• ADDIS ABEBA/BERLIN (Eigener Bericht) - Um das Übergreifen der nordafrikanischen Demokratiebewegung zu verhindern, setzt ein enger ostafrikanischer Verbündeter Berlins in diesen Tagen auf verschärfte Repression. Das Regime in Äthiopien bedrängt Journalisten und konfisziert die Gelder von Menschenrechtsorganisationen, um ein erneutes Aufflammen von Demonstrationen zu unterbinden. Zuletzt hatte die Regierung im Jahr 2005 Massenproteste gegen Wahlfälschungen blutig niederschlagen lassen: Etwa 200 Demonstranten wurden ermordet, Zehntausende in Lagern interniert. Die Bundesregierung, die auf die damaligen Massaker mit einer deutlichen Ausweitung ihrer Entwicklungskooperation reagierte, quittiert auch die jüngsten Repressionsmaßnahmen mit Hilfsangeboten an das Regime und stellt eine Intensivierung ihrer militärpolitischen Unterstützung in Aussicht. Gespräche darüber führten deutsche Politiker vor wenigen Tagen in Addis Abeba, das unter dem Regime von Meles Zenawi als Ordnungsmacht in Ostafrika auftritt und dabei Interessen des Westens bedient. Parallelen zu einigen - inzwischen teilweise gestürzten - arabischen Regimes, die ebenfalls außenpolitische Zuarbeit für EU und USA mit harter innenpolitischer Repression verknüpften oder heute noch verknüpfen, sind unübersehbar. ex.klusiv

  • TRIPOLIS/BERLIN (Eigener Bericht) - Deutsche Kriegsschiffe nehmen Kurs auf die libysche Küste. Wie das Bundesverteidigungsministerium bestätigt, hat es einen Einsatzgruppenversorger und zwei Fregatten vor das im Bürgerkrieg versinkende Land entsandt. Offizieller Auftrag ist die Evakuierung deutscher Staatsbürger. Tatsächlich ist die Anwesenheit deutscher Kriegsschiffe vor Libyen Teil einer anschwellenden westlichen Marinepräsenz, die für unterschiedliche militärische Maßnahmen genutzt werden kann. Im Gespräch ist die Einrichtung einer Flugverbotszone, um die libysche Luftwaffe, soweit sie noch vom al Gaddafi-Clan kontrolliert wird, auszuschalten und den Gegnern des Regimes damit unter die Arme zu greifen. Auch weitergehende Operationen werden nicht ausgeschlossen. Die deutschen Kriegsschiffe bilden eine militärisch recht flexible Basis für die unterschiedlichsten Einsatzszenarien; Washington zieht zusätzlich eine Entsendung von US-Flugzeugträgern in Betracht. Aus deutscher Sicht steht in Libyen viel auf dem Spiel: Das Land ist seit Jahrzehnten einer der bedeutendsten Erdöllieferanten der Bundesrepublik; deutsche Konzerne haben Milliardensummen dort investiert. Zudem fällt mit dem al Gaddafi-Regime ein zentraler Partner Berlins bei der Abschottung der EU gegen Armutsflüchtlinge. ex.klusiv

  • RABAT/BERLIN (Eigener Bericht) - Ungeachtet ihrer Solidaritätsbekundungen für die Demokratiebewegung in Ägypten und Tunesien setzt die Bundesregierung ihre Unterstützung für das autoritäre Regime in Marokko fort. Erst vor wenigen Tagen hat Berlin eine deutsch-marokkanische Wirtschaftskommission eingerichtet und eine gemeinsame Kooperationserklärung des deutschen Umwelt- und des marokkanischen Energieministeriums auf den Weg gebracht. In erster Linie geht es darum, dem milliardenschweren Desertec-Projekt, mit dem deutsche Energiekonzerne in der Sahara Strom für Europa erzeugen wollen, den notwendigen politischen Rahmen zu verleihen. Das Vorhaben soll nicht nur hohe Beträge in deutsche Firmenkassen spülen, es ist zudem geeignet, den deutschen Rückstand gegenüber dem französischen Wirtschaftseinfluss in Rabat zu verringern. Außenminister Westerwelle nennt die Beziehungen zwischen Deutschland und Marokko "exzellent". Das nordafrikanische Land, in deutschen Wirtschaftskreisen für seine "Stabilität" gelobt, ist für schwere Menschenrechtsverbrechen bekannt; in Rabat wurde vor Jahren ein deutscher Staatsbürger in Folterhaft verschleppt. Am vergangenen Wochenende kam es auch in Marokko zu ersten Massendemonstrationen. ex.klusiv

