Europas Bannerträger

ROM/BERLIN (Eigener Bericht) - Mit erheblicher Skepsis reagiert Berlin auf den Wahlausgang in Italien. Zwar hat der Sozialdemokrat Pier Luigi Bersani, zu dessen Gunsten die deutsche Regierung und deutsche EU-Funktionsträger massiv in den italienischen Wahlkampf interveniert hatten, laut ersten Ergebnissen eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus errungen und kann vermutlich das Amt des Ministerpräsidenten übernehmen. Doch werden die Kräfte um ihn und Mario Monti, die bereit sind, die von Berlin verlangte Austeritätspolitik weiterzuführen, im Senat wohl keine Mehrheit haben; es könnte dort zu einer Blockade durch den von Berlin bekämpften Silvio Berlusconi kommen. Wie Kommentatoren in führenden deutschen Medien urteilen, wird es in Zukunft wohl "mehr und mehr zur Regel" werden, dass Berliner Politiker sich - wie in Italien - in Wahlkämpfe in fremden Staaten einmischen. Ließ sich dies im aktuellen Fall mit Verweis auf Berlusconis Skandale und Mussolini-Sympathien noch populär legitimieren, so gehe es insgesamt doch um gravierende Beschränkungen für die Demokratie, urteilen Beobachter. In dieser Situation ruft der deutsche Bundespräsident dazu auf, Kritik an der EU zurückzustellen: "Europa", äußert er, brauche "keine Bedenkenträger, sondern Bannerträger".

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