Liebe Leserinnen, liebe Leser, german-foreign-policy.com legt eine Sommerpause ein. Ab dem 15. August liefern wir wieder in gewohnter Regelmäßigkeit Nachrichten, Rezensionen und Interviews. Bitte greifen Sie bis dahin auf unser Archiv zurück. Die Redaktion ex.klusiv
MADRID/BERLIN (Eigener Bericht) - Deutschland hat das faschistische Regime des spanischen Generals Franco, dessen Putsch sich diese Woche zum achtzigsten Mal jährte, nicht nur vor, sondern auch nach 1945 systematisch unterstützt. Während Berlin den Franco-Truppen schon im Spanischen Bürgerkrieg unter die Arme griff und etwa mit der Bombardierung der Stadt Guernica sogar militärisch auf ihrer Seite intervenierte, nahm die Bundesrepublik bereits 1952 die diplomatischen Beziehungen zu Madrid wieder auf. Zu diesem Zeitpunkt wurden bereits bundesdeutsch-spanische Rüstungsgeschäfte abgewickelt, die ihren Ursprung in Abmachungen aus dem Zweiten Weltkrieg hatten. Die in den 1950er Jahren gestartete Westintegration Spaniens wurde von Bonn umfänglich gefördert; Plädoyers hochrangiger Politiker, die Kooperation mit Madrid auszuweiten, wurden lediglich aus Furcht vor Gegenmaßnahmen der Westalliierten abgelehnt. Ende der 1950er Jahre preschte die Bundesregierung sogar mit dem Plädoyer für die Aufnahme des faschistischen Spanien in die EWG voran, konnte sich damit allerdings nicht durchsetzen. Noch Mitte der 1950er Jahre lobte der damalige Bundesjustizminister Francos Putsch als Beitrag zum "Kampf gegen den Kommunismus". ex.klusiv
LONDON/BERLIN (Eigener Bericht) - Berlin und London setzen trotz des britischen Austritts aus der EU auf eine weiterhin enge ökonomische Kooperation. Dies erklärten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die britische Premierministerin Theresa May am gestrigen Mittwoch. Berlin trägt mit dieser Ankündigung Forderungen der deutschen Wirtschaft Rechnung, deren drittwichtigster Markt und zweitgrößter Investitionsstandort Großbritannien ist; einen "hässlichen Scheidungskrieg" dürfe man keinesfalls riskieren, heißt es in Wirtschaftskreisen. Allerdings behält Berlin spezielle Druckmittel gegen London in der Hand. Berliner Politiker befeuern den schottischen Separatismus; EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat Gespräche mit der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon aufgenommen, obwohl mindestens ein EU-Mitglied, Spanien, ausdrücklich erklärt hat, sein Veto gegen einen EU-Beitritt Schottlands nach einer etwaigen Abspaltung von Großbritannien einzulegen. Kanzlerin Merkel hat darüber hinaus begonnen, mit dem irischen Ministerpräsidenten Enda Kenny Gespräche über die Gestaltung der Beziehungen zwischen Dublin und London nach dem britischen Austritt zu führen. Beide Politikfelder sind eskalationsfähig und bieten Berlin die Möglichkeit, Großbritannien bei Bedarf existenziellen Schaden zuzufügen. ex.klusiv
BERLIN/NUUK/REYKJAVÍK/TÓRSHAVN (Eigener Bericht) - Entgegen der krassen Ablehnung des britischen EU-Austritts im Establishment Deutschlands und der anderen EU-Staaten werden in wenig beachteten, strategisch jedoch immer wichtiger werdenden Ländern Nordwesteuropas positive Bewertungen zum "Brexit" laut. Jüngst hat etwa der Präsident Islands Großbritannien eingeladen, in Zukunft enger mit einem "Dreieck aus Nicht-EU-Ländern" im Nordatlantik zu kooperieren. Gemeint sind neben Island Grönland und die Färöer-Inseln, die beide als autonome Gebiete dem Königreich Dänemark angehören. Grönland ist 1982 aus der EG ausgetreten; die Färöer-Inseln haben ihr noch nie angehört; Island hat 2015 einen Beitrittsantrag offiziell zurückgezogen. Alle drei Länder verweigern sich der Stationierung von Atomwaffen und des NATO-Raketenschilds und zeigen sich gegenüber Russland deutlich offener als die meisten Länder des Westens. Die strategische Bedeutung Islands und insbesondere Grönlands nimmt mit der näher rückenden Nutzung der arktischen Seewege und der arktischen Rohstoffe beträchtlich zu. Deutsche Experten haben bereits vorgeschlagen, Grönland zur Abspaltung von Dänemark anzustacheln. Das würde Berlin stärkeren Einfluss auf Grönland und damit auf das politische, ökonomische und militärische Geschehen in der Arktis sichern. ex.klusiv
