• Grenzen dicht

    BERLIN/ATHEN (Eigener Bericht) - Die EU-Kommission warnt vor einer humanitären Krise in Griechenland aufgrund der aktuellen Flüchtlingsabwehr in der EU. Die Zahl der Flüchtlinge, die in dem Land festsitzen, werde im März bis zu 70.000 und im Juni bis zu 200.000 erreichen, wenn es zuvor keinen Durchbruch in der Flüchtlingspolitik gebe, teilt die griechische Regierung mit. Griechenland ist in der Krise dramatisch verarmt; wie dort eine menschenwürdige Versorgung für hunderttausende Flüchtlinge gesichert werden soll, ist nicht ersichtlich. Dennoch dauern die Vorbereitungen für eine Abriegelung der griechischen Grenzen von Norden her an. Die Staaten der sogenannten Balkanroute haben die Durchreise von Flüchtlingen auf höchstens 580 pro Tag beschränkt; die Strecke gilt mittlerweile als "dicht". Auch die Bundesrepublik trifft neue Vorbereitungen für eine mögliche Sperrung ihrer Grenze für Flüchtlinge. Der Freistaat Bayern verlangt die Einführung von Tageskontingenten für die Einreise; die Rede ist von täglich rund 300 Personen. Konkrete Planungen für die erforderlichen Polizeimaßnahmen haben begonnen; sie sehen unter anderem den Einsatz von Wasserwerfern gegen einreisewillige Flüchtlinge vor. Zuletzt haben auch einzelne Bundesministerien grünes Licht für eine mögliche Grenzabriegelung gegeben. Eine endgültige Entscheidung wird im Laufe der nächsten acht Tage erwartet. ex.klusiv

  • BERLIN/TRIPOLIS (Eigener Bericht) - Berlin bereitet die Ausweitung zweier Bundeswehr-Einsätze mit energischen Forderungen zur Ernennung einer Einheitsregierung in Libyen vor. Die künftige Regierung soll, wie interne Dokumente belegen, eine "Einladung" an die EU aussprechen, ihren Einsatz zur Flüchtlingsabwehr im Mittelmeer bis auf libysches Territorium auszudehnen. Zudem soll sie Streitkräfte zusammenstellen, die unter anderem von der Bundeswehr für den Krieg gegen den "Islamischen Staat" (IS/Daesh) ausgebildet würden. Die USA, Großbritannien und Frankreich haben jüngst Operationen gegen Daesh in Libyen gestartet, die von Luftangriffen bis zum Einsatz von Spezialkräften reichen und den Krieg ausweiten. Allerdings werde man ohne die Bodentruppen, die Libyens künftige Einheitsregierung organisieren soll, kaum dauerhaft siegen können, urteilen Militärexperten. Während US-Medien zur Bildung eines prowestlichen Regimes über die Einsetzung eines Königs in Tripolis spekulieren, dringt Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit aller Macht darauf, die im Rahmen der UNO zusammengestellte Einheitsregierung ins Amt zu bringen. Experten sagen deren Scheitern voraus. ex.klusiv

  • BERLIN (Eigener Bericht) - Berlin nutzt seine OSZE-Präsidentschaft im laufenden Jahr zur Ausdehnung des deutsch-europäischen Einflusses in mehreren Sezessionsgebieten am Schwarzen Meer und im südlichen Kaukasus. Ziel der Einflussarbeit ist die "Europäisierung" Transnistriens, Abchasiens und Berg-Karabachs und damit eine Schwächung Russlands, das bislang eine starke Position in den genannten Republiken hält. Für Moskau trägt der Einfluss in den Sezessionsgebieten dazu bei, seine Stellung rings um das Schwarze Meer zu sichern, das als Sprungbrett ins Mittelmeer und damit auch als Basis seiner globalen Machtprojektion dient. Die deutsche Politik gegenüber den international von nur wenigen Staaten anerkannten Sezessionsrepubliken ist bisher wenig erfolgreich. Als Mittel der Einflussnahme dient neben Maßnahmen der "Konfliktbewältigung", die im OSZE-Rahmen durchgeführt werden, nicht zuletzt die ökonomische Kooperation: Deutsche Unternehmen entwickeln durchaus Interesse an Geschäften mit den betreffenden Gebieten, die allesamt eine industrielle Tradition haben. ex.klusiv