  • TRIPOLIS/BERLIN (Eigener Bericht) - Auf die Massaker an Demonstranten in Libyen reagieren Berlin und die EU mit neuen Maßnahmen zur Flüchtlingsabwehr. Während stets neue Berichte von blutigen Gewalttaten der libyschen Repressionsapparate gegen Protestierende bekannt werden, hat Brüssel der europäischen Flüchtlingsabwehrbehörde Frontex den Auftrag erteilt, die angeblich zu erwartende Flucht von bis zu 750.000 Personen aus Libyen zu stoppen. Bisher gehörte die Abwehr von Flüchtlingen zu den zentralen Feldern der Kooperation zwischen der EU und dem al Gaddafi-Regime, das nun offenbar in mörderischen Machtkämpfen zerfällt. Mit ihm verliert Berlin einen Partner, der nicht nur jahrzehntelang zu den größten und zuverlässigsten Öllieferanten der Bundesrepublik zählte, sondern sich auch in den vergangenen Jahren als effizienter Gehilfe bei der Abschottung Europas gegen unerwünschte Migranten erwiesen hat. Die Repressionsorgane Libyens, die gegenüber Flüchtlingen ihrer Brutalität immer wieder freien Lauf ließen - bis hin zum Mord -, wurden mit deutscher Hilfe trainiert und ausgerüstet. Die erlernten Kampftechniken stehen nun ebenso zur Niederschlagung der Proteste zur Verfügung wie die gelieferten Rüstungsprodukte. ex.klusiv

  • MANAMA/WASHINGTON/BERLIN (Eigener Bericht) - Mit erheblicher Sorge beobachtet Berlin die anhaltenden Proteste im Königreich Bahrain. Der dort regierende al Khalifa-Clan gehört zu den engen Partnern des Westens auf der Arabischen Halbinsel, die die westliche Hegemonie über die dortigen Ressourcengebiete sichern sollen. Noch in diesem Monat wollte Bundespräsident Wulff das Land bereisen, um die beiderseitigen Beziehungen auszubauen. Sein Besuch wurde mit Blick auf das rufschädigende Massaker der bahrainischen Repressionskräfte an Demonstranten jedoch nun kurzfristig abgesagt. Bahrain hat für den Westen vor allem als Militärbasis Bedeutung; dort werden etwa Operationen in Afghanistan und die westlichen Militärinterventionen vor dem Horn von Afrika koordiniert. Deutschland trägt zur Aufrüstung Bahrains bei, zuletzt mit der Lieferung von Maschinenpistolen und Munition, wie sie zur Niederschlagung der jüngsten Proteste benutzt wurden. In diesen Tagen besucht der Vorsitzende der U.S. Joint Chiefs of Staff die arabischen Golfstaaten, um Absprachen zum weiteren Vorgehen zu treffen. Wie Saudi-Arabien anlässlich seines Besuchs mitteilt, wird es "mit allen Mitteln" in Bahrain intervenieren, um den Clan der al-Khalifa an der Macht zu halten. Dies gestattet es dem Westen, PR-wirksam Mäßigung gegenüber den Protesten zu verlangen, ohne den Verlust seiner feudalen Partnerregime zu riskieren. ex.klusiv

  • BERLIN/NEW YORK (Eigener Bericht) - Mit der Übernahme der New York Stock Exchange bereitet die Deutsche Börse ihren Sprung an die Weltspitze vor. Der Zusammenschluss der beiden Finanzunternehmen, der vergangene Woche angekündigt worden ist, wird dem neuen deutsch-US-amerikanischen Konzern nicht nur eine herausragende Position in der Konkurrenz mit den Börsen Asiens sichern, sondern auch das europäische Geschäft dominieren. Im Termingeschäft etwa käme er auf einen Marktanteil in Europa von mehr als 90 Prozent. Deutsche Medien sprechen angesichts des neu entstehenden Börsengiganten vom "Griff nach der Weltmacht". In der Konzernkontrolle ist die deutsche Seite erkennbar gegenüber den US-Amerikanern im Vorteil. Der Zusammenschluss ist möglich geworden, da der Kurs der New York Stock Exchange (NYSE), die gern als "pulsierendes Herz" des US-Kapitalismus bezeichnet wird, infolge der Krise stark eingebrochen ist. Während der neue Konzern gefeiert wird, schreiten langfristig wirksame Verschiebungen auf dem Börsensektor voran: Neuartige Handelsplattformen mit Verankerung in den USA und Japan, die mit schlanken, netzwerkartigen Strukturen und mit konsequenter Digitalisierung des Wertpapierhandels arbeiten, drängen die traditionellen Börsen zurück. ex.klusiv

