Die neue Kriegsschulddebatte (II)

BERLIN (Eigener Bericht) - Ultrarechte Kreise in Deutschland sehen in der Debatte um die Schuld am Kriegsbeginn 1914 neue Chancen, auch die deutsche Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg in Frage zu stellen. Während der Historiker Christopher Clark "einer breiten Öffentlichkeit deutlich" mache, "dass der Erste Weltkrieg nicht von Deutschland allein verschuldet" worden sei, mache ein deutscher Historiker sich jetzt für "eine ähnliche Position bezüglich des Zweiten Weltkriegs" stark, heißt es in einer Wochenzeitung aus dem Milieu der "Vertriebenen"-Verbände. Der Historiker Stefan Scheil belege in seiner neuesten Publikation den "Expansionsdrang des jungen Staates Polen", der bei der Beurteilung des Kriegsbeginns 1939 in Rechnung zu stellen sei. Rechtsaußen-Publikationen nutzen die Revisionsstimmung, die durch die Debatte um die Kriegsschuld 1914 ausgelöst worden ist, um das NS-Reich in weiteren Fragen von der Alleinschuld freizusprechen. So seien dem Einmarsch der Wehrmacht nach Österreich und in die Tschechoslowakei 1938 jeweils österreichische respektive tschechoslowakische "Provokationen" vorausgegangen, auf die Nazi-Deutschland lediglich reagiert habe, heißt es in der ultrarechten Wochenzeitung "Junge Freiheit". Vergangene Woche hat sich auch die Zeitschrift "Der Spiegel" für die Debatte um die deutsche Alleinschuld am Zweiten Weltkrieg geöffnet. Das Blatt porträtiert einen prominenten revisionistischen Historiker mit Sympathie und zitiert ihn mit der Behauptung, man müsse "den Anteil der Polen und der Engländer" am Kriegsbeginn 1939 "stärker gewichten".

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