Sorge um Deutschland
Kolumne No. 1
Bestimmt kennen Sie den deutschen Adler, der heutzutage sogar an den Fahnenmasten privater deutscher Vorgärten zu sehen ist – er ist auch die Staatsikone der Bundesrepublik.
Was meist recht harmlos zwischen deutschen Blumenbeeten flattert, ist das Signunm einer Herrschaft, die auf Europa schwere Schatten wirft.
Man sieht sie nicht immer, weil diese Schatten (ökonomisch, politisch und kulturell) in der offiziösen Berichterstattung ständig retuschiert werden.
Retusche ist nicht Zensur:
Die offiziöse Berichterstattung verliert dabei ihre harten Konturen. Man erspart uns die empörenden Wirklichkeiten. Die Konturen werden weicher, sie werden Gewohnheit, solange sich niemand erhebt.
In den wirklichen, in den alltäglichen Schatten grob ungleicher Lebensverhältnisse suchen die Einen in den europäischen Abfallbehältern nach Pfandflaschen, während die Anderen, die im Licht, es sich gut gehen lassen. Gut gehen reicht hier aber nicht. Sie verschwenden, sie vergeuden, Überlebenswerte - und das in einem Ausmaß, das den Reichtum nicht mehr wohlig aussehen lässt: So wie er aussieht, ist er obszön.
Es ist die deutsche Herrschaft über Europa, die diese Verhältnisse stabilisiert – ökonomisch, politisch und auch kulturell.
Die Ikone des Adlers an den deutschen Fahnenmasten, wo er seine Schwingen ausbreitet, geht auf die Idee eines kontinentalen "Reiches" zurück. Dafür wird im deutschen Aachen jährlich ein Preis ausgelobt, der den Namen eines mittelalterlichen Herrschers trägt, den wir nach unseren heutigen Maßstäben einen Barbaren nennen müssten. Sein "Reich", an das der sogenannte Karlspreis anknüpft, war ein Imperium, das in ständigen Kriegen seine Wirtschaftsbasis erweiterte.
Die "Reichsidee" nach Karl, dem sogenannten Großen, ist in der deutschen Nationalgeschichte stets eine starke Versuchung gewesen – und für die deutschen Nachbarn in Europa eine immense Gefahr...
Nach verlorenen Kriegen wurde der "Reichsadler" mit hängenden Flügeln dargestellt – so wie im Staatswappen der Weimarer Republik...
...In Zeiten des Anspruchs, Europa erneut beherrschen zu wollen, wuchsen diese Flügel und die Krallen drohten mit Gewalt – wie im Staatswappen jenes "Deutschen Reiches", das 1945 militärisch zerschlagen worden ist....militärisch... Ökonomisch und politisch blieb es intakt. Der Adler kreiste weiter.
Der heutige deutsche Staat meint, er sei "identisch mit dem Staat 'Deutsches Reich'". Die Adler-Ikone im Staatswappen der Bundesrepublik unterstreicht diesen "Reichs"-Anspruch. Als ein grober Schatten fällt er inzwischen nicht nur auf Europa:
Berlin ist zum Hegemon des Kontinents geworden.
Kaum vereint, hat es einen völkerrechtswidrigen Krieg geführt (mindestens einen), zur Zerrschlagung der Republik Jugoslawien... Deutschland tritt als internationale Ordnungsmacht auf. Berlin nennt das "Weltpolitik".
Die Menschenrechte sind der Vorwand dieser "Weltpolitik". Berlin geht seinen sogenannten Menschenrechten besonders gerne in Osteuropa nach, ausgerechnet dort, wo Millionen Menschen im Schatten des Adlers ihrer elementarsten Menschenrechte beraubt wurden: Sie verloren ihr Menschsein, als sie unter deutschen Soldatenstiefeln starben.
Berlin mischt sich inzwischen auch in China ein, weniger der Menschenrechte wegen, als wegen des wirtschafts- und geopolitischen Drucks, der damit ausgeübt werden kann... Berlin ordnet Afrika neu...Berlin entsendet deutsche Truppen.
Die Ausweitung, die Radikalisierung des deutschen Flügelschlags, nimmt inzwischen Formen an, die befürchtet worden sind, als die Grenzen nach Mittel- und Osteuropa fielen.
Die Folgen der deutschen Führerschaft im Europa der EU sind in den Ländern Süd- und Südosteuropas längst Tagesgespräch. Der Adler in einer grafisch überarbeiteten Gestalt, aber mit stark ausgebreiteten Schwingen und deutlich sichtbaren Krallen, wird wiedererkannt.
