Deutschlands geopolitische Interessen

BERLIN/ANKARA (Eigener Bericht) - Trotz der jüngsten Provokationen der türkischen Regierung hält Berlin an seiner umstandslosen Kooperation mit Ankara fest. Türkische Regierungsmitglieder hatten in den vergangenen Tagen mehrere EU-Staaten als "faschistisch" beschimpft und damit erneut heftige Proteste ausgelöst. Bereits seit langem laufen Menschenrechtsorganisationen sowie andere Kritiker von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan Sturm, weil Ankara brutal Menschen- und Bürgerrechte verletzt, eine Präsidialdiktatur einführen will und mittlerweile auch Bürger fremder Staaten willkürlich inhaftiert. Kanzlerin Angela Merkel hat in der vergangenen Woche erklärt, ihr Ziel sei es zu verhindern, dass die Türkei "sich noch weiter von uns entfernt"; deshalb müsse an der Zusammenarbeit festgehalten werden. Regierungsberater in der deutschen Hauptstadt weisen schon seit geraumer Zeit darauf hin, dass Ankara wohl ernsthaft über den Beitritt zu einem chinesisch-russischen Bündnis (Shanghai Cooperation Organisation, SCO) spekuliert - und dass Stimmen im türkischen Establishment zunehmend dafür plädieren, die NATO zu verlassen. Für das Weltmachtstreben Berlins, das aus geostrategischen Gründen auf die Kooperation mit Ankara setzt, wäre dies ein gravierender Rückschlag.

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