• Die neue Achse Berlin-Tokio

    Deutschland und Japan verstärken Kooperation gegen Russland und China. Beide stehen vor ernstem Flüssiggasmangel, beide rüsten massiv auf. Baerbock besucht Flottenstützpunkte bei Tokio.

    TOKIO/BERLIN/MOSKAU (Eigener Bericht) – Deutschland und Japan stimmen sich verstärkt über ein gemeinsames Vorgehen in den Machtkämpfen gegen Russland und gegen China ab. Dies ist das Ergebnis der Gespräche, die Außenministerin Annalena Baerbock am Montag in Tokio führte. Dabei ging es zunächst um Schwierigkeiten, die sich aus dem gemeinsamen Energieembargo gegen Russland ergeben. Moskau reagiert darauf, dass der Westen Energieboykotte als Waffe nutzt, indem es seinerseits neue Regeln für den Bezug russischer Energieträger einführt. Für Japan betrifft dies insbesondere das Flüssiggasprojekt Sachalin II, an dem japanische Konzerne beteiligt sind; es deckt rund zehn Prozent der japanischen Flüssiggaseinfuhr. Reduziert Moskau die Lieferungen, dann könnten Berlin und Tokio sich das Flüssiggas auf dem Weltmarkt gegenseitig wegkaufen; es entstünden Brüche im westlichen Bündnissystem. Dass Tokio seinen Militärhaushalt verdoppeln will, stößt in Berlin auf Zustimmung. Baerbock besuchte am Montag einen japanischen und einen US-amerikanischen Flottenstützpunkt. Die Bundeswehr baut ihre Kooperation mit den japanischen Streitkräften und ihre Manöver in Japan aus. ex.klusiv

  • Die Kaliningrad-Blockade

    Litauen weitet gegen den Willen Berlins die Kaliningrad-Blockade aus. Gegenmaßnahmen könnten die litauische Bahn treffen, die schon jetzt sanktionsbedingt herbe Verluste erleidet.

    MOSKAU/VILNIUS/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Gegen den Willen der EU und der Bundesregierung weitet Litauen seine Blockade innerrussischer Gütertransporte in die Exklave Kaliningrad aus. Seit gestern dürfen insbesondere Zement, Holz und Alkohol nicht mehr per Eisenbahn über litauisches Territorium nach Kaliningrad geliefert werden. Bereits zum 18. Juni hatte Vilnius den Transport unter anderem von Stahl und Metallen aus dem russischen Hauptterritorium in die Exklave untersagt. Während es sich dabei auf EU-Sanktionen beruft, heißt es bei der EU-Kommission, man lehne das litauische Vorgehen ab und wolle den Warentransit nach Kaliningrad nicht behindern. Allerdings ist es Berlin und Brüssel bisher nicht gelungen, Vilnius zum Einlenken zu bringen. Moskau droht nun mit Gegenmaßnahmen. Diese könnten sich, wie Kaliningrads Gouverneur vorschlägt, gegen die litauische Transportbranche richten. Die litauische Bahngesellschaft LTG leidet bereits jetzt schwer unter allerlei Sanktionen – darunter solche der EU und der USA –, die ihr einen Verlust von rund 150 Millionen Euro im laufenden Jahr einbringen und sie nun zur Entlassung von fast einem Viertel ihres Personals zwingen. ex.klusiv

  • Scheiternde Sanktionen

    G7 einigen sich auf Preisdeckel für russisches Öl. Beobachter warnen, Moskau könne den Export nach Europa einstellen. Konkurrenzprojekt zu Chinas Neuer Seidenstraße geplant.

