Transatlantische Weltraumrivalen

Airbus, Leonardo und Thales schließen ihre Raumfahrtaktivitäten zu einem europäischen Joint Venture zusammen, um mit Elon Musks Unternehmen Starlink konkurrieren zu können. Dies führt zu neuen Spannungen mit den USA.

BERLIN/PARIS/ROM (Eigener Bericht) – Die europäischen Raumfahrtunternehmen Airbus, Leonardo und Thales kündigen die Zusammenlegung ihrer Raumfahrtaktivitäten an. Das neue Joint Venture mit dem Namen „Projekt Bromo” soll seinen Sitz in Toulouse (Frankreich) haben und rund 25.000 Mitarbeiter in ganz Europa beschäftigen. Die Aufteilung der Anteile zwischen den drei Unternehmen steht bereits fest; doch muss das Projekt noch einige Hürden nehmen, darunter die wettbewerbsrechtliche Prüfung durch die EU-Kommission. Die europäischen Konzerne stehen in einem harten Wettbewerb mit dem US-Unternehmen Starlink, das erfolgreich in den europäischen Raumfahrtmarkt vorgedrungen ist. Airbus, Thales und Leonardo hingegen haben im vergangenen Jahr Verluste verzeichnet. Die EU hat kürzlich einen Entwurf für ein EU-Weltraumgesetz vorgelegt, das den EU-Weltraummarkt harmonisieren und ausländischen Unternehmen Compliance-Kosten auferlegen soll. Dies ruft neue Spannungen mit den USA hervor. Die Nachricht von der geplanten Fusion kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die EU Anstrengungen unternimmt, ihrer starken Abhängigkeit von den USA in der Raumfahrt durch den Aufbau eigener Kapazitäten zu entkommen.

„Projekt Bromo“

Die europäischen Weltraumkonzerne Airbus (Deutschland/Frankreich), Leonardo (Italien) und Thales (Frankreich) haben am vergangenen Donnerstag eine vorläufige Vereinbarung zur Zusammenlegung ihrer Weltraumgeschäfte in einem neuen Gemeinschaftsunternehmen vorgestellt. Das neue, vergrößerte Unternehmen, das sich mit Satellitenbau, Raumfahrtsystemen und -dienstleistungen befassen wird, soll mit chinesischen und US-amerikanischen Konzernen, insbesondere mit Elon Musks SpaceX-Tochterfirma Starlink, konkurrieren.[1] Unter der Bezeichnung „Projekt Bromo” soll es seinen Sitz in Toulouse (Frankreich) haben, rund 25.000 Arbeiter in ganz Europa beschäftigen und einen Jahresumsatz von etwa 6,5 Milliarden Euro erzielen.[2] Was die Eigentumsverhältnisse betrifft, wird Airbus 35 Prozent halten, die beiden anderen jeweils 32,5 Prozent. Das neue Unternehmen soll sich an MBDA orientieren, Europas Raketenchampion, der 2001 von Airbus, der britischen BAE Systems und der italienischen Leonardo gegründet wurde.[3] Dabei halten die britischen Unternehmen BAE Systems und Airbus jeweils 37,5 Prozent an MBDA, Leonardo hingegen 20 Prozent.

Noch ein langer Weg

Die seit über einem Jahr andauernden Gespräche befinden sich allerdings noch in einem vorläufigen Stadium; das Projekt muss noch einige heikle Hürden überwinden. Zunächst müssen die Regierungen Frankreichs, Deutschlands und Italiens der Allianz zustimmen.[4] Die derzeitige instabile politische Lage in Frankreich könnte den Prozess zusätzlich erschweren. Darüber hinaus birgt die Zusammenlegung der Geschäfte dreier großer europäischer Konkurrenten erhebliche praktische Herausforderungen.[5] Die größte Hürde ist jedoch die Überwindung der wettbewerbsrechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission; frühere Versuche, Satellitenaktivitäten mehrerer Konzerne zusammenzulegen, sind in den vergangenen zehn Jahren jeweils an kartellrechtlichen Bedenken gescheitert.[6] Eine Fusion könnte auch dazu führen, dass die Europäische Weltraumorganisation (ESA) nur noch begrenzte Möglichkeiten für die Vergabe von Satellitenaufträgen hat, wie Rolf Densing, Direktor für Operationen bei der ESA, befürchtet.[7] Allerdings könnte der Aufstieg von Elon Musks Starlink-Netzwerk die Kommission dazu bewegen, eine Fusion zu genehmigen, da die europäischen Konzerne ansonsten vor dem Aus zu stehen drohen.

Mit Starlink konkurrierend

Die drei europäischen Unternehmen sind bereits hart von dem starken Rückgang der Nachfrage nach traditionellen geostationären Telekommunikationssatelliten betroffen, die sich in einer Höhe von 36.000 Kilometern über der Erde befinden.[8] Die Einführung des Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetzes von Starlink in der niedrigen Erdumlaufbahn bedroht auch den Internetkonnektivitätsmarkt der europäischen Konkurrenz. Seit 2023 hat Airbus mehr als zwei Milliarden Euro an Kosten aus unrentablen Weltraumverträgen verbucht und im vergangenen Jahr sogar den Abbau von 2.000 Arbeitsplätzen angekündigt. Thales Alenia Space (TAS), ein Joint Venture, das zu 67 Prozent Thales und zu 33 Prozent Leonardo gehört, hat in den vergangenen zwei Jahren fast 1.300 Stellenstreichungen angekündigt. Starlink hingegen hat sich erfolgreich in Europa etabliert, zumal es bereits in Ländern wie der Ukraine [9] tätig ist, wo es durch den Einsatz von etwa 50.000 Terminals die Internetverbindung des Landes aufrechterhält. Zu Jahresbeginn stand Starlink kurz davor, einen 1,5-Milliarden-Euro-Auftrag für verschlüsselte Kommunikationssysteme mit Italien abzuschließen – das größte Projekt dieser Art in Europa.[10] Das Vorhaben wurde allerdings nach Protesten gestoppt.

