Kriegstüchtige Kasernen
Die Bundesregierung setzt in Vorbereitung auf einen Krieg gegen Russland ihre Politik der stetig steigenden Investitionen in Bundeswehrliegenschaften fort. Ziel: Kriegstüchtigkeit bis 2029.
BERLIN (Eigener Bericht) – Im Rahmen der Um- und Aufrüstung der Bundeswehr für einen Krieg gegen Russland intensiviert die Bundesregierung die Baumaßnahmen an Bundeswehrkasernen. Das Bundesministerium der Verteidigung gibt an, im vergangenen Jahr rund 1,6 Milliarden Euro in Bundeswehrliegenschaften investiert zu haben. Das ist eine deutliche Steigerung innerhalb eines Jahrzehnts: 2013 waren es noch 0,6 Milliarden Euro gewesen, 2023 dann schon mit 1,3 Milliarden Euro mehr als doppelt so viel; die Steigerung von 2023 bis 2024 betrug erneut mehr als 20 Prozent. In den Kasernen lässt Berlin unter anderem neue Unterkünfte, Ausbildungsstätten und Spezialgebäude für neue Waffensystem errichten. Bürokratische Hürden für militärische Bauvorhaben hat die Bundesregierung bereits deutlich reduziert und plant für die nächsten Monate weitere Deregulierungsschritte. Das soll nicht zuletzt ein standardisiertes Bauen durch Generalunternehmen ermöglichen. Mit dem Aufbau einer autonomen (Not-)Stromversorgung will Berlin zudem die Bundeswehrliegenschaften resilienter machen. In einem Krieg gegen die Atommacht Russland wären die Bundeswehrkasernen ein potenzielles Angriffsziel – anders als bei den Kriegen etwa in Mali oder Afghanistan.
Jährliche Steigerung
Um die „Kriegstüchtigkeit bis 2029“ zu erreichen, die Verteidigungsminister Boris Pistorius bereits im vergangenen Jahr forderte, sind nach Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung an „nahezu jeder Liegenschaft der Bundeswehr Baumaßnahmen geplant oder in der Ausführung“. Neben Kriegsbereitschaft sei „Aufwuchsfähigkeit“ der Armee „das leitende Ziel“ bei den Investitionen in die Bundeswehrkasernen. Es herrsche „massiver Zeitdruck“, heißt es in einem aktuellen Bericht des Verteidigungsministeriums. Im vergangenen Jahr seien mehr als 450 Baumaßnahmen abgeschlossen worden, 20 Prozent mehr als im Jahr 2023. Dadurch verfüge die Bundeswehr jetzt unter anderem über zusätzliche 38.000 Quadratmeter nutzbare Büroflächen und 48 neue Ausbildungseinrichtungen. Inzwischen seien 60 Prozent der Soldatenunterkünfte, 70 Prozent der Büroflächen und 70 Prozent der Ausbildungsstätten in einem guten bis sehr guten Zustand.[1] Das Ministerium plant weiterhin eine „jährliche Steigerung des Projekt- und Bauvolumens“ an Bundeswehrliegenschaften „von 10 bis 20 Prozent“.[2] Insgesamt stünden, so heißt es, „gegenwärtig rund 8.000“ militärische Bauvorhaben an. Das sind 1.000 mehr als noch im Februar 2024 angekündigt.[3] Mittelfristig plant Berlin 24 Milliarden Euro, langfristig 67 Milliarden Euro in die Bundeswehrliegenschaften im Inland zu investieren.[4]
Entbürokratisierung
Um Bauarbeiten an militärischen Liegenschaften zu beschleunigen, hatte Verteidigungsminister Pistorius vergangenes Jahr in Zusammenarbeit mit den Ländern einen Maßnahmenkatalog erarbeitet. Ziel war es, bürokratische Hürden abzubauen und die ressortübergreifende Zusammenarbeit effizienter zu gestalten. In seinem bereits erwähnten Bericht gibt das Verteidigungsministerium nun bekannt, für den militärischen Bau eine Vielzahl an juristischen Regelungen außer Kraft gesetzt zu haben. Außerdem sei im Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) eine neue Organisationsstruktur zur Umsetzung sogenannter „Schnelläuferprojekte“ geschaffen worden. Für die nächsten Monate und Jahre plant das Ministerium „zusätzliche Deregulierungsschritte zur weiteren Beschleunigung des militärischen Bundesbaus“ – denn die aktuellen Vorhaben im Wert von 24 Milliarden Euro „übertreffen“ die „bestehenden Realisierungsmöglichkeiten bei Weitem“. Um die geplanten Baumaßnahmen dennoch beschleunigt durchführen zu können, plant Berlin weitere „Gesetzesvereinfachungen im Vergabe-, Bau- und Umweltrecht“. Unter anderem will