Deutsche Volkstumspolitik

Vor 1871

Ende des 17. / Anfang des 18. Jahrhunderts wird in den deutschsprachigen Ländern eine spezifische Vorstellung von "Volk" entwickelt, die dem französischen und englischen Verständnis entgegengesetzt ist (engl./amerik.: people, frz.: peuple).
In der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung und zur Zeit der Französischen Revolution wird unter Volk die Gesellschaft der freien und gleichen Menschen verstanden, die sich für berechtigt und befähigt halten, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. "Volk" ist somit die Gesellschaft der (besitzenden und männlichen) Bürger eines bestimmten Staates, ein Staatsvolk.
Die Bestrebungen nach einem deutschen Nationalstaat folgen diesem Beispiel nicht. Da das Bürgertum kaum entwickelt und die Feudalordnung noch zu stark ist, fehlen wichtige Voraussetzungen, die nationale Einheit über ein politisch-soziales Programm zu realisieren. Ansätzen zu einer bürgerlich-demokratischen Revolution wird mit Mißtrauen und Ablehnung begegnet, da der Umsturz die Eigentumsverhältnisse gefährden würde.
Vor diesem Hintergrund entwickelt siche eine komplexe Vorstellungswelt, die aus ideologischen Überhöhungen des fehlenden nationalstaatlichen Fundaments besteht. Die vorhandene sozialen und politischen Widersprüche werden zudeckt. Der notwendige gesellschaftliche Zusammenhalt soll über die Fiktion einer widerspruchslosen, nämlich völkisch gedachten nationalen Einheit hergestellt werden. Das "deutsche Volk" wird nicht etwa als politische Willensgemeinschaft im Sinne eines Staatsvolkes verstanden, sondern als Abstammungs- oder Blutsgemeinschaft. Sie sei allen anderen Völkern überlegen.
Die Begründung für die Existenz eines "deutschen Volkes" enthält unterschiedliche, sich teilweise widersprechende Varianten: die gemeinsame Abstammung, die gemeinsame Kultur oder der göttliche Wille, später ist es insbesondere die "Rasse".
Übereinstimmend wird das "Volk" als quasi naturgegeben und ewig existierend angesehen, da das Individuum ohne die Einbindung in sein "Volk" angeblich nicht überleben kann. Eine "Vermischung und Verschmelzung" der von Natur aus getrennt lebenden Völker wird abgelehnt; jedes "Volk" solle seinen eigenen - völkisch homogenen - Staat bilden. Auf dieser Grundlage entsteht ein aggressiver Antisemitismus, der die jüdische Bevölkerung als fremde und feindliche "Rasse" bekämpft.
Die deutsche "völkische Ideologie" richtet sich ausdrücklich gegen die Prinzipien der bürgerlich-demokratische Revolution: gegen das Gleichheitsprinzip, indem eine natürliche Ungleichheit der Völker behauptet wird und gegen individuelle Freiheitsrechte, indem nicht der einzelne Mensch / Bürger, sondern das "Volk" als zentrale Kategorie der Menschheitsentwicklung betrachtet wird.

Peter Hacks
Ascher gegen Jahn : ein Freiheitskrieg

Berlin; Weimar: Aufbau-Verlag, 1991
ISBN 3-351-01629-8

Die dreibändige Kassette dokumentiert und analysiert die Anfänge der deutschen völkischen Ideologie. Sie enthält die Schrift "Deutsches Volkstum" des völkischen Agitators Friedrich Ludwig Jahn ("Vollkraft, Biederkeit, Gradheit, Abscheu der Winkelzüge, Rechtlichkeit und das ernste Gutmeinen waren seit einem Paar Jahrtausenden die Kleinode unseres Volkstums ..."); eine Sammlung der Schriften des Religionsphilosophen Saul Ascher gegen die Propagandisten der völkischen Ideologie und ihren aggressiven Antisemitismus ("... um das Feuer der Begeisterung zu erhalten, muß Brennstoff gesammelt werden, und in dem Häuflein Juden wollten unsere Germanomanen das erste Bündel Reiser zur Verbreitung der Flamme des Fanatismus hinlegen") sowie ein Essay des Herausgebers Peter Hacks über diese Auseinandersetzung und die "gleichermaßen aktuelle wie uralte nationale Frage der Deutschen".

Johann Gottlieb Fichte
Reden an die deutsche Nation

Hamburg: Meiner-Verlag, 1978
ISBN 3-787-30440-1
32,- DM

Johann G. Fichte, bekannter deutscher Philosoph und Rektor der neugegründeten Berliner Universität (heute: Humboldt-Universität) behauptete in seinen 1808 gehaltenen "Reden an die deutsche Nation" die Existenz spezifischer Eigenschaften von Völkern, die sog. "Volkseigentümlichkeit", der er Ewigkeitswert zuspricht und als unaufhebbar betrachtet. Eine "Einmischung und Verderbung durch irgendwen Fremdes" sei zu vermeiden. Diese "Volkseigentümlichkeit" sei "das Ewige, dem der Mensch die Ewigkeit seiner selbst und seines Fortwirkens anvertraut, die ewige Ordnung der Dinge." Fichte geht von der Annahme aus, dass nur jene Völker (vor allem die Deutschen) zur Entwicklung der Menschheit beitragen, die "selbst ihre Eigentümlichkeit beibehalten, und dieselbe geehrt wissen wollen", und diese Eigentümlichkeiten "auch den anderen Völkern zugestehen". Das Konzept beinhaltet die scharfe Ablehnung einer möglichen "Vermischung"der Völker. Die eigentliche Grenze eines Volkes sei eine "durch die geistige Natur des Menschen selbst gezogene Grenze". Ein Volk könne"kein Volk anderer Abkunft und Sprache in sich aufnehmen und mit sich vermischen wollen", es sei denn um den Preis von Verwirrung und Beeinträchtigung des Fortgangs der Bildung.

Lutz Hoffmann
Das deutsche Volk und seine Feinde
Die völkische Droge - Aktualität und Entstehungsgeschichte

Köln: PapyRossa-Verlag, 1994
ISBN 3-89438-068-3
24.80 DM

Der Autor untersucht die Entstehung des von Feindbildern geprägten völkischen Mythos (die Vorstellung des deutschen Volkes als naturgegebene Einheit) und die schrittweise Durchsetzung dieser Ideologie durch mehrere Krieg hindurch. Er legt dar, wie völkisches Denken bei und nach der deutschen Wiedervereinigung wieder das Bewußtsein der Deutschen bestimmte und heute inbesondere die"Ausländerpolitik" beeinflußt.

Wilhelm Herzberg
Das Hambacher Fest
Nachdruck der Ausgabe Ludwigshafen am Rhein, Gerisch, 1908 / neu hrsg. u. mit e. Einl. vers. von Heinrich Werner

Köln: Pahl-Rugenstein, 1982
ISBN 3-7609-0694-X
19,80 DM

Die Darstellung der immer noch als fortschrittlich geltenden damaligen deutschen Studentenbewegung, der Burschenschaften, und ihres 1832 abgehaltenen "Hambacher Festes", wird deutlich, wie fest diese in der völkischen Ideologie verwurzelt waren. Mit eben dieser Ideologie strebten sie die Herrschaft der deutschen Nation (zumindest) in Europa an: "Deutschland, das Herz Europas, soll dann, ein mächtiger volkstümlicher Freistaat, mit schirmender und schützender Liebe über die Wiedergeburt des übrigen Europa wachen. ...Von Deutschland aus soll Volksgeist und Vaterlandsliebe unter die Nationen gebracht werden."

