Tragsäulen der Zukunft (III)
BUDAPEST/BERLIN (Eigener Bericht) - Bei seinem Auftritt vor dem Europäischen Parlament am vergangenen Mittwoch konnte der ungarische Premier Viktor Orbán die nationalistische Politik der Budapester Regierung erfolgreich verteidigen. Die im Vorfeld angekündigten Sanktionsszenarien der EU, die wegen des neuen Mediengesetzes und der völkischen Blutspropaganda gegen Budapest in Betracht gezogen worden waren, seien "Geschwätz von gestern", schreibt die konservative deutsche Presse mit sichtlicher Befriedigung. Die Regierung Orbán habe weder Vertragsverletzungsverfahren noch Stimmrechtsentzug zu befürchten. "Die Aufregung um das Mediengesetz", das die ungarische Presse unter Staatsaufsicht stellt, werde "bald verpufft" sein. Wie der deutsche Vorsitzende des Rechtsausschusses im Europaparlament, Klaus-Heiner Lehne (CDU), erklärt, könne sich der ungarische Ministerpräsident bei den umstrittenen Vorhaben auf die "breite Solidarität" der größten Fraktion im EU-Parlament (EVP) verlassen. Die kritisierten Projekte Ungarns entsprächen in weiten Teilen deutschen Modellen und seien hinzunehmen. Die Ursprünge der tatsächlichen Übereinstimmung gehen auf deutsch-ungarische Revisionsstrategien der 1920er und 1930er Jahre zurück. Beide Staaten benutzten völkische Vorwände, um ihre Teritorialverluste rückgängig zu machen und die europäischen Nachbarn zu bedrohen. Diese Nähe führte Ungarn an die Seite der NS-Eroberer. Budapest opferte den deutschen Rassisten Hunderttausende seiner Bürger, weil sie Juden waren. Die Kollaboration wurde nach 1945 fortgesetzt und lässt sich bis in die Gegenwart verfolgen.