Als Illegaler auf dem Weg nach Europa München 2010 (Verlag Antje Kunstmann) 460 Seiten 24,90 Euro ISBN 978-3-88897-587-5 ex.klusiv
TRIPOLIS/BERLIN/BRÜSSEL (Eigener Bericht) - Menschenrechtsorganisationen protestieren gegen den neuen Flüchtlingsabwehrpakt der EU mit Libyen. Die Übereinkunft, die letzte Woche in Grundzügen abgeschlossen wurde und von der EU-Kommission als "Meilenstein im Kampf gegen illegale Einwanderung" gefeiert wird, müsse sofort "gestoppt", jegliche Kooperation mit Libyen in puncto Migration "unverzüglich eingestellt" werden, fordert die Menschenrechtsorganisation "Pro Asyl". Brüssel hat Tripolis für die nächsten drei Jahre 50 Millionen Euro zugesagt; mit den Mitteln sollen die Landesgrenzen abgeschottet sowie neue Flüchtlingslager erbaut werden. Die Maßnahme geschah in Kenntnis der Verbrechen, die in Libyen seit Jahren an Migranten begangen werden und die die seit einiger Zeit geübte EU-Praxis, Flüchtlinge in das nordafrikanische Land abzuschieben, zum völkerrechtswidrigen Akt machen. Erst im Juni 2010 hat das Europaparlament die Missstände in Libyen ausdrücklich verurteilt - ein Schritt, der das europäische Publikum ruhigstellen soll, aber keinerlei normative Konsequenzen für die Brüsseler Flüchtlingsabwehr hat. Die EU-Kooperation mit dem libyschen Regime geht letztlich auf eine Initiative der rot-grünen deutschen Regierung vom Sommer 2004 zurück. ex.klusiv
STUTTGART (Eigener Bericht) - Die Deutsche Bahn AG dringt auf die Weiterführung des heftig umkämpften Milliardenvorhabens "Stuttgart 21". Es werde bei dem Projekt "keinen Baustopp und keinen Vergabestopp geben", kündigt Bahnchef Rüdiger Grube an. "Stuttgart 21" mobilisiert hohe Summen für die deutsche Bahnindustrie und gilt zusammen mit der Hochgeschwindigkeitsstrecke Wendlingen-Ulm als Vorzeigeprojekt der Bahn, das die Stellung der deutschen Branche in der globalen Konkurrenz stärken soll. Man brauche den Heimatmarkt als "Schaufenster für unsere Unternehmen", um sich auf dem Weltmarkt gegen die immer stärker werdende Bahnindustrie aus Ostasien behaupten zu können, erklärt der Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB). Vor allem chinesische Konzerne drängen auf dem Weltmarkt nach vorn und haben etwa den Siemens-Konzern vom dritten Rang unter den größten Bahnbauern der Welt auf Rang fünf verdrängt. Beim Bemühen, mit modernsten Vorzeigeprojekten die deutsche Technologieführerschaft zu behaupten, vernachlässigt die Deutsche Bahn unter anderem den Güterverkehr, den die deutsche Industrie in zunehmendem Maße für den Transport ihrer wachsenden Produktion benötigt. Entsprechend bildet sich mittlerweile auch in Wirtschaftskreisen eine Opposition gegen ehrgeizige Prestigeprojekte wie "Stuttgart 21" heraus. ex.klusiv
NEW YORK/BERLIN (Eigener Bericht) - Deutschland erhält 2011 für zwei Jahre einen Sitz im UN-Sicherheitsrat. Dies hat die UN-Vollversammlung am gestrigen Dienstag beschlossen. In einer außergewöhnlichen Kampfabstimmung gegen zwei NATO-Verbündete gelang es Berlin, nach nur sechs Jahren Abwesenheit erneut in das höchste Gremium der Vereinten Nationen einzuziehen. In deutschen Medien heißt es über die Chancen der Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat, man könne dort insbesondere "Kriege autorisieren" oder "Sanktionen verhängen". Von einer Rolle Berlins als neue "Weltmacht" ist die Rede. Mittlerweile warnen selbst Teile der deutschen Eliten vor einem allzu offenen Machtstreben der Bundesregierung. Dieses könne für Deutschland unvorteilhafte "Konflikte heraufbeschwören", heißt es in einem Beitrag für die Fachzeitschrift "Internationale Politik". Der Autor konstatiert ein neues "Machtbewusstsein", das bereits seit den Tagen der rot-grünen Bundesregierung die deutsche Außenpolitik präge und nicht zuletzt zu einer zunehmenden Entmachtung kleinerer EU-Mitgliedstaaten führe. Die Berliner Machtpolitik werde im Innern von einem wachsenden "Nationalstolz" flankiert, der neue Rekordwerte erreiche - insbesondere in der jüngeren Generation. ex.klusiv