G. Wollstein
Das "Großdeutschland" der Paulskirche
Nationale Ziele in der bürgerlichen Revolution 1848-49

Düsseldorf: Droste, 1977
ISBN 3-7700-0474-4
58.- DM

Wollstein dokumentiert und analysiert die Expansionsgelüste der 1848 in der Frankfurter Paulskirche tagenden Deutschen Nationalversammlung. Deutschland sei eine mächtige und souveräne Rolle vorgezeichnet, die dem deutschen Volk vermittelt werden müsse. Es sei an der Zeit, "zu erwachen zu einem gesunden Volksegoismus", und das hieße auch: "Unser Recht ist kein anderes, als das Recht des Stärkeren, das Recht der Eroberung." Da die eigene Stärke noch nicht entwickelt war, verfielen die Abgeordneten auf die Überlegung, daß der Einfluß Deutschlands erhalten und gefestigt werden könne, wenn er "in einer Art und Weise geübt wird, wie ihn das Recht und die Humanität fordern." Eine Anlehnung anderer Staaten an Deutschland sei wahrscheinlicher, wenn die durch "rohe und brutale Gewalt"gekennzeichnete Machtausübung durch das "Prinzip der Humanität" geläutert würde: "Nun, meine Herren, lösen Sie die Bande, geben Sie Freiheit diesen zusammengebundenen Nationalitäten, ... und dann werden diese Nationalitäten in ihrer Freiheit einsehen, was ihnen frommt. Sie werden dann sehen, wie ein inniger Anschluß an Deutschland aus eigenem Antriebe durch völkerrechtliche und Handelsbündnisse zustande kommt, und Sie werden aus freiem Bewußtsein, aus Überzeugung solche Bündnisse sich schließen sehen, gegen welche die Völker murren und sich auflehnen, wenn man sie ihnen aufdrängt." Ein wichtiges Mittel dazu sei, durch eine Minderheitenschutzerklärung die Furcht vor Germanisierungstendenzen zu beschwichtigen und den Nationalitäten den Weg für einen Anschluß an Deutschland zu ebnen. Zudem müsse Deutschland "der Welt ein Beispiel der Humanität und eines höheren Staatsrechts" geben, um seinen "abgerissenen Stämmen" die Freiheit bringen zu können, d.h. Gebiete für sich in Anspruch zu nehmen, in denen deutschsprachige Menschen lebten.

Richard Böckh
Der Deutschen Volkszahl und Sprachgebiet in den europäischen Staaten
Eine statistische Untersuchung

Berlin: Verlag von J. Guttentag, 1869

Böckh entwarf - im Gewande der Sprachstatistik - ein umfassendes Programm zur Expansion des noch zu gründenen deutschen Nationalstaates und zur Neuordnung der Staatenwelt nach dem "Nationalitätsprinzip", das "die volle Geltung der deutschen Nation als der ersten unter den Völkern Europas" sichern sollte. Im statistischen Teil entdeckte Böckh unterdrückte Deutsche nicht nur in nahezu allen Ländern Europas, sondern in " allen Gebiete, über welche der Wanderzug der Deutschen seine äußerlich schaffende und innerlich bildende Cultur verbreitet hat, ... oder kurz gesagt mit dem Worte, das das rechte Symbol der deutschen Nationalbestrebungen ist und bleibt: ´soweit die deutsche Zunge klingt`". Die deutsche Nation sei zum "Schutze der deutschen Nationalität" in allen diesen Gebieten aufgerufen, so Boeckh, denn zur " Verwirklichung des Nationalitätsprinzips ... ist aber die deutsche Nation, welche an Zahl keinem anderen Volke der weißen Rasse nachsteht, vorzugsweise berufen ...". Dieser Mission der Deutschen schrieb Boeckh schon 1869 die Auflösung der bestehenden Staaten und die Förderung des völkischen Separatismus: "Und solchen Staaten gegenüber, welche das Nationalitätsprinzip nicht anerkennen, mithin die höhere Ordnung des Volksgeistes leugnen, bedarf es des wirklichen Schutzes derjenigen, welche abweichender Nationalität sind, und nöthigenfalls der Ablösung ihrer Wohnsitze von dem unterdrückenden Staate."

1871-1918

Nach der Gründung des Deutschen Reiches erlangt die völkische Ideologie, die bis dahin in erster Linie der inneren Formierung dient, auch praktische außenpolitische Wirksamkeit. Es entstehen eine Reihe einflußreicher Organisationen wie der "Alldeutsche Verband" und der "Verein für das Deutschtum im Ausland", die die völkische Ideologie propagieren und mit ihr die deutschen Expansions- und Weltmachtansprüche begründen. Die völkische Ideologie wird zur herrschenden Ideologie, die auch von bürgerlich-liberalen Kräften vertreten wird. Die Deutschtums-Organisationen beginnen, in anderen Staaten lebende deutschsprachige Minderheiten zu organisieren und für die territoriale, politische und wirtschaftliche Expansion zu nutzen. Die Durchsetzung eines völkisch definierten "Selbstbestimmungsrechts der Völker" soll ihnen den Anschluß an das Deutsche Reich ermöglichen, die anderen Nationalstaaten schwächen oder zerschlagen und den Herrschaftsanspruch der deutschen "Herrenmenschen" befördern.

Friedrich Lange
Reines Deutschtum
Grundzüge einer nationalen Weltanschauung

Berlin 1893.

Der Autor war führendes Mitglied der "Gesellschaft für deutsche Kolonisation" und unterhielt kontinuierliche Beziehungen zum Berliner Außenministerium. Lange spricht den Deutschen einen besonderen "Adel der Gesinnung" zu, der eine "deutsche Sittlichkeit" hervorbringe. In krassem Gegensatz zu den Deutschen verbreite die "jüdische Rasse ... in allen modernen Staaten den Prozeß der Fäulnisgärung". Die Juden, schreibt Lange 1893, "haben an deutscher Geduld nicht Maß halten wollen und mögen nun spüren, was furor teutonicus auf deutsch heißt." Im Kampf "Rasse gegen Rasse" müßten "äußere Merkmale der germanischen Rasse, wie Langschädel, blaue Augen und blondes Haar" bis zu den Reihengräbern der Merowinger zurückverfolgt werden, um "den Rassetypus des reinen Deutschthums zu erweisen."

Friedrich Naumann
National-sozialer Katechismus

In: Friedrich Naumann Werke Bd. 5. Politische Schriften S. 199 - 233 Hrsg. von Theodor Schieder im Auftr. d. Friedrich-Naumann-Stiftung
Köln: Westdt. Verlag, 1967
IDN: 457672218

In seinem "National-sozialen Katechismus", dem Programm des 1896 gegründeten "National-sozialen Verein", erläutert der geistige Ahnherr der deutschen Liberalen, Friedrich Naumann, den Zusammenhang zwischen völkischer Formierung der Bevölkerung und deutschen Machtstreben in der Welt: Wir stehen auf nationalem Boden, indem wir die wirtschaftliche und politische Machtentfaltung der deutschen Nation nach außen für die Voraussetzung aller größeren sozialen Reformen im Inneren halten, zugleich aber der Überzeugung sind, daß die äußere Macht auf die Dauer ohne Nationalsinn einer politisch interessierten Volksmasse nicht erhalten werden kann. Wir wünschen darum eine Politik der Macht nach außen und der Reform nach innen. 1. Warum nennt ihr euch nationalsozial?
Weil wir überzeugt sind, daß das Nationale und das Soziale zusammengehören.
2. Was ist das Nationale?
Es ist der Trieb des deutschen Volkes, seinen Einfluß auf der Erdkugel auszudehnen.
3. Was ist das Soziale?
Es ist der Trieb der arbeitenden Menge, ihren Einfluß innerhalb des Volkes auszudehnen.
4. Wie hängt beides zusammen?
Die Ausdehnung des deutschen Einflusses auf der Erdkugel ist unmöglich ohne Nationalsinn der Masse, und die Ausdehnung des Einflusses dieser Masse im Volke ist unmöglich ohne weitere Entwicklung der deutschen Macht auf dem Weltmarkte.
5. Inwiefern hängt die Ausdehnung deutschen Einflusses auf der Erdkugel vom Nationalsinn der Masse ab?
Weil die großen Opfer, welche für Flotte und Heer gebracht werden müssen, wenn Deutschland in Asien, Afrika, Amerika und vor allem auch in Europa etwas bedeuten soll, nicht auf die Dauer ohne den Willen der arbeitenden Menge aufgebracht werden können. (...) 17. Ist also die Gewinnung des Nationalsinnes der Masse das einzige Mittel der Erhaltung der deutschen Macht?
Ja!

