• Das „weltpolitikfähige, geopolitische Europa”

    Kurz vor dem Antikriegstag bekräftigt Kanzler Olaf Scholz die Forderung nach Formierung der EU zu einer „geopolitischen Macht“, die auch militärisch schlagkräftig sein soll.

    BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Kurz vor dem morgigen Antikriegstag bekräftigt Bundeskanzler Olaf Scholz das Berliner Dringen auf eine Formierung der EU als auch militärisch schlagkräftige Weltmacht. In einer programmatischen Rede an der Prager Karls-Universität plädierte Scholz am Montag dafür, die Union in ein „weltpolitikfähige[s], geopolitische[s] Europa“ zu transformieren. Dazu sei einerseits „europäische Souveränität“ auf wirtschaftlicher Ebene erforderlich, beispielsweise der Besitz einer eigenen High-Tech-Produktion, um im Falle eskalierender Auseinandersetzungen wie aktuell mit Russland ökonomisch von keinem Rivalen abhängig zu sein. Darüber hinaus verlangt Scholz – wie schon andere deutsche Politiker zuvor –, in der Außenpolitik Mehrheitsentscheidungen einzuführen; dann müssten auf abweichende Interessen kleinerer Mitgliedstaaten keinerlei Rücksichten mehr genommen werden. Gewicht legt Scholz nicht zuletzt auf die Schaffung militärischer Strukturen der EU und auf eine dichtere Verschmelzung der europäischen Rüstungsindustrie. Langfristiges Ziel sind schlagkräftige EU-Streitkräfte, die auch unabhängig von der NATO intervenieren können. ex.klusiv

  • Streit um das Luftkampfsystem

    Das bedeutendste Rüstungsprojekt in der EU, ein Luftkampfsystem um einen Kampfjet der sechsten Generation, könnte scheitern. Auf Erfolgskurs ist dagegen die britische Konkurrenz.

    PARIS/BERLIN (Eigener Bericht) – Das bedeutendste und teuerste Rüstungsprojekt in der EU steht möglicherweise vor dem Scheitern. Dabei handelt es sich um das FCAS (Future Combat Air System), ein Luftkampfsystem, das um einen High-Tech-Kampfjet der sechsten Generation herum konzipiert ist, Drohnen und Drohnenschwärme umfasst und mit Hilfe der Cloud-Technologie und Künstlicher Intelligenz (KI) vernetzt ist. Es wird gemeinsam von Deutschland, Frankreich und Spanien entwickelt. Zwischen den beteiligten Konzernen kommt es zu Streit: Dassault (Frankreich) sieht sich durch die Integration des spanischen Airbus-Ablegers in das Projekt benachteiligt und verlangt jetzt eine klare Führungsrolle, die Airbus Defence and Space (Deutschland) dem Unternehmen bisher nicht zugestehen will. Schon jetzt sind durch die Differenzen Verspätungen entstanden, die die Einsatzbereitschaft des FCAS über das ursprünglich geplante Jahr 2040 hinaus verzögern. Aktuell führen sie dazu, dass die spanische Luftwaffe den Kauf von US-Kampfjets des Typs F-35 fordert; dies sei nötig, um die eigene Kampfkraft im kommenden Jahrzehnt sicherzustellen, heißt es. Als Alternative käme ein britisches FCAS-System („Tempest“) in Betracht. ex.klusiv

  • Einstieg in den Abstieg

    Berlin plant Zwangsmaßnahmen zur Reduzierung des deutschen Chinageschäfts. Ursache ist, dass die deutschen Investitionen auf dem chinesischen Zukunftsmarkt stärker zunehmen denn je.

