Kriegsübungen in Grönland

Mehrere europäische NATO-Staaten, darunter Deutschland, führen Kriegsübungen bei und auf Grönland durch und bekräftigen damit ihren Widerstand gegen US-Annexionspläne. Das Manöver richtet sich zugleich gegen Russland.

NUUK/KOPENHAGEN/BERLIN (Eigener Bericht) – Mit Kriegsübungen bei und auf Grönland demonstrieren mehrere europäische NATO-Staaten, darunter Deutschland, ihren Widerstand gegen die US-Forderung nach einer Annexion der dänischen Insel. US-Präsident Donald Trump hat mehrmals bekräftigt, Grönland den USA einverleiben zu wollen, und den Einsatz militärischer Mittel nicht ausgeschlossen. Mehrere US-Geheimdienste haben erste subversive Aktivitäten initiiert, um auf Grönland Parteigänger sowie Gegner der Vereinigten Staaten zu identifizieren und erste Unruhe zu stiften. Nach einem Besuch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Mitte Juni in Grönlands Hauptstadt Nuuk traf im Juni mit dem Einsatzgruppenversorger Berlin erstmals ein deutsches Kriegsschiff dort ein; zudem reiste Nils Schmid, Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, an, um die Botschaft zu übermitteln, für die Bundesrepublik sei „die Sicherheit Grönlands“ kein „Lippenbekenntis“. Mit den Maßnahmen, die Dänemark den künftigen Beistand der EU bei der Abwehr möglicher US-Übergriffe zusichern sollen, gewinnt die Militarisierung der dänischen Insel an Fahrt – auch mit Blick auf den Machtkampf gegen Russland.

Erste subversive Schritte

Die Trump-Administration hat längst konkrete Aktivitäten gestartet, die geeignet sind, eine Abspaltung Grönlands von Dänemark und seine Übernahme durch die Vereinigten Staaten in die Wege zu leiten. Bereits Anfang Mai hatte das Wall Street Journal berichtet, mehrere US-Geheimdienste – darunter die CIA und die NSA – hätten begonnen, Informationen über die Unabhängigkeitsbewegung in Grönland zu sammeln; das sei „einer der ersten konkreten Schritte“ auf dem Weg zu dem Ziel, „Grönland zu erwerben“, kommentierte die Zeitung.[1] Ende August meldete dann der öffentlich-rechtliche Dänische Rundfunk (DR), sich dabei auf Regierungs- und Geheimdienstquellen beziehend, erste US-Spionageoperationen hätten inzwischen an Fahrt aufgenommen. Zwei Ex-Mitarbeiter von US-Präsident Donald Trump sowie eine Person aus seinem persönlichen Umfeld hätten erste Listen erstellt – eine, auf der grönländische Anhänger der Vereinigten Staaten verzeichnet seien, sowie eine, die Gegner eines grönländischen Beitritts zu den USA umfasse.[2] Außerdem arbeiteten sie Themen auf, die geeignet seien, in Grönland Stimmung gegen Dänemark zu machen. Ergänzend nähmen sie Kontakt zu Politikern, Geschäftsleuten und potenziellen Aktivisten in Grönland auf.

„Ein starkes Signal“

Erste europäische Staaten haben mittlerweile begonnen, Dänemark gegenüber den USA den Rücken zu stärken und dabei auch auf militärische Gesten zurückzugreifen. Bereits Ende Januar hatte der Vorsitzende des EU-Militärausschusses, der österreichische General Robert Brieger, dafür plädiert, Truppen aus EU-Mitgliedstaaten in Grönland zu stationieren; das „wäre ein starkes Signal“, äußerte Brieger.[3] Bislang ist dies freilich noch nicht geschehen. Am 15. Juni traf – als erster auswärtiger Staatschef – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zum Besuch in Grönlands Hauptstadt Nuuk ein. Macron begab sich in Begleitung von Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen demonstrativ auf eine im Hafen von Nuuk ankernde dänische Fregatte, bevor er mit Frederiksen und Grönlands Regierungschef Jens-Frederik Nielsen zu einem Gespräch zusammentraf. Anschließend erklärte er, er habe seine Reise angetreten, „um die Solidarität Frankreichs und der Europäischen Union für die Souveränität und die territoriale Integrität dieses Territoriums“ zu bekunden. Alle Grenzen der Region müssten „unantastbar“ sein.[4] Frankreich sei jederzeit bereit, „gemeinsame Manöver“ mit weiteren Ländern der Arktisregion abzuhalten, um der Forderung Nachdruck zu verleihen.

