• NATO oder Neutralität (II)

    Teile der politischen Eliten in den letzten neutral verbliebenen Staaten Europas nutzen den Ukraine-Krieg zur weiteren Aushöhlung oder Abschaffung der Neutralität.

    WIEN/DUBLIN/BERN/VALLETTA (Eigener Bericht) – Teile der politischen Eliten in den letzten neutral verbliebenen Staaten Europas nutzen den Ukraine-Krieg, um die Neutralität ihrer Länder in Frage zu stellen. Die Schweiz bereitet eine engere Zusammenarbeit mit dem westlichen Militärpakt vor; ihr Präsident spricht von einer „kooperativen Neutralität“. Auch in Österreich werden Forderungen nach einer „Debatte ohne Scheuklappen“ über die Frage laut, ob das Land an seiner offiziellen militärischen Neutralität festhalten soll. Faktisch ist diese freilich längst genauso ausgehöhlt wie diejenige der Schweiz. Letzteres trifft auch auf Irland zu, wo sich laut Umfragen inzwischen 48 Prozent der Bevölkerung einen NATO-Beitritt vorstellen können. Der ehemalige Ministerpräsident Leo Varadkar plädiert für ein Referendum über eine irische Beteiligung an einer künftigen EU-Armee, die wiederum eng mit der NATO kooperieren soll. Auch auf Malta wird die Neutralität in wachsendem Maß kritisiert. In Dänemark wiederum hat ein Referendum in der vergangenen Woche dem bisherigen opt-out des Landes aus der EU-Militärpolitik ein Ende gesetzt. ex.klusiv

  • (Anthony Coughlan)

    DUBLIN Zur Krise in Irland befragte german-foreign-policy.com Anthony Coughlan, Professor Emeritus für Sozialpolitik an der Dublin University (Trinity College Dublin), Direktor des National Platform EU Research and Information Centre, Autor und Kommentator zu EU-Themen. ex.klusiv

  • DUBLIN/BERLIN (Eigener Bericht) - In Irland zeichnen sich Widersprüche gegen die Ausweitung der deutsch-europäischen Militärpolitik ab. Die EU-Operationen in Afrika, die laut Ankündigungen aus Berlin in Zukunft verstärkt werden sollen, dienten vor allem dem Schutz der Interessen ehemaliger Kolonialmächte, hieß es letzte Woche im irischen Parlament. Daran dürften irische Truppen sich nicht beteiligen, verlangen Oppositionspolitiker. Hintergrund ist nicht zuletzt die tief verwurzelte militärische Neutralität des Landes, die bis heute überwältigende Zustimmung in der Bevölkerung genießt. Laut einer Umfrage wird sie von fast 80 Prozent der Iren befürwortet. Kritik an Berlin und Brüssel wird in der Bevölkerung Irlands weiterhin auch wegen der EU-Krisenpolitik laut, zumal die Austeritätsdiktate nach dem Abzug der Troika fortgeführt werden. Die soziale Lage verschlechtert sich weiter; unter dem Druck der Krise hat das Land die höchste Emigrationsrate in ganz Europa erreicht. Die Menschen in Irland "begreifen sehr gut", dass aus der EU-Krisenpolitik vor allem deutsche Banken Nutzen zögen, bestätigt Anthony Coughlan, Professor Emeritus am Dubliner Trinity College und Direktor des National Platform EU Research and Information Centre, im Gespräch mit german-foreign-policy.com. ex.klusiv

  • DUBLIN/BERLIN (Eigener Bericht) - In Irland werden heftige Proteste gegen die von Berlin erzwungene Annahme sogenannter Finanzhilfen laut. Die EU-"Unterstützung" führe zur Preisgabe der irischen Souveränität in Haushaltsfragen, nütze vor allem deutschen Banken und sei mit harten Kürzungen der Sozialleistungen für Benachteiligte verbunden, heißt es in einer führenden irischen Tageszeitung. Die faktische Übernahme der Macht in Dublin durch EU-Behörden wolle man nicht hinnehmen. Die irischen Proteste folgen schweren Unmutsbekundungen im EU-Establishment, die sich an deutschen Forderungen für die künftige Regelung von Staatsinsolvenzen entzünden. Diese werden für die Eskalation der irischen Krise verantwortlich gemacht. Man höre in diesem Kontext Äußerungen über die Berliner Regierung, die "nicht druckfähig" seien, berichtet der Direktor eines prominenten Thinktanks aus Brüssel. Dass nicht Irland, sondern vielmehr deutsche Kreditinstitute die Hauptprofiteure der "Finanzhilfen" sind, wird auch in deutschen Medien völlig unumwunden zugegeben. Dort heißt es: "Rettungsschirm - für deutsche Banken". ex.klusiv