    BEIJING/BERLIN (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung plant Zwangsmaßnahmen zur Reduzierung des Chinageschäfts deutscher Unternehmen. Berichten zufolge arbeitet das Bundeswirtschaftsministerium nicht nur daran, die üblichen Staatsgarantien für Geschäfte im Ausland für Aktivitäten in der Volksrepublik stark einzuschränken. Darüber hinaus ist die Einführung einer Meldepflicht für Investitionen in China im Gespräch – und die Möglichkeit, sie zu untersagen. Modell sind entsprechende Schritte in den USA. Berlin reagiert damit darauf, dass es bisher nicht gelingt, die Bedeutung des Chinageschäfts zu reduzieren; wie aus aktuellen Studien hervorgeht, haben die deutschen Investitionen in der Volksrepublik und die Einfuhren von dort im ersten Halbjahr 2022 Rekordwerte erreicht. Ursache ist, dass die deutsche Industrie ihre Aktivitäten in China nicht abbricht, sondern sie stattdessen bündelt („Lokalisierung“), um sie krisensicher zu machen: Die Volksrepublik gilt als unverzichtbarer Zukunftsmarkt. Die in Berlin insbesondere in grün geführten Bundesministerien forcierten Zwangsmaßnahmen sind geeignet, die deutsche Industrie in den Abstieg zu treiben. ex.klusiv

  • Flüchtlingsabwehr und grüner Wasserstoff

    Außenministerin Baerbock stärkt bei Besuch in Rabat die Kooperation mit Marokko. Berlin wünscht „grünen“ Wasserstoff aus der Wüste und loyale Flüchtlingsabwehr in Nordafrika.

    RABAT/BERLIN (Eigener Bericht) – Deutschland baut seine zuletzt kriselnde Kooperation mit Marokko aus und hat dabei neben der Flüchtlingsabwehr vor allem den Erwerb „grünen“ Wasserstoffs im Visier. Dies ist das Ergebnis der Gespräche, die Außenministerin Annalena Baerbock gestern in der marokkanischen Hauptstadt Rabat führte. Demnach unterstützt Berlin in Marokko die Herstellung grünen Wasserstoffs aus Sonnen- und Windenergie, der anschließend exportiert werden soll – unter anderem nach Deutschland. Voraussetzung dafür, dass die bereits 2020 gestartete Kooperation wieder aufgenommen werden kann, waren Zugeständnisse Berlins bezüglich der Westsahara, einer ehemaligen spanischen Kolonie, auf die Marokko – gegen die Befreiungsbewegung Polisario – Anspruch erhebt. Um für seinen Anspruch stärkere Unterstützung zu erhalten, hatte Rabat im vergangenen Jahr die diplomatischen Beziehungen zu Berlin auf Eis gelegt. Berlin lässt nun Bereitschaft erkennen, seine bisherige, an der UNO orientierte Position zu ändern. Der deutschen Kooperation mit Rabat steht der Tod von mindestens 37 Flüchtlingen an der marokkanisch-spanischen Grenze am 24. Juni nicht im Weg. ex.klusiv

  • Die Lateinamerika-Offensive der EU

    EU bereitet Lateinamerika-Offensive vor, um ihren geschwundenen Einfluss in der Region wiederzuerlangen. Anlass ist fehlende lateinamerikanische Unterstützung gegen Russland.

    BERLIN/BRÜSSEL/MADRID (Eigener Bericht) – Die EU kündigt eine Einflussoffensive in Lateinamerika an. Eine führende Rolle will Spanien übernehmen und dazu seine EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2023 nutzen. Um erste Vorbereitungen für einen neuen EU-Lateinamerika-Gipfel zu treffen, ist Ministerpräsident Pedro Sánchez am Dienstag zu einer Reise in die Region aufgebrochen. Hintergrund ist der deutliche Einflussverlust der EU sowie Deutschlands in Lateinamerika, den deutsche Regierungsberater bereits im Juli angeprangert hatten. Ursache ist einerseits der rasante ökonomische Aufstieg Chinas, das auf dem Subkontinent längst zum aktuell wichtigsten Wirtschaftspartner geworden ist, zugleich aber auch ein ignoranter Umgang sowohl der USA als auch der Mächte Europas mit der Region; so ist die EU bis heute unfähig, ihren vor drei Jahren abschließend vereinbarten Freihandelsvertrag mit dem südamerikanischen Bündnis Mercosur zu ratifizieren. Auslöser für die neue Einflussoffensive ist insbesondere, dass die Staaten Lateinamerikas dem Westen im Machtkampf gegen Russland die Gefolgschaft verweigern und teils offene Kritik an der antirussischen Politik der westlichen Mächte üben. ex.klusiv

  • Die Flüssiggas-NATO

    Die EU wird künftig den Großteil ihrer Erdgasimporte aus NATO-Staaten beziehen. Berlin dringt auf Flüssiggas aus Kanada – gegen den Widerstand von Klimaaktivisten und den First Nations.

