Eigenbeschuss im Halbleiterkrieg
Der US-Wirtschaftskrieg gegen China gefährdet die Halbleiterbranche im Westen. Der Aufbau neuer Chipfabriken in Deutschland ist durch Mangel an ausgebildetem Personal bedroht.
WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) – Der US-Wirtschaftskrieg gegen China droht zu ernsten Schäden für die westliche Halbleiterbranche zu führen, darunter auch die neu im Entstehen befindlichen Chipfabriken in den USA und in Deutschland. Darauf weist Jen-Hsun Huang hin, der Chef des zur Zeit wertvollsten Halbleiterkonzerns der Welt, Nvidia. Laut Huang wäre ein sanktionsbedingter Verlust des gewaltigen chinesischen Markts für Nvidia kaum zu stemmen. Die Gefahr wächst, seit Beijing sich am Sonntag erstmals mit Sanktionen zur Wehr gesetzt hat – gegen den US-Chiphersteller Micron. Micron hofft, die Verluste auf einen einstelligen Umsatzanteil begrenzen zu können. Andere US-Firmen mit größerem Chinageschäft träfen Sanktionen heftiger; Huang schätzt den Anteil des Chinageschäfts am Umsatz der US-Chipbranche auf ein Drittel. Bräche der westliche Absatz in China im großen Stil ein, entstünden zudem auf beiden Seiten des Atlantiks Überkapazitäten, die durch den Aufbau neuer Chipfabriken im Westen noch massiv vergrößert würden. Ob der Aufbau neuer Chipfabriken in Deutschland gelingt, ist dabei weiterhin ungewiss – unter anderem wegen Mangels an hinlänglich ausgebildetem Personal. Weiterlesen
In die Sanktionsspirale
EU-Kommission plant neue China-Sanktionen – zusätzlich zu Einschränkungen bei EU-Investitionen in China. Beijing stellt Gegenmaßnahmen in Aussicht und lädt Lindner aus.
BRÜSSEL/BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) – Mit neuen EU-Sanktionen gegen China und möglichen chinesischen Gegensanktionen steht der Machtkampf des Westens gegen die Volksrepublik vor der nächsten Eskalation. Wie gestern bekannt wurde, plant die EU-Kommission unter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Strafmaßnahmen gegen sieben chinesische Unternehmen, die sie beschuldigt, russische Rüstungskonzerne zu beliefern. Für den Fall, dass Brüssel die Sanktionen verhängt, kündigt Beijing seinerseits „entschlossene Maßnahmen“ an. Ende März hatte von der Leyen in Aussicht gestellt, man werde Investitionen europäischer Unternehmen in der Volksrepublik beschränken. In der Bundesrepublik wurde kürzlich von Überlegungen berichtet, den Export von Chemikalien, die für die Halbleiterproduktion unverzichtbar sind, nach China zu verbieten. Zwar hat das Kanzleramt dementiert, dies bereits konkret zu planen; doch war von Gesprächen mit „ausländischen Partnern“ die Rede, mutmaßlich mit den USA. Beijing zieht mittlerweile Gegenmaßnahmen gegen die westlichen Bestrebungen in Betracht, seine Halbleiterbranche zu ruinieren. Auf diplomatischer Ebene setzt es sich mit der Ausladung von Finanzminister Christian Lindner zur Wehr. ex.klusiv
Die Folgen eines Krieges gegen China
Borrell fordert Patrouillenfahrten in der Taiwanstraße, Baerbock vermeidet „Nein“ zu Krieg gegen China. Experten in Australien sagen schwerste Folgen eines Krieges für die eigene Bevölkerung voraus.