Josef Ludwig Reimer
Grundzüge deutscher Wiedergeburt!
Ein auf wissenschaftlicher Grundlage ruhendes neudeutsches Lebensprogramm für die Gebiete der Rassenpflege, Staats- und Sozialpolitik, Religion und Kultur

Leipzig 1911

Der Autor verlangt nach einem pangermanischen Reich. "Preußendeutschland (ist) die Pflicht erwachsen ... die in Europa zerstreuten Germanen zu vereinen! ... Das Gebiet Groß-Deutschlands müßte demnach also umfassen: das heutige Reich, die anderen deutschen Gebiete Europas, Skandinavien und die Niederlande als gleichberechtigte Reichsteile ... ferner die Gebiete der West- und Südwestromanen und der österreichischen West- und Südslawen als abhängige Kolonialländer, ferner Südamerika bis zum Amazonas."

Paul Rohrbach
Der deutsche Gedanke in der Welt

Düsseldorf/Leipzig: Karl Robert Langewiesche Verlag, 1912

Der später im Auswärtigen Amt tätige Rohrbach vertrat den Anspruch Deutschlands auf eine Stellung als Weltmacht. Dabei setzte er nicht nur auf die ökonomische und militärische Kraft, sondern verband den Weltmachtanspruch mit einer angeblichen "höheren Kultur der Deutschen." Gegen das "Kulturmonopol" Englands und der USA sowie gegen die "russisch-moskowitischen Eigenarten" setzte Rohrbach den "deutschen Geist", die "deutsche Kultur" und das "deutsche Staatsleben". Vom "deutschen Gedanken in der Welt reden" hieße, "den sittlichen Idealgehalt des Deutschtums als gestaltende Kraft im gegenwärtigen wie im zukünftigen Weltgeschehen" anzustreben. Der Autor ist überzeugt, "daß wir in das Spiel der Weltkräfte hineingestellt sind, um sittliche Tüchtigkeit nicht nur für uns, sondern auch für die ganze Menschheit zu erarbeiten." Daher bleibe den "kleinen Völkern in Zukunft nichts übrig, als sich gutmütig denjenigen Kulturkreisen anzuschließen, zu denen sie sich am meisten hingezogen fühlen, oder auf die ihre geographische Lage sie verweist."

Paul Rohrbach
Das "Größere" Deutschland
in: Arthur Schröter (Hrsg.): Der deutsche Staatsbürger

Leipzig 1912, S.418-461,

Deutschland solle auf Grund seiner großen Handelsaktivitäten, technischen Ingenieurleistungen und hohen kulturellen Hervorbringungen eine imperialistische Politik betreiben und deshalb "mit steigendem Nachdruck die Forderung nach Gleichberechtigung" gegenüber der Weltmacht England erheben. Dabei kommt es nicht darauf an, daß das "Größere Deutschland" durch "weitere direkte Angliederungen im Westen, Osten oder Süden" zur Weltmacht emporsteige. Dies "wäre für uns eher Gefahr als Gewinn. ... Es ist nicht so sehr ein räumlich umgrenztes, erweitertes Machgebiet wie das größere England, sondern wir verstehen darunter einen maßgebenden moralischen und materiellen Anteil Deutschlands an der Weltwirtschaft und Weltkultur, und wir fordern, daß dieser Anteil den Ansprüchen angemessen sein soll, die wir auf Grund unserer ökonomischen und geistigen Leistungen zu erheben berechtigt sind."

George L. Mosse
Die völkische Revolution
über die geistigen Wurzeln des Nationalsozialismus

(The crisis of German ideology, New York 1964)
Frankfurt am Main : Hain, 1991
ISBN: 3-445-04765-0
38,- DM

Mosse untersucht die Grundlagen völkischen Denkens und insbesondere die Durchsetzung dieser Ideologie in der Zeit vor 1918, in der die völkischen Ideen institutionalisiert wurden: "Um wirklich wirksam werden zu können, muß eine Idee wichtige soziale und politische Institutionen vollständig durchdringen, und eine der wesentlichen Institutionen hatte die völkische Ideologie bereits vor 1918 durchsetzt, nämlich den Bereich der Erziehung."

Walter von Goldendach / Hans-Rüdiger Minow
"Deutschtum erwache!"
Aus dem Innenleben des staatlichen Pangermanismus

Aus dem Innenleben des staatlichen Pangermanismus. Unter wissenschaftlicher Mitarbeit von Volker Külow.
Berlin: Dietz Verlag, 1994
ISBN 3-320-01863-9 54,- DM

Darstellung der pangermanistischen Taktik der deutschen Außenpolitik: Bei Gründung des deutschen Staates beginnt das Auswärtige Amt mit der Unterstützung zahlreicher Volkstums-Organisationen, die deutschsprachige Auswanderer oder Minderheiten in aller Welt betreuen. Diese Gruppierungen sollen zu Stützpunkten außenpolitischer und wirtschaftspolitischer Belange des Deutschen Reiches gemacht werden, heißt es im Berliner Außenministerium. Die staatlichen Zielsetzungen werden im Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) gebündelt und erfahren dort eine rassistische Ausprägung. Das internationale Deutschtum wird zum Vorwand für die Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten und begünstigt auch praktisch die deutsche Expansion im 1. Weltkrieg.

Joachim Petzold
"Ethischer Imperialismus"

in: Fritz Klein (Hrsg.): Politik im Krieg 1914 - 1918 Studien zur Politik der deutschen herrschenden Klassen im ersten Weltkrieg Berlin: Akademie Verlag 1964, S.204-229

Der Autor analysiert die gegen Ende des Ersten Weltkrieges entwickelte politische Strategie, die aus der vorhersehbaren Niederlage den Schluß zog, das deutsche Weltmachtstreben müsse besser - nämlich "ethisch" - fundiert werden, um erfolgreich sein zu können. Wesentliches Instrument dieser Strategie ist das völkisch definierte "Selbstbestimmungsrecht der Völker""Das Recht war mit uns, als wir das russische Reich in Stücke schlugen; das Recht war mit uns, als wir den befreiten Völkern ihre nationale Freiheit verbürgten ...". Dieses Recht müsse verallgemeinert und als Grundlage für einen "Ethischen Imperialismus" genutzt werden, denn die "demokratische Welle" drohe die Grundlagen insbesondere des deutschen Expansionsstrebens wegzuspülen: "Diese Drohung ist besonders gefährlich für den deutschen Imperialismus; er existiert noch nicht, er soll erst geschaffen werden ... Will der deutsche Imperialismus dem Ansturm der Demokratie mit ihrem Anspruch auf Weltverbesserung standhalten, so muss er sich ethisch fundieren. Mit dem reinen Machtanspruch kann die Demokratie mühelos fertig werden."

1918-1945

Die Revision der Grenzen des Deutschen Reiches war während für alle Regierungen der Weimarer Republik - unabhängig ihrer konkreten parteipolitischen Zusammensetzungen - eines der zentralen außenpolitischen Ziele. Es wurde die Strategie verfolgt, so genannte deutsche Minderheiten im Ausland zu unterstützen und durch Aufstachelung dieser Minderheiten die Souveränität der entsprechenden Staaten zu untergraben (Irredenta-Politik) Dazu wurde unter der Ägide des Auswärtigen Amtes und anderer Regierungsstel len ein sich stets erweiternder Apparat geschaffen, der zwar durch Reichsmittel finanziell ausgestattet war, als Netzwerk formal privater Vereine jedoch außenpolitische Verwicklungen für das Deutsche Reich ausschloß und auch potentielle Kritik im Inland nicht aufkommen ließ. Der während der Weimarer Republik geschaffene institutionelle und strukturelle Rahmen zur Durchsetzung außenpolitischer Revisionsforderungen wurde von den Nationalsozialisten unverändert übernommen. Ein dichtes Netz von interdisziplinär arbeitenden Forschungseinrichtungen entwarf die Pläne, mit denen ein vermeintliches Recht der so genannten deutschen Volksgruppen auf Angliederung an das Reich begründet werden sollte. Bei der dazu notwendigen "Umvolkung" wurden Massenmorde insbesondere an der slawischen Bevölkerung und die Ausrottung der jüdischen Einwohner eingeplant und umgesetzt.

