Hoffen auf die Hungerrevolte
EU und USA verlängern und verschärfen ihre Syrien-Sanktionen und setzen auf Sturz der Regierung durch Elendsunruhen.
BERLIN/WASHINGTON/DAMASKUS (Eigener Bericht) - Nach der Verlängerung der EU-Sanktionen gegen Syrien und vor dem Inkrafttreten weiterer US-Zwangsmaßnahmen spekulieren westliche Außenpolitiker auf Hungerrevolten gegen die Regierung in Damaskus. Die aktuelle Verschärfung der Wirtschaftskrise, ausgelöst durch Furcht vor der morgen startenden neuen US-Sanktionsrunde ("Caesar Act"), könne "die Herrschaft von Baschar al-Assad ernsthaft bedrohen", heißt es hoffnungsfroh in deutschen Leitmedien. Tatsächlich verschlimmern die Sanktionen, die Brüssel und Washington verhängt haben, die Lage der syrischen Bevölkerung bereits seit Jahren. Schon 2015 urteilten Experten, sie hätten "die Brutalität" des Syrienkriegs "vielfach verschärft". Der European Council on Foreign Relations stufte die transatlantischen Zwangsmaßnahmen vergangenes Jahr als "Politik der verbrannten Erde" ein. Die EU hat ihre Sanktionen zuletzt Ende Mai verlängert, obwohl mehrere UN-Stellen mit Blick auf die Covid-19-Pandemie forderten, sie aufzuheben oder zumindest abzuschwächen, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. ex.klusiv
Die Prioritäten der EU
Verteidigungsminister der vier größten EU-Staaten fordern wegen Covid-19-Pandemie weitere Stärkung des Militärs.
BERLIN (Eigener Bericht) - Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollen auf die Covid-19-Pandemie mit einer weiteren Stärkung des Militärs reagieren: Dies fordern die Verteidigungsminister der vier größten EU-Staaten vor ihrer morgigen Videokonferenz mit sämtlichen EU-Amtskollegen. Wie es in einem Schreiben der vier Minister, darunter Annegret Kramp-Karrenbauer, heißt, gelte es nicht nur, die "strategische Kommunikation" gegenüber der eigenen Bevölkerung zu intensivieren sowie "feindlichen Narrativen" entgegenzuwirken. Man müsse zudem die Wirtschaft umfassender mit dem Militär verzahnen und dessen "Operationen und Missionen" ausweiten. Dabei sei unter anderem eine "Stärkung der Europäischen Führungsstrukturen" nötig. Die EU-Kommission hat bereits begonnen, den Druck auf soziale Netzwerke zur Entfernung tatsächlicher oder angeblicher "Falschnachrichten" zu erhöhen. Mitarbeiter einflussreicher Think-Tanks fordern, die Wehrbudgets in der EU gegen Kürzungen zu "impfen". "Die aktuelle Pandemiekrise", fordern die vier Verteidigungsminister, "sollte die EU an ihre Prioritäten erinnern." ex.klusiv
"China bleibt Partner"
Die deutsche Wirtschaft dringt auf den Ausbau ihres Chinageschäfts und warnt vor einseitiger Konflikteskalation.
BERLIN/BEIJING (Eigener Bericht) - Begleitet von Warnungen der deutschen Industrie bemüht sich die Bundesregierung trotz des eskalierenden Konflikts mit China um die weitere Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Land. Deutschland habe ein Interesse an "stabilen bilateralen Austauschbeziehungen", hieß es gestern nach einer Videokonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang. Kurz zuvor hatte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, geäußert: "China mag ein systemischer Rivale sein - es bleibt ein wichtiger Partner für die EU und für Deutschland." Ursache ist das unverminderte Interesse deutscher Unternehmen nicht nur am riesigen chinesischen Absatzmarkt, sondern auch daran, in der Volksrepublik produzieren zu können: Das Wirtschaftsumfeld dort gilt als außerordentlich forschungs- und innovationsfreundlich - bei weiterhin vergleichsweise niedrigem Lohnniveau. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärt, man könne "keine multilaterale Welt schaffen, ohne dass China daran teilnimmt". ex.klusiv
Der grüne Kalte Krieg
Transatlantische Parlamentarierallianz gegen China gegründet - unter maßgeblicher Beteiligung eines Grünen-Politikers.