BERLIN/CANBERRA/BEIJING (Eigener Bericht) – Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell fordert Patrouillenfahrten europäischer Seestreitkräfte in der Straße von Taiwan und stellt damit einmal mehr Chinas rote Linien in Frage. Die Taiwanstraße sei ein „absolut entscheidendes Gebiet“, in dem man die „Freiheit der Seefahrt“ garantieren müsse, behauptete Borrell am Wochenende in einem Zeitungsbeitrag. Außenministerin Annalena Baerbock beantwortet die Frage, ob sie mit aggressiven Aussagen zu Taiwan eine mögliche „deutsche Beteiligung an einem Krieg gegen China“ habe ankündigen wollen, ausweichend und vermeidet ein „Nein“. Die Kriegsgefahr in Ostasien ist inzwischen so hoch, dass in Australien, einem Schauplatz regelmäßiger Kriegsübungen der Bundeswehr, der öffentlich-rechtliche Sender ABC offen die zu erwartenden konkreten Folgen eines Kriegs für die australische Bevölkerung diskutiert. Militärexperten waren sich gegenüber der ABC einig, der Westen könne einen solchen Krieg nicht gewinnen; Australien habe aber mit immensen Verlusten und dem Absturz in die Armut, eventuell sogar mit nuklearer Vernichtung zu rechnen. Sie fordern dringend, einen Krieg gegen China zu verhindern. ex.klusiv
Baerbocks Lektionen
Streit um westliche Chinapolitik überschattet Treffen der G7-Außenminister. Während Beijing um Kooperation mit Berlin wirbt, ist Baerbock zur Verschärfung der Spannungen bereit.
KARUIZAWA/BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) – Prinzipielle Differenzen in der Chinapolitik haben den gestrigen Beginn des G7-Außenministertreffens im japanischen Karuizawa überschattet. Während die Vereinigten Staaten die Spannungen zwischen dem Westen und der Volksrepublik eskalieren, hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kürzlich verlangt, die EU-Staaten sollten einen eigenen Umgang mit Beijing entwickeln. Wenn der Konflikt zwischen den USA und China unkontrolliert eskaliere, „werden wir Vasallen werden“, warnte Macron. Seine Position ist unter anderem von Washington und Berlin scharf kritisiert worden und rief bereits vor dem gestrigen Treffen der G7-Außenminister ernsten Streit hervor. Dies geschieht, während die Volksrepublik erstmals politisch und ökonomisch zu Gegenmaßnahmen übergeht, die globale US-Dominanz öffentlich attackiert und Sanktionen gegen einen US-Chiphersteller und ein Embargo auf Maschinen zur Verarbeitung Seltener Erden in Betracht zieht. Außenministerin Annalena Baerbock hat in der vergangenen Woche bei einem Besuch in Beijing die chinesische Regierung brüskiert und sich für eine Verschärfung des Machtkampfs gegen die Volksrepublik offen gezeigt. ex.klusiv
Mit Investitionsverboten gegen China
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dringt auf Beschränkungen und Verbote bei Investitionen europäischer Unternehmen in China – auch auf Druck aus den USA.
BERLIN/BRÜSSEL/BEIJING (Eigener Bericht) – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dringt auf Beschränkungen bei Investitionen europäischer Unternehmen in China. Können bisher nur Übernahmen deutscher bzw. EU-Firmen durch chinesische Investoren behördlich überprüft und, sofern gewünscht, verboten werden, so soll es in Zukunft möglich sein, Investitionen auch deutscher Konzerne in der Volksrepublik per Amtsentscheid zu untersagen. Damit sollen Know-how zurückgehalten und Chinas Aufstieg gebremst werden. Deutsche Unternehmen protestieren energisch dagegen. Schon die Einschränkungen für chinesische Übernahmen in der EU haben die Geschäftsbeziehungen zur Volksrepublik klar geschädigt; 2022 wurden in Deutschland nur noch 26 Übernahmen (Transaktionswert: 290 Millionen US-Dollar) von Firmen aus China getätigt, 242 hingegen von Firmen aus den USA. Von den neuen Kontrollen betroffen wären unter anderem Forschungsabteilungen, die deutsche Konzerne in China ansiedeln, um den Anschluss an die Weltspitze nicht zu verlieren. Massiver Druck, die Kontrollen einzuführen, kommt aus den USA, deren Einfluss auf Berlin und Brüssel im vergangenen Jahr erheblich gewachsen ist. ex.klusiv
Das Ende der US-Dominanz am Persischen Golf (III)
China gewinnt mit Vermittlungserfolg im saudisch-iranischen Konflikt neuen Einfluss am Persischen Golf. Das Schwinden der US-Dominanz könnte dort auch die deutsche Position schwächen.
