Hoheitliche Morde

WARSZAWA/BERLIN (Eigener Bericht) - Opfer ungesühnter deutscher Kriegsverbrechen in Polen verzeichnen Erfolge im Kampf um Restitution. Die Klage eines Überlebenden, der bei der Vernichtung seines Dorfes schwerste Verbrennungen davontrug, hat das Oberste polnische Gericht zur Entscheidung angenommen. Der heute 71-Jährige gehört einer Opfergruppe an, die bislang von der Bundesrepublik keinerlei Zuwendungen erhielt. Berlin weist ähnliche Ansprüche mit der Behauptung zurück, NS-Massaker seien als souveräne deutsche Kriegshandlungen zu verstehen, die gegen Individualklagen geschützt sind ("Staatenimmunität"). Seit ein italienisches Gericht Ende 2008 entschied, dass Verbrechen gegen die Menschheit keinem Staatenschutz unterliegen, gilt auch in Polen der Rechtsweg als offen. Zeitgleich melden sich in Warschau Opferverbände zu Wort, die "Reichsbahn"-Deportierte vertreten und von den Erben des Unternehmens die Gründung eines Hilfsfonds verlangen. Mehrere hunderttausend Polen waren von der "Reichsbahn" und der "Reichsbahn"-Tochter "Gedob" (Generaldirektion Ostbahn) in die NS-Lager oder zur Zwangsarbeit verschleppt worden. Rechtsnachfolger der "Reichsbahn" ist die Bundesregierung, die in Bahnangelegenheiten vom Verkehrsministerium und vom Finanzministerium vertreten wird. Nach Berechnungen des Vereins "Zug der Erinnerung" nahm die "Reichsbahn" bei den europaweiten Deportationen in heutiger Währung mindestens 445 Millionen Euro ein.

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