BERLIN/PARIS (Eigener Bericht) - Mit einer Vorstellungsreise nach Berlin hat der französische Präsidentschaftsbewerber Alain Juppé am gestrigen Montag seine Kandidatur für die Wahlen 2017 vorbereitet. Nach entsprechenden Auftritten seines Rivalen Nicolas Sarkozy in der deutschen Hauptstadt, die, wie es heißt, nicht besonders gut angekommen seien, wird Juppé in Deutschland nach einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie nach einem Auftritt vor Wirtschaftsfunktionären ausdrücklich gelobt. Der Kandidat, der Haushaltskürzungen in Höhe von 80 bis 100 Milliarden Euro und drastische Streichungen staatlicher Arbeitsplätze angekündigt hat, sei "einer der wenigen Politiker, die einen Plan haben und Farbe bekennen", urteilt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Ein Manager wird mit der gönnerhaften Aussage zitiert: "Juppé könnte sogar in Deutschland Minister sein." Bereits im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf hatte die Partei des damaligen Staatspräsidenten Sarkozy ihr Wahlprogramm in Abstimmung mit der CDU formuliert; Sarkozy hatte sich demonstrativ vom deutschen Ex-Kanzler Gerhard Schröder über die "Agenda 2010" informieren lassen. Pariser Hoffnungen, im Gegenzug zur Unterordnung unter die deutschen Austeritätsdiktate eine führende Rolle in der Außen- und Militärpolitk der EU einnehmen zu können, trügen: In deutschen Medien heißt es, man dürfe die traditionellen Pariser Einflussgebiete etwa in Westafrika in Zukunft nicht mehr "Frankreich überlassen". ex.klusiv
ANKARA/BERLIN (Eigener Bericht) - Ungeachtet des Putschversuchs und der anhaltenden Unruhen in der Türkei setzt die Bundeswehr ihre Kooperation mit den türkischen Streitkräften zur Flüchtlingsabwehr und ihren Luftwaffeneinsatz von der türkischen Air Base Incirlik aus fort. Wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ankündigt, sollen die deutschen Einsatzflüge am heutigen Montag wieder aufgenommen werden. Die Luftwaffenbasis Incirlik war laut Berichten in erheblichem Maß in den Putschversuch involviert. Dabei hat die Bundeswehr in jüngster Zeit auch ihre Kooperation mit den türkischen Streitkräften jenseits der Einsätze gegen Flüchtlinge und den "Islamischen Staat" (IS/Daesh) intensiviert. Das türkische Militär kann sich ohnehin in größerem Umfang auf deutsche Rüstungslieferungen stützen; zudem haben deutsche Rüstungskonzerne begonnen, ihre industrielle Kooperation mit türkischen Waffenschmieden auszuweiten. Deutsche Experten warnen, es sei nicht nur mit deutlich verstärkter Repression der türkischen Regierung zu rechnen; auch "ein weiterer Putschversuch" aus den Reihen der aus Deutschland hochgerüsteten sowie in gemeinsamen Übungen mit der Bundeswehr trainierten türkischen Streitkräfte sei "nicht ausgeschlossen". ex.klusiv
BERLIN (Eigener Bericht) - Das neue Bundeswehr-Weißbuch fordert Maßnahmen zur Vorbereitung der deutschen Gesellschaft auf erwartete Gegenschläge gegen deutsche Auslandsinterventionen. Um "Deutschlands Handlungsfreiheit zu erhalten", müssten "Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ihre Widerstands- und Resilienzfähigkeit erhöhen" - mit dem Ziel, nicht näher erläuterte etwaige "Schadensereignisse", die auf die "Handlungen" Berlins folgten, "absorbieren zu können", heißt es in dem Dokument. Das Weißbuch, das in seinem Hauptteil die strategische Grundorientierung der Bundesrepublik vornimmt, fordert zudem eine Straffung der strategischen Entscheidungsfindung und eine stärkere Einbeziehung ziviler Kräfte in die Realisierung der staatlichen Strategien. Auf EU-Ebene dringt es auf umfassende Maßnahmen zur Verflechtung der nationalen Streitkräfte der Mitgliedstaaten und zur Bündelung der nationalen Rüstungsindustrien; Deutschland allerdings müsse seine "Schlüsseltechnologien" im Wehrbereich behalten. Das oberste Strategiedokument der Bundesregierung sieht zudem die Auffrischung der deutschen Streitkräfte durch die Übernahme von Bürgern der EU-Verbündeten vor. ex.klusiv
