• Der Druck der Straße

    Außenministerin Baerbock reist nach Georgien, um das Land zur Annäherung an die EU zu drängen. Die Chancen gelten als gut: Kürzlich abgehaltene prowestliche Massenproteste sind noch nicht verhallt.

    TIFLIS/BERLIN (Eigener Bericht) – Außenministerin Annalena Baerbock sucht bei einem Kurzbesuch in Tiflis den Druck auf Georgiens Regierung zur Westbindung des Landes zu verstärken und knüpft dabei an die unlängst dort abgehaltenen Massenproteste an. Die Proteste hatten sich gegen ein Gesetzesvorhaben gerichtet, das aus dem Ausland finanzierte Organisationen verpflichten sollte, sich als „ausländische Agenten“ zu registrieren. Weil in der georgischen Bevölkerung große Sympathie für die Annäherung an die EU besteht, löste der Plan Großdemonstrationen aus; Beobachter zogen Parallelen zu den Maidan-Protesten. Baerbock macht sich den Unmut nun zunutze, um Georgiens Regierung zur weiteren Annäherung an die EU zu nötigen. Tiflis bemüht sich seit rund einem Jahrzehnt parallel zur Kooperation mit NATO und EU um einen gewissen Ausgleich mit Russland, bewegt sich mittlerweile aber laut Einschätzung von Experten stärker auf Moskau zu. Der Machtkampf zwischen dem Westen und Russland tobt in Georgien schon seit Jahrzehnten. Das Land, im politisch äußerst sensiblen Kaukasus an Russlands traditionell empfindliche Südflanke grenzend, gilt als geostrategisch hochrelevant. Weiterlesen

  • Auf der Seite des Krieges (II)

    China und Russland verhandeln über Beendigung des Ukraine-Kriegs. Westen weist Lösungsansätze zurück. Hintergrund sind Bemühungen, die globale Dominanz des Westens zu verteidigen.

    MOSKAU/BEIJING/BERLIN (Eigener Bericht) – Stark divergierend reagieren Politiker weltweit auf das gestern zu Ende gegangene Treffen zwischen den Präsidenten Chinas und Russlands und auf deren Verhandlungen über eine Beendigung des Ukraine-Kriegs. Ukrainische Regierungsmitglieder geben sich weiterhin offen für Gespräche mit Beijing. Brasiliens Präsident Luiz Ignácio Lula da Silva nennt Berichte über das Treffen eine „gute Nachricht“ und wird nächste Woche in China an die Verhandlungen anknüpfen. Negative Reaktionen kommen aus dem Westen, unter anderem von Außenministerin Annalena Baerbock, die behauptet, Beijings Vorstoß in Richtung auf Friedensgespräche sei gänzlich ungeeignet. Hintergrund ist, dass Xi Jinping und Wladimir Putin in Moskau nicht nur die Möglichkeit zu einer Beendigung des Ukraine-Kriegs ausgelotet, sondern auch eine Ausweitung ihrer Kooperation in die Wege geleitet und die bisherige westliche Dominanz über die Welt in Frage gestellt haben. Weil vor allem China „sowohl die Absicht“ als auch das Potenzial habe, „die internationale Ordnung neu zu gestalten“, müsse Washington es „niederkonkurrieren“, heißt es in der Nationalen Sicherheitsstrategie der USA. Weiterlesen

  • „Das Ringen um Moldau“

    Die EU zieht unter Druck aus Berlin einen zivilen Einsatz in der Republik Moldau in Betracht, einem Nachbarstaat der Ukraine. Es gehe darum, das Land gegen russischen Einfluss „abzusichern“, heißt es.

