• Mehr Militär für den Sahel (II)

    Bundestag beschließt heute Ausweitung des Mali-Einsatzes. Experten kritisieren die fortgesetzte Militarisierung der Konflikte im Sahel.

    BERLIN/BAMAKO/OUAGADOUGOU (Eigener Bericht) - Mit der heutigen Entscheidung des Bundestages über die Verlängerung sowie die Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Mali stärkt Berlin einmal mehr die Militarisierung der Region. Die Absicht, Aufständische und Jihadisten im Sahel bewaffnet niederzuringen, scheitert, seit deutsche Soldaten im Jahr 2013 gemeinsam mit Truppen weiterer europäischer Staaten erste Schritte in Mali unternahmen. Seitdem haben sozioökonomische Konflikte erst in Zentralmali, dann auch im südöstlich angrenzenden Burkina Faso dazu geführt, dass der Krieg sich immer weiter ausbreiten konnte. Anstatt mit entschlossener wirtschaftlicher Unterstützung vorzubeugen, haben Deutschland und andere Mächte der EU den Konflikt stets weiter militarisiert. Damit verschlimmere man bloß die Faktoren, die die Region an den Rand des Abgrunds geführt hätten, warnen Experten mit Blick auf die Entwicklung, die inzwischen immer öfter zu ethnisch motivierten Massakern in mehreren Sahelstaaten führt. Schon der Beginn der Kämpfe in Mali ist durch einen europäischen Krieg ermöglicht worden. ex.klusiv

  • Die Meister der doppelten Standards

    Deutscher Politiker bringt wegen des neuen Sicherheitsgesetzes in Hongkong Sanktionen gegen China ins Gespräch.

    BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) - Ein deutscher Politiker bringt mit Blick auf die Proteste in Hongkong EU-Sanktionen gegen China ins Gespräch. Die EU solle sich einen eigenen "globalen Sanktionsmechanismus" schaffen, um bei Bedarf "Sanktionen gegen chinesische Funktionsträger verhängen zu können", fordert Reinhard Bütikofer (Bündnis 90/Die Grünen), Leiter der China-Delegation des Europäischen Parlaments. Auch weitere einflussreiche Grünen-Politiker plädieren für harsche Maßnahmen gegen Beijing. Anlass ist das neue Nationale Sicherheitsgesetz, das der Nationale Volkskongress am heutigen Donnerstag beschließen soll. Mit ihm zieht Beijing die Konsequenz aus den schweren Gewalttaten, die Regierungsgegner im vergangenen Jahr verübten und die neben der Verwüstung von U-Bahn-Stationen sowie Angriffen mit Brandbomben und Pfeilen auf Polizisten auch Gewalt gegen unbeteiligte Festlandschinesen umfassten. Jetzt soll das Sicherheitsgesetz unter anderem Umsturzbestrebungen und Terrorismus unter Strafe stellen. Das war bereits in Hongkongs Basic Law von 1997 vorgesehen, wurde bisher aber von der Regierung der Metropole versäumt. ex.klusiv

  • Die Pandemie als welthistorische Wende

    Innere Brüche und deutsche Dominanz gefährden Zusammenhalt der EU. EU-Außenbeauftragter diagnostiziert Wende zum "asiatischen Jahrhundert".

    BERLIN (Eigener Bericht) - Zunehmende Fraktionierungen zwischen den Mitgliedstaaten der EU überschatten die für heute angekündigte Präsentation eines Hilfsplans der EU-Kommission für den Kampf gegen die Coronakrise. Grundlage der Kommissionspläne ist ein deutsch-französischer Kompromiss, der von Italien kritisiert wird, da er quantitativ nicht ausreicht, um dem Land aus der Krise zu helfen. Gleichzeitig wird er von diversen anderen EU-Staaten als zu großzügig attackiert. Darüber hinaus zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die Bundesrepublik deutsche Firmen so massiv unterstützt, dass diese nach dem Ende der Krise ihre Marktdominanz wohl noch ausweiten können. Das wiederum verstärkte das bestehende Ungleichgewicht in der Eurozone so weit, dass der Bestand der EU in Gefahr geriete. Prominente Stimmen, darunter etwa der Finanzinvestor George Soros, warnen offen vor dem Zerfall der Union - zu einem Zeitpunkt, zu dem sich, wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag äußerte, "das Ende des US-geführten Systems und die Ankunft des asiatischen Jahrhunderts" zu vollziehen scheine. ex.klusiv

  • Philanthropie als Geschäft

    Bundesregierung kooperiert mit Bill & Melinda Gates Foundation. Diese stärkt die globale Marktmacht privater Konzerne.

