• „Syrien eine Chance geben“

    EU kündigt Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien an – nach Massakern an Minderheiten und im Gleichschritt mit den USA, die die Kriege in Nah- und Mittelost stoppen wollen, um sich ganz auf den Machtkampf gegen China zu konzentrieren.

    BERLIN/BRÜSSEL/DAMASKUS (Eigener Bericht) – Die EU hebt ihre Sanktionen gegen Syrien auf und schließt sich damit einem identischen Schritt der Trump-Administration an. Wie Außenminister Johann Wadephul nach der Entscheidung gönnerhaft erklärte, wolle das Staatenkartell der Regierung in Damaskus „eine wirkliche Chance geben“. Dies geschieht, nachdem regierungsnahe Milizen Massaker an mehr als 1.500 alawitischen Zivilisten verübt haben, bei Kämpfen zwischen sunnitischen Milizen und Drusen mehr als 100 Menschen zu Tode gekommen sind und eine weitere Eskalation mörderischer Gewalt gegen Minderheiten droht. Der syrischen Regierung unter Präsident Ahmed al Sharaa wird zudem vorgeworfen, ein autoritäres Regime verstetigen zu wollen. Die EU sucht ihren Einfluss in Syrien zu stärken, während Israel das Land fortgesetzt bombardiert und seinen Süden okkupiert – dies auch, um den Einfluss der Türkei zu stoppen, die Al Sharaa seit Jahren unterstützt und von seiner Herrschaft in Damaskus profitiert. US-Präsident Donald Trump wiederum ist bemüht, die Kriege nicht nur in Osteuropa, sondern auch in Nah- und Mittelost zu beenden, um alle Kräfte in den Machtkampf gegen China werfen zu können. ex.klusiv

  • Massaker in Syrien

    In Syrien kommt es nach der von Deutschland begünstigten Machtübernahmen langjähriger Jihadisten zu Massenmorden an den Alawiten. Berlin hatte bis 2024 die damalige Herrschaft des heutigen Präsidenten in der Provinz Idlib stabilisiert.

    BERLIN/DAMASKUS (Eigener Bericht) – Syrien gleitet nach der von der Bundesrepublik begünstigten Machtübernahme langjähriger Jihadisten in massenmörderische Gewalt ab. Wie Beobachter berichten, kamen bei Massakern der offiziellen syrischen Sicherheitskräfte und vermutlich auch irregulärer Milizen mehr als tausend Menschen zu Tode, darunter weit über 700 Zivilisten. Überwiegend handelte es sich bei ihnen um Angehörige der alawitischen Minderheit, die von der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit zunehmend unter Druck gesetzt wird und sich Übergriffen bis hin zu Morden ausgesetzt sieht. Beobachter attestieren der Regierung unter dem neuen Präsident Ahmed al Sharaa einen „aggressive[n] sunnitische[n] Triumphalismus“, der die Lage der syrischen Alawiten weiter verschlechtert. Dass Al Sharaa, bis vor kurzem Anführer der Jihadistenmiliz Hayat Tahrir al Sham (HTS), an die Macht gelangte, verdankt er nicht zuletzt der Tatsache, dass Deutschland in den Jahren von 2017 bis 2024 die HTS-Herrschaft über das Gouvernement Idlib mit Hilfsgeldern stabilisierte, aber auch der systematischen Schwächung von Ex-Präsident Bashar al Assad durch brutale Sanktionen des Westens, an denen Deutschland sich beteiligte. ex.klusiv

  • Wettlauf um Syrien (III)

    Berlin bemüht sich um Einfluss auf die Übergangsregierung in Syrien und sucht dabei die Zusammenarbeit mit der Türkei. Kritiker werfen der Übergangsregierung vor, einen „tiefen Staat“ zu schaffen. Die Spannungen nehmen zu.