    ELMAU/MOSKAU (Eigener Bericht) – Die G7-Staaten haben auf ihrem Gipfeltreffen in Elmau im Grundsatz einen Preisdeckel für russisches Erdöl und Erdgas beschlossen und setzen damit einen großen Teil ihrer Energieversorgung aufs Spiel. Der Preisdeckel soll der westlichen Embargopolitik gegen Russland, die bislang mehr oder weniger gescheitert ist, zum Erfolg verhelfen, indem er Moskaus Exporteinnahmen drastisch reduziert und dem dramatischen Anstieg der Energiepreise im Westen ein Ende setzt. Experten bezweifeln, dass sich dies technisch bewerkstelligen lässt. Als möglich gilt zudem, dass Russland mit der Einstellung seiner Öl- und Gasexporte reagiert. Europas Versorgung bräche dann zusammen. Ein Importverbot für russisches Gold, das die G7 ebenfalls vorbereiten, wird laut Einschätzung eines Experten „nichts ändern“; es sei „reine Symbolpolitik“. Die G7 haben in Elmau außerdem beschlossen, mit einer riesigen Infrastrukturinitiative Chinas Neuer Seidenstraße das Wasser abzugraben. Dies hatten sie schon vor einem Jahr angekündigt; geschehen ist nichts. In der Klimapolitik haben die G7 in Elmau begonnen, sich Ausnahmen von den Beschlüssen der Glasgower Klimakonferenz zu genehmigen. ex.klusiv

  • Der Erdgaspoker der EU (V)

    Erdgasimporte aus Russland und den USA werden reduziert – wegen sanktionsbedingter Reparaturprobleme und einer Explosion in einem US-Terminal. Speicherfüllung gerät in Gefahr.

    BERLIN/MOSKAU (Eigener Bericht) – Sanktionsbedingte Reparaturprobleme bei der Gaspipeline Nord Stream 1 führen zu erheblichen Lieferausfällen und treiben den Gaspreis weiter in die Höhe. Zudem muss die Bundesregierung Milliardensummen bereitstellen, um einen sanktionsbedingten Kollaps in der deutschen Gasbranche zu verhindern. Russland hingegen steigert seine Einnahmen aus dem Export fossiler Energieträger erneut. Dies ist das jüngste Zwischenergebnis der westlichen Sanktions- und Embargopolitik gegenüber Moskau. Nord Stream 1 muss den Betrieb reduzieren, da ein Pipelinebauteil nach seiner in Montreal durchgeführten Reparatur wegen der Sanktionen nicht mehr nach Russland exportiert werden darf. Zusätzlich in Frage gestellt wird die Erdgasversorgung Europas durch eine Explosion im US-Flüssiggasexportterminal Freeport LNG, das gut zehn Prozent des europäischen Flüssiggasimports deckte. Das Terminal stellt für mindestens drei Monate seinen Betrieb ein. Weil Gazprom Germania wegen russischer Gegensanktionen kein günstiges russisches Gas mehr erhält, muss Berlin ein KfW-Darlehen in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro bereitstellen. Die Kosten der Sanktionen für den Westen steigen. ex.klusiv

  • Die Hungerkrise (III)

    EU blockiert Bemühungen der UN, ukrainisches Getreide über Belarus auf den Weltmarkt zu bringen. Russland und Türkei machen den Weg für ukrainische Getreideexporte frei.

    BERLIN/KIEW/MINSK (Eigener Bericht) – Die EU stellt sich Bemühungen der Vereinten Nationen in den Weg, die kriegs- wie auch sanktionsbedingt drohende weltweite Hungerkrise abzuwenden. Dabei geht es um den Plan, die gewaltigen Getreidevorräte der Ukraine über Belarus in Häfen im Baltikum zu bringen und sie dort zu verschiffen. Der Plan, der von UN-Generalsekretär António Guterres befürwortet wird, gilt als einzige sinnvolle Alternative zum zuletzt blockierten Abtransport des Getreides über das Schwarze Meer. Die EU ist freilich nicht bereit, die Voraussetzungen für das Gelingen des Plans zu schaffen und ihre Sanktionen gegen belarussische Düngemittelexporte aufzuheben. UN-Generalsekretär António Guterres tritt für die Aufhebung dieser Sanktionen ein, um die weltweite Düngemittelversorgung zu sichern. In einem auch symbolisch vielsagenden Schritt hat Brüssel am Freitag seine Sanktionen gegen belarussische Düngemittelhersteller verschärft. Bewegung kommt dagegen in Bestrebungen der UN, den Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer in Gang zu bringen. Russland und die Türkei stellen erste ukrainische Lieferungen aus Odessa in Aussicht. ex.klusiv

  • Die Sanktionen schlagen zurück

    Die westlichen Russland-Sanktionen drohen die deutsche Wirtschaft in eine Strukturkrise zu stürzen. Russlands Wirtschaft wird geschwächt, die Sanktionen aber laut Experten überstehen.