  • KAIRO/ANKARA/BERLIN (Eigener Bericht) - Berliner Regierungsberater schlagen eine Neuorganisation des ägyptischen Staates nach türkischem Modell vor. Hintergrund ist die Sorge, in Kairo könnten islamistische Kräfte mit antiwestlicher Orientierung die Oberhand gewinnen und die amerikanisch-europäische Kontrolle über die arabischen Ressourcengebiete in Frage stellen. Wolle man dies vermeiden, heißt es bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), dann könne man die Türkei zum Vorbild nehmen. Diese wird im Westen seit geraumer Zeit als Modell für die arabische Welt und insbesondere für Ägypten genannt, weil sie eine gegenüber der EU kooperationswillige Ausformung des Politischen Islam hervorgebracht hat. Zuvor war es mit Hilfe des türkischen Militärs gelungen, missliebige politische Strömungen von der Macht fernzuhalten. Vergleichbares könne jedoch in Ägypten nur glücken, wenn die EU mit dem Land ähnlich eng kooperiere wie mit der Türkei, urteilt die SWP. Berlin dringt seit Wochen auf eine "Transformationspartnerschaft" der EU mit Kairo, die Ägypten weit enger als bisher an das europäische Hegemonialzentrum anbinden soll. ex.klusiv

  • BERLIN (Eigener Bericht) - Die Bundeswehr treibt mit Hilfe von "Friedensforschern" und Sozialwissenschaftlern ihren "Medienkrieg um die öffentliche Meinung" voran. Ein aktuelles propagandistisches Mittel hierfür ist ein im Internet präsentierter "Reader Sicherheitspolitik", der "Meinungsführer" in der deutschen Gesellschaft ansprechen und für die Ziele der Bundeswehr gewinnen soll. In dem "Reader" finden sich nicht nur Analysen von Armeeangehörigen, sondern auch Beiträge von leitenden Mitarbeitern regierungsnaher Thinktanks, zahlreichen Universitätsprofessoren und sogenannten Friedensforschern; auch die Wissenschaftsministerin des Bundeslandes Sachsen zählt zu den Autoren. Da die deutsche Bevölkerung nicht wie in anderen Staaten "selbstverständlich mit patriotischer Gesinnung" hinter ihren Streitkräften stehe, müsse eine "proaktive" Medienpolitik betrieben werden, heißt es: Die Presse sei "Teil des Schlachtfeldes" und müsse benutzt werden - "von innen heraus". ex.klusiv

  • Nürnberg II

    HAMBURG (Eigener Bericht) - Ein auflagenstarkes deutsches Nachrichtenmagazin schlägt die Einrichtung eines internationalen Tribunals zur Ahndung sogenannter Vertreibungsverbrechen an Deutschen vor. Dies könne nach dem Modell der Nürnberger Prozesse gegen die wichtigsten NS-Kriegsverbrecher geschehen ("Nürnberg II"), heißt es in der aktuellen Ausgabe der Geschichts-Edition der Wochenzeitschrift Der Spiegel. Das Heft, das auf angebliche Präzedenzfälle verweist, ist den "Deutschen im Osten" gewidmet. Es begleitet die kulturelle Einflussarbeit der Berliner Deutschtumspolitik in Osteuropa, die sich die dortigen deutschsprachigen Minderheiten zunutze macht, um sich unmittelbare Einflusszonen jenseits der deutschen Staatsgrenzen zu schaffen. Das "kulturelle Erbe" etwa im früheren Ostpreußen oder im einstigen Schlesien gehöre nicht nur "den Menschen, die heute dort leben", sondern ebenso "Millionen Menschen, die heute in Deutschland und anderswo" ihren Wohnsitz hätten, schreibt die Zeitschrift über die kulturpolitisch verbrämten Besitzansprüche gegenüber Russland und Polen. Die Darstellungen des Blattes spitzen tatsächlich vorhandene Bestrebungen der deutschen Außenpolitik publikumswirksam zu. ex.klusiv

  • TUNIS/BERLIN (Eigener Bericht) - Nach dem Sturz ihres langjährigen tunesischen Partners Ben Ali bemüht sich die Bundesregierung um den Ausbau ihres Einflusses auf die Übergangsregierung in Tunis. Außenminister Westerwelle ist am Wochenende nach Tunesien gereist, um den Anspruch Berlins auf die Mitgestaltung der aktuellen Umbrüche geltend zu machen. In dem Land steht neben dem Austausch des politischen Personals eine massive Kräfteverschiebung in der Wirtschaft bevor: Das gesamte Konzernimperium des bislang auch ökonomisch dominanten Ben Ali-Clans steht zur Disposition. Deutsche Unternehmen rechnen mit neuen Expansionschancen. Wie es in Berlin heißt, hoffe man dabei, die französische Konkurrenz wegen ihrer kompromittierenden engen Kooperation mit Ben Ali ausbooten zu können. Dass Europa auch die Übergangsregierung in Tunis längst unter Kontrolle hat, zeigt die vollständige Abriegelung der tunesischen Küsten gegen Auswanderer durch das tunesische Militär, die - auf Druck aus Brüssel - am gestrigen Montag begonnen hat. Diejenigen Teile der Protestbewegung, die auf eine eigenständige demokratische Entwicklung des Landes ohne die alte Fremdbestimmung aus der EU hofften, stehen vor der Niederlage. ex.klusiv