RIAD/TEHERAN/BEIJING (Eigener Bericht) – Chinas Machtgewinn am Persischen Golf durch seinen Vermittlungserfolg im Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran stellt neben der US-Dominanz in der Region auch die deutsche Position dort in Frage. Beijing ist es gelungen, Annäherungsversuche zwischen Riad und Teheran zu einem ersten Erfolg zu führen; beide wollen nun ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen und verhandeln über eine weiterreichende Kooperation. Gelingt dies, dann stehen Bemühungen der Vereinigten Staaten, eine Art arabischer NATO gegen Iran in Stellung zu bringen, vor dem Scheitern. Von der US-Dominanz im Mittleren Osten hat jahrzehntelang auch die Bundesrepublik profitiert, die bei Bedarf immer Erdöl und Erdgas aus der Region beziehen und dort profitable Geschäfte abwickeln konnte; zuletzt fungierte eine Zeitlang ein Ex-Siemens-Chef als Wirtschaftsberater des saudischen Kronprinzen Muhammad bin Salman, des eigentlichen Machthabers im Land. Ob die Offenheit für Berliner Interessen in Mittelost trotz des US-Einflussverlusts bestehen bleibt, ist ungewiss. Das enge Bündnis zwischen Saudi-Arabien und den USA steckt schon seit geraumer Zeit in der Krise. ex.klusiv
Auf der Seite des Krieges (II)
China und Russland verhandeln über Beendigung des Ukraine-Kriegs. Westen weist Lösungsansätze zurück. Hintergrund sind Bemühungen, die globale Dominanz des Westens zu verteidigen.
MOSKAU/BEIJING/BERLIN (Eigener Bericht) – Stark divergierend reagieren Politiker weltweit auf das gestern zu Ende gegangene Treffen zwischen den Präsidenten Chinas und Russlands und auf deren Verhandlungen über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs. Ukrainische Regierungsmitglieder geben sich weiterhin offen für Gespräche mit Beijing. Brasiliens Präsident Luiz Ignácio Lula da Silva nennt Berichte über das Treffen eine „gute Nachricht“ und wird nächste Woche in China an die Verhandlungen anknüpfen. Negative Reaktionen kommen aus dem Westen, unter anderem von Außenministerin Annalena Baerbock, die behauptet, Beijings Vorstoß in Richtung auf Friedensgespräche sei gänzlich ungeeignet. Hintergrund ist, dass Xi Jinping und Wladimir Putin in Moskau nicht nur die Möglichkeit zu einer Beendigung des Ukraine-Kriegs ausgelotet, sondern auch eine Ausweitung ihrer Kooperation in die Wege geleitet und die bisherige westliche Dominanz über die Welt in Frage gestellt haben. Weil vor allem China „sowohl die Absicht“ als auch das Potenzial habe, „die internationale Ordnung neu zu gestalten“, müsse Washington es „niederkonkurrieren“, heißt es in der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA. ex.klusiv
Ein „Fachbesuch” auf Taiwan
Berlin setzt mit Taiwan-Reise der Forschungsministerin die Provokationen gegen Beijing fort. Deutsche Leitmedien folgen einheitlich einer Sprachregelung, die mit der Ein-China-Politik bricht.
BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung setzt ihr Rütteln an der Ein-China-Politik und ihre Provokationen gegen Beijing fort und entsendet Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nach Taiwan. Stark-Watzinger ist am gestrigen Montag als erste Bundesministerin seit über einem Vierteljahrhundert nach Taipeh aufgebrochen. Rein formal bewegt sich ihr Besuch noch im Rahmen der Berliner Ein-China-Politik, die lediglich Reisen „souveränitätsrelevanter“ Staats- und Regierungsvertreter, darunter Bundespräsident oder Außenministerin, auf die südchinesische Insel untersagt. Faktisch intensiviert Berlin mit dem Besuch aber die offiziellen Kontakte nach Taipeh, während ein Bundestagsabgeordneter aus Stark-Watzingers Partei, der FDP, einen formellen Bruch mit den Konventionen der Ein-China-Politik empfiehlt. Die deutschen Leitmedien sind derweil einheitlich zu einer Sprachregelung übergegangen, die ganz offen mit der Ein-China-Politik bricht: Taiwan sei „nie Teil der Volksrepublik“ gewesen. Damit fallen sie der führenden Oppositionskraft auf Taiwan in den Rücken, die am Ein-China-Prinzip festhält und sich in Verhandlungen um Entspannung und einen Ausgleich mit Beijing bemüht. ex.klusiv
Entkoppeln und aufrüsten
Berlin bereitet Verbot von Huawei-5G-Bauteilen vor, treibt die technologische Entkopplung von China voran. Westen rüstet zugleich massiv gegen die Volksrepublik auf. Beijing warnt vor Konsequenzen.
BEIJING/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung bereitet ein Verbot der Nutzung chinesischer Technologie in den deutschen 5G-Netzen vor und treibt so die technologische Entkopplung von China voran. Wie berichtet wird, hat das Bundesinnenministerium die Netzbetreiber aufgefordert, eine Liste der kritischen Bauteile in ihren Netzen vorzulegen; das gilt als Vorstufe für den Ausschluss von Komponenten von Huawei und ZTE. Sorgen, das Vorhaben könne gesetzeswidrig sein und allzu hohe Kosten verursachen, sucht Berlin mit einer Gesetzesänderung und langen Übergangsfristen auszuräumen. Währenddessen dehnen die Vereinigten Staaten ihr Halbleiterembargo aus, zwingen verbündete Staaten – darunter besonders die Niederlande –, sich anzuschließen, und nehmen schon weitere Maßnahmen zur Entkopplung von der Volksrepublik ins Visier. Gleichzeitig rüsten sie und ihre Verbündeten in Ostasien – Japan, Südkorea und Taiwan – heftig auf, während auch die Bundesrepublik ihre Aktivitäten in der Asien-Pazifik-Region intensiviert sowie vor allem ihre Kriegsübungen dort verstärkt. China kündigt an, es werde sich, sollte der Westen an der Eskalation der Lage festhalten, zur Wehr setzen – mit allen Mitteln. ex.klusiv
Die Strategie für das entscheidende Jahrzehnt (III)
Die deutsche Wirtschaft wendet sich entschlossen gegen die Chinastrategie des Auswärtigen Amts. Neue NATO-EU-Kooperation könnte den USA mehr Einfluss auf Berlins Chinapolitik verschaffen.
BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) – Unter steigendem Druck der deutschen Industrie auf der einen, der Vereinigten Staaten auf der anderen Seite spitzt sich der Streit um die deutsche Chinastrategie zu. Passagen aus dem Entwurf für das Papier, das im Auswärtigen Amt unter grüner Führung erstellt wird, waren bereits Ende 2022 bekannt geworden. Sie zielen auf eine erhebliche Verschärfung der Spannungen zwischen Berlin und Beijing. Dagegen bringt sich nun die deutsche Wirtschaft entschlossen in Stellung: Sie bezieht fast die Hälfte ihrer strategisch bedeutenden Importe aus China; zentrale Branchen der deutschen Industrie haben dort ihren wichtigsten Markt. Die Präsidenten der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnen eindringlich vor einem Bruch mit der Volksrepublik; Ökonomen kritisieren, der Baerbock-Entwurf für die Chinastrategie weise beträchtliche fachliche Mängel auf. Während das Kanzleramt die Pläne des Außenministeriums für die Chinapolitik auszubremsen sucht, wollen NATO und EU heute eine engere Zusammenarbeit im „wachsenden geostrategischen Wettbewerb“ auch mit China vereinbaren. Dies brächte den USA stärkeren Einfluss auch auf die deutsche Chinapolitik. ex.klusiv