zwei-plus-Vier-Vertrag explizit nicht als "Friedensvertrag" einstufte. Man habe befürchtet, mit einem Friedensvertrag plötzlich "Reparationsforderungen von über 50 Staaten auf dem Tisch" zu haben, erklärt Teltschik. ex.klusiv
ATHEN/BEIJING/BERLIN (Eigener Bericht) - Strategische Investitionen der Volksrepublik China in Südosteuropa stellen die deutschen Hegemonialansprüche dort in Frage. Zu Wochenbeginn hat der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras in Beijing über neue chinesische Wirtschaftsvorhaben in Griechenland verhandelt. Kernstück ist der Hafen in Piräus bei Athen, der zu zwei Dritteln von einem chinesischen Großkonzern übernommen wird. Beijing baut ihn zum Endpunkt des maritimen Teils der "Neuen Seidenstraße" aus, eines billionenschweren Infrastrukturprojekts, das China ökonomisch enger mit Europa verbinden soll. Piräus steigt damit zu einem zentralen Hafen des europäischen Chinahandels auf; das verbessert die griechische Position in der EU. Beijing ergänzt dies um aufwendige Maßnahmen zum Ausbau der Infrastruktur in den Nicht-EU-Ländern Südosteuropas. Berlin beginnt gegenzusteuern und hat am Montag mit einem "Westbalkangipfel" seinen Einfluss auf die dortigen Staaten zu sichern versucht. Das Treffen richtete sich auch gegen Bemühungen Russlands, seine Positionen in Südosteuropa zu verbessern. ex.klusiv
BERLIN/ATHEN (Eigener Bericht) - Beschlüsse griechischer Asylentscheider stellen in zunehmendem Maß den EU-Abschiebepakt mit Ankara in Frage. Wie die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl berichtet, stufen griechische Stellen bei der Entscheidung, ob Flüchtlinge von den griechischen Inseln in die Türkei zurückgeschoben werden dürfen, das Nachbarland immer öfter nicht als "sicheren Drittstaat" ein. Bereits zuvor hatten deutsche Medien konstatiert, die griechische Asylbehörde entscheide Anträge trotz massiven Drucks aus Brüssel "und einigen europäischen Hauptstädten" "meist im Sinne der Migranten". Gleichzeitig geben jedoch immer mehr Flüchtlinge auf und nehmen an Programmen zur angeblich "freiwilligen" Rückkehr in die Armuts- und Kriegsgebiete ein, denen sie unter erheblichen Risiken entflohen sind. Ursache sind zum einen die Lebensbedingungen in den griechischen Flüchtlingslagern, die eine menschenwürdige Existenz kaum zulassen und viele in die Resignation treiben; hinzu kommt, dass eine Weiterreise in die west- und nordeuropäischen Wohlstandszentren inzwischen beinahe ausgeschlossen scheint. Dies liegt nicht zuletzt an bürokratischen Schikanen und an der Nichterfüllung von Verpflichtungen zur Übernahme von Flüchtlingen - gerade auch auf Seiten der Bundesrepublik. ex.klusiv
LESBOS/BERLIN (Eigener Bericht) - In offenem Protest gegen die Flüchtlingsabwehr Berlins und der EU wird Papst Franziskus am morgigen Samstag auf Lesbos erwartet. Der Papst, der bereits zu Beginn seiner Amtszeit die italienische Insel Lampedusa besucht und dort die tödliche Abschottung Europas scharf kritisiert hatte, wird nicht nur der in der Ägäis ertrunkenen Flüchtlinge gedenken, sondern auch den EU-Haft-"Hotspot" Moria besuchen. Weil die EU gemäß ihrem Abschiebepakt mit der Türkei, der maßgeblich von der Bundesregierung erarbeitet wurde, Flüchtlinge in Moria interniert, hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR seine Tätigkeit dort weitestgehend eingestellt. Sind Berlin und die EU damit bereits in offenen Konflikt mit den Vereinten Nationen geraten, so kommt nun auch ein offener Konflikt mit der katholischen und der orthodoxen Kirche hinzu; Papst Franziskus wird von zwei höchsten orthodoxen Würdenträgern begleitet. Während der Papst Lesbos besucht, sind deutsche Beamte dort mit der förmlichen Ablehnung von Asylanträgen befasst. Wie berichtet wird, verlangen Brüssel und einige Regierungen, "Anträge rasch abschlägig zu bescheiden und dabei zur Not einige Schritte des vorgesehenen Procedere zu überspringen". Die Leiterin der griechischen Asylbehörde hat dies verweigert, sieht sich nun jedoch mit der Einmischung deutscher "Asylentscheider" konfrontiert. ex.klusiv