BERLIN/HAMBURG (Eigener Bericht) - Führende deutsche Massenmedien stellen sich offen in den Dienst der Berliner Militärpropaganda. Jüngster Ausdruck dieser Entwicklung ist ein sogenannter sicherheitspolitischer Kongress, den das Hamburger Wochenblatt "Die Zeit" für Mitte Oktober ankündigt. Das Ziel der Veranstaltung besteht nach Aussage der Organisatoren darin, Mittel und Wege zu finden, "Kampfeinsätze in einem fernen Land" gegenüber der Öffentlichkeit zu legitimieren. Als Referenten angekündigt sind "führende Persönlichkeiten" aus Politik, Militär, Wissenschaft, Klerus und Rüstungsindustrie; den Auftaktvortrag soll der deutsche Verteidigungsminister halten. Eine in inhaltlicher Ausrichtung und personeller Besetzung ähnliche Konferenz hat die Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" erst unlängst in Berlin durchgeführt. Im Einklang mit Medien, die der Bundeswehr nahe stehen, wurde dort gefordert, die deutschen Streitkräfte gegen "unberechtigte Kritik" in Schutz zu nehmen. Thema waren darüber hinaus gravierende Probleme, mit denen sich die politisch-militärische Führung beim Umbau der Bundeswehr zur weltweit agierenden Interventions- und Besatzungsarmee konfrontiert sieht. Während Vertreter der deutschen Streitkräfte eine "Überforderung" der Truppe beklagten, bemängelten namhafte Rüstungsmanager die ihrer Ansicht nach "gestörte Kommunikation" zwischen Politik und Wirtschaft. Ging die "Handelsblatt"-Tagung noch ohne öffentliche Proteste vonstatten, haben Hamburger Kriegsgegner nun angekündigt, die Teilnehmer der "Zeit"-Konferenz "gebührend zu empfangen". ex.klusiv
BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) - Einhellig bejubelt Berlin die Vergabe des diesjährigen Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo. Bundeskanzlerin Merkel habe sich in der Vergangenheit bereits für die Freilassung des chinesischen "Dissidenten" eingesetzt und werde dies weiterhin tun, erklärt ein Regierungssprecher. Liu habe den Preis für seinen "Kampf für fundamentale Menschenrechte in China" erhalten, schreibt das Auswärtige Amt. Tatsächlich laufen Lius Forderungen auf nicht weniger denn den Umsturz der Volksrepublik China hinaus. Die von ihm mitverfasste "Charter 08" ist im Unterschied zu den Petitionen anderer chinesischer "Dissidenten" keine Menschenrechtsresolution, sondern vielmehr ein umfassendes politisches Programm, das eine grundsätzliche Umgestaltung Chinas verlangt, darunter den Aufbau eines föderativen Bundesstaates nach dem Modell der Bundesrepublik Deutschland, der vollständig mit jahrtausendealten chinesischen Staatstraditionen bricht. Zudem sollen die seit Gründung der Volksrepublik vollzogenen Nationalisierungsmaßnahmen rückgängig gemacht werden; dies beinhaltet die Landreform, der Kleinbauern bis heute ihre Existenz verdanken, und erfüllt Forderungen nach China expandierender westlicher Konzerne. ex.klusiv
- (Wolfgang Kaleck)