Dieses Déjà-vu, etwas Ähnliches schon einmal gesehen zu haben, lässt die Adler-Ikone im Staatswappen der Bundesrepublik zu einem Symbol des Bedrohlichen werden.
Das Bedrohliche geht von der überragenden deutschen Wirtschaftsmacht aus - und von den militärischen Fingerübungen, denen sich die neoliberalen Nachbarregierungen im Europa der EU angeschlossen haben. In Berlin wird offen über Atomwaffen diskutiert – zwecks deutscher "Teilhabe".
Muss man die Bundesrepublik Deutschland fürchten? Das kommt darauf an.
Wer den deutschen Kulturleistungen vertraut, wird das verneinen. Wer die deutsche Kälte und Skrupellosigkeit kennen gelernt hat, wird auf der Hut sein.
Thomas Mann sagte 1945,
"daß es nicht zwei Deutschland gibt, ein gutes und ein böses... Das böse Deutschland, das ist das fehlgeschlagene gute, das gute im Unglück, in Schuld und Untergang."
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Worried About Germany
Column No. 1
You probably all know the German eagle. Today, it can even be seen on flagpoles in the front yards of private homes. It is also the Federal Republic of Germany's state icon.
The flag that usually is quite innocently flattering between German flowerbeds is the signum of a reign that casts ominous shadows over Europe.
They are not always visible, because these (economic, political, and cultural) shadows are constantly being touched-up in unofficial reporting.
Touching-up is not Censorship.
It dulls the sharp edges in unofficial reporting. We are spared the disgusting realities. The contours are softened; they become habitual, as long as no one rebels.
In the real, in the daily shadows, of gross, unequal living conditions, where some must rummage through European trashcans in search of deposit bottles, while others, in the light, have an easy life. However, an easy life is not sufficient. They squander, waste survival values – and to such an extent that wealth no longer appears alluring. It is vulgar.
It is the German reign over Europe that stabilizes these conditions – economically, politically, and even culturally.
The icon of the eagle waving from the flagpoles, where he spreads his wings, refers back to the idea of a continental "empire," for which a prize is annually awarded in Aachen, Germany, bearing the name of the ruler from the Middle Ages. By today's standards, he would qualify as a barbarian. His "empire," to which the so-called Charlemagne Prize refers, had been an empire that broadened its economic base through constant warfare.
This "idea of Charlemagne's empire" has been a strong enticement throughout the history of the German nation – and an immense danger to Germany's European neighbors ...
After wars were lost, the "Imperial Eagle" was depicted with its wings hanging – like the Weimar Republic's coat of arms ....
...In periods when the aspiration recurs to reign over Europe, the wings grew and the talons threatened – as in the coat of arms of the "German Reich," which, in 1945, was militarily defeated, ... militarily ... but had remained intact economically and politically. The eagle continued to circle.
The state of today's Germany claims to be "identical with the state of the 'German empire'." The eagle icon in the Federal Republic of Germany's coat of arms accentuates this "imperial" claim. It has even begun to cast a shadow beyond Europe.
Berlin has become the continent's Hegemon.
Freshly united, it waged a war, (at least one) in violation of international law, to break up the Republic of Yugoslavia ... Germany assumes the role of an international regulatory power. Berlin calls this "world politics."
Human Rights are a pretext for its "world politics." Berlin likes to pursue its so-called human rights, particularly in Eastern Europe, precisely there, where, in the shadow of the eagle, millions were robbed of their most fundamental human right. They lost their human existence, dying under the boot of German troops.
Germany has now also begun to interfere in China, less because of human rights, as for business and geopolitical pressure that can be exerted ... Berlin is rearranging Africa ... Berlin is sending German troops.
The expansion, the radicalization of the German wing-beat, has begun to take on forms that were feared, when the borders to Central and Eastern Europe fell.
The consequences of German leadership in the Europe of the EU have long been the talk of the day in Southern and Southeastern Europe. The eagle is recognized in its revised graphic depiction, with fully expanded wings and clearly visible talons.
This déjà vu, of having been through this before, transforms the icon of the eagle in Germany's coat of arms into a symbol of threat.
The threat derives from Germany's exceptional economic power – and its military exercises in which the neo-liberal neighboring European governments of the EU have joined. Nuclear weapons are openly discussed in Berlin – for German "participation."
Should one be afraid of the Federal Republic of Germany? It depends.
Those who trust German cultural achievements would say no. Those who have encountered the German lack of compassion and scruples, would be on guard.
In 1945, Thomas Mann said,
"There are no two Germanies, one, good and the other, evil ... The evil Germany is merely the good Germany that did not succeed; it is the good Germany suffering misfortune, debt, and demise."
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