• „Indien einbinden”

    Kanzler Scholz reist am Wochenende nach Indien – mit dem Ziel, einen Keil zwischen New Delhi und Moskau zu treiben und das deutsche Asiengeschäft aus China nach Indien umzulenken.

    NEW DELHI/BERLIN (Eigener Bericht) – Mit einem Besuch in Indien setzt Bundeskanzler Olaf Scholz die deutschen Bemühungen fort, einen Keil zwischen New Delhi und Moskau zu treiben. Scholz wird am Wochenende in der indischen Hauptstadt und in Bengaluru Gespräche führen, um Indien wieder enger an den Westen zu binden. Die indische Regierung weigert sich nach wie vor, sich an Sanktionen gegen Russland zu beteiligen oder Moskau politisch zu isolieren; vielmehr dehnt sie den Handel mit Russland aus und macht sich für die Beendigung des Ukraine-Kriegs auf dem Verhandlungsweg stark. Hatten die westlichen Staaten im vergangenen Jahr zunächst geschlossen versucht, New Delhi mit massivem Druck davon abzubringen, so setzen sie nun auf eine Art Einbindungsstrategie. Scholz will sich in Indien außerdem für die Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen einsetzen. Der Hintergrund ist, dass Berlin das deutsche Chinageschäft zurückfahren und stattdessen das Geschäft mit anderen asiatischen Ländern ausbauen will. Eine aktuelle Umfrage unter deutschen Firmen in Singapur und Indien zeigt jedoch, dass rund 70 Prozent von ihnen nicht in Indien investieren wollen. Ursache sind altbekannte ungünstige Rahmenbedingungen. ex.klusiv

  • Berlin und das „asiatische Jahrhundert“

    Außenministerin Baerbock bemüht sich in New Delhi um eine engere deutsch-indische Kooperation – auch, um Indien von seiner Zusammenarbeit mit Russland und China abzubringen.

    NEW DELHI/BERLIN (Eigener Bericht) – In Gesprächen in New Delhi hat Außenministerin Annalena Baerbock gestern um eine enge deutsch-indische Kooperation geworben und damit Indiens Zusammenarbeit mit Russland zu untergraben versucht. Ihr Besuch in der indischen Hauptstadt erfolgte wenige Tage, nachdem Indien zum 1. Dezember den G20-Vorsitz angetreten hatte. Diesen will es nutzen, um den globalen Süden zu stärken und gegen einige Elemente und Folgen der westlichen Sanktionspolitik vorzugehen, etwa die Hindernisse beim Export russischer Düngemittel, die die Versorgung beispielsweise afrikanischer Staaten mit Nahrung im kommenden Jahr gefährden. Wie Außenminister Subrahmanyam Jaishankar bei einer Pressekonferenz mit Baerbock bekräftigte, baut Indien außerdem seinen Handel mit Russland aus. Baerbock vereinbarte mit Jaishankar eine „Mobilitätspartnerschaft“, die „hochqualifizierte Fachkräfte und junge Leute aus Indien nach Deutschland“ holen soll, um das Angebot an Arbeitskräften auszuweiten. Zudem thematisierte sie Indiens Beziehungen zu China. New Delhi und Beijing haben sich zuletzt im Streben nach einem „asiatischen Jahrhundert“ angenähert. Dem Westen passt das nicht. ex.klusiv

  • „Russland isolieren” (IV)

    Berlin und Brüssel suchen weiterhin Russland zu isolieren und üben Druck auf Indien aus. New Delhi hält an seiner Kooperation mit Moskau fest. Premierminister Modi kommt nach Berlin.