  • No means Yes

    DUBLIN/BERLIN (Eigener Bericht) - Unter starkem Druck aus Brüssel und Berlin wiederholt die Bevölkerung Irlands an diesem Freitag ihre Abstimmung über den Vertrag von Lissabon. Wenige Tage vor dem Referendum hat Bundespräsident Köhler den Vertrag unterzeichnet und damit die deutsche Ratifikation abgeschlossen; dies sei ein "Signal" an die Iren, ihr "Nein" vom Juni 2008 zurückzuziehen und nun mit "Ja" zu stimmen, heißt es in der deutschen Hauptstadt. Dort herrscht vorsichtiger Optimismus. Dublin hat unter Druck vom europäischen Festland eine intensive PR-Kampagne lanciert, die exakt auf die Gegner des Elitenprojektes ausgerichtet ist und insbesondere städtische Unterschichten sowie ländliche Milieus umstimmen soll. Das Referendum kann damit als Gradmesser für die Fähigkeit der EU-Eliten gelten, demokratischen Widerstand gegen ihr Herrschaftsprojekt mit simpler PR-Tätigkeit auszuschalten. Gefahr drohe bei einem irischen "Ja" allenfalls noch aus Großbritannien, heißt es in Berlin: Dort könne unter bestimmten Umständen die Bevölkerung ebenfalls nach ihrer Haltung zu dem Vertrag befragt werden. Deutsche Politikberater rechnen in diesem Fall mit einem sicheren "Nein". ex.klusiv

  • BERLIN/DUBLIN/PRAG (Eigener Bericht) - Berlin verstärkt seinen Druck auf die Gegner des Vertrags von Lissabon. Pressionen aus der Bundesrepublik vermeldet der Vatikan: Demnach sollen sich die Bischöfe Irlands auf Verlangen deutscher Politiker öffentlich für ein "Ja" bei der Wiederholung des irischen Referendums aussprechen und damit ein erneutes Scheitern verhindern. Die Modalitäten sowie den Zeitpunkt für die Referendums-Doublette wird die Dubliner Regierung nach Absprache mit der deutschen Kanzlerin beim EU-Gipfel in dieser Woche bekanntgeben. Ergänzend startet Berlin eine Kampagne gegen den Staatspräsidenten der Tschechischen Republik, Václav Klaus. Seine ablehnende Haltung gefährdet die Ratifizierung des Vertragswerks. Es ist in der Tschechischen Republik erst gültig, wenn der Präsident das Dokument gebilligt hat. Václav Klaus sei "Spiritus Rektor der Anti-Europäer" und "nicht ungefährlich", behauptet der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europaparlament, der Deutsche Martin Schulz. Schulz kündigt an, auch der am 1. Januar beginnenden tschechischen EU-Ratspräsidentschaft "die Grenzen" aufzeigen zu wollen. ex.klusiv

