Nachfolger

PARIS/BERLIN/HAMBURG (Eigener Bericht) - In scharfer Form haben Familien französischer Deportationsopfer die Angriffe des deutschen Bahnchefs Hartmut Mehdorn zurückgewiesen. Mehdorn hatte in einem Interview vom vergangenen Wochenende erklärt, er allein bestimme über die öffentliche Darstellung der Reichsbahn-Verbrechen. Eine Ausstellungs-Initiative der Pariser Opferorganisation "Fils et Filles des Déportés Juifs de France" (FFDJF), die an die Ermordung von elftausend jüdischen Kindern erinnert, nannte Mehdorn "nicht angemessen". In der Antwort von Serge Klarsfeld, FFDJF-Präsident und Mitglied des Präsidiums der staatlichen französischen Stiftung "Für das Gedenken an die Shoah", heißt es, Mehdorn habe "über die Erinnerung an die von den Nazis ermordeten Kinder weder zu befinden noch zu bestimmen." Von dem deutschen Bahnchef sagt Klarsfeld, Mehdorn sei "ein Nachfolger jener Verantwortlichen, die die Juden aus ganz Europa in die Vernichtungslager transportierten". Die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagfraktion, Monika Griefahn, wirft der Bahnspitze "unmoralische Resistenz" vor. Gegen den Boykott des Bahnchefs, der die geforderte Ausstellung auf den deutschen Bahnhöfen unbedingt verhindern will, nimmt auch der deutsche Verkehrsminister Stellung. Nachdem es zwischen Minister Tiefensee und Mehdorn zu einem "schweren Zusammenstoß" gekommen war, weil Mehdorn sich Gedenk-Kompromissen verschließt, kündigte Tiefensee gestern ein eigenes Ausstellungsprojekt an. Es soll von dem Hamburger Mäzen Jan Philipp Reemtsma realisiert werden. Über die Anforderungen an das Konzept der Ausstellung sagt Prof. em. Dr. Wolfgang Popp in einem Interview mit dieser Redaktion: "So wichtig die Verwissenschaftlichung der Verbrechensgeschichte ist, so unentbehrlich ist die emotionale Identifikation mit den Opfern. Die Basis jeder Erinnerung ist Empathie".

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