Transatlantische Spannungen

Die EU erkennt den Weltraum seit geraumer Zeit zunehmend als strategischen Bereich an und hat im Juni dieses Jahres sogar – als Teil ihrer neuen Weltraumstrategie – ein neues EU-Weltraumgesetz vorgeschlagen. Der Gesetzesentwurf zielt darauf ab, einen EU-Binnenmarkt für den Weltraum zu schaffen, indem die fragmentierten nationalen Vorschriften harmonisiert werden.[11] Das Gesetz wird allerdings von den USA als wettbewerbsfeindlich kritisiert – aus naheliegenden Gründen. Denn ihm zufolge müsste ein US-amerikanisches Raumfahrtunternehmen, das in der EU geschäftlich tätig werden möchte, die technischen, Cybersicherheits- und Umweltstandards der EU einhalten, was ihm zusätzliche Kosten in Höhe von 100.000 bis 1,5 Millionen Euro verursachen würde.[12] In einer im Auftrag der US-Regierung erstellten Analyse stufte etwa das International Center for Law and Economics, ein wissenschaftliches Wirtschaftsforschungszentrum, die Compliance-Anforderungen als „nichttarifäre Barriere“ (NTB) nach den Prinzipien der Welthandelsorganisation WHO ein.[13] Freilich handelt es sich bei dem Gesetz derzeit nur um einen Vorschlag, der voraussichtlich nicht vor dem 1. Januar 2030 in Kraft treten wird.

Auf dem Weg zur Nummer eins

Zurzeit ist die EU im Weltraumsektor „extrem abhängig von den USA“, wie Juliana Süß, Expertin der Arbeitsgruppe Sicherheitspolitik der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), konstatiert.[14] Die Abhängigkeit von den Raumfahrtkapazitäten der USA reicht ihr zufolge von „Aufklärung, Kommunikation und Navigation“ bis hin zur „Raketenfrüherkennung“ und der Nutzung des US-amerikanischen GPS-Navigationssystems für die deutschen Taurus-Marschflugkörper. Infolgedessen hat die EU Anfang dieses Monats einen neuen „Fahrplan für die Verteidigungsbereitschaft 2030“ vorgestellt, in der unter anderem der Entwicklung eines europäischen Luftabwehr- und eines Weltraumschildes besondere Bedeutung beigemessen wird.[15] Die Arbeit an den beiden Schutzschilden soll jeweils im zweiten Quartal des nächsten Jahres gestartet werden, wobei Deutschland eine führende Rolle übernehmen will. Laut Verteidigungsminister Boris Pistorius strebt die Bundesregierung den Aufbau einer weitreichenden „Weltraumsicherheitsarchitektur“ an und plant, bis 2030 35 Milliarden Euro für den Ausbau der militärischen Weltraumkapazitäten bereitzustellen.[16] Dies ist Teil der von Bundeskanzler Friedrich Merz erklärten Absicht, die Bundeswehr zu den stärksten konventionellen Streitkräften Europas zu machen. Wie sich der geplante Zusammenschluss der Weltraumgeschäfte von Airbus, Leonardo und Thales darin einfügt, muss sich zeigen.

 

[1] Europe’s answer to Starlink? Airbus, Thales, and Leonardo agree to satellite merger. euronews.com 21.10.2025.

[2] Airbus, Leonardo and Thales sign Memorandum of Understanding to create a leading European player in space. airbus.com 23.10.2025.

[3] Peggy Hollinger, Sylvia Pfeifer: Space groups near deal on creation of European champion. ft.com 21.10.2025.

[4] Peggy Hollinger, Sylvia Pfeifer: Airbus and Thales explore space tie-up. ft.com 15.07.2024.

[5] Peggy Hollinger, Sylvia Pfeifer: Airbus, Leonardo and Thales strike space deal to rival Musk’s SpaceX. ft.com 23.10.2025.

[6] Giulia Segreti, Tim Hepher: European aerospace groups reach framework deal on satellite merger, sources say. reuters.com 20.10.2025.

[7] Francesca Micheletti: European giants strike deal on €6B space champion to rival Elon Musk. politico.eu 23.10.2025.

[8] Peggy Hollinger, Sylvia Pfeifer, Barbara Moens: European plans to create space champion face challenging timeline. ft.com 12.06.2025.

[9] Europe’s answer to Starlink? Airbus, Thales, and Leonardo agree to satellite merger. euronews.com 21.10.2025.

[10] Aaron Kirchfeld, Siddharth Philip, Pamela Barbaglia, Daniele Lepido: Airbus Hires Goldman for European Space Tie-Up to Rival Musk. bloomberg.com 04.02.2025.

[11] Beatrice Gorawantschy, Meike Lenzner, Lavinia Klarhoefer: A New Race for Space – Can the EU Keep Pace? kas.de 14.10.2025.

[12] Kevin M. O'Connell, Clayton Swope: Op-ed: The EU Space Act Will Stifle Innovation And Hurt US Space Companies. payloadspace.com 22.08.2025.

[13] Alden Abbott: U.S. And EU Clash On Promoting Space Commerce And Innovation. forbes.com 27.08.2025.

[14] Stephan Löwenstein: Ohne Weltraum keine Verteidigung. Frankfurter Allgemeine Zeitung 08.10.2025.

[15] S. dazu Vom Drohnen- zum Weltraumkrieg.

[16] Rede: Bundesminister der Verteidigung Pistorius beim 3. BDI-Weltraumkongress. bmvg.de 25.09.2025.


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