Walter von Goldendach / Hans-Rüdiger Minow
"Deutschtum erwache!"
Aus dem Innenleben des staatlichen Pangermanismus

Berlin: Dietz Verlag, 1994
ISBN 3-320-01863-9
54,- DM

Die Reorganisation der deutschen Volkstumsarbeit beginnt bereits in den ersten Tagen der Weimarer Republik. Erneut geht es um den pangermanischen Anspruch, fremde Staatsbürger deutscher Herkunft als "Deutsche" einzugemeinden, weil sie "deutschen Blutes" sind. Die ethnische Legitimation soll helfen, territoriale Forderungen an deutsche Nachbarstaaten zu stellen. Der deutsche Aussenminister Stresemann ordnet 1925 eine umfassende Subversion in praktisch sämtlichen Ländern Europas an und bezieht nun auch nicht-deutsche Minderheiten ein. Für diese habe sich Deutschland als Fürsprecher und Schutzherr zu verwenden. Damit werden rund 200 Millionen ausländische Bürger einem selbstgewählten deutschen Auftrag unterstellt, der bis zu Forderungen nach nationaler "Selbstbestimmung" reicht. Auf diesem ethnizistischen Fundament entwickelt die Reichsregierung unter Adolf Hitler ihre Interventionspolitik, die ab 1936 auch gewalttätige Mittel bereithält. Der pangermanische und rassistische Ansatz der Volkstums-Theorie offenbart in den nach 1939 okkupierten Staaten, insbesondere in Ost- und Südosteuropa, seinen mörderischen Inhalt.

Norbert Krekeler
Revisionsanspruch und geheime Ostpolitik der Weimarer Republik
Die Subventionierung der deutschen Minderheit in Polen 1919 - 1933

Stuttgart: dva Verlag, 1973
ISBN 3-421-01667-4
16,80 DM

Die Politik des Deutschen Reiches gegenüber Polen hatte Krekeler zufolge zwei Aspekte: "Sie versuchte eine den neuen Verhältnissen angepasste Fortsetzung der alten Ostmarkenpolitik Preußens, die seit Ende des 19. Jahrhunderts hauptsächlich mit wirtschaftlichen Mitteln (Ansiedlungskommissionen, Agrarsubventionen), aber auch mit kulturpolitischen Mitteln (Schul- und Sprachpolitik) eine massive Germanisierung der Ostprovinzen betrieben hatte; und sie vertrat die für die Außenpolitik der Weimarer Republik axiomatische Forderung nach Revision der deutschen Ostgrenzen." Die "Weimarer Geheimpolitik" beabsichtigte auf legalem und illegalem Weg, die in Polen ansässige deutsche Minderheit gegen den polnischen Staat zu mobilisieren, um Territorialgebiete des Nachbarlandes dem Deutschen Reich anzugliedern.

Karl C. von Loesch (Hg.)
Staat und Volkstum

Berlin: Deutscher Schutzbund Verlag, 1926

Das Ziel des vom Deutschen Schutzbund editierten Werkes war klar umrissen: "Handelt es sich doch darum, für ein neues Deutschland, für den Staat aller Deutschen des geschlossenen Siedlungsgebietes die wesentliche Linie seiner künftigen Entwicklung im Rahmen und Einklang mit der europäischen Umwelt zu finden und Fehlerhaftes abzulehnen." Den Ausgangspunkt für den angestrebten "europäischen Staatenbund" sollte die "Anerkennung der Völker als Volkspersönlichkeiten und damit als der natürlichen Grundlage des neuen Europa"bilden, was die völkische Dimension dieses Projektes unterstreicht. Im Zentrum stand das deutsche Volk, dessen Interessen gegen "fremde Völker und Staaten" durchgesetzt und dem zu einer europäischen Vormachtstellung verholfen werden sollte. Über eine wissenschaftliche Arbeit sollte dieser Plan unangreifbar gemacht werden: "Was so lange vergeblich versucht wurde, scheint nunmehr erreicht: Die Anerkennung der Erforschung des Auslandsdeutschtums als eine hohe und dringende Aufgabe der deutschen Wissenschaft und ihre Unterstützung durch deren Einrichtungen und amtliche Stellen." Tatsächlich hatten derartige Ausführungen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung einer "kämpfenden Wissenschaft", wie sie im Nationalsozialismus existierte, die ihre Aufgabe in der wissenschaftlichen Bereitstellung von praktisch verwertbaren Erkenntnissen für die deutsche Expansionspolitik sah.

Max Hildebert Boehm
Das eigenständige Volk

Grundlegung der Elemente einer europäischen Völkersoziologie
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1965 (Erstauflage: Göttingen 1932) 42,- DM

Boehm, einer der wichtigsten Volkstumspolitiker der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus und auch der frühen Bundesrepublik, unternahm den systematischen Versuch, "das Volk" von allen anderen politischen und sozialen Kategorien abzugrenzen. "Volk" auf der einen Seite, "Staat/Nation" auf der anderen Seite werden gegeneinander gesetzt, um somit eine Lösung vom westlichen Nationsbegriff zu erreichen. Dabei soll vor allem die "Eigenständigkeit" des deutschen Volkes bestimmt und ihm zu einer Vormachtstellung in Europa verholfen werden: "Deutschland ist lange genug das Schlachtfeld, unser Volk der Landsknecht Europas gewesen. Wir haben unserer Mittellage schweren Zoll gezahlt und waren dabei all zu sehr Opfer, als dass diese Rolle immer ehrenvoll und würdig gewesen wäre. Seine höhere und unvergleichliche Leistung, seine eigentliche geschichtliche Ehre aber hat stets darin bestranden, dass der Deutsche alle geistigen und seelischen Spannungen, die die Geschichte unseres Erdteiles und Kulturraumes durchwalten, mit letztem Ernst und Ingrimm in sich ausgehalten hat: in der eigenen Brust, im eigenen Kreis, im eigenen Volk. Wir sind und bleiben in diesem Sinn das faustische Volk, das das Unvereinbare in sich zusammenzwingen will und doch immer in die letzten Zwiespältigkeiten der Welt unerbittlich hineinleuchtet. Alle Gefahren des Scheiterns weisen bei uns und den uns verwandten Völkern in Bereiche, die jedenfalls all denjenigen Nationen gänzlich verschlossen sind, die sich auf den schäbigen Idealen der westlerischen Bourgeoisie zur Ruhe gesetzt haben."

Carl Petersen / Otto Scheel u.a. (Hg.)
Handwörterbuch des Grenz- und Auslanddeutschtums

Breslau 1933 ff. (3 Bände)

Ausgehend von der Annahme, "das Volk" sei das Subjekt der Geschichte, wurde das Ziel des "Handwörterbuches" darin gesehen, eine "Einheit der Anschauung unserer Volksgeschichte und der Lebensgesetze unserer nationalen Entwicklung" zu schaffen. Dazu sollte der "gesamte Tatsachenstoff von der Geografie und Statistik bis zu den wirtschaftlichen, sozialen, rechtlichen und politischen Einzelfragen in Geschichte und Gegenwart" dargestellt werden. Die Aufgabe der Deutschtumsforschung bestehe darin, in den Dienst einer "neuen Volksordnung" zu treten, die besonders "die grenz- und auslanddeutschen Kernfragen in vergleichend systematischer Betrachtung der einzelnen Gebiete zusammenfasst". Durch die Herausarbeitung der völkischen Grundlagen des "Deutschtums" im Ausland wollte man zugleich den politischen Anspruch Deutschlands auf die jeweiligen Gebiete, in denen Deutsche seit Jahrhunderten gesiedelt hätten, legitimieren und somit den außenpolitischen "Auftrag" des Deutschen Reiches wissenschaftlich absichern.

