Drohbrief aus Berlin

BUDAPEST/BERLIN (Eigener Bericht) - Mit Befremden reagieren ungarische Medien auf eine diplomatische Machtdemonstration Deutschlands und acht weiterer westlicher Staaten gegenüber Ungarn. Die neun Länder hatten Budapest über ihre Botschaften mit einer öffentlichen Protestnote zurechtgewiesen, nachdem es in Ungarn zu Maßnahmen gegen westeuropäische sowie US-amerikanische Firmen gekommen war: Ein Wasserkonzern verlor wegen überteuerter Preise und mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten seine lukrativen Aufträge in einer südungarischen Stadt; die deutsch geführte Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie eine US-Firma mussten die Frequenzen für von ihnen kontrollierte Radiosender Konkurrenten überlassen. Bei der Protestnote habe es sich um einen sehr "ungewöhnlichen Schritt und eine riskante Einmischung" gehandelt, heißt es über den Affront, den der Premierminister des Landes umgehend mit der Ankündigung beantwortete, er werde dem westeuropäisch-amerikanischen Einspruch Rechnung tragen. Der Vorgang verdeutlicht, wie sehr Ungarn in ökonomische Abhängigkeit vor allem von Berlin geraten ist: Schon eine ernste Drohung mit einem Entzug von Investitionen genügt, um Budapest zur Einführung neuer Gesetze zu zwingen.

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