• „Alternative geopolitische Beziehungen“

    EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen besucht Indien, um den Handel auszubauen und die Beziehungen zu verbessern – auch als Teilalternative zu den sich rasant verschlechternden Beziehungen zu den USA.

    BRÜSSEL/NEW DELHI (Eigener Bericht) – Mit dem Ausbau ihrer Beziehungen zu Indien ist die EU um einen Ausgleich für die rapide Verschlechterung der Beziehungen zu den USA bemüht. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und zahlreiche EU-Kommissare sind am gestrigen Donnerstag in New Delhi zu Gesprächen mit der dortigen Regierung eingetroffen. Ziel ist es, Wege zur Stärkung des beiderseitigen Handels zu finden – vor allem als Ausgleich für die befürchtete Schwächung des Handels mit den USA, die eintreten dürfte, sobald Washington die von Präsident Donald Trump angedrohten Zölle verhängt. Auch Indien, dessen Premierminister Narendra Modi noch vor kurzem erfolgreiche Gespräche mit Trump geführt hat, bereitet sich auf US-Zollschlachten vor und sucht in Europa Ersatz für womöglich ausfallende Exporte in die USA. Hatten Berlin und Brüssel sich bislang um eine engere Kooperation mit New Delhi vor allem mit dem Ziel bemüht, Indien gegen China in Stellung zu bringen, so heißt es jetzt beispielsweise bei der Denkfabrik European Council on Foreign Relations, man müsse sich gegen Verwerfungen in den Beziehungen zu den USA wappnen und „dringend alternative geopolitische Beziehungen aufbauen“. ex.klusiv

  • Rezension: Das zweite Turnier der Schatten

    David X. Noack schildert die Einflusskämpfe zwischen Großbritannien, der Sowjetunion und Deutschland in den Jahren von 1919 bis 1933 in Zentralasien.

    Zentralasien gehört nicht zu den Weltregionen, die im Zentrum der öffentlichen Debatte und der Publizistik in Deutschland stehen. Gelegentlich wird es von Politikern thematisiert, wenn die Bundesrepublik und die EU einmal mehr versuchen, sich dort im Einflusskampf gegen Russland und China zu behaupten. Einige kennen das Great Game, das Große Spiel, oder, im russischen Sprachgebrauch, das Turnier der Schatten: den erbittert geführten Einflusskampf zwischen Großbritannien und Russland im Zentralasien des 19. Jahrhunderts. Er entbrannte, als London von seiner Kolonie Indien aus seine Fühler in Richtung Norden ausstreckte, während Russland aus seinen Kerngebieten in Richtung Süden – eben nach Zentralasien – vorzustoßen begann. Im Unterschied zum Einflusskampf des 19. Jahrhunderts ist über die spätere Rivalität zwischen Großbritannien, der Sowjetunion und Deutschland in Zentralasien nach dem Ersten Weltkrieg kaum etwas bekannt – sehr zu Unrecht, wie die jetzt publizierte umfassende Analyse des Historikers David X. Noack zeigt. Noack beschreibt die Aktivitäten der in Zentralasien rivalisierenden Mächte für die Jahre von 1919 bis 1933 in seinem tief recherchierten Buch „Das zweite Turnier der Schatten“. ex.klusiv

  • Die Kriegsschulden der Ukraine

    Der geplante US-Rohstoffpakt mit der Ukraine leitet Gelder nach Washington, mit denen Kiew seine Kredite bei der EU abzahlen könnte. Die ukrainische Rüstungsindustrie bietet der EU Investitions- und Importchancen.