    BERLIN/OTTAWA/WASHINGTON (Eigener Bericht) – Die EU wird ihr Erdgas künftig weitestgehend aus NATO-Staaten beziehen. Dies geht aus einer aktuellen Untersuchung des Verbandes Zukunft Gas und des Energiewissenschaftlichen Instituts an der Universität Köln hervor. Demnach wird die Union im Jahr 2030 mehr Gas aus den USA importieren als bis zum vergangenen Jahr aus Russland. Lieferant Nummer zwei bleibt mit deutlichem Abstand Norwegen. Damit entsteht ein transatlantischer Energieblock, der bei seiner Gasversorgung im Falle eskalierender Kriege keinerlei Rücksichten mehr auf Drittstaaten nehmen muss. Eventuelle Flüssiggaslieferungen aus dem NATO-Staat Kanada wurden bei dem gestern zu Ende gegangenen Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck in Montréal sowie in Toronto diskutiert. Kanada exportiert bislang noch kein Flüssiggas, nicht zuletzt aufgrund des Widerstands von Klimaaktivisten und Organisationen der First Nations. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges dringt Berlin darauf, Ottawa solle alle Widerstände überwinden und erste Exportterminals an der kanadischen Ostküste bauen. Die Bundesregierung hat konkrete Projekte im Visier. ex.klusiv

  • Kampf um Mali (II)

    In Berlin spitzt sich die Debatte über die Zukunft des Mali-Einsatzes zu. Der Einsatz gilt als gescheitert; dennoch soll Moskaus wachsender Einfluss in Bamako geschwächt werden.

    BAMAKO/BERLIN (Eigener Bericht) – In Berlin spitzt sich die Debatte über einen etwaigen Abzug der Bundeswehr aus Mali zu. Hintergrund ist neben dem Streit um die deutschen Truppentransporte und um ein offenbar ohne genügende Genehmigung genutztes Militärlager eines privaten, von der Bundeswehr beauftragten Dienstleisters vor allem der Konflikt um die immer engere Militärkooperation zwischen Mali und Russland. Zur wachsenden Präsenz von Soldaten und privaten Militärfirmen aus Russland kommen zunehmende Rüstungslieferungen aus Moskau an Bamako hinzu. Die westlichen Bemühungen, den russischen Einfluss in Mali zurückzudrängen, erfassen längst auch die UN-Operation MINUSMA, die nach dem Willen der westlichen Mächte mutmaßliche Massaker an Zivilisten aufklären soll. Solche Massaker gibt es seit Jahren; sie blieben folgenlos, solange die EU für die Ausbildung malischer Soldaten zuständig war. Die Versuche des Westens, Menschenrechte zu instrumentalisieren, um den russischen Einfluss in Mali zu bekämpfen, führen zu Streit um das neue MINUSMA-Mandat. In Berlin nehmen die Abzugsforderungen ebenso zu wie umgekehrt das Verlangen, Mali „nicht Russland zu überlassen“. ex.klusiv

  • Kampf um Mali (I)

    Konflikt um den Bundeswehreinsatz in Mali dauert an. Bamako kritisiert Eigenmächtigkeiten des Westens, vor allem Frankreichs, darunter Maßnahmen der Spionage und der Subversion.

