Der größte Gläubiger

BERLIN/LONDON (Eigener Bericht) - Berliner Regierungsberater sagen Großbritannien einen raschen Verlust seiner weltpolitischen Bedeutung voraus. Das Vereinigte Königreich habe sein Militär mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak überfordert und könne seine Streitkräfte - "eines der zentralen Instrumente zur Durchsetzung politischer Ziele" - nicht mehr auf ihrem gegenwärtigen Niveau stabilisieren, heißt es in einem Arbeitspapier der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Verschärft werde die Entwicklung durch hohe finanzielle Einbußen wegen der Weltwirtschaftskrise; dem "Finanzplatz London" stehe möglicherweise ebenfalls ein schwerer Einflussverlust bevor. Der Abstieg Londons werde wohl "zu einer Verschiebung des weltweiten politischen Machtgefüges zugunsten von neu aufstrebenden Mächten führen", meinen die Autoren. Die von Wunschdenken gesättigten Prognosen sind nicht ohne Realitätsbezug: Großbritanniens Wirtschaft gerät in der EU immer stärker ins Hintertreffen. Die ökonomische Schwäche führt zu einem Handelsdefizit, das Londoner Quellen als "astronomisch" bezeichnen. Die größten Schulden fährt Großbritannien im Handel mit Deutschland ein. 70 Jahre nach Kriegsbeginn ist die Bundesrepublik zum Gläubiger der einstigen Siegermacht geworden.

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