    SEATTLE/BERLIN (Eigener Bericht) - Das vorgeblich philanthropische Engagement der Bill & Melinda Gates Foundation, Kooperationspartnerin der Bundesregierung in der Entwicklungspolitik und im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie, führt in vielen Fällen zur Stärkung marktradikaler Strukturen im globalen Süden. Die Stiftung, die seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie von einer rasch anwachsenden globalen Verschwörungsbewegung mit wüsten Behauptungen überzogen wird, arbeitet seit Jahren daran, die Entwicklungs- und Gesundheitspolitik an neoliberale Konzepte zu koppeln und damit westlichen Unternehmen neue Märkte zu verschaffen. Dabei werden der Einsatz gefährlicher Pestizide und die Nutzung genmanipulierter Pflanzen in Ländern des globalen Südens gefördert oder die wenig profitable Entwicklung von Impfstoffen mit hohen Summen unterstützt. Kritiker monieren seit Jahren, von der Gates Foundation unterstützte Projekte zielten vor allem darauf ab, quantitativ messbare Erfolge zu erzielen - ohne Rücksicht auf ökologische Erwägungen. Zudem werden zentrale Felder der Politik demokratischer Kontrolle entzogen. ex.klusiv

  • Der Abriss der Rüstungskontrolle

    Berlin beschuldigt Russland für den US-Ausstieg aus dem Open Skies-Vertrag, lehnt eigene Abrüstungsschritte ab.

    BERLIN/WASHINGTON (Eigener Bericht) - Außenminister Heiko Maas äußert "Bedauern" über die Kündigung des Open Skies-Vertrages durch die Vereinigten Staaten, lehnt aber zugleich eigene Abrüstungsschritte dezidiert ab. Die Trump-Administration hatte vergangene Woche angekündigt, sich aus dem für die Rüstungskontrolle wichtigen Open Skies-Vertrag zurückzuziehen. Wie üblich schiebt Washington die Schuld Moskau in die Schuhe. Dem schließt sich nun auch das Auswärtige Amt an. Laut Einschätzung eines Experten der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) entbehren die Vorwürfe allerdings jeder "faktischen Grundlage". Die US-Regierung droht dennoch einen Schritt weiterzugehen und nicht nur mit dem "New Start"-Abkommen den nächsten Rüstungskontrollvertrag zu verlassen, sondern auch das weltweit respektierte Atomtestmoratorium zu brechen. Unterdessen weist die Bundesregierung Forderungen zurück, Deutschland solle sich von der "nuklearen Teilhabe" trennen, um einen eigenen Beitrag zur Abrüstung zu leisten. Dies sei keine Option, weil es "Russland gelegen" komme, heißt es zur Begründung in Kommentaren. ex.klusiv

  • Der Preis der Integration

    Kritik an deutsch-französischer Einigung über den EU-"Recovery Fund". Deutsche Wirtschaft dringt auf Stabilisierung der Union.

    BERLIN/PARIS/ROM (Eigener Bericht) - Die deutsch-französische Einigung über den "Recovery Fund" der EU zur Stärkung der Wirtschaft in der Coronakrise stößt auf doppelte Kritik. Während mehrere EU-Nettozahler nicht bereit sind, die Vergabe der Mittel aus dem Fonds als Zuschüsse für die am schwersten von der Pandemie getroffenen Länder zu akzeptieren, weist der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte darauf hin, dass die in Aussicht stehenden Gelder mutmaßlich nicht genügen, um Italien aus der Krise zu helfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Mittel für den Fonds, den Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit bis zu 1,5 Billionen Euro hatte ausstatten wollen, auf 500 Milliarden Euro gedrückt. Beobachter halten die Vergabe der Mittel als Zuschüsse nach der Weigerung Berlins, einer Einführung von "Coronabonds" zuzustimmen, und dem EZB-Urteil des Bundesverfassungsgerichts für fast alternativlos. Einflussreiche Kreise der deutschen Wirtschaft warnen, die Bundesrepublik und die EU könnten gegenüber China sowie den USA zurückfallen, wenn es nicht gelinge, die Union rasch zu stabilisieren. ex.klusiv

  • Ein "nationaler Champion" im Kriegsschiffbau

    Berlin treibt den Bau eines Mehrzweckkampfschiffs für Kriege gegen große Mächte und die Fusion deutscher Marinewerften voran.