„Keine Lippenbekenntnisse“

Mitte August zeigte sodann auch Deutschland in Grönland Präsenz. Am 16. August lief mit dem Einsatzgruppenversorger Berlin zum ersten Mal ein deutsches Kriegsschiff in den Hafen von Nuuk ein. Offizieller Hintergrund waren Kriegsübungen im Nordatlantik, bei denen die Verhinderung einer etwaigen Durchfahrt russischer U-Boote durch die sogenannte GIUK-Lücke (Greenland, Iceland, United Kingdom) in den Nordatlantik geprobt wurde; dort wären sie in der Lage, den militärischen Nachschub aus Nordamerika nach Europa zu attackieren. Faktisch ging es auch darum, militärische Präsenz in Grönland zu demonstrieren. Am 18. August traf darüber hinaus Nils Schmid, Parlamentarischer Staatssekretär im Berliner Verteidigungsministerium, in Nuuk ein. Schmid führte an Bord der dort liegenden Triton, eines Patrouillenschiffs der Königlich Dänischen Marine, Gespräche mit Dänemarks Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen sowie mit Grönlands Ministerin für Äußeres und Handel, Vivian Motzfeld. Bei einem gemeinsamen Statement äußerte er, nicht nur die „Stabilität in der Arktis“, sondern auch „die Sicherheit Grönlands“ sowie „die Solidarität mit unseren Verbündeten“ seien „für uns keine Lippenbekenntnisse“.[5] Für September ist noch ein Besuch von Verteidigungsminister Boris Pistorius in Nuuk angekündigt.

Manöver ohne US-Truppen

Anfang vergangener Woche haben nun mehrere europäische NATO-Staaten Kriegsübungen bei und auf Grönland begonnen, die bis Ende dieser Woche dauern sollen. An den Übungen mit dem Namen Arctic Light, die von Dänemark angeführt werden, beteiligen sich auch Truppen aus Norwegen, Schweden, Frankreich und Deutschland. Insgesamt seien rund 550 Soldaten beteiligt, wird berichtet – dänische Einheiten zu Land, zu Wasser und in der Luft, aus Frankreich ein Kriegsschiff, ein Tankflugzeug sowie eine mit Drohnen ausgestattete Infanterieeinheit, aus Deutschland insbesondere Militärbeobachter. US-Truppen nehmen an dem Manöver nicht teil.[6] Dänemarks Verteidigungsminister Lund Poulsen erklärte am Montag anlässlich eines gemeinsamen Manöverbesuchs mit seinen Amtskollegen aus Dänemark und Island, „die aktuelle Sicherheitslage“ zwinge „uns dazu, die Präsenz von Streitkräften in der Arktis“ deutlich zu stärken.[7] Das Manöver sei „ein gutes Beispiel“ für die gemeinsamen Aktivitäten beim Versuch, „Bedrohungen in der Arktis zu adressieren“.

Gegen Russland

Während das Manöver die europäische Präsenz in Grönland stärkt und damit gegen die Vereinigten Staaten Stellung bezieht, trägt es gleichzeitig zur Militarisierung der Arktis bei – und dient nicht zuletzt auch der Positionierung gegen Russland. So hat Dänemark bereits im Januar eine Vereinbarung nicht bloß mit Grönland, sondern auch mit den Färöer-Inseln geschlossen, die unter anderem darauf abzielt, „die Überwachungskapazitäten in der Region zu verbessern“.[8] Der dänische Generalmajor Søren Andersen erklärte mit Blick auf das Manöver, Russland habe seine Positionen in der Arktis „in den vergangenen 20 Jahren“ gestärkt. Man gehe davon aus, dass es nach dem Ende des Ukraine-Kriegs seine Stellung andernorts ausbauen werde – eventuell in der Arktis. Dagegen beziehe man schon jetzt Position.

 

[1] Katherine Long, Alexander Ward: U.S. Orders Intelligence Agencies to Step Up Spying on Greenland. wsj.com 06.05.2025.

[2] Paul Kirby: US tells Denmark to ‘calm down’ over alleged Greenland influence operation. bbc.com 28.08.2025.

[3] S. dazu Der Kampf um Grönland (I).

[4] Au Groenland, Emmanuel Macron exprime la solidarité européenne et critique la volonté d’annexion de Donald Trump. lemonde.fr 15.06.2025.

[5] Ole Henckel: Sicherheit im Hohen Norden: Deutschland beweist Handlungsfähigkeit. bmvg.de 19.08.2025.

[6] Arctic Light 2025: Denmark to Hold Military Exercise in Greenland with NATO Allies. highnorthnews.com 05.09.2025.

[7] Verteidigungsminister nordischer Staaten nehmen an Militärmanöver teil. zeit.de 15.09.2025.

[8] Philipp Jenne: Denmark leads an exercise in Greenland, with Russia in mind at a time of tensions with the US. apnews.com 16.09.2025.


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