    NEW DELHI/BERLIN (Eigener Bericht) – Berlin und die EU starten den nächsten Versuch, Russland auch jenseits des westlichen Blocks zu isolieren. Aktuelles Ziel ist Indien, dessen Premierminister Narendra Modi am Sonntag in Berlin erwartet wird. Indien hält an seiner Zusammenarbeit mit Russland unverändert fest, weitet seine Erdölkäufe dort aus und sucht nach einem alternativen Zahlungssystem, um seine Exporte in das Land zu stärken. Indische Unternehmen haben die attraktiven Marktanteile im Visier, die westliche Firmen bei ihrem Rückzug aus Russland verlieren. Bisherige Bemühungen des Westens, New Delhi zu einer Positionierung gegen Moskau zu nötigen, sind gescheitert; während eines Besuchs der britischen Außenministerin Liz Truss in der indischen Hauptstadt wurde dort demonstrativ ihr russischer Amtskollege Sergej Lawrow empfangen. Mit den für Montag angekündigten deutsch-indischen Regierungskonsultationen soll New Delhi enger angebunden werden. Mit gleichem Ziel hielt sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Anfang dieser Woche in Indien auf. Experten urteilen, Indien sei inzwischen stark genug, sich gegen westlichen Druck zu behaupten. ex.klusiv

  • „Russland isolieren” (III)

    Westen kommt bei Isolierung Russlands nicht voran. Indien weitet Handel mit Russland aus, Türkei nimmt russische Oligarchen auf. Experte wirft dem Westen neokoloniale „Heuchelei“ vor.

    BERLIN/MOSKAU/NEW DELHI (Eigener Bericht) – Fünf Wochen nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ist es den westlichen Mächten noch immer nicht gelungen, Russland international zu isolieren. Gestern bemühte sich der außenpolitische Berater von Bundeskanzler Olaf Scholz, Jens Plötner, bei einem Besuch in Indien, New Delhi zur Abkehr von seiner Kooperation mit Moskau zu bewegen. Bereits zuvor waren andere Vertreter westlicher Staaten mit demselben Ziel in die indische Hauptstadt gereist, blieben aber erfolglos. Indien bezieht immer mehr Erdöl aus Russland und arbeitet weiter an einem vom US-Dollar und SWIFT unabhängigen Zahlungssystem. An den westlichen Russland-Sanktionen beteiligen sich immer noch nur 48 Länder; drei Viertel der UN-Mitgliedstaaten verweigern sich ihnen trotz teils erheblichen Drucks. Der saudische Außenpolitikexperte Mansour Almarzoqi bestätigt, er könne „absolut keinen Unterschied“ zwischen den Kriegen gegen den Irak (USA, 2003) und gegen die Ukraine (Russland, 2022) erkennen; er wirft dem Westen „Heuchelei“ vor: „Verborgen unter der dünnen Fassade des Diskurses von Menschenrechten und Demokratie“ liege das blanke „koloniale Erbe des Westens“. ex.klusiv

  • Kriegstrommeln in Deutschland

    Bundeswehr-Generalinspekteur a.D. übt scharfe Kritik am Umgang mit Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach. Schönbach hatte für eine Kooperation mit Russland gegen China plädiert.

    BERLIN/NEW DELHI/MOSKAU (Eigener Bericht) – Harte Kritik am Umgang mit dem zurückgetretenen Marineinspekteur Kay-Achim Schönbach übt der einstige Bundeswehr-Generalinspekteur Harald Kujat. Schönbach habe mit seinen Äußerungen in New Delhi, die einen Proteststurm in Deutschland ausgelöst hatten, im Kern lediglich „die amerikanische Position“ vertreten, urteilt Kujat; dies gelte bezüglich seiner Aussagen zur Krim ebenso wie bezüglich seines Plädoyers, einen Keil zwischen Russland und China zu treiben: Auch die USA strebten aktuell „ein stabiles Verhältnis mit Russland an“, da die Volksrepublik für sie „der größere, der gefährlichere Gegner“ sei. Schönbach hatte für sein Urteil, die Krim sei für die Ukraine de facto verloren, und für den Vorschlag, Moskau in den Kampf gegen Beijing einzuspannen, volle Zustimmung seitens des Think-Tanks in New Delhi erhalten, bei dem er seine Äußerungen getätigt hatte: Indien kooperiert eng mit Russland und kauft russische Waffen, um sich gegen China zu rüsten. Auch in den Vereinigten Staaten fordern Experten Deeskalation gegenüber Moskau, um einen Zweifrontenkrieg zu vermeiden. Kujat warnt eindringlich vor „Kriegstrommeln in Deutschland“. ex.klusiv

  • Der Wertepartner

    Schwere Vorwürfe im Skandal um die "Pegasus"-Spionagesoftware werden gegen Indiens Regierung laut. Diese ist ein zentraler Kooperationspartner Berlins gegen China.