  • ATHEN/BERLIN (Eigener Bericht) - Bundesinnenminister Thomas de Maizière will den "Schutz für den Schengen-Raum" unter Umständen von der griechisch-türkischen Seegrenze weg "an eine andere Grenze" verlegen. Dies kündigt der Minister in den Auseinandersetzungen mit Österreich um Ort und Modalitäten der EU-Flüchtlingsabwehr an. Nach Lage der Dinge handelt es sich dabei um die griechische Nordgrenze, die in den vergangenen Tagen immer stärker abgeriegelt wurde - von Mazedonien. Hintergrund ist ein Beschluss der Länder der sogenannten Balkanroute, die unter österreichischer Führung übereingekommen sind, nur noch Flüchtlinge mit gültigen Papieren einreisen zu lassen. Dies führt mittlerweile zu einem Rückstau vor allem afghanischer Flüchtlinge in Griechenland; gestern ist es zu ersten Unruhen an der griechisch-mazedonischen Grenze gekommen. Athen protestiert gegen die zunehmende Abriegelung, erzielt damit aber keinen Erfolg. Gleichzeitig steht es mit dem Aufbau der vor allem von Berlin geforderten "Hotspots" auf den ägäischen Inseln stark unter Druck. Wie sein Migrationsminister berichtet, scheitert die EU-weite Umverteilung von Flüchtlingen aus den "Hotspots" nicht nur an der prinzipiellen Weigerung mancher EU-Staaten, Flüchtlinge aufzunehmen, sondern auch daran, dass einige nicht bereit sind, kinderreiche Familien oder Menschen mit dunkler Haut aufzunehmen. ex.klusiv

  • BERLIN/LONDON (Eigener Bericht) - Berlin beurteilt die Ergebnisse des Brüsseler "Brexit"-Gipfels Ende letzter Woche weitgehend positiv und dringt weiterhin auf Londons Verbleib in der EU. Im Windschatten der britischen Forderungen, Sozialleistungen für EU-Ausländer zu kürzen, konnte die Bundesregierung ihr Ziel durchsetzen, das Kindergeld für Arbeitskräfte aus Ost- und Südosteuropa erheblich zu verringern; von Einsparungen im deutschen Etat in dreistelliger Millionenhöhe ist die Rede. Die übrigen Zugeständnisse an London bleiben weitestgehend symbolischer Art und daher folgenlos; zudem ist unklar, ob sie vor der EU-Justiz Bestand haben werden. Die "Gipfelchoreographie", die Berichten zufolge gezielt inszeniert wurde, um die inhaltsarmen Resultate des Treffens der britischen Öffentlichkeit als Verhandlungserfolg ihres Premierministers verkaufen zu können, wurde eingehalten: Nächtliche Debatten und hektische Auftritte eines angespannt wirkenden David Cameron suggerierten erbitterte Machtkämpfe über Beschlüsse, die in Wirklichkeit im Kern längst feststanden. Berlin ist vor allem aus militärischen und aus ökonomischen Gründen am Verbleib des Vereinigten Königreichs in der EU interessiert. ex.klusiv

  • BERLIN/DAMASKUS (Eigener Bericht) - Berlin und Brüssel unterstützen im Syrien-Krieg die Forderung der Türkei nach einer "Schutzzone" auf syrischem Territorium. Es müssten "Zonen definiert werden", in denen "die Zivilbevölkerung ... sicher" sei, verlangt Bundeskanzlerin Angela Merkel im Namen der EU. Tatsächlich geht es darum, Kernstellungen salafistischer Milizen im Norden Syriens dem Zugriff der syrischen Streitkräfte zu entziehen. Ankara, das dies schon lange fordert, verschärft seinen Kurs weiter und droht offen mit dem Einmarsch nach Syrien - ein Schritt, der zu einem Krieg zwischen dem NATO-Mitgliedsstaat Türkei und Russland führen könnte. Dramatische Konsequenzen drohen gleichermaßen, sollte der zweite enge Verbündete Berlins im Mittleren Osten, Saudi-Arabien, seine Ankündigung wahrmachen und den Rebellenmilizen Boden-Luft-Raketen liefern. Angesichts der Zuspitzung der Lage werden inzwischen in Teilen des westlichen Establishments besorgte Warnungen laut. So mahnt eine auflagenstarke US-Zeitung, man dürfe im Mittleren Osten nicht um jeden Preis Russland bekämpfen. Mit einer Umsturzpolitik, deren Realisierung Moskau in Syrien verhindern wolle, habe man bereits Afghanistan und den Irak in Schutt und Asche gelegt. Dies dürfe sich nicht ein drittes Mal wiederholen. ex.klusiv

  • BERLIN (Eigener Bericht) - Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) intensiviert ihre Bemühungen um die weltpolitische Formierung der deutschen Eliten und bezieht dabei zunehmend Gewerkschafter und Journalisten ein. Im Bestreben, in Deutschland eine "Strategic Community" zu etablieren, differenziert die BAKS, die als außen- und militärpolitisches Strategiezentrum der Bundesregierung tätig ist, ihre Strategiefortbildung für sogenannte Entscheider aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aus und fördert die weitere Stärkung "strategischen Denkens" unter Führungsfunktionären aus Regierungsbehörden und Unternehmen. Zugleich fördert sie die Vernetzung von Militärs, Beamten des Entwicklungsministeriums und Diplomaten zur Stärkung etwa der deutschen Mittelostpolitik und vermeldet Erfolg: Auch auf den mittleren Rängen in Streitkräften und Ministerialbürokratie kenne man im Auslandseinsatz "keine Ressortgrenzen" mehr, sondern kämpfe nur "für Deutschland". Jüngst hat die BAKS zwei Dutzend Betriebsratsvorsitzenden der IG Metall die Anforderungen der deutschen "Sicherheitspolitik" nahegebracht; für die Zukunft kündigt sie die Ausweitung ihrer Einflussarbeit unter Journalisten an. ex.klusiv