Kurt O. Rabl
Grundlagen und Grundfragen eines mitteleuropäischen Volksgruppenrechts

Tübingen: Verlag J.C.B. Mohr, 1938

Im Unterschied zu einem Minderheitenschutz, der die Rechte eines Individuums wahrt, entwickelte sich im Deutschland der Weimarer Republik die Auffassung eines kollektiv-völkisch orientierten "Volksgruppenrechts". Dabei wurde man die vermeintliche "völkische Art" in den Vordergrund gerückt, die es gegen die staatlichen Souveränitätsinteressen anderer zu stärken galt: "Völkern und Volksgruppen, die sowohl den Willen wie auch die wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen dazu besitzen, tritt der Staat nicht nur die Wahrnehmung seiner hoheitlichen und fürsorglichen Funktionen auf kulturellem Felde, sondern auch auf andern Sachgebieten ab." Die "Lösung des Problems", d.h. die Zerstückelung der Nationalstaaten, wird Rabl zufolge durch den Aufbau eines Systems erreicht, bei dem "territoriale sowie eine auf personeller Grundlage aufgebaute Sachautonomie sinnvoll ineinander greifen".

Walter v. Goldendach/Hans-Rüdiger Minow
Von Krieg zu Krieg
Die deutsche Außenpolitik und die ethnische Parzellierung Europas

Berlin: Verlag 8. Mai, 1996 (Erste Auflage)
ISBN 3-931745-02-3
München: Das Freie Buch, 1999
ISBN 3-922431-71-2

Die subversive deutsche Außenpolitik finanziert seit spätestens 1925 Minderheiten in Ost- und Westeuropa, um den Kontinent "ethnisch neu zu ordnen". Unter Anleitung des Auswärtigen Amtes werden u.a vom "Europäischen Nationalitätenkongreß" Forderungskataloge entworfen, an deren Beginn das Verlangen nach "kultureller Autonomie" steht, um mit separatistischen Losungen zu enden. Das von den Nationalsozialisten weitergeführte Programm benutzte Minderheiten zur systematischen Destabilisierung ihrer Heimatstaaten.

Meir Buchsweiler
Volksdeutsche in der Ukraine am Vorabend und Beginn des Zweiten Weltkriegs - ein Fall doppelter Loyalität?

(Schriftenreihe des Instituts für Deutsche Geschichte Universität Tel Aviv, Bd. 7)
Gerlingen: Bleicher Verlag, 1984
ISBN 3-88350-452-1
68,- DM

In der umfassenden Studie untersucht Buchsweiler die Funktionalisierung einer deutschsprachigen Minderheit ("Volksdeutsche") durch die Reichsregierung im 2.Weltkrieg. Bereits die Begrifflichkeit ("Volksdeutsche") weist nach Meir Buchsweiler auf ein spezifisch deutsches Blutsverständnis hin: "Man kann sagen, daß es sich bei dem Begriff Volk um einen hyper-biologischen Ausdruck handelt ... Die Volkszugehörigkeit ist ein Gebot, das - praktisch und in der Theorie - andere Gebote außer Kraft setzt und den einzelnen wegen seiner rassischen Bindungen zum Volk verpflichtet." U.a. dokumentiert Buchsweiler die Tatbeteiligung der deutschsprachigen Minderheit an der Ausrottung der jüdischen Bevölkerung in der Ukraine. Die Ausrottung wurde durch Rassespezialisten wie Karl Stumpp vorbereitet. Hoch angesehen, bekleidete Stumpp in der Nachkriegszeit zahlreiche Funktionen in der deutschen Vertriebenen-Bewegung. In den 1970iger Jahren wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Ingo Haar
Historiker im Nationalsozialismus
Deutsche Geschichtswissenschaft und "Volkstumskampf" im Osten

Göttingen: Vandenhoeck && Ruprecht, 2000
ISBN 3-525-35942-X
78,- DM

Während des Nationalsozialismus haben sich angesehene deutsche Historiker wie Theodor Schieder und Werner Conze in den Dienst der völkischen Politik gestellt. Mittels ihrer "Volksgeschichtsforschung" bereiteten sie eine "rassische Neuordnung Europas", die in Völkermord und Vernichtungskrieg mündete: "Die Historiker des Volkstums beabsichtigten mit ihrem Programm der Volks- und Kulturbodenforschung, das so genannte Besitz- und Existenzrecht einer ‚Volksgruppe‘ an einem Ort und in einem Raum nachzuweisen."

Michael Fahlbusch
Wissenschaft im Dienst der nationalsozialistischen Politik
Die "Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften" von 1931 - 1945

Baden-Baden: Nomos Verlag, 1999
ISBN 3-7890-5770-3

Die "Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften" (VFG) arbeiteten den gewalttätigen Bestrebungen der Nationalsozialisten wissenschaftlich zu, indem sie "die angrenzenden Nachbarstaaten als irgendwie deutsch beeinflusst deklarierten, ihre Bevölkerung deutscher Herkunft bestimmten und in ausländischen Persönlichkeiten separatistischer Bewegungen, so genannten Germanophilen, Sympathisanten des Nationalsozialismus und Kollaborateure suchten".

Götz Aly / Susanne Heim
Vordenker der Vernichtung
Auschwitz und die deutschen Pläne für eine neue europäische Ordnung

Frankfurt (Main): Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1993
ISBN 3-596-11268-0
DM 19,90

Eine Reihe junger deutscher Wissenschaftler verfolgte während des Nationalsozialismus das Ziel, zunächst Deutschland, dann aber dem ganzen europäischen Kontinent neue soziale und ökonomische Strukturen aufzuzwingen. Bestandteil dieser "von Deutschland her strukturierten Wirtschaftsordnung Europas" waren auch völkische Neuordnungspläne wie u.a. der "Generalplan Ost" nach Maßgabe.

Volker Zimmermann
Die Sudetendeutschen im NS-Staat

Politik und Stimmung der Bevölkerung im Reichsgau Sudetenland (1938 - 1945)
Essen: Klartext Verlag, 1999
ISBN 3-88474-770-3
48,- DM

Zimmermann weist in seiner sozialgeschichtlichen Studie nach, dass die überwältigende Mehrheit der "Sudetendeutschen" als "Avantgarde des Volkstumskampfes" entscheidenden Anteil an der Zerschlagung der Tschechoslowakei hatte. Seit Gründung der CSR infolge des Ersten Weltkrieges kämpfte die so genannte deutsche Minderheit gegen den jungen demokratischen Staat und arbeitete sowohl offen als auch im Untergrund an seiner Auflösung. Mit finanzieller und organisatorischer Unterstützung aus Berlin gelang den "Sudetendeutschen" schließlich die Angliederung ans Reich, wobei sich ihre positive Haltung zur Ideologie des Nationalsozialismus auch in der Folgezeit nicht relativierte.

Mechthild Rössler / Sabine Schleiermacher
Der "Generalplan Ost"
Hauptlinien der nationalsozialistischen Planungs- und Vernichtungspolitik

Berlin: Akademie Verlag, 1993
ISBN 3-05-002445-3
DM 98,-

Die nationalsozialistische Ostexpansionspolitik wurde wesentlich durch den "Generalplan Ost" bestimmt und nach seinen Maßgaben durchgeführt. Ziel des Programms war die "Eindeutschung" durch Bevölkerungsumsiedlung. Vier Millionen "Germanen" sollten die Hegemonie über die in den Gebieten verbliebenen "Autochthonen" ausüben. Dazu sollten nichtdeutsche Menschen "umgesetzt", vertrieben und vernichtet werden, während das eroberte Land nach völkischen Kriterien "neubesiedelt" werden sollte.

Hunno Hochberger / Emil Hruka
Der deutsche Hegemonialanspruch: Gefahr für Mitteleuropa

Stuttgart: GNN-Verlag, 1998
ISBN 3-9805441-2-5
28,- DM

Die Autoren analysieren und skizzieren anhand von Dokumenten die deutsche Expansionspolitik mithilfe des völkisch definierten"Selbstbestimmungsrechtes der Völker" gegenüber der Tschechoslowakei von den Anfängen vor Beginn des 19. Jahrhunderts über den Ersten Weltkrieg und die Zeit der Weimarer Republik bis nationalsozialistischen Besatzung bis 1945.