    BERLIN/DAMASKUS/RIAD (Eigener Bericht) – Mit einer Nah- und Mittelostreise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Schritten zur Lockerung der EU-Sanktionen gegen Syrien bemüht sich Berlin um Einfluss auf die Übergangsregierung in Damaskus. Steinmeier hielt sich in dieser Woche in Saudi-Arabien, Jordanien und der Türkei auf, um dort jeweils unter anderem die Entwicklung in Syrien zu thematisieren. Vor allem Saudi-Arabien und die Türkei haben starken Einfluss auf Übergangspräsident Ahmed al Sharaa, daneben auch Qatar, mit dessen Emir Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag telefonierte. Syriens Übergangsregierung, hervorgegangen aus der langjährigen Jihadistenmiliz Hayat Tahrir al Sham (HTS), wird schon jetzt kritisiert, sie schaffe „informelle Machtstrukturen“ und „einen tiefen Staat“. Zugleich nehmen die Spannungen zwischen der sunnitischen Mehrheit und der alawitischen Minderheit zu; Al Sharaa wendet sich außerdem gegen die Forderung der kurdischen Minderheit Nordsyriens nach Autonomie. Unterdessen hat die Türkei, mit der Berlin intensiver zusammenarbeiten will, begonnen, Damaskus bei der Ausbildung und der Aufrüstung der syrischen Streitkräfte zu unterstützen. ex.klusiv

  • Wettlauf um Syrien (II)

    Baerbock bemüht sich mit Syrien-Reise um stärkeren Einfluss auf das Land. Die Regierung dort hat eine islamistische Wende eingeleitet, setzt auf Kooperation mit den Golfstaaten und lehnt eine Konfrontation mit Russland ab.

    DAMASKUS/BERLIN (Eigener Bericht) – Außenministerin Annalena Baerbock stellt der neuen Regierung Syriens einen „Neuanfang“ in den bilateralen Beziehungen in Aussicht. Ein Ausbau der Kooperation sei möglich, wenn die von der Jihadistenorganisation Hayat Tahrir al Sham (HTS) eingesetzte Regierung „einen politischen Dialog unter Einbeziehung aller ethnischen und religiösen Gruppen“ führe und Frauenrechte gewährleiste, erklärte Baerbock am Freitag bei ihrem ersten Besuch in der syrischen Hauptstadt. Die HTS-Regierung sucht aktuell die Macht im Land bei sich zu konzentrieren und beginnt gleichzeitig, erste politisch-ideologische Weichen zu stellen; so sollen nichtislamische Inhalte in Schulbüchern künftig entfernt und etwa Ausdrücke wie „die Verfluchten“ durch „Juden und Christen“ ersetzt werden. Parallel leitet HTS-Anführer Ahmed al Sharaa eine intensive Zusammenarbeit mit der Türkei und den arabischen Golfstaaten ein, von denen er hohe Investitionen erhofft. Damaskus ist nicht bereit, dem Verlangen Berlins und der EU zu entsprechen, die russischen Militärbasen sofort zu schließen: Gute Beziehungen „mit dem zweitmächtigsten Land der Welt“ entsprächen Syriens „strategischen Interessen“, erklärt Al Sharaa. ex.klusiv

  • Wettlauf um Syrien

    Auswärtiges Amt führt in Damaskus erste Gespräche mit HTS-Anführer Al Sharaa. EU-Außenminister fordern Schließung russischer Militärbasen. Al Sharaa lehnt baldige Wahlen ab, will gewisse „Sitten“ in Syrien respektiert sehen.

    BERLIN/DAMASKUS (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung beteiligt sich führend am Wettlauf der westlichen Mächte um größtmöglichen Einfluss auf die neue, von Hayat Tahrir al Sham (HTS) installierte Regierung Syriens. Am gestrigen Dienstag sind zum ersten Mal deutsche Diplomaten mit Vertretern der Regierung in Damaskus zusammengekommen. Bereits zuvor war im Auftrag der EU ein weiterer deutscher Diplomat in Syriens Hauptstadt zu Gesprächen eingetroffen. Wie Entwicklungsministerin Svenja Schulze mitteilt, habe Deutschland in den vergangenen Jahren stets Mittel für das von HTS kontrollierte syrische Gouvernement Idlib bereitgestellt und verfüge deswegen über beste Kontakte: „Wir kennen viele Akteure, auf die es jetzt ankommt“. Unterdessen bekräftigt die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, eine zentrale Forderung der EU an Syrien sei es, „den russischen Einfluss loszuwerden“. Das bezieht sich insbesondere auf die beiden russische Militärstützpunkte in Syrien. HTS-Anführer Ahmed al Sharaa erklärt unterdessen, baldige Wahlen seien „ein bisschen weit hergeholt“. In Syrien müssten künftig hingegen nicht näher erläuterte „Sitten“ respektiert werden; das Land solle wieder „das natürliche Syrien“ sein. ex.klusiv

  • Umwälzungen in Syrien (III)

    Berlin dringt auf starke deutsche Rolle in Syrien. Baerbock schlägt „Gruppe der Freunde Syriens“ unter Beteiligung des Westens und unter Ausschluss Russlands und Irans vor. Mit den Jihadisten von HTS soll kooperiert werden.

