Zum Wohle des tunesischen Volkes (I)

TUNIS/BERLIN (Eigener Bericht) - Mit der Regierungskrise in Tunis gerät der aktuelle Versuch Berlins, die deutsche Stellung in Nordafrika zu stärken, ins Wanken. Die Bundesrepublik setzt in jüngster Zeit darauf, ihren Einfluss in einigen Staaten der arabischen Welt in Zusammenarbeit mit islamistischen Kräften auszubauen: durch die Kooperation mit Kreisen der Muslimbruderschaft in Ägypten und mit der Ennahda-Regierung in Tunesien. Ziel ist, nach dem Sturz von Mubarak bzw. Ben Ali in ein neues politisches System überzuleiten, das auf der Basis konservativ-islamistischer Gesellschaftsstrukturen "Stabilität" gewährt. Hintergrund sind starke deutsche Wirtschaftsinteressen etwa in Tunesien, das bei deutschen Firmen als Niedriglohnstandort beliebt ist. Als Modell für das Vorhaben wird die Türkei genannt; dort arbeitet die islamistische Regierungspartei AKP in der Tat an der Stärkung islamistischer Strukturen, mit deren Hilfe es etwa gelingt, Streiks und weitere Proteste in den Betrieben niederzuhalten. Bei seiner Kooperation mit den Islamisten nimmt Berlin das Risiko in Kauf, dass unter diesen radikale Kräfte an Zulauf gewinnen. Das ist laut Experten in Tunesien der Fall. Liberale und linke Milieus in dem Land protestieren entschieden dagegen.

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