    BERLIN/CHIȘINĂU (Eigener Bericht) – Die EU zieht insbesondere auf deutschen Druck einen – nichtmilitärischen – Einsatz in der Republik Moldau in Betracht. Im Rahmen des Einsatzes solle EU-Personal aus Polizei, Zoll und Justiz die moldauische Regierung „beim Aufbau eines effizienten Sicherheitssektors beraten“, heißt es. Hintergrund sind wachsende Proteste in Moldaus Bevölkerung, die sich an der katastrophalen wirtschaftlichen Lage in dem Land entzünden, von der Regierung aber niedergehalten werden; zudem ist von einem drohenden Übergreifen des Ukraine-Krieges auf Moldau die Rede. Die Regierung in Chișinău hat mit ihrer neoliberalen, nach außen sehr konfrontativen Politik schon längst keinen wirklichen Rückhalt in der Bevölkerung mehr. Ihren Wahlerfolg vom Sommer 2021 verdankt die Regierungspartei PAS (Partei Aktion und Solidarität) auch Berlin, das sich im Wahlkampf klar auf ihre Seite geschlagen hat. Die PAS-Regierung verschärft die Konflikte im Land auch, indem sie Verhandlungen zur Lösung des Konflikts um die Sezessionrepublik Transnistrien sabotiert. Bei dem geplanten EU-Einsatz müsse es darum gehen, Moldau „abzusichern“, heißt es – gegen Russland. Weiterlesen

  • Ein „Fachbesuch” auf Taiwan

    Berlin setzt mit Taiwan-Reise der Forschungsministerin die Provokationen gegen Beijing fort. Deutsche Leitmedien folgen einheitlich einer Sprachregelung, die mit der Ein-China-Politik bricht.

    BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung setzt ihr Rütteln an der Ein-China-Politik und ihre Provokationen gegen Beijing fort und entsendet Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger nach Taiwan. Stark-Watzinger ist am gestrigen Montag als erste Bundesministerin seit über einem Vierteljahrhundert nach Taipeh aufgebrochen. Rein formal bewegt sich ihr Besuch noch im Rahmen der Berliner Ein-China-Politik, die lediglich Reisen „souveränitätsrelevanter“ Staats- und Regierungsvertreter, darunter Bundespräsident oder Außenministerin, auf die südchinesische Insel untersagt. Faktisch intensiviert Berlin mit dem Besuch aber die offiziellen Kontakte nach Taipeh, während ein Bundestagsabgeordneter aus Stark-Watzingers Partei, der FDP, einen formellen Bruch mit den Konventionen der Ein-China-Politik empfiehlt. Die deutschen Leitmedien sind derweil einheitlich zu einer Sprachregelung übergegangen, die ganz offen mit der Ein-China-Politik bricht: Taiwan sei „nie Teil der Volksrepublik“ gewesen. Damit fallen sie der führenden Oppositionskraft auf Taiwan in den Rücken, die am Ein-China-Prinzip festhält und sich in Verhandlungen um Entspannung und einen Ausgleich mit Beijing bemüht. Weiterlesen

  • Die Jahrestage dreier Angriffskriege

    In diesen Tagen jähren sich drei völkerrechtswidrige Überfälle westlicher Mächte auf fremde Staaten, die zahllose Opfer forderten – auch durch Kriegsverbrechen –, aber bis heute straflos bleiben.

    WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) – Die ersten Bombardierungswellen dreier völkerrechtswidriger Angriffskriege, die für die Täter keinerlei Konsequenzen hatten, jähren sich in dieser Woche. Heute vor 20 Jahren starteten US-Truppen die Invasion in den Irak, an der sich britische, australische und polnische Einheiten beteiligten. Sie wurde mit offenen Lügen legitimiert und diente genauso machtstrategischen Zielen wie der Überfall auf Libyen, den französische Kampfjets gestern vor zwölf Jahren einleiteten – erst unter Berufung auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, die allerdings umgehend gebrochen und illegal zum Sturz der libyschen Regierung missbraucht wurde. Am Freitag vor 24 Jahren überfielen NATO-Truppen, darunter deutsche, ebenfalls völkerrechtswidrig Jugoslawien, um dessen südliche Provinz Kosovo abzuspalten. Außenministerin Annalena Baerbock fordert unter großem medialen Beifall, das Führen von Angriffskriegen dürfe nicht „straflos bleiben“, will dies freilich – ebenso wie die deutschen Leitmedien – nicht auf westliche Kriege bezogen wissen. Dasselbe gilt für schwerste Kriegsverbrechen, die westliche Soldaten begangen haben. Bestraft werden lediglich Whistleblower, die sie aufzudecken halfen. Weiterlesen

  • Kriegsvorbereitungen am Pazifik

    Morgen finden in Tokio erstmals deutsch-japanische Regierungskonsultationen statt. Berlin intensiviert die Asien-Pazifik-Aktivitäten der Bundeswehr. Japan und die USA militarisieren die Region dramatisch.