    BERLIN/BRÜSSEL/KIEW (Eigener Bericht) – Der geplante Rohstoffpakt der USA mit der Ukraine schwächt Kiews Fähigkeit zur Rückzahlung von Dutzende Milliarden Euro schweren Darlehen an die EU. Berichten zufolge ist der Pakt weitgehend unter Dach und Fach und wird am morgigen Freitag bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington unterzeichnet werden. Er sieht, soweit bekannt, einen privilegierten Zugriff der Vereinigten Staaten auf die Hälfte der Einnahmen aus dem Verkauf neu zu erschließender Ressourcen vor. US-Präsident Donald Trump betrachtet dies als Ausgleich für Leistungen der Biden-Regierung, die als Zuschüsse erteilt wurden. Die EU dagegen hat einen großen Teil ihrer Hilfen nur als Kredite gewährt; diese belaufen sich auf rund 44 Prozent der ukrainischen Auslandsschulden. Die EU und ihre Mitgliedstaaten können darauf hoffen, von einem sich abzeichnenden Boom der ukrainischen Rüstungsindustrie zu profitieren, die nach auswärtigen Investoren sucht und sich auf umfangreiche Rüstungsexporte in westliche, etwa europäische Staaten vorbereitet. Dabei geht es um relativ kostengünstig hergestelltes, kriegserprobtes Gerät, zum Beispiel Drohnen. ex.klusiv

  • „Unabhängigkeit von den USA“

    Debatte über Stationierung französischer Atomwaffen in Deutschland beginnt. Berlin plant neues „Sondervermögen“ für die Bundeswehr von 200 Milliarden Euro. Ziel ist laut Merz „Unabhängigkeit“ von den USA.

    BERLIN/WASHINGTON/PARIS (Eigener Bericht) – Unter dem Eindruck eskalierender transatlantischer Differenzen beginnt eine Debatte über die Stationierung französischer und womöglich auch britischer Atomwaffen in Deutschland. Um vom Nuklearschirm der USA unabhängig zu werden, werde es in Paris in Erwägung gezogen, die eigenen Kernwaffen zu nutzen, um die atomare Abschreckung für Europa sicherzustellen, berichtet der britische Daily Telegraph. Ihm zufolge könnte sich auch Großbritannien daran beteiligen. In der Vergangenheit waren derlei Überlegungen stets daran gescheitert, dass Deutschland sich die Mitbestimmung über die französischen Kernwaffen sichern wollte, was Frankreich jeweils zurückwies. Ob es unter dem Druck der jüngsten Attacken der Trump-Administration – von der Androhung der Annexion Grönlands über die Ausbootung Europas von den Ukraine-Gesprächen bis zur Förderung der extremen Rechten in Europa – zu einer Einigung kommt, ist unklar. Politisch hat die EU begonnen, sich deutlich gegen die USA zu positionieren, so etwa in der Abstimmung über UN-Resolutionen zum Ukraine-Krieg. Für die eigenständige Aufrüstung zieht Berlin ein neues „Sondervermögen“ von 200 Milliarden Euro in Betracht. ex.klusiv

  • Ein „revolutionärer Vereinfachungsprozess“

    Die EU will die Lieferkettenrichtlinie und andere Regelungen ausdünnen – eine alte Forderung auch der deutschen Wirtschaft. NGOs protestieren gegen die Pläne.

    BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Die EU präsentiert am morgigen Mittwoch ihre „Omnibus-Verordnungen“, die „weitreichende Vereinfachungen“ der Lieferkettenrichtlinie und weiterer Regelwerke für die Wirtschaft vorsehen. Die Industrie hatte sich lange für die Deregulierung stark gemacht; die Politik sekundierte. Berichte, die in Umsetzung des deutschen Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetzes erstellt wurden, zeichnen indes ein Bild des Schreckens von den Lieferketten deutscher Konzerne. Die Vergehen, die bei den Zulieferern begangen werden, reichen von Kinderarbeit und Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit über gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen bis hin zu Lohnraub und Diskriminierung am Arbeitsplatz. Die Spitzenposition nimmt der Bayer-Konzern mit 1.281 Meldungen ein. Firmen wie Adidas, SAP, VW, Siemens und BASF kommen auf weit geringere Zahlen, was allerdings Fragen nach der Belastbarkeit der Reports aufwirft. Dem zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) liegen bereits mehr als 200 Beschwerden gegen Firmen vor. Strafen wurden bislang nicht verhängt. NGOs warnen derweil vor den geplanten Deregulierungen und sprechen von einem „Kahlschlag“. ex.klusiv

  • Transatlantische Widersprüche

    Der AfD gelingt mit über 20 Prozent der Durchbruch zur zweitstärksten Kraft im Bundestag. Die Partei wurde offen von der US-Administration unterstützt. Dies stellt den mutmaßlichen künftigen Kanzler Merz vor ein Dilemma.

