„Erträge, die niemandem zustehen“
Scholz befürwortet die Konfiskation von Zinserträgen russischer Staatsguthaben in der EU. Experten stufen dies als klar völkerrechtswidrig ein und warnen, andere Staaten, etwa China, könnten ihr Vermögen aus der EU abziehen.
MOSKAU/BRÜSSEL (Eigener Bericht) – Die Bundesregierung treibt die EU-Pläne zur Beschlagnahmung von Geldern der russischen Zentralbank voran. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich auf dem EU-Gipfel am gestrigen Donnerstag in Brüssel dafür aus, die Zinsen, die das Finanzinstitut auf seine in der EU eingefrorenen Guthaben erhält, zu konfiszieren und das Geld vor allem in Munition und Waffen für die Ukraine zu investieren. Den Vorschlag hatten am Mittwoch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Außenbeauftragte Josep Borrell offiziell vorgelegt. Bei den Zinsen handele es sich um „Erträge, die niemandem zustehen“ und die man deshalb abgreifen dürfe, behauptete Scholz. Bis 2027 könnten in Abhängigkeit von der Zinsentwicklung 15 bis 20 Milliarden Euro auflaufen. Wirtschafts- und Finanzkreise warnen eindringlich, die Maßnahme breche die Staatenimmunität und sei deshalb klar völkerrechtswidrig. Konfisziere man russische Zinserträge, dann könnten zudem Finanzinstitute und Konzerne etwa aus China, aber auch aus anderen Ländern beginnen, ihr Vermögen aus der EU abzuziehen, weil es dort nicht mehr als sicher gelte, heißt es. Nicht zuletzt sei mit russischen Vergeltungsmaßnahmen zu rechnen.