BERLIN/WASHINGTON (Eigener Bericht) - Politiker von Bündnis 90/Die Grünen spielen eine führende Rolle in einem neuen, gegen China gerichteten Zusammenschluss transatlantischer Parlamentarier. In der am Freitag gegründeten Inter-Parliamentary Alliance on China (IPAC), der bislang Abgeordnete aus zwölf Parlamenten angehören, gelten antichinesische US-Hardliner - Marco Rubio, Bob Menendez - als treibende Kräfte. Offizielles Vorhaben der Organisation ist es, die Herausbildung einer gemeinsamen westlichen Chinapolitik zu forcieren. Als konkretes Ziel zeichnet sich eine Durchsetzung der US-Sanktionspolitik gegen Beijing auch in Europa ab. Dazu mobilisiert die IPAC dort, wo die nationalen Regierungen sich Sanktionen noch verweigern, Parlamentsabgeordnete. Die Gründung einer derartigen Parlamentarier-Pressure Group hatte der Grünen-Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer schon im Februar am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz vorgeschlagen; nun amtiert er als IPAC-Ko-Vorsitzender. Die Organisation, die auch die Entwicklung von "Sicherheitsstrategien" gegen China fordert, hat einen Ex-CIA-Spezialisten in ihrem Beirat. ex.klusiv
Die Truppenreduzierungsdebatte
Berliner Regierungsberater: Washington könnte US-Stützpunkte in Europa schließen, um sich noch offensiver gegen China zu richten.
BERLIN/WASHINGTON (Eigener Bericht) - Berliner Regierungsberater weisen unabhängig vom jüngsten einschlägigen Vorstoß der Trump-Administration auf eine mögliche US-Truppenreduzierung in Deutschland hin. Weil die US-Wirtschaft in der Coronakrise stark einbreche und die US-Staatsschulden wohl auf deutlich mehr als 100 Prozent in die Höhe schnellen würden, sei damit zu rechnen, dass Washington in gewissem Maß militärpolitische Prioritäten setzen müsse, heißt es in einer aktuellen Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Die USA würden sich dann noch stärker als bisher auf den Machtkampf gegen China fokussieren und womöglich bei ihrer Präsenz in Europa Einsparungen vornehmen. Aktuell werden die diesbezüglichen Pläne der Trump-Administration sowohl in Washington als auch in Berlin scharf kritisiert. Würden sie umgesetzt, komme das einem "Geschenk an Putin" gleich, urteilen US-Politiker wie auch deutsche Militärs. Freilich wäre es für die USA nicht leicht, größere Reduzierungen in der Bundesrepublik vorzunehmen: Hiesige Militäreinrichtungen spielen für US-Kriege eine zentrale Rolle. ex.klusiv
Die "Impfstoff-Allianz"
Deutschland plant "Allianz" zur Herstellung eines Covid-19-Impfstoffs mit anderen europäischen Staaten - gegen die USA.
BERLIN (Eigener Bericht) - Die Bundesregierung nutzt die Covid-19-Pandemie zu einer Ausweitung ihrer strategischen Absetzbewegung von den USA. Berichten zufolge ist Berlin führend an der Formierung einer europäischen "Impfstoff-Allianz" beteiligt, der neben Deutschland auch Frankreich, Italien und die Niederlande angehören. Ziel sei es zu verhindern, dass die EU "im geopolitischen Wettrennen um Corona-Impfungen" gegenüber den Vereinigten Staaten und China das Nachsehen habe, heißt es. Die beteiligten Länder befinden sich demnach in Gesprächen mit Pharmakonzernen, um im Gegenzug gegen staatliche Forschungsgelder und Abnahmegarantien die Verteilung des ersehnten Covid-19-Impfstoffs nach eigenen Vorstellungen zu regeln. Zuvor war bekannt geworden, dass die Trump-Administration sich ihrerseits im Gegenzug gegen milliardenschwere Subventionen den nationalen Zugriff auf den Großteil eines künftigen Impfstoffs gesichert hat. Jetzt plant auch die EU Milliardensubventionen für Pharmakonzerne - obwohl diese ohnehin als überaus profitabel gelten. ex.klusiv
Einen Bericht unserer Redaktion über die Zurückweisung humanitärer Hilfe während der Covid-19-Pandemie hat das Unternehmen Facebook als "Fehlinformation" gekennzeichnet und die Verbreitung eingeschränkt. Als "Fehlinformation" will Facebook die Tatsache deuten, dass der chinesische Staatspräsident mehreren europäischen Staatsrepräsentanten, darunter der deutschen Bundeskanzlerin, sofortige medizinische Hilfe angeboten hatte, aber dass diese Hilfe zwar von Frankreich, Serbien und Spanien unmittelbar angefordert wurde, jedoch nicht von der Bundesrepublik. Erst nach Veröffentlichung dieses Affronts durch internationale Medien, darunter auch german-foreign-policy.com, und angesichts der möglichen Folgen für Covid-19-Opfer in Deutschland bequemte sich Berlin, die Hilfe anzunehmen. Dass unsere Darstellung dieser Ereignisse bei Facebook als "Fehlinformation" gekennzeichnet wird, geht auf eine "Faktenprüfung" des privatwirtschaftlichen Dienstleisters correctiv.org zurück. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser "Faktenprüfung" haben wir die Kontroverse am 4. Juni öffentlich gemacht. Die Reaktion des Dienstleisters vom 5. Juni offenbart die politische Tragweite seiner Auftragsarbeit. Wir veröffentlichen das Antwortschreiben unserer Redaktion an correctiv.org vom 8. Juni und beenden damit die Korrespondenz. Weiterlesen
Die europäische Cloud
Deutschland und Frankreich starten Initiative "Gaia-X" für eine europäische Cloud-Struktur. Ziel: Unabhängigkeit von den USA.