    BERLIN/WASHINGTON (Eigener Bericht) – Die AfD hat als erste Partei der extremen Rechten in der Geschichte der Bundesrepublik bei einer Bundestagswahl über 20 Prozent erzielt und kann im neuen Parlament die zweitstärkste Fraktion stellen. Damit verschieben sich die politischen Gewichte nicht nur in Deutschland nach rechts, sondern auch in der EU, wo Parteien der extremen Rechten in weiteren Mitgliedstaaten inzwischen sogar stärkste Kraft geworden sind und in Italien die Ministerpräsidentin, in anderen EU-Ländern Minister stellen. Die extreme Rechte wird außerdem, auch dies erstmals seit 1949, sowohl in der EU insgesamt als auch speziell in Deutschland von der US-Administration unterstützt. Vizepräsident JD Vance stärkte der AfD vor zehn Tagen am Rand der Münchner Sicherheitskonferenz den Rücken; Elon Musk hat noch am Samstag öffentlich zu ihrer Wahl aufgerufen. Friedrich Merz (CDU), der als mutmaßlicher künftiger Bundeskanzler gilt, hat in US-Medien angekündigt, gegen Musks Einmischung in den deutschen Wahlkampf vorgehen zu wollen und auch sonst Konfrontationen mit der Trump-Administration nicht auszuschließen. Diese attackiert Berlin scharf und ist dabei, Deutschland und die EU weltpolitisch zu deklassieren. ex.klusiv

  • Die kommende Rüstungsregierung

    Unternehmen und Wirtschaftsverbände fordern von der nächsten Bundesregierung massive Aufrüstung und verlangen eine „aktive“ Einbeziehung der Bevölkerung in die Militarisierung der gesamten Gesellschaft.

    BERLIN (Eigener Bericht) – Die nächste Bundesregierung soll die Hochrüstung der Bundeswehr entschlossen forcieren und die Bevölkerung zur aktiven Unterstützung der Militarisierung der deutschen Gesellschaft veranlassen. Dies fordern Ökonomen, Vertreter von Rüstungskonzernen und Wirtschaftsverbände vor der Bundestagswahl am Sonntag. Schon jetzt verzeichnet die Rüstungsindustrie, während die drei Paradebranchen der deutschen Wirtschaft – Kfz, Maschinenbau, Chemie – in der Krise stecken, ein rasantes Wachstum. Ökonomen sagen voraus, die Aufstockung des Militäretats auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts könne dieses um bis zu 1,5 Prozent in die Höhe schnellen lassen; die Chance gelte es in Zeiten stagnierender Ökonomien zu nutzen. Während auf EU-Ebene von einem Rüstungsfinanzpaket von mehreren hundert Milliarden Euro die Rede ist, verlangt BDI-Präsident Peter Leibinger, eine entschieden gestärkte Rüstungsindustrie müsse in Deutschland in Zukunft ein „Teil einer gelebten Sicherheits- und Verteidigungskultur der Gesellschaft“ sein. Die nächste Regierungskoalition in Berlin wird von Anfang an mit dramatischen Rüstungsforderungen auch aus der Industrie konfrontiert sein; die Waffenschmieden gewinnen dabei spürbar an Einfluss. ex.klusiv

  • Berlin und der Antisemitismus (II)

    Deutsche Behörden verhindern Auftritte einer Repräsentantin der UNO unter dem Vorwand der Antisemitismusbekämpfung. Bewaffnete Polizei dringt bei Ersatzveranstaltung in Räume einer Tageszeitung ein.

