Die Lust an der Macht
BERLIN/WASHINGTON/BEIJING (Eigener Bericht) - Die künftige EU-Kommission soll explizit "geopolitisch" tätig werden und der Union eine führende Position in der Weltpolitik verschaffen. Dies bekräftigt die designierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, über deren Team Beobachter urteilen, es habe "die Lust an der Macht" entdeckt. Von der Leyens Pläne für die nächsten fünf Jahre entsprechen in hohem Maß dem Vorhaben Berlins, die Union als eigenständige Weltmacht zwischen den USA und China zu positionieren. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron teilt diese Absicht und warnt mit Blick auf den eskalierenden Kampf zwischen Washington und Beijing, gelinge dies nicht, werde man weltpolitisch jeden Einfluss einbüßen. Starke Kräfte in der deutschen Wirtschaft halten eine deutsch-europäische Zwischenposition für unumgänglich: Andernfalls werde man das Chinageschäft verlieren und schwerste Einbrüche erleiden, heißt es. In transatlantisch orientierten Milieus wiederum ist zu hören, Berlin und Brüssel kämen nicht umhin, sich früher oder später auf Washingtons Seite zu schlagen.