    BERLIN/NEW DELHI (Eigener Bericht) - Schwere Vorwürfe im Kontext des aktuellen Skandals um die Spionagesoftware "Pegasus" werden gegen einen zentralen Kooperationspartner Berlins in Asien laut - gegen Indien. Demnach hat die Regierung in New Delhi nicht nur oppositionelle Aktivisten ausgespäht, sondern auch Oppositionsführer Rahul Gandhi vom einflussreichen Indian National Congress auf einer Liste hunderter auszuspionierender Personen geführt. Die "Pegasus"-Software, die sämtliche Daten von Mobiltelefonen absaugen und darüber hinaus Mikrophone und Kameras von Smartphones ohne Wissen des Besitzers einschalten kann, wurde zudem gegen Journalisten eingesetzt, die über mutmaßliche Korruption in Regierungskreisen recherchierten. Zu den Vorwürfen kommen zahlreiche weitere hinzu, die den massenhaften Bruch von Bürger- und Menschenrechten in Indien betreffen, darunter die Einrichtung von Internierungslagern, in denen unerwünschte Muslime inhaftiert werden. Indien ist für Berlin im Machtkampf gegen China ein bedeutender Kooperationspartner und wird zu PR-Zwecken als "Wertepartner" gepriesen. ex.klusiv

  • "Ein Signal an China"

    EU will Freihandelsgespräche mit Indien neu starten. Schwache westliche Covid-19-Hilfe führt in Indien zu Kritik an der Westorientierung der Hindunationalisten.

    BERLIN/NEW DELHI (Eigener Bericht) - Trotz der mörderischen Eskalation der Covid-19-Pandemie in Indien verweigert die EU weiterhin die Aussetzung von Impfstoffpatenten und dringt stattdessen auf ein Freihandelsabkommen mit dem Land. Die Wiederaufname entsprechender Verhandlungen soll auf dem EU-Indien-Gipfel am Samstag beschlossen werden. Ziel ist es, Indien als Geschäftsalternative zu China zu positionieren. Die Forderungen der EU umfassen traditionell die Deregulierung des Agrarsektors, gegen die indische Bauern zur Zeit in Massen protestieren. Deutsche Wirtschaftsvertreter warnen davor, allzu stark auf das Indiengeschäft zu setzen: Schon in der Vergangenheit scheiterten Bemühungen, es auszuweiten, an Indiens schwerfälliger Bürokratie und seiner schlechten Infrastruktur; auch hätten Maßnahmen der Regierung immer wieder die Interessen auswärtiger Investoren missachtet, heißt es beim BDI. Mit Blick auf die dürftige Unterstützung des Westens im Kampf gegen die Pandemie nehmen innerhalb der indischen Eliten Stimmen zu, die die Abkehr von der US-Orientierung der regierenden Hindunationalisten sowie eine Rückkehr zur Blockfreiheit fordern. ex.klusiv

  • Die Welt impfen (II)

    EU-Gipfel zieht Impfstoff-Exportverbot in Betracht. Ärmere Länder werden aus China, Russland und Indien (AstraZeneca-Lizenz) beliefert.

    BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) - Mit ungewissen Ankündigungen für die Covid-19-Impfkampagnen und der Aussicht auf einen etwaigen Exportstopp für Vakzine ist gestern der erste Tag des aktuellen EU-Gipfels zu Ende gegangen. Während Zweifel daran bestehen, dass im Lauf des Sommers tatsächlich 70 Prozent aller erwachsenen EU-Bürger ein Impfangebot erhalten werden - die Absicht bekräftigten die Staats- und Regierungschefs gestern -, zieht die EU zum Erreichen dieses Ziels auf Druck aus Berlin offenbar die Einbehaltung sämtlicher in der Union produzierten Impfstoffe in Betracht. Dabei kommt bereits jetzt der überwiegende Teil aller in Asien, Afrika und Lateinamerika injizierten Impfstoffe aus China, Russland oder Indien, wo das Serum Institute of India das an der Universität Oxford entwickelte sowie von AstraZeneca industriell produzierte Vakzin in Lizenz herstellt. Während nicht klar ist, ob das Serum Institute of India in nächster Zeit weiter für alle Welt produzieren kann oder Indien priorisieren muss, weitet vor allem China seine Vakzinlieferungen aus. Deutschland und die EU sind bei der Versorgung ärmerer Länder kaum präsent. ex.klusiv

  • Chinas Gegenspieler (II)

    Deutsche Think-Tanks dringen auf engere Kooperation mit Indien - auch militärisch. Stoßrichtung: gegen China.

    BERLIN/NEW DELHI (Eigener Bericht) - Deutschland und die EU sollen ihre Zusammenarbeit mit Indien intensivieren. Darauf dringen einflussreiche deutsche Think-Tanks im Vorfeld des nächsten EU-Indien-Gipfels am 8. Mai. Hintergrund ist der Machtkampf des Westens gegen China, in dem sich auch New Delhi gegen Beijing positioniert: Es begreift sich als großen asiatischen Gegenspieler der Volksrepublik. Zuletzt führten Grenzkonflikte zwischen den beiden Ländern zu militärischen Scharmützeln im Himalaya mit Todesopfern auf beiden Seiten. Indien kann sich bei seinem Vorgehen gegen China auf eine immer intensivere Militärkooperation mit den USA stützen. Die einflussreiche Bertelsmann Stiftung rät nun auch Berlin und der EU zu einer engeren Militär- und Rüstungszusammenarbeit mit New Delhi. Unterdessen erheben Menschenrechtsorganisationen schwere Vorwürfe gegen die indische Regierung - aufgrund ihres brutalen Vorgehens gegen die aktuellen Bauernproteste, aber etwa auch gegen Oppositionelle in Kashmir. Dort nutzen die Repressionskräfte Sturmgewehre der US-Schwesterfirma der deutschen Waffenschmiede Sig Sauer. ex.klusiv

  • Die Welt impfen

    Die EU spielt trotz großer Versprechungen bei der Belieferung der Welt mit Covid-19-Impfstoffen kaum eine Rolle.

    BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) - Die EU scheitert mit ihrem Versprechen, bezahlbare Covid-19-Impfstoffe "in jede Ecke der Welt" zu liefern. Noch Mitte Dezember hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärt, man werde schon bald "in der Lage sein, unsere Nachbarn und unsere Partner auf der ganzen Welt [mit Impfstoffen, d. Red.] zu unterstützen, damit niemand zurückgelassen wird". Heute kämpft die EU mit allen Mitteln darum, ihren eigenen Rückstand gegenüber Ländern wie Großbritannien, den USA oder Serbien aufzuholen, während die Staaten Süd- und Südostasiens, Lateinamerikas und ansatzweise auch Afrikas inzwischen aus China, in gewissem Umfang aus Russland und insbesondere aus Indien beliefert werden. Indien profitiert davon, dass der Pharmakonzern AstraZeneca mit Hauptsitz in Großbritannien die Lizenz zur Herstellung seines Vakzins an Partnerfirmen in aller Welt vergibt, darunter das Serum Institute of India (SII), der größte Impfstoffproduzent der Welt. Die globale Impfstoffkonkurrenz entfaltet sich weitgehend ohne Beteiligung der EU. China kann erhebliche Einflussgewinne etwa im Mittleren Osten erzielen. ex.klusiv