    BERLIN/MÜNCHEN (Eigener Bericht) – Mit behördlichen Maßnahmen gegen Auftritte einer Repräsentantin der Vereinten Nationen erreichen die staatlichen Vorstöße gegen die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland einen neuen Höhepunkt. In den vergangenen Tagen wurden mehrere Auftritte der UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Territorien, Francesca Albanese, in München und in Berlin auf Druck staatlicher Stellen kurzfristig abgesagt – unter dem Vorwand, gegen Antisemitismus vorgehen zu wollen. Eine ersatzweise in den Räumlichkeiten der Tageszeitung junge Welt abgehaltene Veranstaltung mit Albanese wurde am Dienstag von bewaffneten Polizisten überwacht, die gegen den erklärten Willen der Veranstalter in das von zahlreichen Mannschaftswagen umstellte Gebäude eingedrungen waren. Parallel nimmt die Repression gegen Demonstrationen zum Gaza-Krieg zu; mittlerweile werden Kundgebungen schon gewaltsam aufgelöst, wenn dort nur in einer anderen Sprache als Deutsch oder Englisch gesprochen wird, etwa auf Hebräisch. Mit dem Oktroy einer umstrittenen Antisemitismus-Definition schränkt Berlin inzwischen faktisch auch die Freiheit der Wissenschaft ein. Renommierte Wissenschaftler protestieren – vergeblich. ex.klusiv

  • Militärmacht EU

    EU bereitet Berichten zufolge ein Hunderte Milliarden Euro schweres Militarisierungspaket vor. Es dient nicht nur der Aufrüstung der Ukraine, sondern ist auch Teil eines umfassenden Strebens nach „europäischer Souveränität“.

    BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Die EU bereitet ein vermutlich Hunderte Milliarden Euro schweres Finanzpaket zur forcierten Militarisierung des Kontinents vor, das aber erst nach der Bundestagswahl bekanntgegeben werden soll. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf ein Interview mit Außenministerin Annalena Baerbock. Demnach sollen „in naher Zukunft“ Mittel in einer Größenordnung bereitgestellt werden, die mit den Finanzpaketen zum Kampf gegen die Euro- und die Coronakrise vergleichbar sind. Ziel ist es, einerseits die Ukraine, andererseits die EU selbst in höchstem Tempo aufzurüsten. Damit würde die militärische Eigenständigkeit der Union gegenüber den USA gestärkt. Dieses Ziel verfolgt Berlin schon seit langem. Zuletzt hatte etwa der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz angekündigt, er werde sich im Falle eines Wahlsieges dafür einsetzen, dass in eine neue, erweiterte Nationale Sicherheitsstrategie ein Ausbau der „Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit“ Deutschlands und die „Stärkung der nationalen Handlungsfähigkeit und der europäischen Souveränität“ aufgenommen würden. Massiver Druck durch die Trump-Administration bietet nun Anlass für beispiellose Aufrüstungspläne. ex.klusiv

  • Ein demonstrativer Schulterschluss

    Größte EU-Staaten und Großbritannien üben in Paris nach Ausschluss von Ukraine-Verhandlungen den Schulterschluss. Entsendung von Friedenstruppen und Aufbau einer eigenständigen EU-Militärmacht im Gespräch.

    PARIS/BERLIN (Eigener Bericht) – Die größten EU-Staaten und Großbritannien haben sich in Reaktion auf ihre Ausgrenzung von den Ukraine-Friedensverhandlungen durch die USA am Montag in Paris um einen demonstrativen Schulterschluss bemüht. Am vergangenen Freitag hatte die Trump-Administration angekündigt, im Alleingang mit Russland über ein Ende des Ukraine-Kriegs zu verhandeln; die ersten direkten Gespräche sollen an diesem Dienstag in Saudi-Arabien zwischen den Außenministern Marco Rubio und Sergej Lawrow beginnen. Dass Washington die EU ausschließt und sie damit in die zweite Reihe verbannt, ist vor allem für Berlin und für Paris ein herber Schlag. Das gestrige Treffen sollte einerseits mögliche Sicherheitsgarantien für Kiew ins Auge nehmen; wenn die Staaten Europas etwa Truppen stellten, hätten sie einen Hebel, um sich in die Ukraine-Gespräche hineinzudrängen, heißt es. Auch ein Bundeswehreinsatz wird debattiert. Andererseits wurde eine gemeinsame massive Aufrüstung der EU-Staaten diskutiert – mit dem Ziel, zu einer eigenständigen, von den USA unabhängigen Militärmacht zu werden. Allerdings bestehen in der EU weiterhin ernste Differenzen. Zugleich gilt eine Fortsetzung des Ukraine-Krieges als möglich. ex.klusiv