• EU will „Schlüsselrolle“ in Nahost

    EU dringt erneut auf stärkere Rolle bei Beendigung des Gaza-Krieges – laut Borrell „aus Eigeninteresse“ und um die Beziehungen zum Globalen Süden zu verbessern. Diese werden durch Berlins Position zum Krieg geschwächt.

    TEL AVIV/BERLIN (Eigener Bericht) – Vor der verzögerten Freilassung von Geiseln der Hamas und der damit verbundenen Feuerpause im Gazastreifen dringt die EU auf eine stärkere Rolle in künftigen Friedensverhandlungen wie auch bei der Neuordnung des Nahen Ostens nach einem Ende des Kriegs. „Wir Europäer“ müssten schon „aus Eigeninteresse“ künftig eine Schlüsselrolle im Nahen Osten spielen, fordert der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell; davon werde „ein bedeutender Teil der künftigen globalen Rolle der EU“ abhängen, insbesondere auch die Beziehungen der Union zu den Ländern des Globalen Südens. Dem Streben nach einer stärkeren Rolle in den Bemühungen um die Beendigung des Kriegs steht aktuell insbesondere die Bundesregierung im Weg, die einem dauerhaften Waffenstillstand wiederholt eine Absage erteilt hat. Die Position Berlins wird etwa in der arabischen Welt als noch verhärteter eingestuft als diejenige Washingtons, das Israels Kriegführung – anders als Berlin – immer wieder kritisiert. Deutschland bringt sich damit in Gegensatz zum Globalen Süden, der zunehmend gegen die Nahostpolitik des Westens opponiert. Aktuell bringt sich das BRICS-Bündnis als sein Sprachrohr in Position. Weiterlesen

  • EU-„Rahmenwerk” für Gaza

    EU beansprucht starke Rolle bei der künftigen Neuordnung des Gazastreifens bzw. eines palästinensischen Staates. Berlin lehnt Waffenstillstand weiter ab, isoliert sich damit inner- und außerhalb Europas immer mehr.

    TEL AVIV/BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Die EU beansprucht für die Zeit nach dem Ende des Krieges zwischen Israel und der Hamas eine starke Rolle bei der Neuordnung des Nahen Ostens. „Europa“ sei im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern lange „viel zu abwesend“ gewesen, äußert der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell; Brüssel müsse nun größeren Einfluss auf die künftige Regelung der Herrschaft über den Gazastreifen nehmen. Dazu werde die EU ein „Rahmenwerk“ vorlegen. Dessen Grundelemente fallen, soweit bislang bekannt, hinter Vorgaben der Vereinigten Staaten zurück. Darüber hinaus hält die Zerstrittenheit der Union mit Blick auf den Krieg an; während etwa die Forderung nach einem Waffenstillstand, wie Paris sie vertritt, lauter wird, lehnt Berlin eine Einstellung der Kämpfe explizit ab. Mit dieser Position, die vor allem von westlichen Ländern geteilt wird, isoliert die Bundesrepublik sich international zunehmend; auch von ihr intensiv umworbene Staaten wie Brasilien und Südafrika üben an der israelischen Kriegführung immer offener Kritik. Die humanitäre Lage im Gazastreifen spitzt sich unterdessen immer weiter zu, während erste israelische Politiker fordern, dessen Einwohner umzusiedeln. ex.klusiv

  • „Nicht die Zeit, über Frieden zu reden“

    Berlin ist mit Israel über sanitätsdienstliche Unterstützung im Gespräch. Zahl ziviler Opfer im Gazastreifen steigt. US-Außenminister warnt, bei weiterer Eskalation fehlten künftig „Partner für den Frieden“.

