Machtlos im Südkaukasus
Berlin ist mit dem Versuch, auf den Berg-Karabach-Krieg Einfluss zu nehmen, gescheitert. Den Waffenstillstand kontrolliert Moskau.
BERLIN/MOSKAU (Eigener Bericht) - Außenpolitikexperten stufen den Waffenstillstand im Krieg um Berg-Karabach als Erfolg für Russland und als machtpolitische Niederlage für den Westen ein. Die Vermittlung des Waffenstillstands sei ein "spektakulärer diplomatischer Zug" des russischen Präsidenten Wladimir Putin gewesen, heißt es beim Carnegie Moscow Center. "Der Westen" habe "Putin erneut das Feld" überlassen, kritisiert die regierungsfinanzierte Deutsche Welle. Tatsächlich ist es Moskau einmal mehr gelungen, in enger Kooperation mit Ankara einen bewaffneten Konflikt zu stoppen - ähnlich wie zuvor beispielsweise in Syrien. Die "Minsk-Gruppe" der OSZE, die - gebildet von den USA, Frankreich und Russland - mit dem Berg-Karabach-Konflikt befasst war, ist gescheitert. Dies trifft ebenso auf Bemühungen Berlins und der EU zu, den Krieg zu beenden. In Zukunft werden russische Truppen den Waffenstillstand in Berg-Karabach überwachen; damit sind die russischen Streitkräfte in allen drei Staaten des Südkaukasus stationiert - zum ersten Mal seit Beginn der 1990er Jahre. ex.klusiv
BERLIN/ERIWAN (Eigener Bericht) - Im Zuge seines neuen Einflussstrebens im Südkaukasus im Machtkampf gegen Russland bemüht sich Berlin neben einem Ausbau seiner Beziehungen zu Georgien und zu Aserbaidschan auch um eine stärkere Anbindung Armeniens. Man wolle die Zusammenarbeit mit Eriwan intensivieren, bestätigte Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich bei ihrem Kurzbesuch in dem Land. Armenien ist eines der ärmsten Länder Europas und das ärmste des Südkaukasus. Gebeutelt von zwei Jahrzehnten neoliberaler Rosskur, einem Krieg mit Aserbaidschan und andauernden Konflikten mit dem NATO-Mitglied Türkei flüchtete es sich im Jahr 2015 unter den Schutzschirm Russlands und trat der von Moskau dominierten Eurasischen Wirtschaftsunion bei. Im Frühling dieses Jahres brachte dann allerdings ein durch die anhaltende Korruption befeuerter Umsturz eine neue Regierung in Eriwan ins Amt. Der neue Premierminister Nikol Paschinjan gilt als ausgesprochener Kritiker mehrerer von Russland geführter Bündnisse und damit als Hoffnungsträger deutscher Politikstrategen. ex.klusiv
BERLIN/BAKU/ERIWAN (Eigener Bericht) - Mit umfangreichen diplomatischen Aktivitäten im Konflikt um Berg-Karabach bemüht sich die Bundesregierung um eine Stärkung ihres Einflusses im südlichen Kaukasus. Der Berg-Karabach-Konflikt ist vor wenigen Tagen militärisch eskaliert; in ihm stehen sich das mit Russland verbündete Armenien und das an das NATO-Mitglied Türkei angelehnte Aserbaidschan gegenüber. Die Kämpfe haben bereits zahlreiche Todesopfer gefordert. Die komplexen Verwicklungen im Südkaukasus hatten bereits in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass eine Schwächung der Positionen Deutschlands, der EU und der NATO in der strategisch höchst bedeutenden Region nicht auszuschließen scheint. Die Bundesregierung hat daher bereits bei der Übernahme des OSZE-Vorsitzes zu Jahresbeginn angekündigt, künftig stärker als "Vermittlerin" in die Kaukasus-Konflikte zu intervenieren. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat nun umgehend Verhandlungen dazu aufgenommen. Am gestrigen Mittwoch hielten sich der Staatspräsident und der Außenminister Armeniens zu Gesprächen in Berlin auf; Deutschland wolle bei der Konfliktlösung "konstruktiv helfen", äußerte Bundeskanzlerin Angela Merkel. ex.klusiv
TBILISI/BERLIN (Eigener Bericht) - Im Schatten des Machtkampfes um die Ukraine treibt Berlin die abschließende Unterzeichnung zweier weiterer EU-Assoziierungsabkommen voran. Verträge zur dauerhaften Anbindung Georgiens und Moldawiens an die EU sollen spätestens im August in aller Form unterschrieben werden und so bald wie möglich in Kraft treten. Vor allem das Abkommen mit Georgien gilt als wichtig, weil es die EU im strategisch bedeutenden Südkaukasus fest verankert und damit Russlands Stellung in einer höchst sensiblen Region schwächt: Zum einen kann Georgien Einfluss auf die Unruhegebiete des russischen Nordkaukasus nehmen; zum anderen durchziehen strategisch wichtige Pipelines die Region. Der Fortschritt in den Atomverhandlungen mit Iran lässt prinzipiell sogar die Einspeisung iranischen Erdgases in die nach Europa führenden Südkaukasus-Pipelines als denkbar erscheinen. Die Assoziierungs-Offensive Berlins und Brüssels wird von einer massiven Negativ-Kampagne gegen Russland und den russischen Präsidenten Putin begleitet; sie ergänzt den deutsch-europäischen Kampf um die Anbindung der Ukraine an die EU. ex.klusiv
