Die Formierung der EU

WARSCHAU/BERLIN (Eigener Bericht) - Auf deutschen Druck hat am gestrigen Mittwoch die EU-Kommission eine Prüfung der polnischen Regierungspolitik auf Rechtsstaatlichkeit eingeleitet. Gegenstand des Verfahrens sind die Maßnahmen der neuen polnischen Regierung gegen das Verfassungsgericht des Landes sowie die offene Unterordnung der öffentlich-rechtlichen Medien unter die staatliche Politik. Deutsche Politiker haben in der Angelegenheit bereits mit Sanktionen gedroht. Während die Maßnahmen unzweifelhaft der Freiheit der Medien zuwiderlaufen, blendet das Verfahren aus, dass identische oder ähnliche Praktiken in diversen anderen EU-Staaten verbreitet sind, darunter insbesondere Deutschland. Mit seinen Strafdrohungen gegen Polen verstärkt Berlin allerdings den Druck auf nicht willfährige EU-Staaten und treibt damit die weitere Formierung der EU voran. Diese ist auf ökonomischer Ebene bereits weit gediehen; im Verlauf der Eurokrise ist es der Bundesregierung gelungen, der Eurozone die deutsche Austeritätspolitik notfalls auch gegen demokratische Entscheidungen zu oktroyieren. Die politische Formierung hat inzwischen ebenfalls begonnen - mit der Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen in Brüssel. Ziel ist es, die EU in eine weltpolitisch bedeutende Macht zu transformieren, die auch militärisch ohne hemmende Widerstände einzelner Mitgliedstaaten kurzfristig interventionsfähig ist.

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