Eberhard Rondholz: Deutschland und die ,,albanische Frage"

In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Nr. 5/2001, S. 519-522

,,Die albanische Frage ist offen", erklärte der deutsche Aussenminister Joseph Fischer am 22. März 2001 in einem Zeitungsinterview. Fischer dürfte klar gewesen sein, daß diese Äußerung für albanische Extremisten im Kosovo, in Mazedonien und anderswo wie ein deutsches Versprechen klingt. Ein solches Bestreben ist nicht neu innerhalb der deutschen Politik. Seit der albanischen Staatsgründung im Jahr 1912 haben sich deutsche Regierungen mehr als einmal für eine Grenzziehung im Sinne des großalbanischen Nationalismus eingesetzt. 1912 hatten sich das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn nach dem Ersten Balkankrieg für die Schaffung eines albanisches Staates ausgesprochen, um Serbien und dessen Partner Rußland einen Zugang zur Adria zu verwehren. Die übrigen Großmächte widersetzten sich auf der Londoner Konferenz 1913 zwar nicht der Ausrufung des neuen Staates Albanien, sie konnten jedoch erreichen, daß das Kosovo Serbien zugesprochen wurde.
Realisiert wurde Großalbanien unter Einschluß des Kosovo und von Teilen Mazedonien schließlich unter Federführung des faschistischen Italiens und des nationalsozialistischen Deutschen Reiches im Jahre 1941. Tito ließ es 1945 wieder auflösen. Nach 1989 übernahm Deutschland wieder eine Vorreiterrolle bei der Unterstützung und Etablierung großalbanischer Nationalisten. Exilalbaner aus dem Kosovo konnten ungehindert von deutschen Boden aus auf eine Abspaltung des Kosovos von Jugoslawien hinarbeiten. Ihre Aufrüstung erfolgte nicht zuletzt durch Lieferungen modernster Waffen-Technologie der Bundeswehr.


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