Deutschland bindet armenische Soldaten in den Kriegseinsatz in Afghanistan ein. ex.klusiv
Die von Berlin forcierte Parzellierung Serbiens lässt weitere Sezessions- konflikte auflodern. Die ersten Toten werden gemeldet. ex.klusiv
BAKU/TBILISSI/ERIWAN/BERLIN (Eigener Bericht) - Berlin verlangt von den Staaten des kaukasischen Transportkorridors die Einstellung der Grenzkonflikte und den Ausbau ihrer Lieferkapazitäten für Energierohstoffe. Wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier am gestrigen Dienstag in Eriwan forderte, müssen Armenien und Aserbaidschan den Streit um das Gebiet Nagornyi Karabach "noch in diesem Jahr" beilegen. Auch will die Bundesrepublik ihre Ressourcenimporte aus Aserbaidschan ausweiten und zur Absicherung den deutschen Wirtschaftseinfluss in dem Erdölstaat deutlich vergrößern. Berlin befürwortet zudem den Anschluss der zentralasiatischen Rohstofflieferanten (Kasachstan, Turkmenistan) an das kaukasische Pipelinesystem, das die Erdöl- und Erdgasvorkommen mehrerer früherer Sowjetrepubliken in die EU abführen soll. Auch Iran soll an das Leitungsnetz angeschlossen werden. Die deutschen Energiepläne erfordern eine reibungslose Zusammenarbeit aller Transitstaaten im Transportkorridor. Die notwendige Konfliktlösung zwingt die EU zur Vereinheitlichung ihrer Kaukasuspolitik. Deutschland übernimmt dabei die Führung. ex.klusiv
Armenien, Aserbaidschan und Georgien auf dem Weg nach Europa Baden-Baden 2007 (Nomos) 204 Seiten 46 Euro ISBN 978-3-8329-2403-4 ex.klusiv
TRIPOLIS/BERLIN/BRÜSSEL/RABAT (Eigener Bericht) - Die Bundesregierung trägt mit Millionensummen zur Deportation Tausender Migranten aus mehreren Staaten Nordafrikas bei. Dies geht aus einer Analyse des Deutschen Orient-Instituts hervor, die kurz vor der morgen in Tripolis (Libyen) beginnenden "Afro-Europäischen Ministerkonferenz" veröffentlicht worden ist. Demnach können die Behörden Marokkos und anderer Maghreb-Länder bei der Abschiebung von Flüchtlingen auf umfangreiche finanzielle und technische Unterstützung der EU zurückgreifen. Im Rahmen von Deportationen aus Staaten Nordafrikas wurden in der Vergangenheit immer wieder Menschen in der Wüste ausgesetzt. Zu der "Afro-Europäischen Ministerkonferenz", die für die kommenden beiden Tage angekündigt ist, wird der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble anreisen. Schäuble hat kürzlich verlangt, unerwünschte Flüchtlinge müssten in Europa "zur Ausnahme werden". Der Gastgeber der Konferenz, die Regierung Libyens, hat in den vergangenen Jahren weit über 100.000 Menschen über die Landesgrenzen deportieren lassen und wird schwerer Menschenrechtsverbrechen beschuldigt. Dessen ungeachtet kündigt das Bundesinnenministerium an, bisher bestehende Abschiebeabkommen "auf Staaten des Kaukasus sowie verschiedene Herkunftsstaaten in Afrika und Asien" auszuweiten. Ziel ist es, die Länder nicht nur zur Übernahme eigener Bürger zu verpflichten, sondern auch zur Aufnahme von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen. ex.klusiv
ERIWAN/BERLIN/GÜTERSLOH (Eigener Bericht) - Am heutigen Mittwoch trifft der Präsident Armeniens, Robert Kotscharjan, zu Gesprächen mit dem Bundestagspräsidenten und der Bertelsmann-Stiftung in der deutschen Hauptstadt ein. Der Besuch erfolgt kurz vor Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, zu deren Zielen die Etablierung einer "neuen Ostpolitik" gehört. Betroffen sind neben den östlichen Ressourcengebieten (Russland und Zentralasien) auch die Transitländer des Kaukasus, darunter Armenien. Das Land gilt bislang als enger Partner Moskaus, verzeichnet jedoch zunehmende Aktivitäten deutscher Unternehmen. Während die Bundeskanzlerin den armenischen Präsidenten nur zu einem kurzen Foto-Shooting erwartet, wird er am morgigen Donnerstag bei der Stiftung des deutschen Bertelsmann-Konzerns empfangen, die als einflussreichster privater Thinktank im Berliner Establishment gilt. Bertelsmann ist einer der Hauptaktionäre des Gütersloher IT-Unternehmens Lycos Europe, das einen bedeutenden Teil seiner IT-Arbeiten nach Armenien ausgegliedert hat. Wegen der niedrigen Löhne in dem südkaukasischen Land verzeichnete Lycos Europe bereits im vergangenen Jahr Einsparungen in Höhe von 30 Millionen Euro. Eine weitere Öffnung Eriwans für westliche Interessen wird in Berlin gewünscht. ex.klusiv