• Flüchtlingsabwehr und grüner Wasserstoff

    Außenministerin Baerbock stärkt bei Besuch in Rabat die Kooperation mit Marokko. Berlin wünscht „grünen“ Wasserstoff aus der Wüste und loyale Flüchtlingsabwehr in Nordafrika.

    RABAT/BERLIN (Eigener Bericht) – Deutschland baut seine zuletzt kriselnde Kooperation mit Marokko aus und hat dabei neben der Flüchtlingsabwehr vor allem den Erwerb „grünen“ Wasserstoffs im Visier. Dies ist das Ergebnis der Gespräche, die Außenministerin Annalena Baerbock gestern in der marokkanischen Hauptstadt Rabat führte. Demnach unterstützt Berlin in Marokko die Herstellung grünen Wasserstoffs aus Sonnen- und Windenergie, der anschließend exportiert werden soll – unter anderem nach Deutschland. Voraussetzung dafür, dass die bereits 2020 gestartete Kooperation wieder aufgenommen werden kann, waren Zugeständnisse Berlins bezüglich der Westsahara, einer ehemaligen spanischen Kolonie, auf die Marokko – gegen die Befreiungsbewegung Polisario – Anspruch erhebt. Um für seinen Anspruch stärkere Unterstützung zu erhalten, hatte Rabat im vergangenen Jahr die diplomatischen Beziehungen zu Berlin auf Eis gelegt. Berlin lässt nun Bereitschaft erkennen, seine bisherige, an der UNO orientierte Position zu ändern. Der deutschen Kooperation mit Rabat steht der Tod von mindestens 37 Flüchtlingen an der marokkanisch-spanischen Grenze am 24. Juni nicht im Weg. ex.klusiv

  • Nicht mehr alternativlos

    Marokko hat seine diplomatischen Beziehungen zu Deutschland eingefroren - im Kampf um die Westsahara. Möglich macht das seine schrumpfende Abhängigkeit von der EU.

    BERLIN/RABAT (Eigener Bericht) - Politische Spannungen zwischen Deutschland und Marokko gefährden ein wichtiges Vorhaben der deutschen Energiewende. Dabei handelt es sich um den Bau einer Anlage zur Herstellung "grünen" Wasserstoffs in Marokko, mit dem die Bundesrepublik versorgt werden soll. Gefährdet ist das großenteils aus Deutschland finanzierte Projekt, weil Rabat die diplomatischen Beziehungen zu Berlin eingefroren hat. Dies gilt als rüder Versuch, die Bundesregierung zur Anerkennung von Marokkos Ansprüchen auf die Westsahara zu veranlassen. Bei der Anerkennung dieser Ansprüche hat Rabat zuletzt Fortschritte gemacht - nicht zuletzt dank seiner aktiven Afrikapolitik. Der starke Ausbau seiner wirtschaftlichen Beziehungen zu vielen Ländern Afrikas südlich der Sahara trägt in Verbindung mit intensiveren Kontakten zu China dazu bei, Marokko eine größere Eigenständigkeit zu verschaffen - und damit auch größere politische Spielräume in Auseinandersetzungen mit der Bundesrepublik. Deren gewohnter Einfluss im Maghreb ist auch in Tunesien bedroht: Die Zusammenarbeit mit Berlin und der EU ist nicht mehr alternativlos. ex.klusiv

  • Flüchtlinge als Spielball

    Berlin und Brüssel dringen auf verstärkte Migrationsabwehr in Kooperation mit Marokko. Das Land ist für brutales Vorgehen gegen Flüchtlinge berüchtigt.

    BERLIN/MADRID/RABAT (Eigener Bericht) - Nach dem vorläufigen Ende der Massenflucht aus Marokko in die spanische Exklave Ceuta dringen Berlin und die EU auf intensivere Kooperation mit Rabat bei der Flüchtlingsabwehr. Marokko müsse "weiter unterstützt werden", erklärt eine Sprecherin der Bundesregierung. Margaritis Schinas, Vizepräsident der EU-Kommission, fordert eine rasche Umsetzung des im Herbst vorgelegten EU-"Migrationspakts". Marokko hatte zu Wochenbeginn für zwei Tage seine Kontrollen an der Grenze zu Ceuta faktisch eingestellt und so die Abhängigkeit der EU von seinen Handlangerdiensten bei der Flüchtlingsabwehr offengelegt - um den Druck auf Brüssel zu erhöhen. Modell waren entsprechende Aktivitäten der Türkei Anfang 2020. Rabat verlangt Rückendeckung für seine Position im Westsahara-Konflikt und mutmaßlich auch mehr Geld. Die Tatsache, dass die EU alles daran setzt, die Einwanderung unerwünschter Migranten zu vermeiden, macht einmal mehr Flüchtlinge zum Spielball machtpolitischer Rangeleien. Menschenrechtsorganisationen und Kirchen protestieren. ex.klusiv