    BERLIN/TOKIO/WASHINGTON (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung hält am Wochenende in Tokio erstmals deutsch-japanische Regierungskonsultationen ab und plant insbesondere auch eine Ausweitung bilateraler Kriegsübungen am Pazifik. Kanzler Olaf Scholz und sechs Minister, darunter Verteidigungsminister Boris Pistorius, treffen morgen zu Gesprächen mit ihren japanischen Amtskollegen zusammen, um die Kooperation zwischen den beiden Staaten zu intensivieren. Das geschieht in einer Zeit, in der nicht nur Japan massiv aufrüstet, seinen Militärhaushalt um über die Hälfte aufstockt und Raketen sowie Cruise Missiles beschafft, die China erreichen können. Auch die Vereinigten Staaten bauen ihre Militärpräsenz im Umfeld der Volksrepublik dramatisch aus, setzen sich mit ihren Streitkräften geballt auf der ersten Inselkette vor der chinesischen Küste fest – von Japan über Taiwan bis hin zu den Philippinen – und formen Australien zu einer Art rückwärtiger Operationsbasis für etwaige Angriffe auf China. Sogar Militärbasen auf kleinen Inseln im Pazifik werden ausgebaut, um den Nachschub aus den USA für Kämpfe in Ostasien zu sichern. Die Bundeswehr weitet parallel ihre Manöver in der gesamten Region aus. Weiterlesen

  • „Eine Gefahr für die Demokratie”

    Massive Proteste in Israel begleiten den Berlin-Besuch von Ministerpräsident Netanyahu. Zentrales Thema der Gespräche ist die Lieferung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3.

    BERLIN/TEL AVIV (Eigener Bericht) – Starker Protest in Israel begleitet den heutigen Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in Berlin. Gegner seiner ultrarechten Regierung haben vergeblich gefordert, die Bundesregierung solle Netanyahu ausladen: Seine sogenannte Justizreform schaffe die Kontrolle der Regierungspolitik durch das Oberste Gericht ab, heißt es in einem Protestschreiben von rund 1.000 Intellektuellen; Israel befinde sich unter Netanyahu „auf dem Weg ... zu einer theokratischen Diktatur“. Gegen die Justizreform gehen in Israel seit Monaten Hunderttausende auf die Straße. Die Bundesregierung hält an den heutigen Gesprächen fest. Darin geht es zum einen um die Lieferung des israelischen Raketenabwehrsystems Arrow 3, dessen Erwerb in Deutschland als Alternative zum Kauf des US-Systems THAAD und damit zu einer noch stärkeren Abhängigkeit von der US-Rüstungsindustrie gilt. Darüber hinaus steht auch ein Austausch über die Iran-Politik auf dem Programm. Tel Aviv ist jüngst von der Sabotage iranischer Atomanlagen zu Angriffen auf iranische Rüstungsanlagen übergegangen und hofft auf ein gemeinsames Vorgehen mit dem Westen, weil Iran Russland mit Waffen beliefert. Weiterlesen

  • Rüstungstreiber Europa

    Die europäischen NATO-Staaten und Chinas asiatische Rivalen haben ihre Waffenimporte massiv gesteigert. Globale Rüstungstreiber sind damit die Machtkämpfe des Westens gegen Russland und China.