    TEL AVIV/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung ist mit Israel über medizinische Hilfen für die in Gaza kämpfenden israelischen Truppen im Gespräch. Dies geht aus Äußerungen von Sprechern der Bundesregierung hervor. Demnach steht das Bundesverteidigungsministerium „in einem engen Austausch“ mit Tel Aviv und verhandelt „insgesamt über sanitätsdienstliche Unterstützung“. Dies geschieht, während die Kritik am Vorgehen der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen weltweit zunimmt und Israel in zunehmendem Ausmaß isoliert. Die Zahl der Todesopfer in Gaza hat die Zahl der zivilen Todesopfer im Ukraine-Krieg nahezu eingeholt. UN-Generalsekretär António Guterres warnt, das humanitäre Völkerrecht sei „kein à la carte-Menü“; es dürfe „nicht selektiv angewandt“ werden. US-Außenminister Antony Blinken dringt zumindest auf eine Feuerpause und warnt, wenn die Bevölkerung „von der humanitären Katastrophe verzehrt“ und „entfremdet durch die wahrgenommene Gleichgültigkeit gegenüber ihrer Not“ sei, werde es nach dem Ende der Kampfhandlungen „keine Partner für den Frieden“ mehr geben. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck teilt den Gedanken nicht und postuliert: „Es ist jetzt nicht die Zeit, über Frieden zu reden.“ ex.klusiv

  • Die Glaubwürdigkeit des Westens

    842 EU-Mitarbeiter protestieren gegen von der Leyens Gaza-Politik. Diplomaten warnen, der Westen habe im Globalen Süden wegen seiner Ignoranz gegenüber Ziviltoten im Gazastreifen jede Glaubwürdigkeit verloren.

    BERLIN/BRÜSSEL/TEL AVIV (Eigener Bericht) – In einem beispiellosen Protestschreiben attackieren rund 850 EU-Mitarbeiter die eigenmächtige Politik von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Krieg im Gazastreifen. Hintergrund ist die Debatte, wie sich Brüssel nach den Hamas-Massakern vom 7. Oktober zu den israelischen Angriffen auf den Gazastreifen und zum Abschneiden der Zivilbevölkerung von Nahrung und Wasser verhalten soll. Während eine EU-Mehrheit von Israel die Einhaltung des humanitären Völkerrechts fordert, hatte von der Leyen das zunächst unterlassen und damit faktisch die Position Berlins übernommen. Dazu heißt es in dem Protestschreiben, man sei „besorgt“ über „die scheinbare Gleichgültigkeit“ gegenüber Zivilisten in Gaza: „Die EU riskiert all ihre Glaubwürdigkeit.“ Schon vergangene Woche hatten Diplomaten gegenüber der Financial Times geurteilt, der Maßstab, den man gegenüber Russland im Ukraine-Krieg anwende, müsse auch im Gaza-Krieg gelten. Weil dies offenkundig nicht der Fall sei, müsse man jetzt davon ausgehen, dass die Staaten des Globalen Südens „uns nie wieder zuhören“. Schon bei der nächsten UN-Ukraine-Resolution werde man „eine große Explosion in der Zahl der Enthaltungen sehen“. ex.klusiv

  • Der Westen im Zielkonflikt

    Washington sucht großen Mittelostkrieg zu vermeiden, um sich weiter gegen China in Stellung bringen zu können. Berlin passt seinen Kurs gegenüber Israel an. Einsatz der Bundeswehr in Israel dennoch im Gespräch.

    BERLIN/TEL AVIV/WASHINGTON/TEHERAN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung passt ihren Kurs im jüngsten Nahostkrieg an die neue US-Linie an und fordert von Israel eine gewisse Mäßigung bei Blockade und Bombardement des Gazastreifens. Hatte sie bislang ausschließlich „Israels Recht auf Selbstverteidigung“ postuliert und damit nicht zuletzt in der EU heftigen Unmut ausgelöst, so schränkte Außenministerin Annalena Baerbock die Berliner „Solidarität“ am gestrigen Donnerstag auf den „Kampf gegen die Hamas“ ein und drang auf die Einhaltung des Völkerrechts. Hintergrund ist eine entsprechende Kurskorrektur der Vereinigten Staaten. Diese haben zuletzt in Nah- und Mittelost spürbar an Einfluss verloren, was sich unter anderem in der Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Iran ausdrückt. Zugleich hat Iran – eine Folge auch der westlichen Gewaltpolitik – in den vergangenen zwei Jahrzehnten erheblich an Einfluss gewonnen. Washington, schon mit dem Ukraine-Krieg ausgelastet, will einen Flächenbrand in der Region vermeiden, um sich vorrangig auf seinen Machtkampf gegen China zu fokussieren. In Berlin wird parallel aber auch eine stärkere militärische Unterstützung für Israel diskutiert – auch ein Einsatz der Bundeswehr. ex.klusiv

  • Kein Waffenstillstand

    UN-Generalsekretär fordert Waffenstillstand in Israel bzw. im Gazastreifen. Berlin sperrt sich dagegen – trotz über 3.000 Todesopfern. Gegen zivile Tote bei Angriffen von Verbündeten protestiert die Bundesregierung nie.