  • Grenzland

    KAIRO/TRIPOLIS/BERLIN Mit Unterstützung für die Grenzsicherung Ägyptens, für den Aufbau einer Küstenwache in Libyen und für weitere Abschottungsmaßnahmen treiben Berlin und die EU die Installation eines hochmilitarisierten Grenzregimes zur Flüchtlingsabwehr in sämtlichen Küstenstaaten Nordafrikas voran. Am Montag hat die EU sich von einem libyschen "Regierungschef", dem die maßgeblichen Kräfte im Land die Anerkennung verweigern, um Hilfe beim Aufbau einer Küstenwache bitten lassen. Ziel ist es, das Ablegen von Flüchtlingen nach Europa zu verhindern. Schon am Vortag hatte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Ägypten Unterstützung bei der Abschottung der Grenze zu Libyen zugesagt. Der Bau einer Sperranlage an der tunesisch-libyschen Grenze ist von Beamten der Bundespolizei mit Aktivitäten im tunesischen Innenministerium begleitet worden. Algerien wiederum sichert seine Grenzen mit Elektronik aus deutscher Produktion. In Marokko hat Wirtschaftsminister Gabriel gestern Gespräche beendet, die ebenfalls die Flüchtlingsabwehr zum Thema hatten. Die Militarisierung der nordafrikanischen Grenzen soll es ermöglichen, die Flüchtlingsabwehr vorzuverlagern, um den EU-Binnenmarkt grenzkontrollfrei und damit auf globaler Ebene durchsetzungsfähig zu halten. ex.klusiv

  • BERLIN/RABAT (Eigener Bericht) - Das deutsche Ökostrom-Milliardenprojekt "Desertec" steuert auf seine erste große Krise zu. Drei Jahre nach seiner Gründung kann das Konsortium "Dii GmbH" ("Desertec Industrial Initiative") mit Sitz in München immer noch keine größeren Erfolge vorweisen. Der Siemens-Konzern, einer der führenden industriellen Träger des Vorhabens, verlässt zum Jahresende den Firmenverbund; trotz intensiver Unterstützung durch das Auswärtige Amt, das am gestrigen Mittwoch in seinen Räumlichkeiten eine Desertec-Konferenz eröffnet hat, verweigert die Regierung des krisengeschüttelten Spanien einem wichtigen Dii-Pilotprojekt ihre Zustimmung. Bei diesem handelt es sich um ein Solarkraftwerk in Marokko, das schon in wenigen Jahren Strom für Europa gewinnen soll und Teil der von Berlin geförderten Pläne ist, Nordafrika zum Ökostrom-Lieferanten für die kerneuropäischen Wohlstandszentren umzugestalten. Dem stockenden Desertec-Projekt bietet jetzt ein chinesisches Unternehmen seine Mitarbeit an. Berlin reagiert mit Skepsis: Käme es zum Einstieg der Firma, könnten Gewinne sowie Folgeaufträge nach Asien abfließen, was wiederum die deutschen Profite schmälern würde. ex.klusiv

  • RABAT/BERLIN (Eigener Bericht) - Ungeachtet ihrer Solidaritätsbekundungen für die Demokratiebewegung in Ägypten und Tunesien setzt die Bundesregierung ihre Unterstützung für das autoritäre Regime in Marokko fort. Erst vor wenigen Tagen hat Berlin eine deutsch-marokkanische Wirtschaftskommission eingerichtet und eine gemeinsame Kooperationserklärung des deutschen Umwelt- und des marokkanischen Energieministeriums auf den Weg gebracht. In erster Linie geht es darum, dem milliardenschweren Desertec-Projekt, mit dem deutsche Energiekonzerne in der Sahara Strom für Europa erzeugen wollen, den notwendigen politischen Rahmen zu verleihen. Das Vorhaben soll nicht nur hohe Beträge in deutsche Firmenkassen spülen, es ist zudem geeignet, den deutschen Rückstand gegenüber dem französischen Wirtschaftseinfluss in Rabat zu verringern. Außenminister Westerwelle nennt die Beziehungen zwischen Deutschland und Marokko "exzellent". Das nordafrikanische Land, in deutschen Wirtschaftskreisen für seine "Stabilität" gelobt, ist für schwere Menschenrechtsverbrechen bekannt; in Rabat wurde vor Jahren ein deutscher Staatsbürger in Folterhaft verschleppt. Am vergangenen Wochenende kam es auch in Marokko zu ersten Massendemonstrationen. ex.klusiv