    BAMAKO/BERLIN (Eigener Bericht) – Der Konflikt zwischen Mali und Deutschland um den Einsatz der Bundeswehr in dem westafrikanischen Land dauert an. Zwar konnten vergangene Woche Differenzen um die Ein- und Ausreise deutscher Soldaten geklärt werden: Nachdem sich Berlin bequemt hatte, neue Formalitäten für den Truppentransport einzuhalten, fand am Donnerstag der seit geraumer Zeit geplante Kontingentwechsel der Bundeswehr in Mali statt. Allerdings halten die Auseinandersetzungen um Malis neue Militärkooperation mit Russland an. Zudem schreitet Bamako gegen eigenmächtige Operationen fremder Mächte auf seinem Territorium ein. So wirft es Frankreich vor, allein in diesem Jahr Dutzende nicht genehmigte Luftoperationen in Mali durchgeführt zu haben, teils zum Zweck der Spionage und der Subversion. Die malische Regierung fordert deshalb eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Zudem geht Bamako gegen einen privaten Auftragnehmer der Bundeswehr vor, der angeblich ohne ausreichende Genehmigung ein Militärcamp am Flughafen von Malis Hauptstadt betrieben hat. Hintergrund sind nicht zuletzt Befürchtungen über einen westlich inspirierten Umsturz in Bamako. ex.klusiv

  • Zurück auf Los (II)

    Die Bundeswehr entsendet wieder Soldaten nach Bosnien-Herzegowina. Mehr als ein Vierteljahrhundert nach Dayton sind die Ordnungsversuche des Westens dort gescheitert.

    BERLIN/SARAJEVO (Eigener Bericht) – Die Bundeswehr entsendet knapp zehn Jahre nach ihrem Abzug wieder Soldaten in den EU-Einsatz in Bosnien-Herzegowina. Seit Dienstag sind deutsche Militärs erneut im Hauptquartier der EU-Operation Althea in Sarajevo präsent; weitere sollen im Rahmen sogenannter Liaison and Observation Teams (LOT) die bosnisch-herzegowinische Bevölkerung ausforschen und zugleich bei ihr für den EU-Einsatz werben. Ursache ist das Scheitern des vor mehr als einem Vierteljahrhundert unterzeichneten Dayton-Abkommens, mit dem es nicht gelungen ist, Bosnien-Herzegowina zu stabilisieren und dem Land zum Aufschwung zu verhelfen. Stattdessen blockiert der Ethno-Proporz à la Dayton im Verbund mit äußerer Einmischung jeglichen Fortschritt. Hinzu kommt, dass der Westen bis heute an der Einsetzung eines Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina festhält, der über keinerlei demokratische Legitimation verfügt und in Sarajevo nach Art eines kolonialen Statthalters herrschen kann. Die Rückkehr der Bundeswehr nach Sarajevo erfolgt, während Berlin – in Bosnien-Herzegowina gescheitert – die Truppe zur militärischen Positionierung gegen China in die Asien-Pazifik-Region schickt. ex.klusiv

  • Schäden im Wirtschaftskrieg

    Mit Blick auf die schädlichen Folgen der Russland-Sanktionen für Deutschland warnen Experten vor womöglich dramatischen Konsequenzen eines Wirtschaftskriegs gegen China.

    BERLIN/MOSKAU/BEIJING (Eigener Bericht) – Zunehmende schädliche Folgen des Sanktionskriegs gegen Russland für Deutschland lösen Warnungen vor weiteren Verlusten bei einer Eskalation des Machtkampfs gegen China aus. Aktuelle Quartalsbilanzen zeigen, dass deutsche Konzerne wegen ihres Rückzugs aus Russland Milliardensummen verlieren; zudem schädigen exzessive Energiepreise und der drohende Erdgasmangel auch Privatpersonen in wachsendem Maß. Sollte es zu einem Wirtschaftskrieg auch gegen China kommen, dann müsse mit tiefen Einbrüchen in der deutschen Wirtschaftsleistung gerechnet werden, heißt es in einer aktuellen Studie des Münchener ifo-Instituts. Experten warnen zusätzlich vor Risiken, die sich daraus ergeben, dass Deutschland bei unverzichtbaren Rohstoffen wie Lithium oder auch bei Batterien noch stärker von China abhängig ist als bei Erdgas von Russland. Die European Chamber of Commerce in China weist zudem darauf hin, dass zahlreiche deutsche Konzerne auch bei Forschung und Entwicklung kaum noch ohne schwere Einbußen auf die Volksrepublik verzichten können. Ökonomen warnen vor Wohlstandsverlust – und urteilen, der Westen könne Wirtschaftskriege auch verlieren. ex.klusiv