BERLIN/PARIS (Eigener Bericht) - Mit der gestern offiziell gestarteten Initiative "Gaia-X" wollen Deutschland und Frankreich eine "europäische" Alternative zu den großen US-amerikanischen und chinesischen Cloud-Dienstleistern schaffen. Hintergrund ist, dass Cloud-Dienste immer mehr an Bedeutung gewinnen; deutlich wurde dies vor allem nach dem Covid-19-Shutdown, der zahlreiche Unternehmen zur Umstellung auf Onlineheimarbeit und damit zur Nutzung von Cloud-Diensten zwang. Aus Furcht vor Wirtschaftsspionage hatten sich zahlreiche Unternehmen bislang geweigert, Cloud-Dienste von Amazon, Microsoft, Google oder Alibaba in größerem Umfang zu nutzen - dies auch, weil ein US-Gesetz aus dem Jahr 2018 es den US-Behörden unter bestimmten Umständen erlaubt, auf Daten zuzugreifen, die US-Konzerne bei sich speichern. Zudem hieß es mit Blick auf die Praktiken der Trump-Administration, man sei, wenn man nicht über eine eigene Cloud-Struktur verfüge und auf US-Firmen angewiesen sei, politisch erpressbar. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nennt die Initiative die "vielleicht wichtigste digitale Bestrebung Europas in dieser Generation". ex.klusiv
Kriegsübung trotz Pandemie (II)
Am Wochenende beginnen Kriegsübungen auf der Ostsee unter Beteiligung der Bundeswehr.
BERLIN (Eigener Bericht) - Unter Beteiligung der Bundeswehr beginnt am Wochenende trotz anhaltender Einschränkungen des zivilen Lebens im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie eine große Kriegsübung auf der Ostsee. Im Rahmen des US-geführten Manövers BALTOPS 2020 werden Truppen aus 17 NATO-Staaten und zwei verbündeten Ländern für insgesamt neun Tage gemeinsam den Seekrieg proben. Die westlichen Mächte halten trotz der Coronakrise ebenso an der Übung fest wie an dem US-Großmanöver Defender Europe 20, das die Verlegung von US-Truppen in Divisionsstärke über den Atlantik in Richtung russische Grenze probt und in - pandemiebedingt - reduzierter Form unter der Bezeichnung Defender 20-plus weitergeführt wird. Dem BALTOPS-Manöver, das seit 1971 jährlich abgehalten wird, kommt vor dem Hintergrund der zunehmenden Spannungen zwischen den westlichen Mächten und Russland eine erhöhte Bedeutung zu. In einem etwaigen Krieg zwischen der NATO und Russland wäre die Ostsee eine militärstrategische Schlüsselregion. ex.klusiv
AACHEN Kürzlich haben uns mehrere Leser darauf aufmerksam gemacht, dass einer unserer Texte auf Facebook als "Fehlinformation" etikettiert wird. Verantwortlich dafür ist correctiv.org, eine Online-Plattform, die unter anderem eine "Faktenprüfung" für Facebook vornimmt. Laut - von uns nicht überprüften - Berichten wird correctiv.org dafür von Facebook bezahlt. Die Einstufung unseres Textes als "Fehlinformation" ist unzutreffend. correctiv.org weigert sich dennoch, sie zurückzunehmen. Damit stigmatisiert die Plattform einen korrekten, freilich kritischen Bericht und trägt dazu bei, seine Verbreitung einzuschränken. Wir haben deshalb Anlass, die interessierte Öffentlichkeit auf die Praktiken von correctiv.org und ihr Geschäftsmodell aufmerksam zu machen. Wir dokumentieren den Vorfall. Weiterlesen