Frederic W. Nielsen
Vertriebene Vertreiber in der Tschechoslowakei (1938 - 1946)
Eine notwendige Richtigstellung und eine verspätete Vergangenheitsbewältigung

Verlag der Jugendwerkstatt Östringen 1995
ISBN 3-925699-24-4
21,- DM

In essayistischer Weise verfasster Band, der an zahlreichen Fallbeispielen nachweist, dass die Umsiedlung der "Sudetendeutschen" die Folge faschistischer Politik der "Sudetendeutschen" war.

Dieter Schenk
Hitlers Mann in Danzig
Gauleiter Forster und die NS-Verbrechen in Danzig-Westpreußen

Bonn: Dietz Verlag, 2000
ISBN 3-8012-5029-6
44,- DM

Neben dem Fallbeispiel des Gauleiters Forster finden sich Analysen der nationalsozialistischen Volkstumspolitik in dem Gebiet, das die Nationalsozialisten zum Reichsgau Danzig-Westpreußen machten.

Winfried Schulze / Otto Gerhard Oexle (Hg.)
Deutsche Historiker im Nationalsozialismus

Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 1999
ISBN 3-596-14606-2
24,90 DM

Sammelband zur Frage der Verquickung von völkischer Wissenschaft / Volkstumsforschung und offizieller Politik im Nationalsozialismus. Neben Analysen zur Rolle deutscher Historiker bei der Vorbereitung der Germanisierung finden sich auch Ansätze zur Erforschung der Kontinuität von Volkstumsarbeit.

1945-1989

Um die erneute Infragestellung der bestehenden nationalstaatlichen Grenzen in Europa ein für alle mal zu verhindern, wurden die in den ehemaligen deutschen Ostgebieten verbliebenen Deutschen umgesiedelt. Auch die Wiederbelebung von Forderungen nach einem "europäischen Volksgruppenrecht" sollte für die Zukunft ausgeschlossen werden. Fern der Öffentlichkeit und protegiert von staatlichen Stellen formierten sich in der Bundesrepublik jedoch die alten völkischen Aktivisten schnell neu. Sie ersannen umfangreiche Publikationen, in denen den Anspruch der Deutschen auf nichtdeutsches Territorium ("Recht auf die Heimat") wiederholten. Gleichzeitig begann der Wiederaufbau ihrer Organisationen, die im Vorfeld des Auswärtigen Amtes und des Bundesinnenministeriums deutsche Nebenaußenpolitik betrieben. Zu diesen Verbänden zählten der wiederbelebte Verein für das Deutschtum im Ausland (VDA) und die umformierte Paneuropa-Union (PEU), insbesondere aber die deutschen Vertriebenenverbände. Durch Einbau des Europa-Gedankens in ihre Revisionspolitik versuchten diese Organisationen von ihren nationalistischen Zielen abzulenken und eine Läuterung ihrer völkischen Grundlagen vorzutäuschen. Wegen der bis 1989 bestehenden Systemkonfrontation stieß diese Politik in Osteuropa an Grenzen.

Wolfgang Benz (Hg.)
Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten
Ursachen, Ereignisse, Folgen (aktualisierte Neuauflage)

Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 1995
ISBN 3-596-12784-X
16,90 DM

Umsiedlung und Flucht aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten war eine Konsequenz aus nationalsozialistischer Volkstumspolitik und völkischem Zersetzungskampf der sogenannten deutschen Minderheiten in Osteuropa. Ihre Ursprünge hatte die NS-Volkstumspolitik bereits in den separatistischen Bestrebungen des Auswärtigen Amtes der Weimarer Republik.

Eugen Lemberg / Friedrich Edding (Hg.)
Die Vertriebenen in Westdeutschland
Ihre Eingliederung und ihr Einfluß auf Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Geistesleben (3 Bände)

Kiel 1959
48,- DM

Affirmativer Sammelband, in dem zahlreiche Fakten zur Umsiedlung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zusammengetragen werden und die Integrtaion der "Vertriebenen" in den Wiederaufbau des westdeutschen Staates beschrieben wird.

Holger Kuhr
"Geist, Volkstum und Heimatrecht"
50 Jahre "Charta der deutschen Heimatvertriebenen" und die eth(n)isch orientierte deutsche Außenpolitik

Hamburg: GNN-Verlag, 2000
10,- DM

Die "Charta der Heimatvertriebenen" gilt sie als ein positives zeitgeschichtliches Dokument, welches für die Zukunft entscheidene Impulse vermitteln soll. Wie der Autor darstellt, basiert die "Charta" auf völkischen Ideologemen der Vertriebenenverbände. Kuhr analysiert die zentralen politischen sowie ideologischen Kernaussagen der "Charta""Gewaltverzicht" die Forderung nach einem "Recht auf die Heimat"sowie die Europakonzeption als "wahrhaft übernationale politische Ordnung". Der gemeinsame Nenner von Vertriebenenverbänden und deutscher Außenpolitik ist die Verbindung moralisch-ethischer mit ethnischen Elementen, schreibt der Autor.

Manfred Max Wambach
Verbändestaat und Parteienoligopol
Macht und Ohnmacht der Vertriebenenverbände

Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1971
ISBN 3-432-01669-7
29,- DM

Seit ihrer Gründung werden die Vertriebenenverbände von Regierungsseite (besonders vom Bundesinnenministerium) finanziert und unterstützt. Zum Teil besteht zwischen regierungsoffiziellen Stellen und den Führungsgremien der "Landsmannschaften" sogar Personalidentität. Der Autor weist nach, dass die Vertriebenenverbände bis Anfang der 1970er Jahre erheblichen Einfluss auf die Entwicklungen der deutschen Außenpolitik hatten und als eine zentrale Schaltstelle deutscher Volkstumspolitik fungierten.

Walter von Goldendach / Hans-Rüdiger Minow
"Deutschtum erwache!"
Aus dem Innenleben des staatlichen Pangermanismus

Berlin: Dietz Verlag, 1994
ISBN 3-320-01863-9
54,- DM

Wie bereits nach dem Ersten Weltkrieg beginnt die Sammlung der überlebenden "Volkstums"- Aktivisten noch in den Tagen der Niederlage. Bereits 1947 beschließt ein innerer Kern ehemaliger Staatsbeamter die Rekonstruktion der "Volkstums"-Arbeit unter veränderten Bedingungen. 1952 beschäftigt sich das Auswärtige Amt mit der Wiederbelebung des "Vereins für das Deutschtum im Ausland" (VDA). Deutsche Nationalisten, ehemalige nationalsozialistische "Volkstums"-Theoretiker und Antisemiten gründen den VDA 1956 neu. Eine überparteiliche Koalition sämtlicher Parlamentsfraktionen sichert die teilweise subversive, geheimdienstlich genutzte Einflussarbeit des VDA in aller Welt, schreiben die Autoren.

Mathias Beer
Im Spannungsfeld von Politik und Zeitgeschichte
Das Großforschungsprojekt "Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa"

In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jg. 46 (1998)

In dem Großforschungsprojekt widmeten sich Volkstumsforscher, völkische Interessenverbände und regierungsoffizielle Stellen der Bundesrepublik gemeinsam dem Kampf gegen das "Unrecht von Potsdam", um vor einem moralisch abgesicherten Hintergrund die Umsetzung eines deutschen "Rechtes auf die Heimat" - also auf das Territorium osteuropäischer Nationalstaaten - durchsetzen zu können.

Samuel Salzborn
Grenzenlose Heimat
Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Vertriebenenverbände

Berlin: Elefanten Press Verlag, 2000
ISBN 3-88520-770-2
34,90 DM

Nachdem die Vertriebenenverbände zunächst um Aufnahme und Integration der Flüchtlinge und Umsiedler bestrebt waren, begannen sie seit Mitte der 1950er Jahre verstärkt mit dem Kampf um das "Recht auf die Heimat". Wie der Autor darstellt, entwickelten diese Organisationen seit Ende der 1960er Jahre ein völkisches Europakonzept, das durch die Einbindung der europäischen Nachbarn die eigenen nationalistischen Ziele durch setzen soll. Seither fungiert die Forderung nach Volksgruppen- und Minderheitenrechten als Vehikel für die Volkstumspolitik der Vertriebenenverbände in Osteuropa.