  • BERLIN (Eigener Bericht) - Vor dem heute beginnenden EU-Gipfel treiben Deutschland und mehrere weitere EU-Staaten verschiedene Pläne zur Hochrüstung der Grenzen in Europa voran. Berlin setzt vorrangig auf die Abriegelung der griechisch-türkischen Seegrenze und will dazu unter anderem deutsche Polizisten an die türkische Küste entsenden. Ziel ist es, bei der Flüchtlingsabwehr den Schengen-Raum unangetastet zu lassen; darauf besteht die deutsche Wirtschaft, die bei einer dauerhaften Wiedereinführung von Grenzkontrollen ökonomische Einbußen und womöglich sogar Rückgänge bei ihren lukrativen Exporten fürchtet. Österreich und die ost- und südosteuropäischen EU-Staaten hingegen haben begonnen, ihre eigenen Grenzen stärker zu befestigen, und schließen die Abriegelung der griechischen Nordgrenze nicht aus. Auf der sogenannten Balkanroute ist in diesen Tagen eine erste Rückschiebung meist afghanischer Kriegsflüchtlinge im großen Stil vollzogen worden. Zugleich schlägt sich die Hinwendung zu neuer Grenzhochrüstung in Europa in einer aufsehenerregenden Entscheidung des Airbus-Konzerns nieder: Das deutsch-französische Unternehmen revidiert seine Pläne zum Verkauf seiner Rüstungselektronik-Sparte und behält das Geschäft mit der Grenzabschottung. Man rechne sich, heißt es, attraktive neue Profitchancen aus. ex.klusiv

  • Krise in Kiew

    KIEW/BERLIN (Eigener Bericht) - Eine schwere Regierungskrise erschüttert die prowestlich gewendete Ukraine. Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk hat am gestrigen Dienstag mit knapper Not ein Misstrauensvotum überstanden, nachdem Staatspräsident Petro Poroschenko ihn zum Rücktritt aufgefordert hatte. Vor dem Parlament demonstrierten Hunderte gegen seine Politik, die weite Teile der Bevölkerung in die Verelendung treibt; besonderen Unmut erregte zuletzt die Verteuerung von Erdgas, die das Heizen im bitter kalten ukrainischen Winter für viele zum kostspieligen Luxus macht. Die katastrophale wirtschaftliche Lage, die von einem dramatischen Popularitätsverlust des Staatspräsidenten und der Regierung begleitet wird, ruft in Berlin und Washington Sorgen um die Kontrollierbarkeit des Landes hervor. Die westlichen Mächte sind daher dazu übergegangen, von Kiew einen entschlossenen Kampf gegen die Korruption zu fordern. Spektakuläre Rücktritte mehrerer Minister und eines stellvertretenden Generalstaatsanwalts haben der Forderung in den vergangenen Wochen und Tagen neuen Schub verliehen und die Regierungskrise angeheizt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Diskutiert wird die Einsetzung einer "Technokratenregierung" unter einer langjährigen westlichen Diplomatin - also der direkte Zugriff des Westens auf die Macht in Kiew. ex.klusiv

  • Die Quittung

    BERLIN (Eigener Bericht) - Vor dem Brüsseler Gipfel zum Umgang mit der Massenflucht nach Europa nimmt der Widerstand gegen die deutsche Dominanz über die EU zu. Bereits um die Jahreswende hat der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi zum wiederholten Mal gegen die deutschen Austeritätsdiktate protestiert und die doppelten Standards der Berliner Politik etwa bei der Bankenrettung oder bei der Kooperation mit Russland scharf kritisiert. "Europa" müsse "28 Ländern nützen, nicht nur einem", verlangte Renzi. Immer lauter wird jetzt zudem nationalistisch motivierter Protest. Die Slowakei und die drei übrigen Staaten der "Visegrad-Gruppe" seien nicht bereit, dem Berliner "Diktat" in der Flüchtlingspolitik zu folgen, kündigt der slowakische Ministerpräsident Robert Fico an. Mit Blick auf den vollkommen unterschiedlich begründeten, aber rasch wachsenden Widerstand wird in Berlin vorsichtige Selbstkritik laut. Die eigene Führungsrolle könne "nicht darin bestehen, dass wir die Richtung vorgeben und die anderen uns folgen sollen", warnt Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz. Man sei "kein benevolenter Hegemon" gewesen und erlebe nun die Reaktion auf die eigene Dominanz, räumt die ehemalige SPD-Politikerin Gesine Schwan ein. ex.klusiv