die Bundesregierung die „Eigenvollzugskompetenzen“ der Armee „bei der Billigung und Genehmigung“ von Bauvorhaben ausweiten und den Grundsatz der losweisen Vergabe von Bauaufträgen vollständig aufheben. Damit hofft sie die „Einschaltung von Generalunternehmen“ zu ermöglichen – mit dem Ziel einer „weitgehende[n] Standardisierung des Bauens für die Bundeswehr“. Als „bundesweite, einheitliche Grundlage für sämtliche“ militärische „Neubauten“ werde es künftig „vier Standard-Typengebäude “ geben, nicht zuletzt, um eine „größtmögliche[...] industrielle[...] Vorfertigung“ zu ermöglichen – ein Schritt, der nur bei einer hohen Zahl an geplanten Neubauten sinnvoll ist.[5]
Mehr Betten für mehr Soldaten
Die Standardisierung der Bundeswehrneubauten sei ein „wesentlicher Grundstein“ für das Bundeswehrbauprogramm für Unterkünfte, in dessen Rahmen die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in 32 Bundeswehrkasernen 7.300 Einzelunterkünfte „mit eigenem Duschbad“ bauen soll, heißt es weiter in dem Bericht. Mit einem eigenen Bad für die Soldaten hofft Berlin auch in Zeiten eines drohenden Krieges gegen die Atommacht Russland „die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber weiter zu steigern“. Die Möglichkeiten der Militärs, ihre Wünsche und Vorstellungen in die Planung der Kasernen einzubringen, werde allerdings künftig „restriktiv eingeschränkt“, heißt es weiter. Grundsätzlich benötigt die Bundeswehr neue Unterkunftskapazitäten für den „zur Herstellung der Kriegstüchtigkeit der Streitkräfte erforderlichen Aufwuchs der Truppenstärke“. Auch eine Wiedereinführung der Wehrpflicht setzt ausreichend Betten in den Kasernen voraus. Neben Unterkünften benötigen „ aufwuchsfähige Streitkräfte“ auch Ausbildungsgebäude, um aus den Rekruten einsetzbare Soldaten zu formen. Im vergangen Jahr hat Berlin eine Ausbildungsanlage für die Besatzungen des Schützenpanzers Puma und einen Flugsimulator für die Aufklärungsdrohne Heron TP eingerichtet. 15 weitere Ausbildungsanlagen sind bereits angestoßen.[6]
Strukturanpassung
Neben dem lang- und kurzfristigen Truppenaufwuchs dienen die Baumaßnahmen der strukturellen Anpassung der Bundeswehr in Vorbereitung auf einen Krieg gegen Russland. Der „Fokus bei den Bauvorhaben“ liege „auf der Landes- und Bündnisverteidigung“, heißt es in dem Bericht.[7] Durch die Baumaßnahmen werde „auch der Liegenschaftsbetrieb im Inland an die veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen angepasst“. Bereits 2014 hat die Bundesregierung damit begonnen, die Streitkräfte umzustrukturieren: von einer Armee, die in Asien und Afrika Interventionskriege führt, hin zu einer Armee, die sich in Osteuropa gegen Russland in Stellung bringt. Mit Blick auf den drohenden Großmachtkrieg in Europa hat sie nun auch für die Bundeswehrkasernen „erste Resilienzsofortmaßnahmen“[8] angestoßen – etwa die Beschaffung von Notstromaggregaten. Auch die Waffensysteme, die im Zusammenhang mit der kriegsvorbereitenden Umstrukturierung der Bundeswehr beschafft werden, ziehen bauliche Maßnahmen nach sich – das Kampfflugzeug F-35A in Büchel, der schwere Transporthubschrauber CH-47 Chinook, der neue Seefernaufklärer P-8A Poseidon sowie das Territoriale Flugkörperabwehrsystem Arrow benötigen sämtlich Spezialgebäude, um in den Kasernen stationiert werden zu können. Berlin fährt damit fort, die 2014 eingeleitete Ausrichtung seiner Armee auf einen Krieg gegen Russland in den Gebäudestrukturen der Bundeswehr festzuschreiben.
[1] Infrastrukturbericht der Bundeswehr 2024. Berlin, Mai 2025.
[2] Infrastrukturbericht 2024 enthält rund 8.000 Bauvorhaben für die Bundeswehr. bmvg.de 06.06.2025.
[3] S. dazu Bauen für die Bundeswehr.
[4], [5], [6] Infrastrukturbericht der Bundeswehr 2024. Berlin, Mai 2025.
[7] Infrastrukturbericht 2024 enthält rund 8.000 Bauvorhaben für die Bundeswehr. bmvg.de 06.06.2025.
[8] Infrastrukturbericht der Bundeswehr 2024. Berlin, Mai 2025.

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