Weichenstellung

BONN/BERLIN/OSWIECIM (Eigener Bericht) - In einem Schreiben an sämtliche Abgeordnete des Deutschen Bundestags bittet der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland um politische Interventionen gegen die Deutsche Bahn AG. Der Vorstand des Unternehmens weigert sich seit mehr als einem Jahr, auf den deutschen Publikumsbahnhöfen eine Ausstellung über elftausend ermordete jüdische Kinder zu zeigen. Die Kinder waren auf dem Schiennennetz des Bahn-Vorgängers ("Deutsche Reichsbahn") in die Vernichtungslager deportiert worden. Als "nicht nachvollziehbar" und "(e)benso wenig akzeptabel" bezeichnet es der Zentralrat, dass die in Frankreich bereitstehende Ausstellung "angeblich aus finanziellen und sicherheitstechnischen Gründen" auf deutschen Bahnhöfen nicht zum Einsatz kommen darf. In einem weiteren Schreiben, das in diesen Tagen an den Bahn-Vorstandschef Mehdorn ging, äußert der Bundesverkehrsminister die Erwartung, die Mehdorn-Gruppe möge ihren Widerstand aufgeben. Zuvor hatte die Initiative "Elftausend Kinder" das Ministerium informiert und an dessen politische Verantwortung erinnert. Daraufhin ist es auch im Bundestag zu heftiger Kritik am Bahn-Vorstand gekommen. Der parlamentarische Druck sorgt für Spannungen in der Berliner Bahn-Zentrale. Dort findet heute eine Bilanzpressekonferenz statt. "Wir bereiten uns auf weitere Aktionen vor", heißt es bei der Initiative "Elftausend Kinder". In mehreren deutschen Städten laufen Veranstaltungen an.

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