    DAMASKUS/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung dringt auf eine starke deutsche Rolle bei der Neugestaltung der staatlichen Verhältnisse in Syrien und kündigt dazu eine engere Kooperation mit den Jihadisten von Hayat Tahrir al Sham (HTS) an. Wie Außenministerin Annalena Baerbock erklärt, sei HTS „de facto die neue starke Macht in Syrien“; man müsse deshalb mit ihr in einem „pragmatischen Ansatz“ kooperieren. „Wir als Europäer, als Deutschland“ müssten jetzt „unsere Verantwortung sehen, zur Stabilisierung der Region beizutragen“, verlangt Verteidigungsminister Boris Pistorius. Damit beteiligt sich die Bundesregierung am erbitterten Kampf äußerer Mächte um die Kontrolle über Syrien, der nach dem Umsturz dort längst eingesetzt hat. Um prägenden Einfluss in Damaskus sind unter anderem zwei NATO-Staaten und einer der engsten Verbündeten Deutschlands bemüht, die jeweils Teile Syriens völkerrechtswidrig okkupiert haben sowie auch nach Assads Sturz weite Teile des Landes beschießen – die Türkei, die USA und Israel. Das Land wird damit erneut zum Spielball äußerer Mächte aus der westlichen Welt, deren vorrangiges Ziel darin besteht, ihre Rivalen zu entmachten – Russland und Iran. ex.klusiv

  • Umwälzungen in Syrien (II)

    Scholz erklärt sich zur Kooperation mit „den neuen Machthabern“ in Syrien bereit. In Idlib, wo diese bislang herrschten, haben Frauen kein Wahl- und Christen kein Bürgerrecht, Folter und Verschwindenlassen sind verbreitet.

    DAMASKUS/BERLIN (Eigener Bericht) – Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklären sich „bereit“, mit „den neuen Machthabern“ in Syrien „zusammenzuarbeiten“. Dies betonten beide in einem Telefongespräch, das sie am Montag abend führten. Demnach solle die Kooperation „auf der Basis grundlegender Menschenrechte“ sowie des „Schutz[es] ethnischer und religiöser Minderheiten“ geschehen. Als neuer „starker Mann in Syrien“ gilt allgemein Abu Muhammad al Julani, der Anführer von Hayat Tahrir al Sham (HTS), einer Jihadistenorganisation, die bisher das Gouvernement Idlib beherrschte. Dort haben lediglich eigens ausgesuchte Männer Wahlrecht, Frauen nicht. Christen haben beschränkte Rechte, Alawiten und Drusen gelten als vom Islam abgefallen und werden verfolgt. Folter ist üblich, Dutzende Fälle von „verschwundenen“ Personen sind dokumentiert. HTS gegenüber kritische Journalisten wurden von HTS-Aktivisten ermordet. Kindern wird der „Weg zum Märtyrertum“ empfohlen. Der bisherige Ministerpräsident in Idlib ist zum Ministerpräsidenten der syrischen Übergangsregierung ernannt worden. Deutsche Politiker dringen auf schnelle Abschiebungen nach Syrien. ex.klusiv

  • Umwälzungen in Syrien (I)

    Die Sanktionen Deutschlands und der EU haben zum Sturz von Bashar al Assad und zum Siegeszug der Jihadistenmiliz Hayat Tahrir al Sham (HTS) beigetragen, die ihren Weg zur Macht in Damaskus damit auch Europa verdankt.