Otto Kimminich
Das Recht auf die Heimat

Bonn: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, 1989 (3. neubearbeitete und erweiterte Auflage)
ISBN 3-88557-066-1
19,80 DM

Kimminichs Buch gilt als das Standardwerk zum Thema "Heimatrecht". Kimminich ist in seiner Untersuchung bemüht, aus dem irrationalen und emotionalen deutschen Begriff der "Heimat" einen wissenschaftlich nachvollziehbaren interdisziplinären Begriff zu konstruieren. Der Autor versucht, den Begriff "Heimat" aus der völkischen Tradition zu lösen und ihm einen seriösen, modernen Anstrich zu geben.. Auf dieser Grundlage soll ein neues deutsches "Recht auf die Heimat" entstehen.

Walter v. Goldendach / Hans-Rüdiger Minow
Von Krieg zu Krieg
Die deutsche Außenpolitik und die ethnische Parzellierung Europas

Berlin: Verlag 8. Mai, 1996 (Erste Auflage)
ISBN 3-931745-02-3
München: Das Freie Buch, 1999
ISBN 3-922431-71-2

Mehrere der hier abgedruckten Dokumente legen nahe, daß die Wiederbelebung der deutschen "Volkstums"- und Minderheiten-Aktivitäten maßgeblich von ehemaligen Nationalsozialisten und Antisemiten im "Bund deutscher Nordschleswiger" (BdN) und in der "Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen" (FUEV) getragen wurde. Die Autoren stellen dar, dass beide Organisationen in unmittelbaren Beziehungen zum Auswärtigen Amt stehen und von der Bundesrepublik Deutschland finanziert werden. In den 1970iger Jahren kommt es zu zahlreichen weiteren (offenen und verdeckten) Organisationsgründungen des westdeutschen Staates. Den entsprechenden Organisationen ist gemeinsam, dass sie rassistische "Volkstums"- und Minderheiten-Ansprüche auf ganz Europa ausweiten.

Heinz Kloss
Grundfragen der Ethnopolitik im 20. Jahrhundert

Wien: Wilhelm Braumüller Verlag, 1969
ISBN 3-7003-0384-X
66,- DM

In einer "staatenkundliche Bestandsaufnahme" versucht der Autor, ethnische/völkische Differenzen zwischen den Menschen zu belegen. Indem Kloss die Durchsetzung von "höheren Formen des Minderheitenrechts" - eines europäischen Volksgruppenrechts - verlangt, wird den europäischen Nationalstaaten eine ethnische Neuordnung zugemutet, die zu ihrer Zerstückelung führen würde. Zu den entsprechenden Methoden gehören Forderungen nach "Autonomie", "regionaler Selbstverwaltung" und "Anerkennung der Sprache als landes- oder als regionale Amtssprache". Ein verwandtes Konzept der kulturellen Segregation hat derselbe Autor bereits in der NS-Zeit propagiert, um die nationalstaatliche Ordnung in Europa auszuhebeln.

Friedrich Klein / Heinz Kloss / Boris Meissner / Fritz Münch / Reinhold Rehs / Theodor Veiter (Hg.)
System eines internationalen Volksgruppenrechts
1. Teil: Grundlagen und Begriffe

Wien/Stuttgart: Wilhelm Braumüller Verlag, 1970
43,- DM

2. Teil: Innerstaatliche, regionale und universelle Struktur eines Volksgruppenrechts

Wien/Stuttgart: Wilhelm Braumüller Verlag, 1972
63,- DM

3. Teil: Sonderprobleme des Schutzes von Volksgruppen und Sprachminderheiten, 1978

Wien/Stuttgart: Wilhelm Braumüller Verlag
103,- DM

Das von führenden Volksgruppentheoretikern erarbeitete dreibändige Werk machte sich die Lösung der "europäischen Volksgruppenprobleme" zur Aufgabe: "Für die Volksgruppen bedeutet die Staatsmacht eine stete Bedrohung. (...) Aus diesem Grunde wird es sich stets als notwendig herausstellen, der Staatsmacht Grenzen zu setzen und die Einzelnen und die Volksgruppen vor dem Staat, aber auch vor den gesellschaftlichen Großgruppen im Staat zu schützen." Altnazis, Vertreter der Vertriebenenverbände und anderer außenpolitischer Vorfeldorganisationen wie der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen (FUEV) machten sich deshalb daran, eine völkische Geschichts- und Gesellschaftsinterpretation herauszuarbeiten und stellten dabei eines in den Mittelpunkt: nicht der Schutz des Einzelnen sei das Ziel, sondern kollektive Rechte für völkisch konstruierte Gruppen seien zu erstreben: "Die Entfaltungsrechte, die der Staat zu gewährleisten hat, bestehen in der Pflege und Entwicklung der volkseigenen Sprache und Kultur, der Gebräuche und Sitten der Volksgruppe, der im Geiste der Volksgruppe geführten entsprechenden Schulen, der Förderung des eigenen Presse- und Verlagswesens, der Eigengestaltung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen, vor allem aber der Förderung der wirtschaftlichen Unternehmungen einschließlich der Beteiligung an staatlichen Förderungsmitteln."

Handbuch der europäischen Volksgruppen
Im Auftrage der Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen unter ihrem Generalsekretär Povl Skadegard bearbeitet von Manfred Straka

Wien/Stuttgart: Wilhelm Braumüller Verlag: 1972
76,- DM

In dem von der "Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen" (FUEV) herausgegebenen Handbuch werden vermeintliche und reale Konfliktpotenziale in Europa beschrieben. Völkisch bestimmte Gruppen - die so genannten Volksgruppen - werden in Widerspruch zu den europäischen Nationalstaaten gebracht. Beispielsweise heißt es über Franzosen im Elsass in dem Handbuch, sie gehörten zu einer "völkischen Minderheit", deren Herkunft auf "germanische Stämme" des fünften Jahrhunderts zurück gehe. Später sei "von innerfranzösischen Leuten" die "Assimilation" einer "an sich deutschen Provinz" betrieben worden. Bei anderen so genannten Volksgruppen wird deren "Menschentyp" über ihre "Blutgruppen" bestimmt und somit die Volksgruppenideologie rassistisch aufgeladen und zugespitzt. Die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen ist eine der maßgeblichen außenpolitischen Vorfeldorganisationen Deutschlands.

Junge Europäische Föderalisten (Hg.)
Mobilmachung
Die Habsburger Front

Bonn/Berlin 1979
9,80 DM

Mitte der 1970er Jahr wurde die erzkonservative, katholische und antikommunistische "Paneuropa-Union" (PEU) durch die Vertriebenenverbände reorganisiert. Unter ihrem Präsidenten Otto von Habsburg wirbt die PEU für ein paneuropäisches Konzeptes, in dem sich die bekannte deutsche "Volksgruppen"-Ordnung wiederfindet: Nicht mehr die Staaten sollen Träger der Politik sein, sondern ethnische Gruppierungen. Durch den für die PEU zentralen Katholizismus bindet die Organisation auch Aktivisten anderer Staaten an sich.

Theodor Veiter
Nationalitätenkonflikt und Volksgruppenrecht im ausgehenden 20. Jahrhundert
(Hrg. von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit)

München: Wilhelm Braumüller Verlag: 1984 (2. erw. Aufl.)
ISBN 3-7003-0540-0
29,- DM

Theodor Veiter, einer der bedeutendsten Vordenker des Volksgruppen-Rassismus, definiert Volksgruppe als eine "Gemeinschaft", die sich als "ethnische Schicksalsgruppe" gegenüber einer "andersethnischen Mehrheit" behaupten müsse, wenn sie "nicht eingeengt werden oder untergehen will". Die völkische Segmentierung wird als "Friedenssicherung" dargestellt: "Mit der Errichtung einer gewissen Selbstverwaltung und Autonomie zugunsten der heute so oft mit ihren Wohnsitzstaaten und deren Nachbarn in Streit verfangenen ethnischen Gemeinschaften kann ein sehr großer Teil der friedensbedrohenden Erscheinungen aus der Welt geschafft werden."