BERLIN (Eigener Bericht) - Im neuen "Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr" formuliert die Bundesregierung offiziell ihren Anspruch auf eine führende Rolle in der Weltpolitik. "Deutschlands sicherheitspolitischer Horizont ist global", heißt es in dem gestern veröffentlichten Dokument, das als "das oberste sicherheitspolitische Grundlagendokument Deutschlands" firmiert. Berlin sei bereit, "Führung zu übernehmen", heißt es weiter; gefordert wird die ständige Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat. Insgesamt geht die Bundesregierung zwar von einem ökonomischen und infolgedessen auch politisch-militärischen Einflussverlust der westlichen Mächte aus; sie erklärt, "das internationale System" entwickle sich hin zu einer "multipolaren Ordnung". Doch blieben "auch in einer derart multipolaren Welt" die Vereinigten Staaten eine prägende Macht; insofern werde man militärisch weiterhin "gemeinsam mit den USA" die größte Schlagkraft entwickeln können. Freilich müssten "unsere amerikanischen Partner" von nun an "den Weg gemeinsamer Entscheidungsfindung gehen". Bezüglich Russlands spricht das Weißbuch explizit von "strategischer Rivalität". Diese resultiere daraus, dass Moskau sich in der Weltpolitik "als eigenständiges Gravitationszentrum" präsentiere. ex.klusiv
BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) - Vor dem Hintergrund der eskalierenden Konflikte im Südchinesischen Meer nimmt die deutsche Marine erstmals an einem Großmanöver im Pazifischen Ozean teil. Minentaucher und weiteres Personal des Seebataillons aus Eckernförde bei Kiel sind in diesen Tagen in die Kriegsübung "RIMPAC 2016" eingebunden, die von der US Navy durchgeführt wird und unterschiedlichste Gewaltoperationen im Pazifik trainiert. Beteiligt sind 25.000 Soldaten aus 26 Staaten, darunter neben den Hauptmächten der NATO die wichtigsten Verbündeten der Vereinigten Staaten an der Pazifikküste Lateinamerikas, im Südpazifik und in Ost- und Südostasien. China ist in einige Trainingsmaßnahmen involviert, von anderen allerdings explizit ausgeschlossen; seine künftige Teilnahme an RIMPAC wird in Frage gestellt. Gleichzeitig entwickeln US-Militärs Operationspläne gegen Verteidigungsstellungen, wie sie die Volksrepublik laut Ansicht westlicher Fachleute auf Inseln und aufgeschütteten Riffen im Südchinesischen Meer errichtet. Nach dem gestrigen Votum des Ständigen Schiedshofs in Den Haag zum dortigen Territorialstreit nehmen die Spannungen weiter zu. In der EU wird inzwischen über gemeinsame Marinepatrouillen unweit der chinesischen Küste diskutiert. ex.klusiv
BERLIN (Eigener Bericht) - Mit einer heute in Berlin stattfindenden Konferenz versucht die EU deutsch-europäischen Konzernen bessere Ausgangspositionen auf dem Feld der Industrie 4.0 zu verschaffen. Deutsche Unternehmen hatten dort lange Zeit eine Vorreiterrolle inne und bereits einen wichtigen Standard für zukunftsträchtige "Smart Factory"-Anwendungen ("RAMI") entwickelt. Allerdings holten IT-Konzerne aus den Vereinigten Staaten bald auf und schufen sich eine alternative Kompatibilitätsarchitektur ("IIRA"). Die vor allem dem produzierenden Gewerbe angehörenden deutschen Firmen fürchteten deshalb, zur verlängerten Werkbank der US-amerikanischen Internet-Riesen zu werden. Trotzdem ließen sie es aus Sorge um ihre Geschäfte in den Vereinigten Staaten nicht auf einen Handelskrieg um Industrienormen ankommen. Stattdessen vereinbarten die deutsche "Plattform Industrie 4.0" und ihr US-Pendant "Industrial Internet Consortium" eine Zusammenarbeit. Aus ähnlich gelagerten ökonomischen Gründen kam es letztendlich auch nicht zu einem Konflit mit China, als das in Beijiao ansässige Unternehmen Midea jüngst beim Augsburger "Industrie 4.0"-Anbieter Kuka einstieg. ex.klusiv