BERLIN/TRIPOLIS (Eigener Bericht) - Der völkerrechtswidrige Abschiebepakt mit der Türkei soll als Vorbild für eine gleichartige Vereinbarung mit den Ländern Nordafrikas dienen. Dies erklärt Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Demnach sollen in Nordafrika "Aufnahmezentren" errichtet werden, in die künftig Flüchtlinge aus Italien abtransportiert werden. Um die Flüchtlinge in Italien festzusetzen, stehen inzwischen sechs "Hotspots" bereit - Einrichtungen, deren griechische Modelle vom UNHCR als "Haftzentren" eingestuft werden. Berlin treibt die Maßnahmen entschlossen voran, um nach der Fluchtroute über die griechischen Inseln nun auch die "Mittelmeer-Zentralroute" von Libyen nach Italien für Flüchtlinge zu schließen. Über die gestern gestartete Massenabschiebung aus Griechenland in die Türkei liegen bislang nur bruchstückhafte Informationen vor, da Vertreter sowohl von Medien als auch von Menschenrechtsorganisationen nur eingeschränkten, teils sogar gar keinen Zugang zu den Orten des Geschehens hatten. Der Direktor des deutschen Büros von Human Rights Watch urteilt über die Umsetzung des maßgeblich von der Bundesregierung erstellten Abschiebepakts mit Ankara, die EU trete "Menschenrechte mit Füßen". ex.klusiv
BERLIN/ATHEN/ANKARA (Eigener Bericht) - Massive internationale Proteste begleiten den Beginn der EU-Massenabschiebung von Flüchtlingen in die Türkei. Vom heutigen Montag bis zum Mittwoch sollen die ersten 750 Flüchtlinge von den griechischen Inseln an die türkische Küste abtransportiert werden; mehr als 5.400 weitere sind in den EU-"Hotspots" auf den Inseln interniert, um sie daran zu hindern, sich späteren Abschiebemaßnahmen zu entziehen. Mehrere UNO-Stellen haben die EU-Maßnahmen, die maßgeblich von der Bundesregierung durchgesetzt worden sind, öffentlich als völkerrechtswidrig kritisiert; Berlin und Brüssel bewegen sich mit dem Festhalten an der Massenabschiebung auf einen offenen Konflikt mit den Vereinten Nationen zu. Internationale Hilfsorganisationen haben ihre Tätigkeit in den Haft-"Hotspots" aus Protest eingestellt: Man wolle nicht zum Komplizen der EU-Machenschaften werden, heißt es. Auf den griechischen Inseln wie auch auf dem Festland eskalieren die Flüchtlingsproteste; die Regierung in Athen rechnet mit massivem Widerstand gegen die Massenabschiebung. Um diese dennoch sicherzustellen, hat Berlin deutsches Personal auf die griechischen Inseln entsandt - Bundespolizisten sowie Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Die Bundesregierung misst dem völkerrechtswidrigen Vorgehen strategische Bedeutung bei. ex.klusiv
- (Dorothee Vakalis)
IDOMENI Mehr als 14.000 Flüchtlinge saßen am gestrigen Mittwoch in Idomeni an der gesperrten griechisch-mazedonischen Grenze fest. Über die Lage dort sprach german-foreign-policy.com mit Dorothee Vakalis. Die ehemalige Pfarrerin der Evangelischen Kirche deutscher Sprache in Thessaloniki und ihre Organisation NAOMI sind seit rund fünf Jahren in der Flüchtlingshilfe aktiv. In Idomeni kümmern sie sich um die Nahrungsversorgung und verteilen gemeinsam mit anderen Freiwilligenorganisationen bis zu 13.000 Essensportionen pro Tag. ex.klusiv
BERLIN/IDOMENI (Eigener Bericht) - Die Flüchtlingsabwehr Deutschlands und der EU führt zu einer neuen Zuspitzung der Lage an den Grenzen in Südosteuropa. Bei dem griechischen Grenzort Idomeni entwickelt sich eine humanitäre Katastrophe: Das dortige Flüchtlingslager ist überfüllt; Menschen müssen bei strömendem Regen und kalten Temperaturen teilweise unter freiem Himmel nächtigen. Krankheiten breiten sich aus. Dorothee Vakalis von der Hilfsorganisation NAOMI, die seit Jahren Flüchtlinge unterstützt, weist im Gespräch mit german-foreign-policy.com darauf hin, dass von den Verhältnissen in Idomeni zu gut 40 Prozent Kinder betroffen sind: In letzter Zeit flüchteten deutlich häufiger als früher Frauen mit Kindern, weil die Bundesrepublik die Familienzusammenführung verschleppe oder gänzlich aussetze. Mit ihren Plänen zur kollektiven Rückschiebung sämtlicher auf den griechischen Inseln eintreffender Flüchtlinge in die Türkei treibt die Bundesrepublik die EU in einen Konflikt mit den Vereinten Nationen; das UN-Flüchtlingshilfswerk kritisiert öffentlich, dass das deutsche Vorhaben nicht nur europäisches, sondern auch sonstiges internationales Recht bricht. Zudem schreitet die Grenzhochrüstung in Südosteuropa voran: Bulgarien führt gemeinsame Flüchtlingsabwehrmanöver von Polizei und Militär mit gepanzerten Fahrzeugen durch, Ungarn ruft den Krisenzustand aus. In Athen kommt es zu ersten größeren Flüchtlingsprotesten. ex.klusiv