"Die Teilung Deutschlands und Europas überwinden!"
Gemeinsame Erklärung von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und der Paneuropa-Union nach ihrem Gespräch am 24. November 1986 im Bundeskanzleramt

in: Paneuropa Deutschland 3/1992, S. 27

Am 24. November 1986 verabschiedeten führende Repräsentanten der Paneuropa-Union und der damalige Bundeskanzler Kohl eine"gemeinsame Erklärung". Darin wird verlangt, "auf die Verwirklichung der Menschenrechte, des Volksgruppenrechtes und des Rechtes auf die angestammte Heimat in ganz Europa hinzuwirken". Sowohl die "Volksgruppenrechte" als auch das "Recht auf Heimat" sind Bestandteile des Arsenals großdeutscher Expansionspolitik.

1989-2002

Die osteuropäische Transformation 1989/90 hat der deutschen Außenpolitik neue Perspektiven eröffnet. Nachdem sie mehr als vier Jahrzehnte außerstande war, ihre nationalistischen Ziele in Osteuropa direkt zu realisieren, kann sie seither wieder auf die deutschsprachigen Minderheiten in Osteuropa zugreifen zu können. Dabei dient das "Recht auf Selbstbestimmung" als Katalysator für Separatismus und territoriale Desintegration. Wie bereits nach dem Ersten Weltkrieges stellt die deutsche Außenpolitik formal unabhängige Mittlerorganisationen in ihren Dienst. Erneut werden europäisch getarnte Einrichtungen zum Einsatz gebracht, die die deutschen Interessen nur notdürftig zu kaschieren in der Lage sind. Der Einsatz für angebliche Menschenrechte in anderen Staaten wird benutzt, um dem Ziel einer kontinentalen Hegemonie Deutschlands näher zu kommen. Die völkerrechtliche Legitimierung deutscher Interessen soll mittels eines europäisch garantierten Minderheiten- und Volksgruppenrechts erreicht werden.

Walter von Goldendach / Hans-Rüdiger Minow
"Deutschtum erwache!"
Aus dem Innenleben des staatlichen Pangermanismus

Berlin: Dietz Verlag, 1994
ISBN 3-320-01863-9
54,- DM

Darstellung gesteigerter und staatlich finanzierter "Volkstums"-Aktivitäten Ende der 1980iger Jahre. Der "Verein für das Deutschtum im Ausland" (VDA) sucht insbesondere Kontakte zu der deutschsprachigen Minderheit in der noch existierenden UdSSR und versucht erfolgreich, sie im Sinne der deutschen Außenpolitik zu mobilisieren.

Walter v. Goldendach / Hans-Rüdiger Minow
Von Krieg zu Krieg
Die deutsche Außenpolitik und die ethnische Parzellierung Europas

Berlin: Verlag 8. Mai, 1996 (Erste Auflage)
ISBN 3-931745-02-3
München: Das Freie Buch, 1999
ISBN 3-922431-71-2

Am Beispiel der Aktivitäten des Auswärtigen Amtes und des deutschen Innenministeriums stellen die Autoren dar, wie die "Volkstums"- und Minderheiten-Arbeit nach 1989 intensiviert wird. Deutschland geht dazu über, sich mit dem deutschen "Volkstum" auch die Minderheiten in sämtlichen Staaten Europas zu unterstellen und gründet das "Europäische Zentrum für Minderheitenfragen" (EZM).

Samuel Salzborn
Grenzenlose Heimat
Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Vertriebenenverbände

Berlin: Elefanten Press Verlag, 2000
ISBN 3-88520-770-2
34,90 DM

Zunächst unterstützt und finanziert von der konservativ-liberalen Bundesregierung, dann von der rot-grünen Regierung, arbeiten die Vertriebenenverbände in den 1990er Jahren an der völkischen Parzellierung der osteuropäischen Nationalstaaten, schreibt der Autor.

Samuel Salzborn
Projektionsfläche Kosovo
Anmerkungen zu Flucht, "Vertreibung" und deutschen Interessen

In: Minow, Hans-Rüdiger / Eggerdinger, Stefan (Hg.)
Der Terror des Krieges. Der Überfall auf Jugoslawien und die Eroberung Südosteuropas München: Verlag zur Förderung der wissenschaftlichen Weltanschauung, 2000, S. 93 bis 106
ISBN 3-00-005809-5

Während des Krieges gegen Jugoslawien behaupteten Vertriebenenverbände und Bundesregierung, den Kosovo-Albanern stehe ein "Recht auf die Heimat" zu, welches nationalstaatliche Grenzziehungen überlagere und völkerrechtlich verbindlich zu verankern sei. Durch Gleichsetzung mit den deutschen Vertriebenen wurde suggeriert, daß die im Potsdamer Abkommen festgelegte Umsiedlung der Deutschen Unrecht gewesen sei.

Georg Brunner
Nationality problems and minority conflicts in Eastern Europe
Strategies for Europe

Gütersloh: Bertelsmann Foundation Publ., 1996

Georg Brunner
Nationalitätenprobleme und Minderheitenkonflikte in Osteuropa
Strategien für Europa

Gütersloh: Verlag Bertelsmann Stiftung, 1996 (aktualisierte und überarbeitete Auflage)
ISBN 3-89204-800-2
25,- DM

Der Direktor des Kölner Instituts für "Ostrecht", Georg Brunner, ist Mitherausgeber der Zeitschrift "Ethnos - Nation". Seine Tätigkeit im Vertriebenen-Milieu führte ihn an die Seite des Antisemiten Theodor Veiter. Die vorliegende Publikation ist eine Auftragsarbeit für die Stiftung des weltweit zweitgrößten Medienkonzerns (Bertelsmann). Brunner tritt für eine territoriale Neuordnung zahlreicher Staaten Ost- und Südosteuropas ein und begründet diese Forderung mit angeblich ethnischen Konflikte zwischen "Volksgruppen""Die nationalstaatliche Erneuerung schafft zwangsläufig außen- wie innenpolitische Konflikte, in denen Autonomie-, Unabhängigkeits- oder Anschlussbestrebungen von Volksgruppen eine zentrale Rolle spielen." Grenzrevisionen sind laut Brunner u.a. in Jugoslawien, Rumänien, Ungarn, der Ukraine, der Russischen Föderation, Lettland, Estland, Armenien, Aserbaidschan sowie im Kaukasus denkbar. Die Studie wurde in der Mitte der 1990er Jahre für die Teilungsplanungen des deutschen Auswärtigen Amtes herangezogen.

Gudrun Hentges
Minderheiten- und Volksgruppenpolitik in Österreich
In: Butterwegge, Christoph / Hentges, Gudrun (Hg.) Zuwanderung im Zeichen der Globalisierung. Migrations-, Integrations- und Minderheitenpolitik

Opladen: Leske + Budrich, 2000, S. 152-178.
ISBN 3-8100-2603-4
39,- DM

Die Autorin zeichnet zunächst die historischen Traditionslinien der Volksgruppenpolitik nach, die in einem spezifisch deutschen Verständnis des Volkes als Abstammungsgemeinschaft wurzelt. Wurden in der völkischen Ideologie der 18. und 19. Jahrhunderts die ideologischen Grundlagen gelegt, so erlebte die Beschäftigung mit dem Grenz- und Auslandsdeutschtum in der Weimarer Republik eine enorme politische Konjunktur. Organisationen wie der "Europäische Nationalitätenkongress" oder Zeitschriften wie "Nation und Staat - Deutsche Zeitschrift für das europäische Minoritätenproblem" (heute: "Europa Ethnica") dienten der Destabilisierung und Grenzrevision, die minderheitenpolitischen Forderungen zielten auf die innere Aushöhlung der Nachbarstaaten. Am Beispiel Österreichs wird dann nachgewiesen, wie sich der nach 1945 diskreditierte Begriff der "Volksgruppe" ab Mitte der 70er-Jahre wieder zunehmend durchsetzte. Kollektiv-rechtliche Elemente hielten Einzug in die gesetzlichen Minderheitenschutz-Bestimmungen und wurden schließlich im Juli 2000 in den Verfassungsrang gehoben.