    DAMASKUS/BERLIN (Eigener Bericht) – Mit ihren Sanktionen gegen Syrien haben Deutschland und die EU zum Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al Assad sowie zum Siegeszug der Jihadistenmiliz Hayat Tahrir al Sham (HTS) beigetragen. Dass die Offensive der HTS innerhalb von nur elf Tagen zur Einnahme von Damaskus führen konnte, hatte mehrere Ursachen, darunter zum Beispiel weithin grassierende Korruption in den syrischen Streitkräften und deren Infiltration durch Aktivisten der Opposition; beides hatte zersetzende Wirkung, als die HTS ihren Feldzug startete. Genährt wurden die Korruption sowie eine allgemeine Unzufriedenheit in der Bevölkerung allerdings auch durch die drastischen Folgen der westlichen Sanktionen, die zu einer massiven Zunahme von Armut und Hunger führten; bereits 2019 warnte der European Council on Foreign Relations (ECFR), die Sanktionen liefen letztlich auf eine „Politik der verbrannten Erde“ hinaus, die „unterschiedslos und willkürlich gewöhnliche Syrer“ strafe. Profiteur der Unzufriedenheit war die HTS, die im Gouvernement Idlib ein repressives, auf einer harten Auslegung der Scharia beruhendes Regime errichtet hat und nun die Macht in Damaskus übernimmt. ex.klusiv

  • Syrien am Abgrund

    CDU/CSU-Fraktionssprecher dringt mit Blick auf das Wiederaufflammen des Krieges in Syrien auf Flüchtlingsabwehr. In Syrien drohen ein Zerfall der 2016 etablierten prekären Ordnung und das Erstarken von Jihadisten.

    DAMASKUS/BERLIN (Eigener Bericht) – Mit Blick auf das Wiederaufflammen des Krieges in Syrien sorgen sich deutsche Politiker in ersten Stellungnahmen zu dem Geschehen vor allem um die Abwehr von Flüchtlingen. „Sollten sich Fluchtbewegungen ... ergeben“, erklärt der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, „so haben diese innerhalb sicherer Bereiche des Landes oder in Nachbarstaaten zu erfolgen“. Das Stichwort „Nachbarstaat“ bezieht sich auf die Türkei. Die Jihadistenmiliz Hayat Tahrir al Sham (HTS) hat mittlerweile gemeinsam mit von Ankara finanzierten Kämpfern nicht nur die zweitgrößte Stadt Syriens, Aleppo, eingenommen; sie kontrolliert auch die Straße von dort nach Damaskus und marschierte gestern in Richtung auf Hama, Syriens drittgrößte Stadt. Die prekäre Ordnung, die seit Ende 2016 in dem nahöstlichen Land errichtet und von Russland und der Türkei gemeinsam garantiert wurde – und zwar unter Ausschluss des Westens –, steht damit in Frage. Möglich wurde die Offensive, weil israelische Angriffe – laut Berichten „ein, zwei Dutzend“ pro Tag – Einheiten der Hizbollah und proiranische Milizen in Syrien, die beim Kampf gegen die Jihadisten halfen, stark dezimiert haben. ex.klusiv

  • Erdoğan in Berlin

    Scholz empfängt Erdoğan in Berlin. Hauptthema: der Flüchtlingsabwehrpakt. Keine Rolle spielen die türkische Okkupation kurdischer Gebiete in Nordsyrien sowie Massenvertreibung und Drohnenmorde dort.

    BERLIN/ANKARA (Eigener Bericht) – Beim heutigen Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Berlin werden die jahrelange Okkupation von Teilen Nordsyriens, die Vertreibung hunderttausender Kurden und die jüngste Zerstörung ziviler Infrastruktur in den kurdisch-syrischen Gebieten durch die Streitkräfte der Türkei keine Rolle spielen. Wie Regierungskreise bestätigen, steht beim Gespräch von Bundeskanzler Olaf Scholz mit Erdoğan am heutigen Freitag vor allem der Flüchtlingsabwehrpakt mit der Türkei auf dem Programm. Zudem will Scholz Erdoğan auf seine Äußerung ansprechen, die Hamas sei eine „Befreiungsorganisation“. Keine Rede war bislang von der türkischen Invasion nach Nordsyrien, die bereits im August 2016 startete und zur Besetzung großer Territorien wie auch zur faktischen Unterstellung einiger von ihnen unter türkische Verwaltung geführt hat. Experten warfen Ankara schon vor Jahren die „Türkisierung“ der okkupierten Gebiete in Nordsyrien vor. Zudem führt das NATO-Mitglied Türkei seit Jahren einen Drohnenkrieg gegen die kurdischsprachigen Syrer, bei dem immer mehr Zivilisten getötet werden. Zuletzt haben die türkischen Streitkräfte große Teile der Energie- und Wasserversorgung zerstört. ex.klusiv