    BERLIN/TEL AVIV (Eigener Bericht) – Berlin verweigert sich der weltweit mit steigender Dringlichkeit erhobenen Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand in Israel bzw. im Gazastreifen. UN-Generalsekretär António Guterres bekräftigte die Forderung am gestrigen Mittwoch in Beijing: Auch die Terrorakte der Hamas könnten „die kollektive Bestrafung der palästinensischen Bevölkerung nicht rechtfertigen“. Die Bundesregierung zieht sich demgegenüber auf „Israels Recht auf Selbstverteidigung“ zurück – auch, nachdem die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen die Schwelle von 3.000 Menschen überschritten hat und die israelische Regierung sich mit der Behauptung, der Angriff auf ein Krankenhaus mit 471 Todesopfern sei Palästinensern zuzuschreiben, zunehmend in Widersprüche verwickelt. Die Bundesregierung hat zu exzessiven zivilen Todesopfern schon in der Vergangenheit stets geschwiegen, wenn die Täter Verbündete waren – so im Fall der Schlacht um Mossul gegen den IS, bei der mindestens 3.000 Zivilisten durch westliche Angriffe ums Leben kamen. Die Schlacht um Aleppo hingegen, bei der im Herbst 2016 rund 1.000 Zivilisten russisch-syrischen Angriffen zum Opfer fielen, wurde in deutschen Medien als „Vernichtungskrieg“ attackiert. ex.klusiv

  • „Zum Schweigen gebracht”

    Frankfurter Buchmesse gerät mit Absage von Literaturpreisverleihung an palästinensische Autorin international unter Druck und in Isolation: Nobelpreisträger protestieren, Autoren und Verlage reisen ab.

    FRANKFURT AM MAIN (Eigener Bericht) – Der internationale Protest gegen die Absage einer Literaturpreisverleihung an eine palästinensische Autorin auf der Frankfurter Buchmesse schwillt an. Der Direktor der Buchmesse, Juergen Boos, hatte Ende vergangener Woche verfügt, „angesichts des Terrors gegen Israel“ könne das international hoch gelobte Buch „Eine Nebensache“ der Autorin Adania Shibli in Frankfurt nicht gewürdigt werden. Auch eine Diskussionsveranstaltung mit der Palästinenserin wurde gestrichen. Gegen die deutsche Maßnahme protestieren schon über 700 Schriftsteller, Übersetzer und Verleger aus aller Welt, darunter Nobelpreisträger sowie weitere weltbekannte Autoren: Kultur müsse „Verständnis und Dialog zwischen Kulturen“ fördern, heißt es in einem Protestbrief. Zudem ziehen sich Schriftsteller und Verlage aus der arabischen bzw. islamischen Welt von der Buchmesse zurück: Er wolle nicht mittragen, dass in Frankfurt „palästinensische Stimmen zum Schweigen gebracht werden“, erläutert ein ägyptischer Autor. Die Indienststellung kultureller Ereignisse zu Zwecken der deutschen Außenpolitik lässt sich bereits seit dem 24. Februar 2022 am Beispiel des Ausschlusses russischer Kultur beobachten; sie nimmt nun weiter zu. ex.klusiv

  • Vor der humanitären Katastrophe

    Gaza: Humanitäre Katastrophe droht. Von der Leyen ignoriert das und stößt damit in der EU auf scharfe Kritik. Krieg droht auf weitere Staaten in der Region überzugreifen. Iran bündelt gegen Israel gerichtete Kräfte.