    BERLIN/MOSKAU (Eigener Bericht) – Die aktuellen westlichen Russland-Sanktionen drohen die deutsche Wirtschaft in eine „strukturelle Krise“ zu stürzen, werden aber nicht genügen, um Russland zu „ruinieren“ (Annalena Baerbock). Dies ergibt sich aus aktuellen Prognosen und Einschätzungen deutscher Experten. Demnach verschärft nicht nur der Ukraine-Krieg die ohnehin angespannte Lage der deutschen Wirtschaft, die für dieses Jahr allenfalls noch mit einem schwachen Wachstum rechnen kann. Der dramatische Anstieg der Energiepreise, der etwa durch den Umstieg auf teureres Flüssiggas und insbesondere durch die anhaltende Drohung mit einem Öl- und Gasboykott immer weiter forciert wird, belastet die in hohem Maße energieabhängige deutsche Industrie stark. Er könne dazu führen, dass die deutsche Wirtschaft „Kernbranchen verliere“, und „Teile der wirtschaftlichen Struktur“ der Bundesrepublik „zersetzen“, warnen Spezialisten. Die russische Wirtschaft wiederum werde durch die Sanktionen zwar geschwächt, aber nicht, wie in Berlin erwünscht, in den Kollaps getrieben, sagt ein Russland-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) voraus; sie werde „überleben“. ex.klusiv

  • Die Hungerkrise (II)

    Der Westen sabotiert den Versuch des UN-Generalsekretärs, die globale Versorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern: Er verweigert Zugeständnisse bei den Russland-Sanktionen.

    BERLIN/KIEW/MOSKAU (Eigener Bericht) – Die westlichen Mächte, darunter die Bundesrepublik, sabotieren einen Versuch von UN-Generalsekretär António Guterres, die kriegsbedingt gefährdete globale Nahrungsmittelversorgung zu sichern. Guterres dringt seit Wochen darauf, einerseits die russische Blockade ukrainischer Häfen zu beenden, um von dort ukrainisches Getreide exportieren zu können. Andererseits fordert er zumindest Zugeständnisse bei den westlichen Russland-Sanktionen, um die Ausfuhr von Getreide und Düngemitteln aus Russland nicht zu beeinträchtigen. Beide Länder zählen bei den genannten Gütern zu den wichtigsten Exporteuren weltweit. Die eskalierende Nahrungsmittelkrise sei nicht lösbar, „ohne die ukrainische Nahrungsmittelproduktion und ebenso die Nahrungs- und Düngemittel, die von Russland und von Belarus hergestellt werden, in die Weltmärkte zu reintegrieren“, erklärt Guterres. Für Letzteres ist eine Einschränkung der westlichen Sanktionen notwendig, der sich die westlichen Mächte verweigern. Damit tragen sie zu der beginnenden Verschärfung von Hunger und Not bei, die sich in den nächsten Monaten dramatisch zuzuspitzen droht. ex.klusiv

  • Erdölembargo gegen Russland (III)

    EU-Erdölembargo gegen Russland könnte an Interessensgegensätzen in Europa scheitern. Experten rechnen erst mittel- bis langfristig mit Einbrüchen bei Russlands Öleinkünften.

