Schweigegeld statt Entschädigung (II)
Herero- und Nama-Organisationen bereiten eine Klage gegen eine Vereinbarung vor, mit der Berlin die uneingeschränkte Anerkennung des Genozids an ihren Vorfahren und Entschädigungen umgehen will.
WINDHOEK/BERLIN (Eigener Bericht) – Organisationen der Herero und Nama bereiten in Namibia eine Klage gegen eine Vereinbarung zwischen Berlin und Windhoek zur Beilegung des Streits um Entschädigung für den Genozid in den Jahren 1904 bis 1908 vor. Die sogenannte Versöhnungsvereinbarung ist im Mai 2021 von den Regierungen beider Länder paraphiert, aber von der namibischen Seite nie unterzeichnet worden. Ursache ist der heftige Protest von Nachfahren der Opfer. Diese bestehen zum einen darauf, dass Berlin den Genozid uneingeschränkt anerkennt. Dies ist bis heute nicht der Fall: Die Bundesregierung will nicht einmal die Genfer Konvention von 1864 oder die Haager Landkriegsordnung von 1899 anwenden – unter anderem, weil diese nach damaliger Rechtsauffassung nur für „zivilisierte“ Bevölkerungen gegolten hätten, nicht hingegen für Einwohner afrikanischer Kolonien. Zum anderen bestehen die Organisationen der Herero und Nama darauf, förmlich Entschädigungen für den Genozid zu erhalten. Die Bundesrepublik ist nur zu einer freiwilligen Zahlung in etwa in Höhe der üblichen Entwicklungshilfe bereit. Die „Versöhnungsvereinbarung“ soll nun in Namibia vor Gericht überprüft werden.