  • DUBLIN/BRÜSSEL/BERLIN (Eigener Bericht) - Vor dem EU-Gipfel Mitte nächster Woche droht ein deutscher Europapolitiker der irischen Regierung mit "unheilvollen Konsequenzen". Dublin müsse dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs unbedingt konkrete Vorschläge vorlegen, wie ein zweites Referendum über den "Vertrag von Lissabon" zu gewinnen sei, verlangt der einflussreiche CDU-Europaparlamentarier Elmar Brok. Wegen eines möglichen Regierungswechsels in London dränge die Zeit. In Brüssel sind mittlerweile Sanktionen gegen Dublin im Gespräch, sollte die Ratifizierung nicht bald gelingen; so heißt es, Irland müsse womöglich auf seinen EU-Kommissar verzichten. Zugleich haben hochrangige deutsche Abgeordnete im Europaparlament eine Kampagne gegen irische Vertragsgegner gestartet. Deren Agitation für das "No" sei möglicherweise von US-Militär- und Geheimdienstkreisen finanziert worden, behauptet der Präsident des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering (CDU). Eine "Verschwörung der Anti-Europäer" sei im Gange, heißt es in der deutschen Presse. Hintergrund ist das Bemühen der Vertragsgegner, zu den Europawahlen im kommenden Juni ein EU-weites euroskeptisches Bündnis zu schmieden. Die Euroskeptiker sollen als Einflussagenten der CIA stigmatisiert werden. ex.klusiv

  • BERLIN/DUBLIN (Eigener Bericht) - Ein deutscher Europapolitiker verlangt die Unterstellung sämtlicher EU-Regierungen unter eine einheitliche PR-Strategie. Es sei "ein Skandal", dass "der Ministerrat, und damit die Regierungen in der EU", ein "gemeinsames Kommunikationskonzept mit dem Parlament und der Kommission verweigert", erklärt der Europaabgeordnete Jo Leinen (SPD). Hintergrund sind Bemühungen, mit intensiver Propaganda auf die Bevölkerung Irlands einzuwirken, um in einem zweiten Referendum ein "Ja" zum Vertrag von Lissabon zu erhalten. Solche PR-Maßnahmen müssten in allen EU-Ländern durchgeführt werden, weil man überall mit Widerständen zu rechnen habe, fordert Leinen. Unterdessen kristallisiert sich in Dublin der Zeitplan für das weitere Vorgehen bei der Durchsetzung des Vertrags von Lissabon heraus. Demnach steht im kommenden Jahr die Wiederholung des Referendums bevor; Berlin drängt auf einen frühen Termin vor den Wahlen zum Europaparlament. Der Druck aus den kerneuropäischen Staaten, möglichst rasch eine zweite Abstimmung anzusetzen, führt zu schweren Verwerfungen in Irland. Die Bevölkerung lehnt die Revision ihres "Nein" vom Juni dieses Jahres mit überwiegender Mehrheit ab. ex.klusiv

  • Plan B

    BERLIN/DUBLIN (Eigener Bericht) - Mit einer systematisch aufgebauten Drohkulisse wollen Berliner Europapolitiker eine Wiederholung des irischen Referendums zum Vertrag von Lissabon erzwingen. Wie aus Interviews und Analysen nach dem "No" vom vergangenen Freitag hervorgeht, soll der Vertrag, um mehrere unbedeutende Zugeständnisse ergänzt, erneut zur Abstimmung gestellt und womöglich mit der Entscheidung über den Verbleib Irlands in der EU verbunden werden. Um der Dubliner Regierung die Durchsetzung eines zweiten Referendums zu ermöglichen, werden Pläne lanciert, denen zufolge der Vertrag von Lissabon auch ohne Irland in Kraft treten und das Land weitestgehend isolieren könnte. Ersatzweise bleibt der Aufbau eines deutsch-französischen "Kerneuropa" im Gespräch. Da die Umsetzung der Pläne nach Berliner Ansicht mit dem Ende jeglicher demokratischer Legitimation der EU verbunden wäre, sollen sie im ersten Schritt nur als Drohkulisse dienen; zugleich eröffnen sie für den Fall, dass die irische Bevölkerung sich nicht einschüchtern lässt, eine reale politische Option. Voraussetzung ist, dass sämtliche anderen EU-Staaten den Vertrag ratifizieren; dies verlangt die deutsche Bundesregierung. ex.klusiv

  • Irish Neutrality

    (Roger Cole)

    DUBLIN german-foreign-policy.com interviewed Roger Cole on Irish neutrality and the Lisbon Treaty referendum. Roger Cole is Chair of the Irish Peace and Neutrality Alliance (PANA, www.pana.ie). ex.klusiv