FRANKFURT Über die bundesdeutsche Zusammenarbeit mit der argentinischen Militärdiktatur und den heutigen Umgang damit sprach german-foreign-policy.com mit Wolfgang Kaleck. Kaleck arbeitet seit zwölf Jahren als Rechtsanwalt der Koalition gegen Straflosigkeit, die Strafverfahren in Deutschland wegen der rund 100 Fälle von den argentinischen Militärs verschleppter und ermordeter Deutscher betreibt. Er leitet die juristische Menschenrechtsorganisation ECCHR und ist Autor des kürzlich erschienenen Buches "Kampf gegen die Straflosigkeit. Argentiniens Militärs vor Gericht" (Verlag Klaus Wagenbach), in dem er die Zeit der Militärdiktatur und den Kampf der Menschenrechtsbewegung um die Aufarbeitung der damaligen Verbrechen beschreibt. ex.klusiv
Bundesrepublik Deutschland-Argentinien 1976-1983 Aktualisierte Neuauflage mit Ergänzungen des Autors und Beiträgen von Kuno Hauck, Osvaldo Bayer, Wolfgang Kaleck, Roland Beckert, Esteban Cuya Bad Honnef 2006 (Horlemann) 288 Seiten 14,90 Euro ISBN 9783895022203 ex.klusiv
BUENOS AIRES/FRANKFURT AM MAIN (Eigener Bericht) - Deutschland will seine Beziehungen zu dem diesjährigen Gastland der Frankfurter Buchmesse, Argentinien, weiter ausbauen. Das bestätigt der deutsche Außenminister. Wie Guido Westerwelle anlässlich der Eröffnung der Buchmesse erklärt, sei Argentinien wegen seiner europäischen Prägung "ein natürlicher Partner" für Deutschland. Vor allem das Wachstum der argentinischen Wirtschaft mache das Land "interessant". Argentinien hat seine heutige Bedeutung als Produktionsstandort sowie als Absatzmarkt für die deutsche Industrie in den Zeiten der Militärdiktatur erlangt. Die Militärs in Buenos Aires ermöglichten es damals der Bundesrepublik, zu ihrem drittgrößten Handelspartner und zu einem der bedeutendsten Investoren aufzusteigen. Preis war die Duldung schwerster Menschenrechtsverbrechen durch Bonn, das nicht ernsthaft gegen die Massenmorde im Auftrag der argentinischen Diktatoren intervenierte. Obwohl Berlin sich inzwischen um die Angehörigen der ermordeten Opfer bemühe, lehne das Auswärtige Amt nach wie vor eine Untersuchung seiner damaligen Politik ab, berichtet der Rechtsanwalt und Leiter der juristischen Menschenrechtsorganisation ECCHR, Wolfgang Kaleck, im Gespräch mit dieser Redaktion. Kaleck erinnert daran, dass in der Berliner Außenpolitik gegenüber Staaten wie Kolumbien Wirtschaftsinteressen weiterhin Vorrang gegenüber Menschenrechten genießen. ex.klusiv
BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) - Vor der morgigen Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers erklären deutsche Medien einen chinesischen "Dissidenten" zum Favoriten. Es wäre "ein mutiges Zeichen", sollte das Nobelkomitee den Ehrenvorsitzenden des chinesischen Pen-Zentrums, Liu Xiaobo, auszeichnen, heißt es in der deutschen Presse. Liu verlangt unter anderem die weitgehende Privatisierung von Staatseigentum in China einschließlich des im Rahmen der Bodenreform an Kleinbauern verteilten Landes. Deutsche Regierungskreise, Parteienstiftungen und NGOs bedienen sich seit Anfang der 1990er Jahre in zunehmendem Maße sogenannter Dissidenten, um sich stärkere Druckmöglichkeiten gegenüber Beijing zu verschaffen. Gänzlich unabhängig von ihren konkreten politischen Forderungen werden die "Dissidenten" dem deutschen Publikum als "Menschenrechtler" präsentiert, um Stimmung gegen Beijing zu schüren; auch werden sie ungeachtet ihrer aktuellen Einflusslosigkeit für künftige Zeiten als mögliche Kooperationspartner bei einem eventuellen Umbruch in China bereitgehalten. Im dritten Teil der Serie über die Berliner China-Strategien schildert german-foreign-policy.com die Nutzung chinesischer "Dissidenten" durch die deutsche Außenpolitik. ex.klusiv