  • KAIRO/NOUAKCHOTT/TRIPOLIS/BERLIN (Eigener Bericht) - Die Rebellion der ägyptischen Bevölkerung gegen das Regime unter Präsident Mubarak hält an. Gemeinsam mit den westlichen Finanziers der jahrzehntelangen Diktatur sucht Berlin seine Zuarbeit für die autoritären Eliten von Ägypten über Libyen bis nach Mauretanien vergessen zu machen und mahnt demokratische Rechte an. Zahlreiche der technischen Repressionsmittel, wie sie bereits in Tunesien eingesetzt worden waren, stammen aus der Bundesrepublik. Der deutsche Rüstungsexport nach Ägypten und in andere nordafrikanische Staaten hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen und erreichte 2009 einen Gesamtbetrag von 175 Millionen Euro, darunter eine Lieferung von Maschinenpistolen an Ägypten. Der ägyptische Geheimdienst, dessen zügellose Brutalität berüchtigt ist, erfreut sich enger Zusammenarbeit mit deutschen Partnerdiensten. In mindestens einem Fall wurde ein Gefangener der CIA von einem deutschen Flughafen nach Kairo geflogen, um Geständnisse zu erpressen, die unter rechtsstaatlichen Verhältnissen nicht zu erreichen waren. Die deutsche Finanzierung der Repression gilt auch den anschwellenden Armutsbewegungen, deren Zugang zu den EU-Staaten verstellt werden soll, während sich deutsche Unternehmen in Ägypten, Tunesien oder Marokko billiger Arbeitskräfte bedienen. ex.klusiv

  • GÜTERSLOH/ABU DHABI/RABAT (Eigener Bericht) - Die Bertelsmann-Stiftung dringt auf eine engere Kooperation der EU mit den Ressourcenstaaten am Persischen Golf. Die EU müsse "endlich die Chancen" erkennen, die sich durch die Zusammenarbeit mit den Ländern des "Gulf Cooperation Council" (GCC), aber auch mit der neu entstehenden Mittelschicht in weiteren arabischen Staaten ergäben, heißt es in einer aktuellen Analyse der Organisation, die als einflussreichster privater Thinktank Deutschlands gilt. Wie die Stiftung schreibt, seien vor allem die GCC-Länder nicht nur als Energielieferanten und als Absatzmärkte von Bedeutung. Seit die dort herrschenden Clans ihre Anlagestrategien angepasst hätten, kämen sie auch als Kapitalgeber in Betracht, zumal sie sich bei Konzernen, an denen sie Anteile hielten, nicht in die Firmenpolitik einmischten. Beachtet werden müsse zudem die neue aufstrebende Mittelschicht in einigen arabischen Ländern wie zum Beispiel Marokko, die stark genug sei, sich in absehbarer Zeit auch politischen Einfluss zu erkämpfen; man tue gut daran, schon jetzt mit ihr zu kooperieren, rät die Bertelsmann-Stiftung. Die Organisation ist seit Jahren mit der deutsch-europäischen Politik gegenüber den arabischen Ländern befasst und führt regelmäßig Konferenzen mit hochrangigem Personal durch, darunter mehrere deutsche Außenminister. ex.klusiv

  • RABAT/NOUADHIBOU/BERLIN (Eigener Bericht) - Neue Opferstatistiken für das Jahr 2008 demonstrieren das anhaltend katastrophale Ausmaß des Flüchtlingssterbens vor den südeuropäischen Küsten. Jüngsten Angaben zufolge sind vergangenes Jahr beim Versuch, übers Meer in die EU einzureisen, allein vor dem spanischen Festland und den Kanarischen Inseln mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen. Auch von den Landgrenzen Nordafrikas zur EU an den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla werden neue Opfer gemeldet. In Melilla begann das Jahr 2009 mit Todesschüssen in der Neujahrsnacht. Die auf Drängen Berlins und mit deutscher Mitwirkung verschärfte Flüchtlingsabwehr der EU fordert nicht nur zahlreiche Todesopfer, sondern führt auch zu schweren gesellschaftlichen Verwerfungen in Transitländern. Wie amnesty international belegt, kommt es etwa in Mauretanien immer öfter nicht nur zu völkerrechtswidrigen Deportationen, sondern auch zur gesetzwidrigen Abschiebung dauerhaft ansässiger Migranten - unter dem Druck Spaniens und der EU. amnesty erhebt schwere Vorwürfe gegen die deutsch-europäische Flüchtlingsabwehr. ex.klusiv

  • BERLIN/RABAT/HEILIGENDAMM (Eigener Bericht) - Bereits vor dem gerade begonnenen G8-Gipfel sind zentrale Ziele des Treffens der großen Industrieländer aufgegeben worden. Neue, ernst gemeinte Finanzhilfen für die afrikanischen Armutsstaaten sind nicht zu erwarten, verlautet aus Delegationskreisen. Auf dem Gebiet des Klimaschutzes wird keines der angestrebten Ziele erreicht. Gegen die seit Tagen in Heiligendamm ausharrenden Demonstranten, die das Scheitern selbst minimaler Verbesserungen befürchtet hatten, ging die Polizei zum wiederholten Male mit Schlagstöcken und Wasserwerfern vor. Journalisten wurden von Soldaten auf Kriegsschiffen zum Tagungsort verbracht. Während die Bundesregierung die Proteste gegen die Unverbindlichkeiten des G8-Gipfels mit Gewaltexzessen bekämpft, treibt sie gewinnträchtige Umweltexporte voran. Berliner Erfolge werden aus Nordafrika vermeldet. Deutsche Öko-Technologien können aufgrund eines neuen marokkanischen Gesetzes ab Juli bevorzugt in das nordafrikanische Land ausgeführt werden. ex.klusiv