Champagnerlaune

BERLIN/KARLSRUHE/LEIPZIG/PARIS (Eigener Bericht) - Die heutige Einweihung des neuen Berliner Zentralbahnhofs wird von Protestaktionen in mehreren deutschen Städten begleitet. Die Veranstaltungen und Demonstrationen richten sich gegen die Unternehmensführung der Deutschen Bahn AG, der Geschichtsvergessenheit vorgeworfen wird. Zentrum der Proteste ist Karlsruhe. Dort werden ausländische Opfer der Massendeportationen der Reichsbahn erwartet, des Vorgängerunternehmens der heutigen Bahn AG. Gemeinsam mit den deutschen Veranstaltern wollen die Gäste auf dem Karlsruher Hauptbahnhof an das Schicksal von etwa drei Millionen Menschen erinnern, die auf dem deutschen Schienennetz in die NS-Vernichtungslager verschleppt wurden. Eine mehrmalige Bitte um Beteiligung von Bahn-Repräsentanten wurde den Veranstaltern, darunter der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), kommentarlos abgeschlagen. "Damit setzt der Kreis um die Berliner Konzernleitung seine seit zwei Jahren anhaltende Politik der Obstruktion fort", heißt es auf Anfrage dieser Redaktion in Karlsruhe. Während die Erinnerung an das Schicksal der Deportierten gegen den Widerstand der Reichsbahn-Erben durchgesetzt wird, feiert die Crème des heutigen Unternehmens die Eröffnung ihres wieder auferstandenen Berliner Hauptbahnhofs mit einem Mega-Event. Allein die Kosten für diverse Sekt- und Lachsempfänge an diesem Freitag betragen ein Mehrfaches der Aufwendungen, die für eine Deportations-Ausstellung auf den deutschen Publikumsbahnhöfen veranschlagt worden ist. Über den hinhaltenden Widerstand der Mehdorn-Gruppe setzen sich immer mehr Stadtverwaltungen und Parlamentsfraktionen hinweg, so in Weimar und jetzt auch in Leipzig. Sie kooperieren mit einer gemeinsamen Kommission der privaten Ausstellungs-Initiatoren aus Frankreich und der Bundesrepublik, die eine erste Präsentation zahlreicher Dokumente und Fotos auf einem deutschen Publikumsbahnhof noch in diesem Jahr verlangen. "Notfalls wird die Berliner Konzernzentrale mit den Reichsbahn-Opfern unmittelbar konfrontiert werden müssen", befürchtet die Sprecherin der Initiative "Elftausend Kinder".

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