    BERLIN/TEL AVIV/TEHERAN (Eigener Bericht) – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ruft mit ihren Äußerungen während ihrer Israel-Reise am vergangenen Freitag scharfe Kritik in der EU hervor. Von der Leyen hatte Israels Recht auf Selbstverteidigung betont, die Pflicht zur Einhaltung des Völkerrechts bei den Operationen im Gazastreifen aber unerwähnt gelassen. Dies entspricht der öffentlichen Position Berlins, torpediert allerdings Beschlüsse der EU. Der Schritt wiegt schwer: Dass Israel den Gazastreifen von Wasser, Energie sowie Nahrung abschneidet, bricht das internationale Recht ebenso wie die Tatsache, dass seinen Bombardements zahllose Zivilpersonen zum Opfer fallen. EU-Politiker warnen, von der Leyen setze die Union im Globalen Süden wieder einmal dem Vorwurf aus, doppelte Standards anzuwenden. Dies geschieht, während der Gazakrieg auf weitere Staaten in der Region überzugreifen droht. Iran ist dabei, gegen Israel gerichtete Kräfte etwa im Libanon zu koordinieren. Israelische Geheimdienstler bedauern, einst Mord- und Sabotageoperationen auf iranischem Territorium unterstützt zu haben: Diese Taten hätten beide Länder in ihre gegenwärtige Konfrontation getrieben. ex.klusiv

  • Waffen für Israel

    Bundeswehr beginnt mit der Lieferung von Waffen und Munition an Israel. Die wohl bevorstehende Bodenoffensive im Gazastreifen droht einen Flächenbrand in Nah- und Mittelost auszulösen.

    BERLIN/TEL AVIV (Eigener Bericht) – Die Bundeswehr beginnt vor der mutmaßlich bevorstehenden israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen mit der Lieferung von Waffen an die israelischen Streitkräfte. Wie Verteidigungsminister Boris Pistorius mitteilt, gibt die Bundeswehr zunächst zwei der fünf Heron-Drohnen, die sie in Israel geleast hat, zurück; die Bundesregierung verhandelt zudem über die Lieferung von Munition und will umfassende Bestände an Sanitätsmaterial bereitstellen. Mit seiner Offensive reagiert Israel auf das furchtbarste Massaker im Nahostkonflikt seit dem Massaker von Sabra und Schatila im Jahr 1982; Hamas-Milizionäre ermordeten am Wochenende über tausend israelische Zivilisten. Bei Israels Angriffen auf den Gazastreifen wiederum sind bereits über 1.400 Menschen zu Tode gekommen, die Mehrzahl Zivilisten. Dass Israel die 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen von Strom, Nahrung und Wasser abschneidet, wird von Menschenrechtlern als Kriegsverbrechen eingestuft. Die Kämpfe beginnen inzwischen auf Syrien und auf den Libanon auszugreifen, wo deutsche Marinesoldaten tätig sind. In Israel mahnt ein prominenter Kolumnist, es gelte die Gewaltspirale zu durchbrechen. ex.klusiv

  • „Eine Gefahr für die Demokratie”

    Massive Proteste in Israel begleiten den Berlin-Besuch von Ministerpräsident Netanyahu. Zentrales Thema der Gespräche ist die Lieferung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3.

    BERLIN/TEL AVIV (Eigener Bericht) – Starker Protest in Israel begleitet den heutigen Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in Berlin. Gegner seiner ultrarechten Regierung haben vergeblich gefordert, die Bundesregierung solle Netanyahu ausladen: Seine sogenannte Justizreform schaffe die Kontrolle der Regierungspolitik durch das Oberste Gericht ab, heißt es in einem Protestschreiben von rund 1.000 Intellektuellen; Israel befinde sich unter Netanyahu „auf dem Weg ... zu einer theokratischen Diktatur“. Gegen die Justizreform gehen in Israel seit Monaten Hunderttausende auf die Straße. Die Bundesregierung hält an den heutigen Gesprächen fest. Darin geht es zum einen um die Lieferung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3, dessen Erwerb in Deutschland als Alternative zum Kauf des US-Systems THAAD und damit zu einer noch stärkeren Abhängigkeit von der US-Rüstungsindustrie gilt. Darüber hinaus steht auch ein Austausch über die Iran-Politik auf dem Programm. Tel Aviv ist jüngst von der Sabotage iranischer Atomanlagen zu Angriffen auf iranische Rüstungsanlagen übergegangen und hofft auf ein gemeinsames Vorgehen mit dem Westen, weil Iran Russland mit Waffen beliefert. ex.klusiv