    (Eigener Bericht) – Die europäischen NATO-Staaten und die asiatisch-pazifischen Verbündeten des Westens im Machtkampf gegen China haben ihre Großwaffeneinfuhr in den vergangenen Jahren stärker gesteigert als jede andere Weltregion. Das geht aus den jüngsten Waffenhandelsstatistiken des Stockholmer Forschungsinstituts SIPRI hervor. Während etwa Afrika, Südamerika und sogar der Nahe und Mittlere Osten ihre Großwaffenimporte im Fünfjahreszeitraum von 2018 bis 2022 gegenüber dem vorigen Fünfjahreszeitraum (2013 bis 2017) teils deutlich reduzierten, nahmen die Einfuhren der europäischen NATO-Staaten um 65 Prozent zu; sie bestanden zu beinahe zwei Dritteln aus Waffenkäufen in den USA. Die USA stellten zwei Fünftel aller Waffenexporte weltweit. Deutschland liegt auf der Rangliste der Großwaffenexporte auf Platz fünf; es verzeichnet starke Auftragsbestände, darunter 29 Kriegsschiffe – mehr als jedes andere Land. Weiteres Rüstungswachstum ist vor allem in der NATO zu erwarten, wo ein Zielwert für die Militärhaushalte in Höhe von drei Prozent der Wirtschaftsleistung diskutiert wird. Dramatische Steigerungen ihrer Wehretats kündigen auch asiatisch-pazifische Rivalen Chinas an. Weiterlesen

  • „Auf der Seite der Diplomatie“ (III)

    Grünen-Außenpolitiker sagt für den Herbst Druck des Westens auf Kiew voraus, den Krieg mit Verhandlungen zu beenden. Brasilien, China und Saudi-Arabien arbeiten schon jetzt auf Frieden hin.

    BERLIN/BEIJING/BRASÍLIA/RIAD (Eigener Bericht) – Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin sagt für den Herbst starken Druck des Westens auf die Ukraine voraus, den Krieg mit Russland in Verhandlungen zu beenden. Entsprechende „Signale“ habe es unlängst aus der US-Administration gegeben, berichtet Trittin. Ursache sei ein Stimmungsumschwung in der US-Bevölkerung, der die weitere Unterstützung für die Ukraine im bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlkampf nicht ratsam erscheinen lasse. Während sich damit abzeichnet, dass Kiew einen Kurswechsel vollziehen muss, intensivieren mehrere Staaten außerhalb des transatlantischen Westens den Einsatz für einen Waffenstillstand. So setzt Brasilien seine Bemühungen um Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine fort. Wie der Außenminister Saudi-Arabiens, Prinz Faisal bin Farhan al Saud, nach Besuchen in Kiew und in Moskau mitteilt, treibt auch Riad entsprechende Aktivitäten voran. Laut Berichten wird in Kürze Chinas Präsident Xi Jinping zu Gesprächen in Russland erwartet; demnach will er anschließend mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen. Anders als der Westen begrüßt Selenskyj die Verhandlungsinitiativen schon jetzt. Weiterlesen

  • Seemacht EU

    EU-Kommission legt Update der Maritimen Sicherheitsstrategie der EU vor. Josep Borrell: „EU muss lernen, sich auch auf See durchzusetzen“.

    BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Die EU-Kommission legt ein Update ihrer Maritimen Sicherheitsstrategie vor und dringt auf eine umfassende Marineaufrüstung und auf jährliche EU-Seemanöver. Wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärt, müsse die Union „in Zeiten steigender geopolitischer Spannungen ... lernen, sich auch auf See durchzusetzen“. Die neue EU-Strategie, die nun noch von den Mitgliedstaaten gebilligt werden muss, sieht nicht nur Maßnahmen zur Bekämpfung von Piraten oder zur Verhinderung von Waffenschmuggel vor, wie sie bereits mit der Operation Atalanta am Horn von Afrika oder mit der Operation Irini vor der Küste Libyens durchgeführt werden. Ausdrücklich geht es auch um militärische Aktivitäten vor dem Hintergrund des zunehmenden „strategischen Wettbewerbs“ mit anderen Staaten „um Macht und Ressourcen“. In speziellem Maß nimmt die EU den Indischen und den Pazifischen Ozean („Indo-Pazifik“) in den Blick, der als „Gebiet eines intensiven geopolitischen Wettbewerbs“ charakterisiert wird. Gemeint ist der Machtkampf des Westens gegen China, der zur Zeit rasant eskaliert. Weiterlesen