    BRÜSSEL/MOSKAU (Eigener Bericht) – Zwei Wochen nach Ursula von der Leyens stolzer Ankündigung eines EU-Erdölembargos gegen Russland steckt die Einigung darauf innerhalb der EU immer noch fest. Ursache sind große Interessensgegensätze in Europa, die Brüssel bisher nicht überwinden kann. Mehrere Binnenländer, die russisches Pipelineöl nicht durch Importe per Tankschiff ersetzen können, fordern Fristverlängerungen und Finanzhilfen, die ihnen die EU-Kommission nicht zugestehen will. Der Kompromissvorschlag, lediglich Schiffsimporte russischen Öls mit einem Embargo zu versehen, scheitert an Einwänden auch der am stärksten proukrainischen Staaten, die Konkurrenznachteile für ihre Unternehmen fürchten, wenn Firmen in Ungarn, der Slowakei und Tschechien weiter billigeres russisches Öl nutzen können. Der Forderung, Schiffstransporte russischen Öls zu verbieten, verweigert sich Griechenland, dessen mächtige Reeder dank der Sanktionen gegen russische Schiffe immense Gewinnsprünge erzielen. Gegen den Versuch, russische Ölexporte mit dem Verbot lukrativer Versicherungsleistungen zu verhindern, wehrt sich die Londoner City. Moskau kann dieses Jahr mit Rekordeinnahmen aus dem Ölverkauf rechnen. ex.klusiv

  • “Die Dominanz in der Arktis“

    NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens forciert die Militarisierung der Arktis – auch mit Blick auf Russlands Nordflotte, die die nukleare Zweitschlagsfähigkeit des Landes sichert.

    HELSINKI/STOCKHOLM/MOSKAU (Eigener Bericht) – Der bevorstehende NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens heizt die Militarisierung der Arktis mit Beteiligung der Bundeswehr weiter an. Dies zeigen NATO-Manöver in Europas Hohem Norden, die seit Jahren regelmäßig in relativer Nähe zu den Stützpunkten der russischen Nordflotte auf der Halbinsel Kola durchgeführt werden. Dort sind insbesondere mit ballistischen Raketen ausgerüstete U-Boote stationiert, die einen großen Teil der nuklearen Zweitschlagfähigkeit der russischen Seestreitkräfte gewährleisten. Moskau schützt sie mit einem militärischen Bastionskonzept, das feindlichen Kräften jeden Zugriff auf die Region unmöglich machen soll. Mit der Aufnahme Finnlands und Schwedens stärkt die NATO unter anderem ihre strategischen Positionen unweit der Halbinsel Kola. Russland reagiert mit erneuten Aufrüstungsschritten. Die Parlamentsbeschlüsse, mit denen Helsinki und Stockholm ihre jeweiligen NATO-Beitrittsanträge auf den Weg bringen wollen, werden nach den letzten Weichenstellungen vom Wochenende nun für den heutigen Montag oder den morgigen Dienstag erwartet. ex.klusiv

  • Der Erdgaspoker der EU (III)

    Deutschland verzeichnet erste konkrete Einbrüche beim Import von Erdgas aus Russland. Verhandlungen über neue Flüssiggasimporte kommen nicht recht voran.

    MOSKAU/BERLIN (Eigener Bericht) – Erste konkrete Erschütterungen treffen infolge des Ukraine-Kriegs und der westlichen Sanktionen die deutsche Erdgasversorgung. Bereits am Mittwoch waren die Lieferungen russischen Gases merklich reduziert worden, nachdem die Ukraine eine ihrer Pipelines gesperrt hatte. Dann gab Moskau bekannt, dass es seinerseits Gegensanktionen gegen 31 europäische Firmen verhängt, darunter Gazprom Germania. Das Unternehmen hatte zuvor wegen deutscher Sanktions- und Enteignungsdrohungen für den russischen Mutterkonzern signifikant an Bedeutung verloren; die Bundesregierung hatte bei ihm außerdem eine Treuhänderin eingesetzt. Berlin behauptet nun, die neuen russischen Sanktionen seien verkraftbar. Allerdings steigt der Druck, neue Erdgasquellen aufzutun. Dabei macht Berlin bislang kaum Fortschritte. Sowohl Qatar als auch US-Frackingkonzerne bestehen auf langfristigen Abnahmegarantien über rund zwei Jahrzehnte. Lässt Berlin sich darauf ein, wird die Bundesrepublik wohl nicht, wie geplant, bis 2045 klimaneutral. Zudem sind ausreichende Mengen an Flüssiggas – wenn überhaupt – frühestens erst in einigen Jahren verfügbar. ex.klusiv