    BERLIN/DEN HAAG (Eigener Bericht) - Die Bundesregierung treibt den Bau des neuen Mehrzweckkampfschiffs MKS 180 und die Fusion der deutschen Kriegsschiffbauer mit hohem Tempo voran. Noch vor der Sommerpause solle der Bundestag die ersten Mittel für das MKS 180 freigeben, fordert Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Das Schiff wird von der niederländischen Damen Schelde Naval Shipbuilding B.V. in Kooperation mit der Lürssen-Werft aus Bremen produziert - vier Stück für 5,27 Milliarden Euro. Es soll die deutsche Marine, die zuletzt vor allem für den Kampf gegen Piraten, Schmuggler sowie schwächere Staaten rüstete, auf Kriege gegen große Mächte vorbereiten. Die deutsch-niederländische Kooperation im Kriegsschiffbau schließt an die enge Zusammenarbeit der Streitkräfte beider Länder an. Sie ist als Gegengewicht gegen ein Joint Venture der französischen Naval Group sowie der italienischen Fincantieri geplant, das sich zu einer Art "Airbus der Meere" entwickeln könnte. Zugleich bereitet eine Fusion von Lürssen und German Naval Yards Kiel den Aufbau eines deutschen "nationalen Champions" vor. ex.klusiv

  • Kriegsübung trotz Pandemie

    US-Streitkräfte setzen das Großmanöver Defender Europe 20 in abgespeckter Form fort - mit Unterstützung der Bundeswehr.

    WARSCHAU/WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) - Die U.S. Army Europe wird das Großmanöver Defender Europe 20 trotz der Covid-19-Pandemie in Teilen fortsetzen - auch in der Bundesrepublik und mit Unterstützung der Bundeswehr. Im März hatten die US-Streitkräfte bekanntgegeben, das Manöver wegen der Pandemie nur in verkleinerter und veränderter Form weiterführen zu wollen. Die Verlegung von Truppen aus den USA nach Europa wurde vorzeitig gestoppt; ursprünglich war die Verlegung von 20.000 US-Soldaten über den Atlantik geplant gewesen. Jetzt wird bekannt, dass die Vereinigten Staaten in den kommenden Monaten unter dem Namen Defender 20-plus neue Manöver durchführen wollen. Teilmanöver sind in Polen und auf dem deutschen Truppenübungsplatz Bergen geplant. Die Bundeswehr leistet im Rahmen des sogenannten Host Nation Support logistische Unterstützung; auch das Joint Support and Enabling Command (JSEC), ein Militärhauptquartier in Ulm, ist involviert. Das Großmanöver ist Teil der strategischen Vorbereitung der westlichen Mächte auf eine womöglich auch militärische Konfrontation mit Russland. ex.klusiv

  • Die Kosten des Wirtschaftskriegs

    Streit um Huawei hält in Berlin an. Washington startet unterdessen Vernichtungsschlag gegen den chinesischen Konzern.

    BERLIN/WASHINGTON (Eigener Bericht) - Im Schatten des jüngsten US-Vernichtungsschlages gegen Huawei werden in Berlin erneut Forderungen nach einem Ausschluss des chinesischen Konzerns vom Aufbau der deutschen 5G-Netze laut. Huawei dürfe in der Bundesrepublik bei 5G nicht zum Zuge kommen, verlangt der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen. Der aktuelle Entwurf der Bundesregierung für die Neufassung des IT-Sicherheitsgesetzes schließt eine Beteiligung chinesischer Konzerne nicht prinzipiell aus, enthält aber eine gegen sie nutzbare Gummiklausel ("Vertrauenswürdigkeitsprüfung"). Während in Berlin die Debatte andauert, kündigt die Trump-Administration an, künftig dürften alle Chiphersteller weltweit, die mit US-Spezialgerät arbeiten, Huawei allenfalls mit US-Sondergenehmigung beliefern. Wird die Anordnung realisiert - sie läuft faktisch auf die Unterwerfung zentraler Felder der Weltwirtschaft unter US-Kontrolle hinaus -, dann wären laut Schätzung von Experten rund 90 Prozent der Huawei-Umsätze bedroht. Folgeschäden stünden auch deutschen Unternehmen bevor. ex.klusiv

  • "Eine Beleidigung zu viel"

    Die Auseinandersetzungen um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den EZB-Anleihekäufen halten an.

    BERLIN (Eigener Bericht) - Die Auseinandersetzungen um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) halten im In- und Ausland an. Die EZB weigert sich bislang, den Anmaßungen der Karlsruher Richter nachzukommen und ihre Geldpolitik zu modifizieren; die EU-Kommission sieht sich gezwungen, mit einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik zu drohen. Tatsächlich gefährdet das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht nur die politische Stabilität der Union, es stellt letztlich auch die Durchführung der EU-Konjunkturmaßnahmen in Frage, die die Kommission im Kampf gegen die anschwellende Coronakrise plant. Die Zeit drängt: Der Wirtschaft der Eurozone droht ein Einbruch um 7,7 Prozent; die Neuaufträge der deutschen Industrie stürzten zuletzt um 15,8 Prozent ab. Beobachter nennen den Kollaps "epochal". Im Kampf gegen die Krise warnt nun auch Bundeskanzlerin Angela Merkel davor, die Anleihekäufe der EZB zu beschränken. Im Kampf um globalen Einfluss sei die EU auf eine kraftvolle eigene Währung angewiesen. ex.klusiv